Egon Flaigs mutige Gegenrede im hegemonialen Diskurs

Reichstag / Razzia / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder und Grafiken; ArtTower: https://pixabay.com/de/illustrations/architektur-berlin-geb%C3%A4ude-spalten-5079665/ Reichstag / Razzia / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder und Grafiken; ArtTower: https://pixabay.com/de/illustrations/architektur-berlin-geb%C3%A4ude-spalten-5079665/

 

Der Althistoriker Egon Flaik schreibt Klartext. Sein neues, vom Mainstream ignoriertes Buch ist ein leidenschaftliches Plädoyer für kulturelle Identität.

Der 1949 geborene Althistoriker Egon Flaig gehört zu jenen intellektuellen Schwergewichten, bei denen immer wieder versucht wird, Äußerungen und Texte durch eine angebliche Nähe zu den Ideen des rechten Spektrums zu diskreditieren. Ein Grund mehr, das Buch des seit 2014 emeritierten Wissenschaftlers mit dem Titel „Was nottut – Plädoyer für einen aufgeklärten Konservativismus“ (in der Folge: W) hier vorzustellen. Es ist zu Beginn dieses Jahres im Verlag Manuscriptum als 9. Buch in der „Werkreihe von Tumult“ erschienen.

Natürlich sind im Gefolge der krisenhaften Entwicklungen seit 2008 inzwischen viele Bücher publiziert worden, die Warnungen, Positionsbestimmungen und Zukunftsentwürfe enthalten. Was Egon Flaigs Buch auszeichnet, ist die Sicht des Historikers, dem bewusst ist, dass Demokratie und Rechtsstaat, wie sie sich im westlichen Kulturkreis entwickelt haben, nicht allein auf den Artikeln einer Verfassung beruhen, in der die Grundrechte und die demokratische Willensbildung auf Papier festgeschrieben sind, sondern dass eine Demokratie von ihren Bürgern getragen werden muss, die bereit sind, für ihre Rechte auch zu kämpfen, sollte sie von außen oder von innen gefährdet sein.

Demokratie braucht gemeinsame Werte, keine ethnische Homogenität

Den Bürgern muss bewusst sein, was ihre Vorfahren in der Geschichte erreicht haben. Das „Volk“ einer Republik wird von Flaig nicht als Abstammungsgemeinschaft, sondern als Träger einer bestimmten kulturellen Identität angesehen. Flaig definiert „Volk“ somit kulturell und eben nicht „völkisch“. Für ihn ist eine Demokratie ohne das geschichtliches Bewusstsein ihrer Bürger über die Opfer, die in der Vergangenheit für sie erbracht wurden, ein Koloss auf tönernen Füßen. Demokratie ohne den Unterbau einer in den Bürgern verankerten politischen Kultur ist ein Konstrukt, das schnell zusammenbrechen kann, wenn die erste große Bewährungsprobe kommen sollte.

Flaig kritisiert den herrschenden Zeitgeist in Politik, Medien und Wissenschaft, den, wie er es nennt „hegemonialen Diskurs“, der in seiner Wahrnehmung eine ahistorische und identitätslose Gesellschaft anstrebt. Zurzeit, so Flaig, sei eine globalistische Ideologie auf dem Vormarsch, deren Bestreben es sei, den Staat in seiner klassischen Form aufzulösen. Damit werden aber auch die Funktionsbedingungen der westlichen Demokratie zerstört.

Die notwendigen kulturellen und wertemäßigen Bedingungen für ein Gelingen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit fasst Egon Flaig in seinem neuesten Buch in klarer und prägnanter Sprache zusammen. Es geht ihm um die Demokratie und ihre kulturelle Grundlage, wie sie ursprünglich als Ergebnis der Aufklärung nach vielen leidvollen Kämpfen entstanden ist, in der das Volk als souveräner Träger der Staatsgewalt selbstbestimmt lebt.

Egon Flaig will die demokratische Republik bewahren, er will „keinen Rückfall hinter die liberalen und demokratischen Errungenschaften der Moderne“ (W, S.12). Für die Aufrechterhaltung der „säkularen Republik“ ist der für das Gemeinwesen engagierte Staatsbürger erforderlich und nicht der „freie Untertan“, der sich für Politik nicht interessiert und lediglich den Gesetzen gehorcht. Gleichgültigkeit und Desinteresse an den Belangen des Gemeinwesens würde die Bürgerschaft in eine ameisenhafte „Bevölkerung“ verwandeln, die allerdings formal weiter in einer Demokratie lebt.

Er nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn er die Gefahren für die „säkulare Republik“ beschreibt, die im schlimmsten Fall zu einem Rückfall in vormoderne Zustände führen könnten:

«Der abendländischen Kultur droht die finale Zerstörung von drei Seiten: Erstens droht die religiöse Zerstörung der politischen Sphäre, zweitens befördert der Globalismus die Staatsauflösung, drittens betreibt die apokalyptische Linke die radikale Negierung der historischen und der klimatischen Realität – und sie tut das mit bestem moralinhaltigem Gewissen unter der Flagge der sogenannten „Historischen Gerechtigkeit“ und der „Klimagerechtigkeit“. Diese drei sind die gegenwärtigen Hauptfeinde der säkularen Republik.» (W, S. 20)

Die westliche Kultur ist gerade dabei, grundlegende Maßstäbe wie z. B. die unbedingte Geltung der wissenschaftlichen Wahrheit zugunsten politischer Wahrheiten aufzugeben, dazu kommt die Überbetonung moralischer Grundsätze, die jede politische Steuerung zunichtemacht. Demokratie, Menschenrechte und Wissenschaft sind die Errungenschaft des Abendlandes, sie sind die Grundpfeiler der europäischen bzw. der westlichen Kultur:

«Die europäische Kultur – und nur sie – hat institutionalisierte Republiken und Demokratien hervorgebracht, nur sie hat in schwersten Kämpfen die Sklaverei abgeschafft und die Menschenrechte formuliert, sie zuerst hat Wissenschaften entwickelt; ihr verdanken wir die Gleichberechtigung von Männern und Frauen.» (W. S. 124)

Werden die Fundamente aufgegeben, dann verändert sich auch der kulturelle Überbau. Und so fragt der Althistoriker (noch in einer Zeit vor der Corona-Pandemie und dem Wirtschaftslockdown) dann auch, inwiefern die in seiner Sichtweise bedrückenden Ereignisse der Gegenwart, als ein Beispiel nennt er die Vorgänge in der Zeit der „Immigrantenflut“ von 2015, Konsequenzen einer kränkelnden politischen Kultur seien (W, S. 9).

