Wenn Putin Gas für Rubel verkauft

Welche Wechselwirkungen könnten sich etwa für die USA ergeben, wenn Russland seine Energie künftig in Rubel verkauft? In Peking dürfte der Gedanke Sympathie finden.

Einem Reuters-Bericht[1] zufolge hat sich Wladimir Putin für eine  künftige Fakturierung russischer Öl- und Gasexporte in Rubel ausgesprochen:

„Russlands Ziel sollte es sein, sein Öl-und Gas weltweit für Rubel zu verkaufen, weil das Dollar-Monopol im Energiehandel die russische Wirtschaft beschädigte (Russia should aim to sell its oil and gas for roubles globally because the dollar monopoly in energy trade was damaging Russia’s economy).“

Ob es sich dabei um einen Testballon handelt, um herauszufinden, wie die Märkte auf eine Verschiebung der Währungsgleichgewichte reagieren könnten (gegebenenfalls Rubel-Aufwertung), oder diese Äußerungen als Kampfansage gegen die Weltleitwährung zu bewerten sind, sei dahingestellt. Jedenfalls ermuntert Putins Ansage, die wir in abgewandelter Form schon von Saddam Hussein oder Muammar Gaddafi hörten,  zu Gedanken-Experimenten hinsichtlich etwaiger Wechselwirkungen solcher Überlegungen, welche möglicherweise auch in Peking gewisse Sympathien auslösen könnten.

Gefahr für die USA

Nach allgemeinem ökonomischem Konsens erfüllt eine Weltleitwährung – die nun von Putin möglicherweise infrage gestellt wird – mehrere Funktionen:

  1. Die internationalen Zentralbanken müssen sie als Reserve- und Interventionswährung verwenden.
  2. Sie dient als Handelswährung, in der die wichtigsten Kontrakte privater Akteure denominiert werden.
  3. Für Kapitalanleger ist sie ultimative Anlagewährung, in der eine Vielfalt von Anleihen emittiert und gehandelt wird.
  4. Darüber hinaus fungiert sie als Öl-Währung (vgl. Petrodollar), weil mit ihr der strategische Preis des Energie-Inputs von Industriegesellschaften bezahlt wird.

Werden nun Ölexporte signifikant über alternative, nationale Währungen und/oder Bartergeschäften abgerechnet, erscheint der Status des US$ als Weltreservewährung nachhaltig gefährdet, da u.a. bei den öl-exportierenden Staaten die Notwendigkeit entfiele, Dollar-Überschüsse (vorzugsweise in US-Treasury bills) zu reinvestieren.

Ein solches Szenario hätte schon beinahe zwangsläufig mehrere denkbare Konsequenzen:

  1. Portfolio-Anpassungen der internationalen Zentralbanken.
  2. Schwächung der Funktion als Handelswährung.
  3. Kapitalanlagen in alternative Anlageformen.

Solche Wechselwirkungen vorausgesetzt, würden für FED/US Department of the Treasury die liebgewonnenen, süßen Seignorage-Effekte entfallen, womit sich in der Folge der äußere Geldwert des US$ möglicherweise in einer Abwertungsspirale wiederfinden könnte, während der innere US$-Geldwert stark inflationsgefährdet sein könnte.

Wie beim kalten Entzug
Im Zuge einer solchen „Dollar-Inflation“ könnten sich die Öl-Exporteure genötigt sehen, entweder Alternativen zur US$-Fakturierung zu entwickeln, oder massive Preiserhöhungen durchsetzen zu wollen.

Schlimmstenfalls könnten solche Szenarien – möglicherweise gepaart mit Anlagealternativen im Yuan oder Euro – eine massive Kapitalflucht aus dem US$ auslösen und die permanenten und erheblichen strukturellen Defizite in der US-Leistungsbilanz und im Staatshaushalt, welche bislang durch US$-Überschüsse exportierender Staaten quasi refinanziert wurden,  in den Fokus jeder Anlageentscheidung rücken.

Wie beim kalten Entzug eines Drogenabhängigen könnte die US-Regierung durch ein abebben oder gar ausbleiben ausländischer Dollar-Re-Investments erstmals gezwungen sein, äußerst schmerzhafte Strukturanpassungsmaßnahmen durchzuführen, deren Folgen bspw. in den Club-Med-Staaten anschaulich ablesbar sind.

Solche währungspolitischen Verwerfungen hätten zwangsläufig entsprechende Gegenmaßnahmen der US-Regierung zur Folge, welche im günstigsten Fall zu einer Neuauflage von Bretton Woods führen könnten.

Korrespondierende Diskussionsbeiträge, Fragen, Anregungen und gerne auch kritische Stimmen sind durchaus erwünscht und herzlich willkommen.

 

Anmerkung

[1] Reuters UK-Edition, „Putin says Russia should aim to sell energy in roubles“: http://uk.reuters.com/article/2014/08/14/ukraine-crisis-putin-dollar-idUKL6N0QK3BP20140814

 

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