Europas starker Norden bricht weg
Da braut sich etwas zusammen: Der IWF gibt Alarm für die Niederlande! Die Wirtschaft in Frankreich, Belgien, Finnland und sogar Deutschland schwächelt. Die EU rechnet mir noch mehr Arbeitslosen...
Wir haben uns angewöhnt, die Eurokrise in Südeuropa anzusiedeln. Der Kern im Norden sei solide, hieß es immer wieder. Das war zwar schon lange falsch – Irland gehört schließlich auch zu den Krisenländern.
Doch nun trifft die Krise auch den Kern. Am schlechtesten stehen die Niederlande da. In einem aktuellen Bericht vergleicht der IWF die Lage der Niederlande sogar mit der in der „Peripherie“-Ländern. Hier ein Auszug aus dem Papier:
„Zu Erfolgsgeschichte der Niederlande gehören robuste öffentliche Finanzen und der Status als sicherer Hafen. Das sind Attribute von AAA-Ländern im Euro-Währungsgebiet. Nun allerdings steht die niederländische Wirtschaft vor vielen Herausforderungen vergleichbar denen der Peripherie-Volkswirtschaften. Dazu gehören der Gegenwind aus den hoch verschuldeten privaten Haushalten, erhebliche finanzielle Belastungen, sinkende Immobilienpreise und die schwache Binnennachfrage.“
Will heißen: Trotz der Exportüberschüsse leidet Holland unter schwer verschuldeten Haushalten, einer Bankenkrise, einer Immobilienkrise und schwacher Binnennachfrage.
Am wichtigsten sei es jetzt, das Wachstum wiederherzustellen, empfehlen die IWF-Experten. Denn die niederländische Wirtschaft wird in diesem Jahr um 0,8 Prozent schrumpfen. Danach kommen Frankreich und Belgien, mit -0,1 bzw. 0,0 Prozent Wachstum.
Doch auch Deutschland und Finnland, die lange als unverwüstlich galten, schwächeln. Finnland wächst gerade mal um 0,3 Prozent, Deutschland um schlappe 0,4. Vielleicht aber auch weniger – bisher war Brüssel immer zu optimistisch.
Entsprechend düster sieht es am Arbeitsmarkt aus. Währungskommissar Olli Rehn rechnet mit sinkenden Beschäftigungszahlen in Holland und Finnland und mit Stagnation in Belgien und Frankreich. Deutschland steht mit plus 0,5 Prozent etwas besser da.
Beim Budgetdefizit sticht Frankreich hervor, weil es 2013 und 2014 die 3-Prozent-Grenze verletzt. Rehn will Paris deshalb sogar zwei Jahre Aufschub zum Erreichen des Sparziels geben. Dasselbe gilt aber für die Niederlande, die Heimat von Eurogruppenchef Dijsselbloem.
Auch Den Haag reißt 2013 und 2014 die 3-Prozent-Latte. Frankreichs Präsident Hollande wird sich also auf Dijsselbloem berufen können, wenn er mehr Geduld beim Abbau der Defizite fordert…
Demgegenüber dürfte es Merkel schwerer fallen, sich auf Holland und Finnland zu stützen. Sie sind keine Musterschüler mehr; die bisher in der Eurogruppe übliche Kungelei hat – sieht man vom AAA-Rating ab – keine Grundlage mehr.
Die Krise trifft den Kern, echte Vorbilder gibt es nun keine mehr. Denn auch Deutschland sündigt: seine Leistungsbilanz-Überschuss dürfte 2014 zum dritten Mal in Folge über die EU-Grenze von 6 Prozent liegen.
Von einem Abbau der Ungleichgewichte in Euroland kann also keine Rede sein – genauso wenig wie von einer wirtschaftlichen Erholung oder einer fiskalischen Konsolidierung. Mit blick auf die Wirtschaft lag Hollands Finanzminister Dijsselbloem also wohl richtig, als er beschloss, die Sparziele aufzuschieben – und den deutschen Sparkurs zu verlassen. Ich frage mich nur, wann er seine Politik in der Eurogruppe erklärt, der er ja bekanntlich immer noch vorsteht…
Mehr Beiträge von Eric Bonse finden Sie hier: Lost in Euope
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