Flaig weist in seinem Buch darauf hin, dass in Demokratien nicht nur ein bloßer Gesetzesgehorsam vorhanden sein muss, sondern eine am Gemeinwohl orientierte Gemeinschaft der freien Staatsbürger, die im Bewusstsein eines gemeinsamen Schicksals auch bereit sein müssen, für das Gemeinwohl einzustehen:

«Gesellschaften beruhen auf dem Tausch, der sie zusammenhält, Gemeinschaften hingegen auf dem Opfer, also der Bereitschaft ihrer Mitglieder, füreinander einzustehen, von Gaben ohne Gegengabe. (…).
Die Opferbereitschaft hängt (…) am Grad der Identifizierung. Gerade weil Solidarität über die Erfordernisse der Gerechtigkeit hinausgeht und einen Überschuß leistet, der meist nicht kompensiert wird, übersteigt sie den Tausch und das Angebot der Äquivalenz. Sie beruht auf Identifizierung und erfordert eine hinreichende kulturelle Homogenität. Denn nur wenn der Wertkonsens zwischen den Bürgern ausreicht, garantiert er, daß die Zusammengehörigkeit auch dann belastbar ist, wenn sie über längere Zeit von allen Opfern verlangt. Daher kommt in der Krise die Wahrheit über das „soziale Band“ zum Vorschein; es zeigt sich, was eine Gemeinschaft taugt und was eine Verfassung wert ist.» (W, S. 39 u. 42)

Gemeinwohl heißt im Kern, einen Interessenausgleich der Bürger im Innern und den Schutz der Bürgerschaft als Ganzes nach außen zu garantieren. Somit erfordert die Demokratie im Grunde einen stärkeren Zusammenhalt als andere politische Systeme. Ein gemeinsames Handeln auf der Basis kollektiver Willensentscheidungen setzt voraus, dass auch die Anhänger der politischen Minderheitsmeinung die Mehrheitsentscheidungen akzeptieren werden und die sich aus dem Mehrheitsbeschluss ergebende Lasten mittragen. Die Demokratie braucht deshalb, um zu funktionieren, eine kulturelle Homogenität (Geschichtsbewusstsein und gemeinsame politische Geschichte, Sprache und einen Grundstock an gemeinsamer Literatur, gemeinsame Werte). Das Vorhandensein gemeinsamer Werte ist ihre konstitutive Bedingung, nicht eine ethnische Homogenität.

Wer das Volk, den eigentlichen Souverän des Staates, nicht in erster Linie als in einem gemeinsamen kulturellen Rahmen agierendes Staatsvolk begreift, sondern nur noch als die zusammengewürfelte „Bevölkerung“ in einem geographischen Bereich, verleugnet nach Meinung Flaigs die Grundlagen unserer Demokratie. Flaig verdeutlicht das an der Errichtung einer „Installation“ im Reichstagsgebäude:

«[E]ine Bevölkerung kann keine Demokratie schultern. Daher ist Hans Haackes Kunstwerk Der Bevölkerung im Parlament des deutschen Volkes eine gelungene Allegorie der sich vollkommen zersetzenden Demokratie. Es konterkariert die Giebelinschrift „Dem deutschen Volke“ über dem Eingang zum Gebäude. Haackes Dreckhaufen ist das beschämendste Zeugnis für die politische Entqualifizierung unseres höchsten verfassungsmäßigen Organs. Der Wahlspruch „Der Bevölkerung“ zeigt die Nullinie des politischen Bewußtseins an: Bevölkerung ist das Substantiv von „bevölkern“; wir bevölkern also unser Land, aber wir sind kein Volk mehr. Der aufgeschüttete Dreck indiziert, wo unsere politische Kultur steht: Wenn es keine Bürger mehr gibt, dann hört auch das Staatsvolk auf zu existieren. Ein Volk ist ein historisches Subjekt. Unser Grundgesetz macht dieses historische Subjekt politisch handlungsfähig, nämlich als Souverän einer Demokratie – vermittels seiner verfassungsmäßigen Organe. Eine Bevölkerung hingegen ist eine ameisenhafte Agglomeration von Individuen, die miteinander nichts zu tun haben. Sie ist ein rein passives Objekt für Maßnahmen ökonomischer und politischer Steuerung. Mit diesem Namen wurde der Bürgerschaft der Bundesrepublik Deutschland ihre Qualität, ein Souverän zu sein, semantisch entzogen.» (W, S. 32/33)

Für Egon Flaig ist der Nationalstaat der Garant für die Volkssouveränität. Ohne den in seinen Grenzen klar definierten Staat ist ein demokratisches Gemeinwesen nicht denkbar:

«Nach der berühmten Trias von Georg Jellinek bestehen Staaten aus drei kardinalen Komponenten, nämlich einem eigenen Territorium, einem Staatsvolk und einer organisierten politischen Macht. Wenn ein Staat die Hoheit über seine Grenzen verliert, dann geht der Begriff des Staatsbürgers verloren, dann hört das Staatsvolk auf zu existieren, folglich verliert die Volkssouveränität ihre Basis. Dann endet nicht bloß jede Demokratie, sondern überhaupt jede staatliche Organisation des Zusammenlebens in Hochkulturen.» (W, S. 52)

Der geschichts- undf kulturlose homo oeconomicus

Heutzutage, so Flaig, werde man schon als Nationalist und Populist abgestempelt, wenn man Verfassung und Volkssouveränität hochhalten würde. Kompromisslos ist deshalb Flaigs Kritik an jenen Kräften, die an einem Fortbestehen der republikanischen Staaten nicht mehr interessiert sind:

«Skeptische Beobachter belächelten lange Zeit die Warnung, es breite sich eine globalistische Ideologie aus, die eine genau umrissene Agenda verfolge, nämlich eine multikulturelle Weltgesellschaft herzustellen und die Staaten als solche zu marginalisieren und eliminieren. Inzwischen ist nicht zu bestreiten: Der radikale Neoliberalismus agiert als Universalismus eigener Art und verficht eine weitgehende Auflösung des Staates (…).» (W, S. 52)

Der neoliberale Universalismus reduziere den Menschen auf die eindimensionale Existenz eines homo oeconomicus, dessen kulturelle Prägung nahe bei null liege: verfügbar, global verschiebbar, inkludierbar und austauschbar. So sei die Migrationskrise ein willkommener Hebel zur weiteren Schwächung der staatlichen Souveränität und Entlegitimierung der Parlamente in den Einzelstaaten geworden. Der kapitalistische Internationalismus habe den proletarischen nicht nur überlebt, sondern auch überholt. Er garantiere allen migrantischen Individuen die Inklusion und erspare ihnen die überflüssig gewordene Integration. (W. S. 55).

Die globalistische Ideologie hat ihre Nebenformen z. B. in der Konzeption der EU. So soll die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs ohne Einschränkung über den Verfassungen der Einzelstaaten stehen, obwohl die EU als Ganzes keine von einem EU-Volk demokratisch legitimierte Verfassung hat, nur auf Verträgen zwischen Staaten beruht und somit nicht auf primärem Recht, wie es entsteht, wenn der Volkswille sich äußert.

