AfD-Chef Lucke spricht von geheimen Euro-Studien
Regierung und Bundesbank halten demnach Pläne für den Ausstieg aus dem Euro zurück. Der Bundestag will eine Petition der AfD dazu nicht veröffentlichen. Den Bürgern drohe finanzielle Repression.
Bundesregierung und Bundesbank halten womöglich Studien zum Ausstieg einzelner Staaten aus dem Euro unter Verschluss. Dieser Eindruck ergibt sich aus Korrespondenzen des AfD-Sprechers Bernd Lucke mit der Bundesbank, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und dem Deutschen Bundestag. Lucke hatte beim Bundestag eine öffentliche Petition gegen das neue Griechenlandrettungspaket und für die Freigabe der geheimen Studien eingereicht.
„Der Petitionsausschuss weigert sich, die bereits von über 22.000 Menschen unterzeichnete Petition online zu stellen, wie dies sonst bei Bürgerpetitionen üblich ist“, sagte Lucke. „Die Begründung dazu wirkt abstrus: Es habe schon so viele Petitionen gegen die Griechenlandrettung gegeben.“
Der Petitionsausschuss sei nicht darauf eingegangen, dass Lucke als erster eine Petition gegen das neue Griechenland-Rettungspaket eingereicht – und auf die Freigabe der von der Bundesregierung dem Wähler vorenthaltenen Ausstiegsszenarien gepocht habe.
Briefe an Merkel und Gauck
In Briefen an Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Joachim Gauck und Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hatte Lucke zunächst Auskunft darüber verlangt, ob es alternative Krisen-Strategien gebe. Er berief sich dabei ausdrücklich auf das Informationsfreiheitsgesetz. Das Gesetz gewährt jedem Bürger in Deutschland einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Behörden.
Von Weidmann wollte er unter anderem wissen, ob die Deutsche Bundesbank, seit sie Teil des EZB-Systems sei, „irgendwelche Dokumente erstellt“ habe, die sich mit dem Ausscheiden einzelner oder mehrerer Staaten aus dem Euro befassten und mögliche Szenarien aufzeigten, wie ein solches Ausscheiden technisch zu bewerkstelligen sei.
Er fragte auch nach der Abschätzung der damit verbundenen wirtschaftlichen oder politischen Folgen. Zwei weitere Fragen lauteten: „Hat die Deutsche Bundesbank sich … mit der Möglichkeit befasst, ein Ausscheiden eines Euro-Staates aus dem Euro mithilfe einer Parallelwährung zu gestalten? … Hat die Deutsche Bundesbank seit Jahresanfang 2010 irgendwelche Dokumente erstellt, die die möglichen finanziellen und/oder wirtschaftlichen Lasten abschätzen, die sich unter irgendwelchen Szenarien aus einer Fortsetzung der Eurorettungspolitik … ergeben könnten?“
Bundesbank blockiert
Gut drei Wochen später bestätigte die Bundesbank dem AfD-Chef schriftlich, dass sie „ebenso wie andere Institutionen im Rahmen der Finanz- und Staatsschuldenkrise Überlegungen angestellt“ habe, wie mit einer sich weiter zuspitzenden Krise umzugehen sei. Und wörtlich heißt es in der Antwort weiter: „In diesem Zusammenhang hat die Deutsche Bundesbank auch einen Krisenstab eingerichtet und seinerzeit diskutierte Szenarien in der Finanz- und Schuldenkrise bewertet. Allerdings bitten wir um Ihr Verständnis, dass wir Ihnen darüber hinaus keine Auskünfte zu den von Ihnen erbetenen Informationen erteilen können …“
Nach Ansicht des AfD-Chefs sollen die Bürger bewusst hinters Licht geführt werden. Sie würden Opfer ein fehlgeleiteten Politik. Als aktuelles Beispiel hierfür nannte der Berliner AfD-Spitzenkandidat Joachim Starbatty die „Substanzbesteuerung“ der deutschen Sparer. Im Rahmen der Eurorettung vernichte die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) inzwischen „jährlich rund 14 Milliarden Euro von den Ersparnissen der Bürger“.
Finanzielle Repression
Der Preisanstieg von rund zwei Prozent sei höher als der Zinssatz auf Spareinlagen. Starbatty sprach von einer „finanziellen Repression“ und einem eindeutigen Verstoß gegen Artikel 14 des Grundgesetzes und Artikel 17 der EU-Grundrechtecharta.
„Ist dies schon schlimm genug, so kommt mit der Besteuerung der nominalen Zinserträge noch eine weitere Belastung hinzu, die man nur als Skandal bezeichnen kann“, sagte der renommierte Ökonom. Denn obwohl gar kein reales Zinseinkommen vorliege, erhebe der Fiskus weiterhin Kapitalertrags- bzw. Abschlagssteuer auf die nominalen Zinserträge. Einschließlich des Solidarzuschlages betrage diese 26,4 Prozent und könne unter Einbeziehung der Kirchensteuer sogar 28 Prozent erreichen.
Seine Kritik stützt sich auf ein Gutachten des Münsteraner Professors Ulrich von Suntum. Darin kommt von Suntum zu dem Schluss, die derzeit praktizierte „Besteuerung von Vermögensverlusten“ sei „eindeutig verfassungswidrig“. Von den Vermögensverlusten sei insbesondere die Mittelschicht betroffen.
AfD vor Verfassungsgericht
Gegen diese Praxis will die AfD nun vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Sie stütze sich dabei auf ein Verfassungsgerichtsurteil aus den 1970er Jahren. „Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung und alle im Bundestag vertretenen Parteien die Sparer im Stich lassen“, sagte Starbatty.
Wenige Tage vor der Wahl konkretisierte die Partei ihre Vorstellungen in der Gesellschafts- und Bildungspolitik. Ziel der AfD sei es, das Ehegattensplitting als Familiensplitting auszuweiten, wenn minderjährige Kinder zu versorgen seien, kündigte AfD-Sprecher Konrad Adam an. Gehe es nach ihm, dann bleibe das von der Union eingeführte Betreuungsgeld erhalten.
In der Bildungspolitik favorisiere die AfD das dreigliedrige Schulsystem und wolle die Grundschulen als wichtiges Element der Integration stärken. Bei den Wählern wächst die Zustimmung zur Politik der AfD. Im aktuellen Politbarometer legte die AfD um einen Prozentpunkt zu und erreicht erstmals vier Prozent der Stimmen.