Lotteriegeschenke im Wahlkampf
Staatliche Lotterien sind ein einträgliches Geschäft. Einen Teil der Überschüsse verteilen CDU- und SPD-Politiker nun als Wahlgeschenke. Der Thüringer Stimmenkauf.
Am 14. September wird in Thüringen gewählt. Die Spitzen der großen Koalition aus CDU und SPD sind im Lande unterwegs und verteilen Lottomittel, um die Stimmen der Wähler zu kaufen.
Stephan Brandner, Pressesprecher der AfD Thüringen, hatte bereits am 11. Juli 2014 einen Eintrag auf der AfD-Seite gepostet, ohne allerdings konkrete Beispiele zu nennen. „Die Landtagswahlen stehen vor der Tür. Das kann man auch daran erkennen, dass plötzlich Politiker der regierenden Altparteien nahezu täglich unterwegs sind und huldvoll lächelnd sogenannte ‚Lottomittelschecks’ verteilen“, so Brandner. Mit diesen „Lottomitteln“ würde offensichtlich Wahlkampf und Schindluder getrieben. „Das ist nichts anderes als Willkür und obrigkeitsstaatliches Verhalten, das an vergangene Zeiten erinnert“.
Mit der Google-Suchmaschine kann man diese schändlichen Machenschaften gut verfolgen. Unter den Suchworten „Mohring“ und „Lottomittel“ findet man 2014 Übergaben von Lottoschecks in Hammerstedt (CDU-Bürgermeister) und Umpferstedt (CDU-Bürgermeister). Bereits in den Vorjahren hatte CDU-Fraktionsschef Mike Mohring CDU-treue Orte und CDU-geführte Vereine mit Lottomitteln beglückt.
Frau Taubert von der SPD
Aber auch Frau Taubert, Sozialministerin von der SPD war 2014 mit Lotto-Schecks unterwegs. Im SPD-regierten Unstrut-Hainich-Kreis wurde ein so wichtiges Event wie die Weltmeisterschaft der Fährtenhunde gefördert. Die SPD Eisenach brüstet sich im Internet mit Lottogeld für einen Waldorf-Kindergarten. Und Bildungsminister Christoph Matschie ist auch ein fleißiger Wahlweihnachtsmann, der Lottogeschenke schon ab Ostern verteilt: In Jena-Winzerla (SPD-regiert), für das Kinderheim am Friedensberg (ebenfalls Jena), die Kinder- und Jugendfußballstiftung (ebenfalls in Jena) und die Schiller-Schule in Weimar (Bürgermeister mit SPD-Parteibuch) wurde Geld locker gemacht.
Ministerpräsidentin Lieberknecht und Landwirtschaftsminister Reinholz (CDU) wurden auch mit Lottoschecks gesichtet. Wirtschaftsminister Uwe Höhn (SPD) ist sehr emsig unterwegs: 290.000 € kann er dieses Jahr verteilen. Gut 200.000 Euro stünden dem Wirtschaftsministerium jährlich an Lottomitteln zur Verfügung , sagte Höhn. Da sein Vorgänger Matthias Machnig im Vorjahr nicht die komplette Summe abgerufen habe, könne er dieses Jahr über den Landessportbund und den Verband der Freien Wohlfahrtspflege thüringenweit Vereine mit insgesamt rund 290 000 Euro die Arme greifen. Das passiert nicht nur, aber vorrangig doch in seinem fränkischen Wahlkreis: Häselrieth, Haina, Römhild waren unter anderem Zielorte.
Wohlwollenden Artikel mit Fotos
Das ganze Panorama der Lottomittelvergabe kann man mühelos recherchieren, weil sich die Thüringer Allgemeine nicht schämt, jede Geldübergabe zu dokumentieren und zu verbreiten. Immer gibt es einen wohlwollenden Artikel mit Fotos von Ministern und Lokalgrößen. Wie unabhängig ist die Presse?
Es fällt auf, dass sich die Lottomittelschecks seit der Bundestagswahl im September 2013 gehäuft haben, und über die Europa- und Kommunalwahl (Mai 2014) bis zur Landtagswahl im September 2014 immer noch zahlreich sind. 2011 und 2012 gab es nicht so starken Geldregen. Es fällt auch auf, dass Vereine, die von Schwarzen und Roten geführt werden, und Gemeinden, die von CDU und SPD regiert werden, fast alles Geld exklusiv erhalten.
Den Oppositionsparteien kann man nur wünschen, daß sie Opposition bleiben, damit sie nicht die in den Ministerien stationierten Fördertöpfe beerben. Die oppositionelle Linke ist auch sehr anfällig für Wählerkauf, wie man an der Vergabe der Sparkassenmittel erkennen kann. Wo linke Abgeordnete Mitglied in Sparkassenbeiräten sind, häufen sich Fördermittelvergaben…
Erpressung der Parteioberen
Selten haben die Schecks die erwünschte Wirkung, da der Durchschnittswähler keine Zeitung liest und gar nicht weiß, wer Geld bekommt. Oder der Wähler ist einfach undankbar. Vor der Kommunalwahl 2009 brachte Mike Mohring einen millionenschweren Förderbescheid für die Sporthalle in Bad Berka mit. Der Vereinsvorsitzende des Sportvereins Holger Theermann wurde auf der CDU-Kreistagsliste platziert, um Stimmen in Bad Berka zu fangen. Das Ergebnis war entmutigend. Theermann bekam ganze 127 von 9847 gültigen Stimmen in der Kurstadt. Für 3 Millionen Baukosten.
Wer annimmt, dass die Minister und Fraktionschefs immer der treibende Kern bei der Verteilung der Wahlgeschenke sind, der irrt übrigens. Oft sind es die parteigebundenen Bürgermeister, die die Parteioberen erpressen. „Wenn Du mir keine Fördermittel besorgst, kannst Du vergessen, dass ich für Dich plakatiere!“ Das musste sich der Kreis- und Fraktionsvorsitzende Mike Mohring (CDU) schon öfter anhören. Meistens hat er mit irgendwelchen Fördergeldern die Quäler einfangen können. Er ist übrigens nicht der einzige, der sich erpressen lässt…