In dieser zwielichtigen Gemengelage, in der sich die westlichen Demokratien inzwischen befinden, wächst die Gefahr, dass die Regierenden und die sie unterstützenden Medien und Verbände versuchen, grundsätzliche Verfassungsrechte wie z. B. die Meinungsfreiheit, natürlich nicht abzuschaffen, aber kreativ umzudeuten. Oder anders ausgedrückt: „[I]n Mitteleuropa hat sich bei den maßgeblichen Eliten das Verhältnis zur Wahrheit grundsätzlich gewandelt“ (W. S. 64). Zu sehr stören wohl die Äußerungen von Kritikern, die auf die demokratische und verfassungsrechtliche Schieflage der aktuellen Politik hinweisen. Als ein Beispiel nennt Flaig das mediale Trommelfeuer in der sogenannten Flüchtlingskrise 2015, in der auch die Kirchen sich besonders engagierten, vor allem beim Verbiegen der Wahrheit:

«Erinnern wir uns, wie die Kirchen die religiöse Grundierung lieferten, um die globalistische Agenda voranzutreiben: Die Migranten wurden allesamt zu Flüchtlingen und hilflosen Schutzsuchenden. (…). Sie reduzierte die Migranten auf eine einzige Dimension, nämlich auf diejenige von Hilfsbedürftigen ohne jede andere Eigenschaft, ohne kulturelle Eigenart, ohne religiöse Besonderheit, ohne Motive – verflacht zu einem erlösungszieligen Klischee. Diese Eindimensionalität entspricht exakt jener semantischen Reduktion, mit der die neoliberale Doktrin Menschen in bloße Arbeitskräfte umwandelt. Die bloßen Arbeitskräfte und die bloßen Brüder und Schwestern sind analoge Fabrikate von gleichsinnig programmierten Deutungsmaschinen. Kirchen und Neoliberalismus lieferten einträchtige Phantasmagorien und annihilierten die soziale, kulturelle und politische Wirklichkeit.» (W, S. 62)

Flaig beschreibt hellsichtig das Kennzeichen der neuen Meinungssteuerung: die Reduktion komplexer und schwerwiegender Vorgänge auf den der eigenen Richtung jeweils genehmen Aspekt (notwendige Arbeitskräfte, Brüder und Schwestern). Auf diese Weise werden die Folgen des aus diesem Denken entspringenden politischen Handelns ausgeblendet und aus der Diskussion verbannt. Denn wer die neue Wahrheit z. B. in der Migrationskrise 2015 nicht schlucken wollte und hinterfragte, war sehr schnell als Rechtpopulist oder Rassist abgestempelt. In dieser Auslegung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit siegen die Gutmenschen über die moralisch minderwertigen Andersdenkenden nicht im Kampf der Argumente, sondern durch Hetze gegen sie und schließlich durch folgenschwere gesellschaftliche Ausgrenzung.

Und so konstatiert Egon Flaig, dass derjenige, dem Demokratie noch etwas bedeute, nicht umhin könne, über die beschädigte Öffentlichkeit nachzusinnen. In der deutschen und europäischen Politik wird zur Erhaltung der bestehenden Machkonstellationen mit Diskussionseinschränkungen gearbeitet, seien sie nun geschichtspolitisch, moralisch oder klimaapokalyptisch begründet. Die neue Wortschöpfung unserer Kanzlerin betreffs angeblicher (Öffnungs-)Diskussionsorgien hätte Egon Flaig wohl ohne Zweifel in sein Buch aufgenommen, wäre sie schon vorhanden gewesen. So bezieht er sich auf andere „Perlen“ des merkelschen Politsprechs: „Autokratisch regieren darf, wer über die Alternativlosigkeit entscheidet“ (W, S. 69). Wer aber dauernd von Alternativlosigkeit redet, gibt im Grunde das entscheidende Wesensmerkmal der Demokratie auf:

«Alternativlosigkeit im Politischen bedeutet Abkehr von der öffentlichen Diskussion. Logische Operationen unterliegen dem Zweck, inkonsistente Alternativen auszuscheiden, um zu schlüssigen Aussagen zu kommen. Wahrheit tendiert zur Eindeutigkeit. Hingegen wimmelt es im praktischen Leben von Alternativen. In der Sphäre des kollektiven Beschließens benötigt jede Beratung eine Pluralität von Optionen, um Vorteile und Nachteilen gegeneinander abzuwägen und zu klären, welche Prinzipien im konkreten Falle höherwertig sind. Wenn jemand in politicis behauptet, es gäbe zu einer bestimmten Option keine Alternative, dann entzieht er diese Option jedweder Deliberation [= Erörterung, Beratschlagung].» (W, S. 68)

Hart kritisiert Flaig die Massenmedien, die diese Entwicklung im Gefolge einer hypermoralischen Selbstzensur nicht nur zugelassen, sondern befördert haben. Die ernüchternde Erkenntnis des Althistorikers ist, dass ein Großteil der medialen Eliten sich nicht mehr als Kritiker und Kontrolleure des Regierungshandelns versteht, sondern sich stromlinienförmig danach ausgerichtet hat. Und in den Massenmedien kämen Andersdenkende kaum noch zu Wort oder würden verunglimpft (W, S. 23).

Pervertierte Toleranz

Als ein gravierendes Beispiel des Versagens der herrschenden polit-medialen Elite sieht Egon Flaig aber auch die Leugnung kultureller Unterschiede und Unverträglichkeiten:

«Solange es Kulturen gibt, wird es kulturelle Unvereinbarkeiten geben. (…). Als Bernard Lewis 1976 den Begriff clash of civilization prägte, münzte er es auf den kommenden Zusammenstoß des Islam mit der westlichen Welt. Samuel P. Huntington hat nichts Neues gesagt, als er daran erinnerte, daß manche Kulturen – keineswegs alle – sich mit anderen nicht vertragen, weil ihre Matrix, ihre Sinnsysteme, Verträglichkeiten es nicht zulassen. Er konzipierte Kulturkreise als relativ kompakte Einheiten (…). Nun kann man durchaus der Ansicht sein, daß das Konzept der relativ kompakten Kulturkreise aufzulockern ist, und nichtsdestotrotz zum Urteil gelangen, daß Menschen aus bestimmten kulturellen und religiösen Herkunftsräumen mentale Prägungen aufweisen, die es ihnen verwehren, Menschrechte und Demokratie anzuerkennen. Selbstverständlich sind solche mentalen Dispositionen unvereinbar mit einem Leben in der liberalen Demokratie; und diese Unvereinbarkeit erzeugt Feindschaft, sei diese latent oder offen.» (W, S. 74/75)

Inschrift am Reichstag / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library; Kamyq: https://pixabay.com/de/photos/berlin-der-bundestag-denkmal-680198/

Inschrift am Reichstag / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library; Kamyq: https://pixabay.com/de/photos/berlin-der-bundestag-denkmal-680198/

In Mitteleuropa würden ganze Armeen von medialen Akteuren daran arbeiten, diesen evidenten Sachverhalt aus jeglicher Diskussion herauszuhalten. Und auch die Politik versucht, jeden Hinweis auf kulturelle Probleme und daraus sich eventuell ergebende neue politische Freund-Feind-Verhältnisse als Xenophobie abzutun. Um die kulturellen Unterschiede und damit auch die Existenz unterschiedlicher Wertesysteme herunterzuspielen, würde im Westen inzwischen versucht, solche möglichen Konfliktlinien durch kulturelle Selbstaufgabe zu entschärfen, und zwar durch Alltoleranz und Geschichtsvergessenheit.

