Wagenknecht rät zum Zahlungsstopp
SPD-Chef Gabriel kritisiert Syriza heftig. Linken-Ikone Sahra Wagenknecht warnt Syriza davor, sich zu unterwerfen und bringt einen griechischen Lastenausgleich ins Spiel.
Wie könnten die beiden miteinander koalieren? Angesichts der tiefgreifenden Gegensätze in der Griechenland-Frage jedenfalls erscheinen Gregor Gysis leidenschaftliche Hoffnungen auf eine Linksregierung mit der SPD im Bund wenig realistisch.
Während SPD-Chef Sigmar Gabriel die griechische Links-Regierung für die scheinbar auswegslose Lage der Gespräche über die griechischen Staatsfinanzen verantwortlich macht, sieht die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Sahra Wahgenknecht, die Schuld eindeutig in Berlin, Brüssel und beim Internationalen Währungsfonds (IWF). „Die Möglichkeiten, die Europa hat, sind ausgereizt“, sagte Gabriel den „Stuttgarter Nachrichten“. Wagenknecht riet Griechenland, sich auf gar keinen Fall dem Diktat der Institutionen zu unterwerfen.
„Armut, Chaos und immer höhere Schulden“
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Zum Hintergrund: Wieder einmal wird die Zeit im Streit zwischen der griechischen Regierung und den Geldgebern knapp. Athen sagte dem IWF kurzfristig die heute fällig Rückzahlung von 300 Millionen Euro ab. Gleichzeitig kündigte die Syriza-Regierung an, weitere im Juni fällige Raten erst Ende des Monats zurückzahlen zu können. In der Konsequenz heißt das, Ende des Monats werden auf einen Schlag insgesamt 1,6 Milliarden Euro fällig. Die wiederum dürfte Athen nur dann zahlen können, wenn es zu einer Einigung zwischen Brüssel, IWF und Athen kommt.
Gerade erst hat der IWF „wegen mangelnder Erfolgsaussichten“ der Gespräche mit der griechischen Regierung sein Verhandlungsteam aus Brüssel abgezogen. Daraufhin packte auch die griechische Delegation ihre Koffer. Und angeblich verlässt inzwischen auch EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker die Hoffnung auf ein gutes Ende.
Auf die Frage von GEOLITICO, was sie Syriza in der aktuellen Situation raten würde, sagte Wagenknecht, die Bedingungen, die die sogenannten Institutionen Syriza stellten, seien unannehmbar. Sie führten das Land weiter in „Armut, Chaos und immer höhere Schulden“. Wörtlich sagte sie: „Ich denke, Syriza kann sich diesen Bedingungen gar nicht unterwerfen, denn damit würden sie politischen Selbstmord begehen. Dann ist es besser, den Schuldendienst einzustellen.“ Und sie fügte hinzu: „Es gibt keine rechtliche Handhabe, Griechenland nach einem Zahlungsausfall auch aus dem Euro auszuschließen.“
Eine von der EZB gestützte Drachme?
Ein Ausscheiden aus dem Euro hätte verheerende Folgen für das Land. Denn die neue Währung wäre dann „dramatisch unterbewertet“. „Sie hätte faktisch keinen Wert“, sagte Wagenknecht. Damit würde Griechenland von heute auf morgen auf das Niveau eines Entwicklungslandes zurückgeworfen. Sollte es zu einem Ausscheiden aus dem Euro kommen, müsse die neue Währung massiv von der EZB gestützt werden. Aber auch dazu signalisiere die EZB derzeit keinerlei Bereitschaft.
SPD-Chef Gabriel hingegen setzt Syriza unter Druck. Ob eine rasche Einigung gelinge, liege allein an den Griechen, sagte der Vizekanzler. Er finde es befremdlich, dass der griechische Regierungschef Alexis Tsipras „nicht bereit ist, die Dinge, die er im Land lösen muss, auch dort anzugehen“.
Nach Informationen der Linken verlangen die Institutionen weiter tiefere Einschnitte zu Lasten der Bevölkerung. So schrieben Brüssel, IWF und die Europäische Zentralbank Tsipras eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und eine weitere Kürzungen auch von Kleinrenten vor. Außerdem verweigerten sie den griechischen Gewerkschaften das Recht, Flächentarfiverträge zu verhandeln.
Griechischer Lastenausgleich?
Sollte auf dieser Basis ein weiteres Griechenland-Paket im Bundestag zur Abstimmung kommen, schließt Wagenknecht, die zusammen mit Dietmar Bartsch als künftige Faktionschefin gehandelt wird, eine Zustimmung ihrer Fraktion aus. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir ein Paket mit den Konditionen, die jetzt von den Gläubigern vorgeschlagen werden, mittragen“, sagte sie. „Erstens würde es den Griechen nicht helfen, weil die Regierung das Geld wieder ausschließlich für den Schuldendienst einsetzen müsste. Zweitens wäre es genau deshalb eine erneute Verschwendung von deutschen Steuergeldern, denn es vertagt nur die Probleme, aber löst kein einziges.“
Zwar spricht auch SPD-Chef Gabriel von der Verschwendung von Steuergelder. Im Gegensatz zu Wagenknecht wirft er dies jedoch nicht Brüssel und IWF, sondern der griechischen Regieurng vor. Tsipras wolle die Probleme auf die Schultern der europäischen Steuerzahler verlagern, sagte er.
Statt den Steuerzahler zu belasten, bestärkt Wagenknecht die griechische Regierung darin, die reichen Griechen zur Kasse bitten. Die griechische Wirtschaft sei in der Hand von rund 600 Familien. Während die Bevölkerung in den vergangenen Jahren 40 Prozent ihrer Einkommen einbüßten, hätten diese Familien ihre Einkommen noch gesteigert. Wagenknecht erinnerte in diesem Zusammenhang an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals hätten die Vermögenden in Westdeutschland über einen sogenannten Lastenausgleich zum Wiederaufbau beigetragen. Ein solcher Lastenausgleich sei auch in Griechenland sinnvoll.