Alltoleranz ist im Grunde, so Flaig, eine grenzenlose und damit pervertierte Toleranz. Toleranz als einer der Grundpfeiler einer aufgeklärten und demokratisch-rechtsstaatlichen Gesellschaft ist die Pflicht, andere Meinungen oder religiöse Einstellungen, die man selbst nicht teilt, gelten zu lassen. Alltoleranz aber bedeutet, dass in der Gesellschaft alle Werte, auch die, die dem Wertesystem einer ganz anderen Kultur angehören, geduldet werden:

«Indes, wer alles toleriert, für den sind alle Werte gleich weit entfernt. Diese Äquidistanz bedeutet aber, dass für ihn nichts mehr wertvoll ist. Im Klartext: Er hat selber keine Werte mehr. Denn Werte haben heißt, vieles nicht tolerieren zu können. Wer keine Werte mehr hat, ist hilflos gegenüber den dümmsten, ja gemeinsten Ansprüchen, wenn diese nur lautstark erschallen und zwar aus Mündern von „Erniedrigten und Beleidigten“. Die werte-lose Gesellschaft hat nur noch einen obersten Wert: die Toleranz, und zwar eine Toleranz des grenzenlosen Akzeptierens. Das ist die Tugend der Werte-losen.» (W, S. 110)

Alltoleranz werde so zum schleichenden Tod jeder Kultur und sie

«dauert historisch niemals mehr als zwei Generationen, weil danach eine Gesellschaft absolut wehrlos ist und schlicht und einfach kollabiert oder geschluckt wird, sei es kriegerisch oder unkriegerisch»(W, S. 19/20).

Doch aktuell interessant ist natürlich auch die Diskussion über die Grenzen der Toleranz, wenn es um die Frage geht, wie man sich das Zusammenleben in einer Demokratie vorzustellen hat mit Angehörigen von Kulturkreisen, die die Geltung der Menschenrechte im westlichen Sinne ganz oder partiell ablehnen. Und Egon Flaig nimmt kein Blatt vor den Mund, indem er feststellt:

«Zweifelsohne ist der Scharia-Islam der gefährlichste Rechtsextremismus der Gegenwart. Er kennt keine staatsbürgerliche Gleichheit und Partizipation; er kennt keine Grundrechte. Statt dessen versetzt er Andersgläubige in einen Zustand vollkommener politischer und sozialer Unterwerfung; er schafft eine religiöse Apartheid.» (W, S. 112)

Und Flaig führt weiter aus, dass das öffentliche Entgegentreten gegen den intoleranten und faschistoiden Scharia-Islam von signifikanten Strömungen der westlichen Gesellschaft als „intolerant“ abgestempelt werde:

«Die Antifa agiert als Schwungrad im Kampf gegen jene, die vor der Scharia warnen und sie bekämpfen. Sie tut das unter dem Banner des „Kampfes gegen rechts“. (…).

Wenn aber nun die Medien des Mainstreams zusammen mit opportunistischen oder fanatisierten Politikern Seite an Seite mit den Aktivisten der Antifa und des Globalismus den Kampf gegen die Scharia diffamieren als „Intoleranz“, dann propagieren sie ein Schlagwort, das den Gehalt des Toleranzbegriffs pervertiert. Der postmodernen Leitmoral folgend, bestreiten sie rundheraus, daß es Religionen und Kulturen gibt, die sich nicht vertragen mit Demokratie und Menschenrechten.» (W. S. 114)

Der intolerante und integrationsunwillige Islam sei der schlimmste Feind des säkularen Staates im 21. Jahrhundert. Er müsse, so Flaig, hier den Staatsrechtler Böckenförde zitierend, durch politische Maßnahmen bei Einwanderung, Freizügigkeit und Einbürgerung in der Minderheitenposition gehalten werden. Doch Egon Flaig ist eher pessimistisch. Aufgrund der demographischen Entwicklung sieht er große Konflikte auf die westlichen Demokratien zukommen:

«Ob die Demokratien überleben oder nicht, hängt davon ab, welche Entschlossenheit sie aufbringen, um weitreichende Eingriffe in die Zusammensetzung der Bürgerschaft vorzunehmen.» (W, S. 21)

Es ist anzunehmen, dass solche Äußerungen den Althistoriker Egon Flaig im Linksspektrum und bei allen Globalisten dieser Welt nicht beliebter machen werden, denn Flaig bringt den Artikel 18 des deutschen Grundgesetzes ins Spiel, der es erlauben würde, den Feinden der Demokratie, die die Grundrechte für ihren Kampf gegen die Demokratie missbrauchen, diese Grundrechte zu entziehen:

«Nun ist es zweifelsohne richtig, daß sich die Substanz unserer Verfassung langfristig nicht bewahren läßt, indem man die Freiheit ihrer Feinde einschränkt. Doch es ist desgleichen unbezweifelbar, daß in schweren Krisen der Ausnahmezustand sehr wohl dazu taugt, einen Staat zu retten, damit dieser nach bewältigter Krise wieder in seinen verfassungsmäßigen Zustand zurückkehre. (…). Es ist nötig, dem Artikel 18 sein volles Gewicht als verfassungsmäßiges Recht des Staates zukommen zu lassen. Was hieße das konkret? Sämtliche Gruppierungen und Organisationen, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen wollen, sollen als Feinde der Freiheit behandelt werden, und zwar egal ob rechtsextrem, linksextrem oder Scharia-islamisch.» (W, S. 117/118)

Und Flaig ist überzeugt, dass man bei einer solchen Anwendung des Artikels 18 durch das Bundesverfassungsgericht die salafistischen Strömungen unter den Muslimen in der Bundesrepublik binnen kürzester Zeit austrocknen könne. Vor vier Jahren waren Flaigs Warnungen vor den antidemokratischen Prinzipien des Scharia-Islams schon ein Thema bei GEOLITICO, damals konnte er noch in der FAZ publizieren, doch das erscheint aus heutiger Sicht fast wie aus einer anderen Zeit. Weiter unten wird auf diese Entwicklung noch eingegangen.

Gerade das Scharia-islamische Problem deckt unerbittlich auf, dass die westliche Demokratie auf kulturellen Fundamenten beruht, die nicht ohne Folgen aufgegeben werden können:

«Die europäischen Demokratien zerbröckeln, weil der Demos – die Bürgerschaft – zerfällt in kulturell verfeindete Parallelgesellschaften. Deren Bewohner sträuben sich – in einem erschreckend hohen Prozentsatz – gegen die Zumutung, sich integrieren zu sollen in ein Volk von partizipierenden Bürgern. Diese Integrationsunwilligen glauben, daß sie der westlichen Kultur nichts verdanken. Schlimmer noch: Diesem Glauben verfällt ein immer weiter wachsender Anteil des Staatsvolkes selber. Wenn diese Undankbarkeit ansteigt, dann verlieren wir Europäer drei Dinge, nämlich die Demokratie, die Menschenrechte und die Wissenschaft.» (W, S. 121)

Multikulturelle bzw. diverse Kulturen kann es, so der Althistoriker, nicht geben, denn damit eine Kultur als Kultur bezeichnet und von anderen unterschieden werden kann, muss sie „Diversität radikal einschränken, um semantische Horizonte zu konstruieren und normative Orientierungen zu gewährleisten“ (W, S. 121). Doch es gibt natürlich Nutznießer für den Nonsens-Begriff „diverse Kultur“, der von globalistischen Ideologen eifrig gepflegt wird:

«Indes, dieser Blindbegriff birgt eine enorme globalistische Verheißung: Strategisch gebraucht, erspart er die doppelte Integration, ohne die menschliche Kultur nicht zu dauern vermag, nämlich erstens die Integration der Fremden in die politische Kultur ihrer neuen Heimat, zweitens die Integration der nachgeborenen Generationen in das vorhandene moralische, ästhetische, wissenschaftliche und politische Wertesystem.“» (W, S. 122)

Für eine europäische Identität

So versuchen auch die Anhänger der „globalistischen Verheißung“ die Geschichte als den Ort der Identitätsfindung für die Europäer immer weiter abzuschwächen oder besser noch wegzuwischen, denn hier tun sich für Einwanderer von außerhalb Europas hohe Hürden auf, wollen sie in ihrer neuen Heimat wirklich ankommen. Doch nur eine Gesellschaft, die nicht geschichtsvergessen ist und im Gedächtnis behält, wie schwer es war, einen bestimmten Stand der eigenen Kultur zu erringen, wird in der der Lage sein, diese Kultur weiterzuführen.

Die Errungenschaften der europäischen Kultur, die mit hohem Einsatz, großen Kosten und oft entsetzlichen Opfern erkämpft wurden, können auch wieder verloren gehen, ob Wissenschaftlichkeit und erreichte Bildungshöhe, ob Gleichberechtigung der Frauen und Sozialstaatlichkeit, ob Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Religionsfreiheit:

«Wer in unserer europäischen Kultur jene Kosten ignoriert, wer um die prinzipielle Verlierbarkeit nicht weiß, wem daher die Prekarität jeglicher kultureller Leistung nicht zu denken gibt, der streunt als Troglodyt durch seine Lebenswelt, die er für so naturgegeben hält, wie der Bär den Wald.» (W. S. 130)

Wer also nicht als moderner europäischer Höhlenmensch durch die Welt streifen will, sondern sich bewusst sein will, unter welchen Voraussetzungen er in der Gegenwart lebt und seine Nachkommen in Zukunft leben sollen, der kann das nur durch Rückbesinnung auf die nationalstaatliche und europäische Vergangenheit erreichen, und zwar auf bestimmte wichtige Landmarken dieser Vergangenheit:

«Sich besinnen auf diese Landmarken heißt, sie zu Haltepunkten zu machen, um in jedweder schwierigen kollektiven Situation uns zu vergewissern, wer wir sind, woher wir kommen und wohin wir gehen wollen. Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen alle jenen historischen Landmarken, die maßgeblich dazu beigetragen haben, daß Demokratie, Wissenschaft und Menschenrechte sich historisch herausbildeten. Diese Landmarken liegen großenteils außerhalb der nationalen Geschichte, aber innerhalb der europäischen Vergangenheit (…).» (W. S. 27)

Kulturelle Rückbesinnung darf nicht heißen, die nationale bzw. die europäische Geschichte kritiklos zu idealisieren, doch gibt es genug Gründe, die westlich-europäische Kultur über ihre Geschichte zu definieren und die Unterschiede zu anderen Kulturen deutlich zu machen. Flaig tritt für eine europäische Identität auch in Rückbesinnung auf eine insgesamt sehr erfolgreiche Geschichte ein. Das heißt, dass sich die verschiedenen Nationen der westlich-europäischen Kultur ihrer Gemeinsamkeiten untereinander sowie auch ihrer Differenzen zu anderen Kulturräumen bewusst sein müssen. Ist eine solche kulturelle Identität im Bewusstsein verankert, kann man auch selbstbewusst eine Integration von Zuwanderern in diese Wertegemeinschaft einfordern, denn Maßstab für Zuwanderer muss sein, dass sie nicht in ihren alten Identitäten einfach weiterleben, sondern mit ihrer Entscheidung für eine neue Heimat sich auch für eine neue Identität entscheiden.

In der aktuellen Migrationspolitik in Europa und vor allem Deutschlands geht es gerade in die andere Richtung; es bilden sich immer neue Identitätsgruppen, mit und ohne Migrationshintergrund, die von der Mehrheitsgesellschaft Sonderrechte beanspruchen bzw. die europäische Kultur der Mehrheitsgesellschaft, oft als Kultur der Weißen diffamiert, ablehnen. Die Politik müsste eine völlige Kehrwendung machen, um hier wieder in zukunftsträchtige Bahnen zu gelangen. Es ist zu vermuten, dass auch Egon Flaig die Wahrscheinlichkeit dafür als nicht sehr hoch einschätzt. Was nottut, muss eben nicht zwangsläufig Realität werden. Eine Politik gegen die Erfordernisse der Realität zu betreiben, hat gerade in Deutschland gute Tradition. Man ahnt, dass der Althistoriker mit diesem Buch wenigstens aufgezeigt haben will, dass nicht alle völlig unkritisch, opportunistisch und ahnungslos in die zu erwartenden Krisenzeiten gegangen sind.

Soweit ein Versuch, einige Gedanken aus Egon Flaigs neuem Buch darzulegen. Es ist müßig zu sagen, dass dies nur ein sehr schmaler Auszug aus einem auf jeder Seite interessanten und anregenden Buch ist. Man kann ihm nur viele Leser wünschen, aber schon beim Schreiben dieser Zeilen kommen Zweifel auf, inwiefern ein solcher Wunsch überhaupt noch realistisch ist. Deutschland verändert sich, die Spielräume für Meinungsäußerungen verengen sich. Gerade Autoren wie Flaig, die meinungsfreudig, aber fundiert offene Kritik am deutschen und EU-europäischen Establishment und seiner Politik üben, bekommen das zu spüren. Er gehört zu den Erstunterzeichnern der „Gemeinsamen Erklärung 2018“, die sich gegen aus Sicht der Unterzeichner „illegale Masseneinwanderung“ wendet und für eine Wiederherstellung der rechtsstaatlichen Ordnung an den Grenzen eintritt.

Schon damit war er für die öffentlich-rechtlichen Medien und den Zeitungsmainstream wohl nicht mehr zitierbar. Und ebenfalls desavouiert in den Augen der politischen Meinungswächter hat sich Egon Flaig mit seiner regelmäßigen Mitarbeiter in der Zeitschrift „Tumult“, die, wie von Wikipedia süffisant angemerkt wird zum „Spektrum der Neuen Rechten“ gehöre. Das hier besprochene Buch wird, wie schon oben angemerkt, innerhalb einer Werkreihe der Zeitschrift herausgegeben, in der z. B. auch schon Rolf Peter Sieferles Buch „Das Migrationsproblem“ erschienen ist. Somit sind wohl Flaig und seine Bücher stigmatisiert.

Seine Bücher aus den Jahren 2013 und 2017 „Gegen den Strom“ und „Die Niederlage der politischen Vernunft“, in denen viele Themen seines neuesten Buches schon angesprochen wurden, sind damals noch u. a. im Deutschlandfunk besprochen worden. Er bekam dort den Ehrentitel „zorniger alter Mann“ und man anerkennt, dass er das „nicht gerade üppig gefüllte Regal brillanter konservativer Publizistik“ bestücke. Der massiven Kritik am Scharia-Islam, die Flaig auch in seinem Buch „Gegen den Strom“ anbringt, wird von einem DLF-Rezensenten noch offen zugestimmt:

«Gewiss, der Stammtisch fände hier ordentlich Munition für seine stummen Ressentiments – wenn er denn überhaupt läse! Doch diese Munition taugt etwas. Der Althistoriker verwendet keine Platzpatronen, sondern serviert eine argumentativ untermauerte Fundamentalkritik jener Religion, die ihre spirituellen Ansprüche zugunsten totalitärer Machtpraktiken aufgab, und das sehr früh.»

Und in der Besprechung seines Buches „Die Niederlage der politischen Vernunft“, die allerdings wesentlich kritischer ist, denn Flaig wendet sich vehement gegen die aus seiner Sicht negativen Entwicklungstendenzen der westlichen Demokratien, wird von der DLF-Rezensentin immerhin noch attestiert, dass es einfach erfrischend sei,

«wenn jemand ohne Bindung an die ängstlichen Tabus mancher Soziotope ausspricht, was auch der genervten Beobachterin von innen schon öfter aufgefallen ist. Viele Kritiken an bekannten Meisterdenkern sind im Detail bedenkenswert (…).»

Über das neue Buch des Althistorikers wird in den Mainstreammedien nichts mehr geschrieben – zumindest wenn man nach Beiträgen im Internet sucht, ein Überblick über Beiträge in den gedruckten Ausgaben ist natürlich schwer zu erlangen. Das ist m. E. ein gutes Beispiel dafür, wie in einem veränderten Deutschland auch substanzielle Kritik immer mehr totgeschwiegen wird. Egon Flaig verteidigt die westliche Demokratie konsequent nicht nur gegen rechtsradikale, sondern auch gegen linksradikale, islamistische und globalistische Gegner, und er hat seine freiheitliche-republikanische Position in den letzten Jahren nicht verändert. Es ist der Mainstream, der sich unter der Regierung Merkel immer weiter nach links bewegt hat und immer noch bewegt.

Wenn nicht einmal mehr Wahlergebnisse akzeptiert werden…

Da neue Buch von Egon Flaig erscheint im Verlag Manuscriptum

Unlängst durfte ein Journalist in einer früher konservativen Zeitung die Antifa als legitimes innergesellschaftliches Mittel zur Selbsthilfe bezeichnen, weil man nicht warten solle, bis der Staat die Probleme beseitige, sondern selber handeln solle. Und wer bestimmt, wer oder was ein „Problem“ ist? Die sogenannte Zivilgesellschaft? Ein durch Zuruf gebildeter Rat der Weltgemeinschaftsbeauftragten? Besser kann der Zerfall der republikanischen Fundamente, den Flaig in seinen verschiedenen Beiträgen befürchtet hat, nicht dokumentiert werden.

Vor dem Hintergrund der allgemeinen Entwicklung kann vermutet werden, dass in Zukunft in immer strikterer Form und durch immer gewalttätigere Mithilfe der „Zivilgesellschaft“ eine offene Diskussion über unangenehme Themen, die z. B. die ökonomischen Auswirkungen der EZB-Geldflutung ansprechen oder die sozialen und politischen Probleme einer Massenmigration nach Europa, verhindert wird. Das wäre dann die weiterentwickelte Demokratie einer meinungs- und gesinnungsvorgebenden Funktionselite in Politik und Gesellschaft, die sich, so die Beobachtung von Egon Flaig, in den letzten Jahren eine „quasireligiöse humanitaristische Ideologie“ angeeignet hat. Es wird noch heftig und erregt in den dafür vorgesehenen Talkshows diskutiert, aber nur in einem engen Korridor der über die enge Verflechtung von Politik und Medien noch zugelassenen Meinungen. Alle vier oder fünf Jahre wird noch gewählt, aber die Wahlalternativen unterscheiden sich immer weniger; und wenn doch einmal etwas nicht rund läuft, wird die Wahl wieder rückgängig gemacht und wiederholt.

Eine solche Entwicklung wird natürlich auch ermöglicht durch die politische Trägheit der breiten Mehrheit des Volkes, das eben nicht aus engagierten Staatsbürgern besteht, die die Politik der Regierung kritisch hinterfragen, sondern lediglich aus „freien Untertanen“, die bestenfalls engagiert die herrschende Meinung vertreten. Das sei in Deutschland eigentlich schon immer so gewesen, könnte man dagegenhalten, hier sei das Vertrauen in die Obrigkeit schon immer groß gewesen. Das mag sein, aber in der Zeit der Bonner Republik nach 1949 bis in die 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts hat die deutsche Funktionselite wenigstens noch versucht, einigermaßen ideologiefrei und nicht gesinnungsethisch übergeordnete Interessen und die Interessen der hat arbeitenden Menschen in Deutschland in Einklang zu bringen. Das wird sie in Zukunft wohl immer weniger tun.

 

 

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3 Jahre her

[…] Egon Flaigs mutige Gegenrede im hegemonialen Diskurs › GEOLITICO […]

waltomax
waltomax
3 Jahre her

Der pragmatische Ansatz Es ist typisch deutsch, einen Idealzustand zu projizieren, der unter Ausschluss widriger Kräfte und Einflüsse behaupet werden müsse. In Wirklichkeit gibt es eben Gestaltungskräfte, welche Uniformität wollen neben solchen, die Vielfalt begünstigen. Ferner sehen wir eine zyklisch Zeitqualität, die konservativ-bewahrend wirkt, immer wieder aufgebrochen von einer linear gerichteten, die das Unvorhersagbare Neue bringt. Wir beobachten die Tendenz zu Netzwerken, die in weiten Teilen autonom und autark funktionieren, während sie gewisse Prozesse teilen, über welche sie zusammenhängen. Und dann gibt es die Tendenz zur Hierarchie, in welcher eine Zentrale die Kontrolle ausüben will. Bei all diesen formenden Kräften… Read more »

waltomax
waltomax
3 Jahre her

Der pragmatische Ansatz II Es gibt „fundamentalistische“ Muslime, Christen, Neoliberale, Nazis und andere Menschen mit totalitären Einstellungen. Es kommt darauf an, denen gegenüber eine eigene Position zu beziehen und diese auch zu leben. Erst dann kann man durch Beispiel wirken und ggf. überzeugen. Wir leben in Europa in der Tradition des Christentumes und der Prägung durch die Kirchen. Ob wir es wollen oder nicht. Siehe dazu: https://www.geolitico.de/?s=walter+kothe Es kommt nun darauf an, in einer titanischen Anstrengung das Christentum zu erneuern und uns auf dieser Basis zu behaupten. Das meint nicht die Verurteilung oder Verdammnis anderer. Unsere christlich geprägten Wertekanon gilt… Read more »

waltomax
waltomax
3 Jahre her

Der pragmatische Ansatz III Law and order Staat und Gesellschaft behaupten sich nicht länger, weil eine windelweiche Duldung von Radikalismen aller Art mit Toleranz verwechselt wird. Es kommt nicht darauf an, Andersdenkende jeder Art zu integrieren und zu nivellieren, sondern auf das Zusammenleben in einem für alle verbindlichen Rahmen. Wer dazu nicht bereit ist, suche sich einen anderen Ort, um seine Überzeugungen auszuleben. Und fliege hinaus. Deutschland scheint eine Art kollektiven Helfersydroms ausgebildet zu haben, in dem schuldgebeugten Bemühen, von allen anderen Völkern geliebt werden zu wollen. Es reicht doch schon, uns endlich wieder ein selbstbestimmtes Dasein zu ermöglichen. Man… Read more »

waltomax
waltomax
3 Jahre her

Der prgmatische Ansatz III Richtet nicht, auf das Ihr nicht gerichtet werdet… Soll einer Muslim sein und in seiner „komplementären“ Andersartigkeit leben. Solange er die Rahmebedingungen befolgt, die uns zu einer vielfältigen Gemeinschaft machen. In aller Gegensätzlichkeit und Vielfalt. Vielweiberei ist z.B. mit diesen Rahmenbedingungen inkompatibel. Wer das nicht einsieht, muss unsere Gemeinschaft verlassen, ohne dabei verurteilt oder verdammt zu sein. Möge er anderenorts froh und glücklich darin sein, seine Überzeugungen zu leben. Anitfa? Kein Problem, solange keinerlei Gewalt ausgeübt wird. Gerne kämpfe ich dafür, dass auch die Antifa ihre Meinung vertreten kann. Möge das bessere Konzept gewinnen. Wer allerdings… Read more »

waltomax
waltomax
3 Jahre her

Kontrapunkt Reset Die Eliten wollen die ganz große RESET – Taste drücken. Danach soll die Etablierung eines gobalen Zentralismus erfolgen, dessen geistiges Fundament -genau besehen- in einem totalitären Materialismus besteht, der sich durch KI, Digitalisierung und Transhumanismus ausweist. Nun sollte man diese Seelen, die sich elitär fühlen und der Welt ihre Konzepte aufdrängen wollen, nicht veurteilen. Hier erfolgt vielmehr die Herausforderung an uns alle, dem Menschen Geist, Seele und Körper unversehrt zu erhalten. Denn es droht seine Deklassierung und Einordnung als biologische Maschine. Austauschbar ganz nach Belieben. Doch von wem soll die Rettung ausgehen? Besitzen wir noch die inneren Potentiale,… Read more »

dragaoNordestino
Reply to  waltomax
3 Jahre her

@waltomax ….. dessen geistiges Fundament -genau besehen- in einem totalitären Materialismus besteht, der sich durch KI, Digitalisierung und Transhumanismus ausweist.

und

Was haben wir dem Reset der Eliten entgegenzusetzen?

Nach meiner Ansicht, der von mir zu beobachtenden Geschehnisse, ist die Frage falsch gestellt. Richtig wäre: Wollen wir dem Reset der Eliten etwas entgegensetzen

Die Antwort so scheint mir wenigstens, ist NEIN….. allenfalls will das Gros der Menschen kleine Veränderungen anbringen…. Somit scheint der Weg in die Zukunft gegeben. ….

Vielleicht besteht noch die Möglichkeit in nahen und mittleren zukünftigen Zeitabläufen sich etwas Freiraum zu schaffen… mehr aber nicht. ….

Last edited 3 Jahre her by dragaoNordestino
waltomax
waltomax
Reply to  dragaoNordestino
3 Jahre her

@dragao
Den Eliten nichts Konstruktives entgegenzusetzen, heißt, die Hierarchie zu belassen und das System zu zementieren. Die laufende Reduktion des Menschen auf eine ihm zugewiesene Funktion macht ihn bald gänzlich zum Roboter, seelisch entkernt, geistig degeneriert und körperlich geschunden. Zum Schluss nur noch zu entsorgen per Impfung und als Soldat. Was soll man diesen Entwicklungen denn da noch an Freiräumen für sich selber abgewinnen wollen?

e

dragaoNordestino
Reply to  waltomax
3 Jahre her

@waltomax ….. Was soll man diesen Entwicklungen denn da noch an Freiräumen für sich selber abgewinnen wollen?

Ja was soll man sonst tun.?

Wenn die Mehrheit… die grosse Mehrheit der Menschen auf dem materiellen Zuge abfahren (Brot und Spiele), dann kann man sich als anders tickender Aussenseiter, nur noch ein kleines verstecktes Anderssein gestatten…. ansonsten wird man ausradiert.

Ist dies nicht der natürliche Verlauf der Evolution.?

Ich sehe es eigentlich nicht als meine Aufgabe, der grossen Mehrheit, meine Ansichten auf zu drücken. Man kann darüber reden…. mehr nicht

Hans
Hans
Reply to  dragaoNordestino
3 Jahre her

@Drago: Der natürliche Verlauf der sog. Evolution ist m.E. so, dass die höherwertige, insbesondere flexilblere Lebensform weniger taugliche Modelle zuerst zurückdrängt und diese schlussendlich gänzlich verschwindet. DAS ist DER Plan, nach dem – jedenfalls bisher die gesamte Welt = Natur funktioniert hat und übrigens weiter funktionieren wird, solange es dem Schöpfer gefällt. Auch war das beim Menschen so, bis er sich anschickte, sich über der Natur zu dünken und sich aufgrund der ihm von höher Seite eingeräumten Entdeckungs- und Entscheidungsbefugnisse als „über den Dingen“ zu wähnen. Der „Erfolg“ zeigt sich darin, dass sich einerseits das „Kroppzeug“ quntitativ überhand nimmt, die… Read more »

waltomax
waltomax
Reply to  Hans
3 Jahre her

ja.

fufu
fufu
Reply to  Hans
3 Jahre her

„Die Menschheit…wird keine große Zukunft mehr haben können“

Kann sein. Fuer mich bin ich positiv gestimmt. Mitte 60, biologisch 20 Jahre juenger, Antikoerper auf Corona postitiv (hab ausser leichter Atemnot bei Anstrengung fast nichts davon bemerkt) und hoffe, dass man bis 2050 der Lebensverlaengerung auf 150 naeher gekommen ist. Bin da wie auch sonst hoffnungsvoll.

fufu
fufu
Reply to  dragaoNordestino
3 Jahre her

„Was haben wir dem Reset der Eliten entgegenzusetzen?“

„Wir..“. Ihre Probleme hab ich gar nicht.

fufu
fufu
Reply to  fufu
3 Jahre her

war an waltomax gerichtet.

fufu
fufu
3 Jahre her

Normal dass ein Historiker sich mit der Vergangenheit beschaeftigt… Gott, Kaiser und Volk, das Volk als Arbeitssklaven und Soldaten fuer den Nationalstaat des 19. und fruehen 20. Jahrhunderts… Besser waere es sich mit der Zukunft zu beschaeftigen.

Im Nahen Osten zirkulieren immer noch Geldscheine als Zahlungsmittel obwohl es die herausgebenden Staaten oder Herrscher gar nicht mehr gibt oder wie Einstein sinngemaess sagte „neue Ideen entstehen durch Aussterben der (A)lten.

waltomax
waltomax
Reply to  fufu
3 Jahre her

„Besser waere es sich mit der Zukunft zu beschaeftigen.“

Also, welche klare Vision von der Zukunft haben Sie? Was kann man Gates und Konsorten konzeptionell entgegensetzen?

dragaoNordestino
Reply to  waltomax
3 Jahre her

@waltomax ….Was kann man Gates und Konsorten konzeptionell entgegensetzen?

Wieso immer Gates.? Hört der Unsinn der über Bill Gates kursiert eigentlich nicht mehr auf.?

@fefe hat dazu eine nette kleine Erleuchtung / Erheiterung geschrieben, jedoch sehen Sie selber:

https://blog.fefe.de/?ts=a04c5591

 Es gibt viele ekelhaften widerlichen Milliardäre, wieso muss es immer wieder Gates sein.?

Last edited 3 Jahre her by dragaoNordestino
waltomax
waltomax
Reply to  dragaoNordestino
3 Jahre her

@dragao
Natürlich sollte man nicht der Egokiste aufsitzen wollen, die Welt nach der eigenen Facon zur Seeligkeit zu führen.

Gates verkörpert ein System. Man sollte in der Tat das System kritisieren und nicht einen Menschen verdammen.

Sie haben recht.

Friedolin
Friedolin
Reply to  waltomax
3 Jahre her

Ein System kann schlecht sein, aber es lädt damit keine Schuld auf sich. Nur der Mensch kann sich schuldig machen, man muss ihn deswegen nicht verdammen, denn er verdammt sich damit selber. Der Grund ist immer derselbe: der Mensch der seine eigene Natur nicht kennt, neigt dazu, sich auf Abwege zu begeben. Der Mensch ist kein Raubtier, ist nicht für Kriege geschaffen, er hat keine scharfen Krallen wie ein Löwe, selbst beim Schlagen mit bloßen Fäusten kann er sich verletzen und muss dabei einen inneren Widerstand überwinden, es vorher üben. Wenn er sich selbst nicht kennt, dann können all die… Read more »

Friedolin
Friedolin
Reply to  Friedolin
3 Jahre her

Es sollte richtig heißen: Bhagavadgita. An anderer Stelle liest man über diese den Hindus heilige Schrift (und vielleicht hilft es dem ein oder anderen nicht den Mut und den Glauben an das Gute zu verlieren): Lord Krishna sagte zu Arjun, dass der Mann der Selbstbeherrschung weder Stolz noch Arroganz habe. Er fügt niemandem Schaden zu und ist erfüllt von Vergebung und einer Einfachheit, die sich in seinem Geist und seiner Rede offenbart. Er dient … mit Respekt und Hingabe durch Körper, Geist und Reichtum. Er ist innerlich und äußerlich rein, sein Geist ist beständig und kontrolliert. … … Vollständige Hingabe… Read more »

fufu
fufu
Reply to  Friedolin
3 Jahre her

Vorausgeschickt sei, dass ich nicht viel Ahnung vom Hinduismus habe. Angeblich gibt es den Hindu-Nationalismus, was aber nicht das erste mal waere, dass sich der Staat der Religion fuer seine Interessen bedient. Davon abgesehen sind Ihre Zitate eine Hymne an den Individualismus.

Friedolin
Friedolin
Reply to  fufu
3 Jahre her

Danke Fufu für den den letzten Satz Ihrer Antwort. Tatsächlich ist die Basis jeden Menschens der Mensch selber, wird gerne verdrängt, weil wer will sich schon Gedanken machen über das Ende. Dann doch lieber sich den Kopf zerbrechen über die Probleme anderer. Sicher wird auch die Menschheit ein Ende nehmen, spätestens wenn die Sonne sich aufgebläht und die Erde schluckt. Wird aber noch eine Weile dauern. Auch die Völker und Nationen kommen und gehen, das war schon immer so. Aber da gibt es auch „mich“. Da ist das zeitliche Ende nicht spekulativ. 120 Jahre oder vielleicht dank ?? Bill Gates… Read more »

Wolfgang Wirth
Wolfgang Wirth
3 Jahre her

Abenddämmerung Vielen Dank an Grinario für diese gelungene und sehr lesenswerte Vorstellung des Buches. Flaigs sehr gelungenen Analysen und Lagebeschreibungen ist kaum was hinzuzufügen; sie skizzieren auf hohem Niveau den Niedergang. Anmerken würde ich lediglich, dass „Demokratie“ und „Rechtsstaat“ gewisse historische Rahmenbedingungen und Bedingungsfaktoren brauchen, damit es zu ihrer erfolgreichen Ausprägung kommt. Auch die von Flaig angesprochene selbstbewusste und verantwortungsbewusste Bürgerschaft entsteht eben nicht von alleine und gewiss auch nicht als Willensakt, sondern hängt zusammen mit bestimmten vorausgegangenen wirtschaftlichen und politischen Veränderungen. Zu fragen wäre, ob die Bedingungsfaktoren demokratischer Politik heute überhaupt noch gegeben sind. Ich persönlich bezweifle es, weswegen… Read more »

Nathan
Nathan
3 Jahre her

Ich verstehe nicht, warum immer die Monstranz einer „Demokratie“ hochgehalten wird, die doch in einer Massengesellschaft wie heute gar nicht mehr überschaubar wie auf einem Alt-Athener Markt abgehalten werden kann. War nicht erst im letzten Artikel von der eine echte Demokratie konterkarierenden Medienmacht als Machtinstrument des Systems die Rede? Jetzt wird hier einem Nationalismus jegliches Recht abgesprochen, Zuwanderung wie in einem Vielvölkerstaat wie die USA das Wort geredet…, ja merkt der Autor nicht, daß dann die vom System gewollten „Vereinigten Staaten von Europa“ die Aufgabe unserer Identität bedeuten? Bis 1945 waren wir ein homogener Staat, fast der einzige in Europa,… Read more »

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