Warum die Bundeswehr in den Krieg zieht
Offiziell geht es immer um Terror, um Islamisten und den Weltfrieden. Aber warum bekämpft der Westen die Islamisten in Mali und unterstützt sie in Syrien und Libyen? Warum wurde die Energiefrage in Afghanistan verschwiegen?
Deutschland nimmt mit 155 Soldaten am Krieg in Mali teil. 40 Sanitätssoldaten bauen ein Lazarett auf, 40 Pioniere sollen malische Soldaten ausbilden, 75 Soldaten organisieren den Truppentransport in Mali mit Transall-Flugzeugen. Außerdem hat Deutschland Tankflugzeuge, Ausrüstung und 15 Millionen Euro für den Kampf gegen die islamistischen Rebellen zugesagt. Aber warum führen wir eigentlich Krieg in Mali?
Mali ist ein Land zwischen Mauretanien und Niger. Im Norden grenzt es an Algerien. Gemessen an der Fläche ist Mali dreimal so groß wie Deutschland. Es hat aber nur 12 Millionen Einwohner, Deutschland hat 83 Millionen. Mali ist ein bitterarmes Land, Deutschland ist reich. In Mali lebt die Hälfte der Menschen von einer kargen Landwirtschaft. Deutschland ist ein Industrieland. Mali ist vergleichsweise weit weg von Deutschland, aber Afghanistan ist ja auch weit weg, und trotzdem führt die Bundeswehr dort Krieg. „Krieg gegen den Terror“ ist die offizielle Bezeichnung. Dafür haben mittlerweile 52 Bundeswehrsoldaten mit ihrem Leben bezahlt.
Terror-Chef mit Pornofilmen
Zu dem Krieg in Afghanistan kam es vorgeblich, weil die Taliban Osama bin Laden Unterschlupf gewährt hatten. Der al-Qaida-Chef ist dann in der Nacht zum 2. Mai 2011 von US-Spezialkräften erschossen worden, allerdings nicht auf einem afghanischen Schlachtfeld, sondern in seinem Schlafzimmer. Und das war übrigens in Pakistan. Dort hatte sich der al-Qaida-Chef angeblich bereits seit vielen Jahren die Zeit nicht mit Kriegs- und Terrorplänen, sondern mit Frauen und Pornofilmen vertrieben.
Nun ist er blad zwei Jahre tot, doch noch immer stehen deutsche Truppen in Afghanistan. Bis Ende 2014 soll das noch so gehen. Dann wird angeblich der letzte Bundeswehrsoldat abgezogen sein, im Land aber wird auch weiterhin Chaos herrschen. Und kein Verantwortlicher in Deutschland dürfte eine gescheite Antwort auf die Frage geben, warum deutsche Soldaten überhaupt dorthin mussten.
Pipeline durch Afghanistan
In der offiziellen Darstellung der Kriegsgründe spielt die Erschließung der sagenhaften Öl- und Gasvorkommen am Kaspischen Meer jedenfalls keine Rolle. Dabei verhandelte der US-Energiekonzern Unocal bereits in den 1990er Jahren mit den Taliban über den Bau einer Gas-Pipeline. Es war das Konkurrenzprojekt zu der Pipeline Iran-Pakistan-Indien für den boomenden asiatischen Markt. Da die Islamisten jedoch Bin Laden nicht ausliefern wollten, gestaltete sich die Sache schwierig.
Nach der Jahrtausendwende verhandelten dann der US-Konzern ExxonMobil und das französische Unternehmen TotalFinaElf mit der afghanischen Regierung über eine Pipeline von Turkmenistan quer durch Afghanistan bis in die pakistanische Hafenstadt Karatschi. Damals zitierte der „Spiegel“ aus einem Bericht, den das amerikanische Energieministerium nur wenige Tage vor den Terroranschlägen im September 2001 veröffentlicht hatte: „Die Bedeutung Afghanistans in Energiefragen liegt in seiner geografischen Position als potenzielle Transitroute für Exporte von Öl und Erdgas aus Zentralasien zum Arabischen Meer.“ Da lockte ein Riesengeschäft.
Das Werk der CIA
Und nun also Mali. Wie schon in Afghanistan wird behauptet, die Bundeswehr müsse die Verbündeten im Kampf gegen islamistische Terroristen unterstützen. Diesmal heißt der Feind „al-Qaida im islamischen Maghreb“ (AQMI) und umfasst alle jene Gruppen, die sich von AQIM abgespalten haben. Sie tragen Namen wie Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika (Mujao), „Die mit dem Blut unterschreiben“ (al-Muwaqiun bi-l Dam), „Helfer des Glaubens“ (Ansar al-Din) und libysch-islamische Kampfgruppe (LIFG).
Die Anführer dieser Gruppen wurden einst vom US-Geheimdienst CIA in Afghanistan als Mudschaheddin im Kampf gegen die russische Armee ausgebildet. Ihr dort erworbenes militärisches Wissen haben sie längst an die jüngeren Mudschaheddin-Generationen in Nordafrika weitergegeben, die ihre Fähigkeiten zuletzt beim Sturz des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi bewiesen, wo die LIFG an der Seite der Europäer kämpfte. Waffen besitzt sie seither mehr als genug, denn der Tod Gaddafis verwandelte Libyen in einen riesigen Waffen-Bazaar, auf dem alles, was seine gut ausgerüstete Armee einst besaß, zu haben war. Diese Waffen setzen sie nun auch in Mali gegen die Regierungstruppen ein.
Währungsfonds und Weltbank
Anfangs störte sich die malische Regierung übrigens gar nicht an den in den Norden des Landes eingedrungenen islamistischen Tuarek. Sie machte sogar gemeinsame Sache mit den aus Algerien vertrieben Kämpfern, indem sie bei deren Geiselnahmen kräftig mit abkassierte. Außerdem stopfte sich die korrupte politische Elite mit der vom Westen gezahlten Entwicklungshilfe die Taschen voll. Mit diesem Amtsverständnis hat sie sich in den Augen der Bürger hoffnungslos diskreditiert. Zu Recht.
Und warum sollen deutsche Soldaten nun für diese korrupte Kaste in den Krieg ziehen? Weil diese nichtsnutzige Elite nicht nur mit Geiselnehmern gemeinsame Sache macht. Als der Internationale Währungsfonds und die Weltbank im vergangenen Jahrzehnt strenge Privatisierungsauflagen machte, folgte die Regierung den Anweisungen. Sie privatisierte die Eisenbahn und den staatlichen Nahrungsmittelproduzenten Huicoma. Die Folgen für die Beschäftigen und die Bevölkerung waren katastrophal, schreibt LabourNet.
Der französische Konzern Alcatel übernahm die bis dahin staatliche malische Telefongesellschaft. Und als die ebenfalls französische Saur-Gruppe Herr über das malische Trinkwasser werden sollte, gingen die Bürger auf die Barrikaden.
Wohlstand statt Krieg
Frankreich hat ganz offensichtlich harte wirtschaftliche Interessen in Mali. Und nicht nur dort. Weil die französische Regierung voll und ganz auf Kernenergie setzt, ist sie dauerhaft auf preiswertes Uran angewiesen. Bis heute bezieht der französische Energiekonzern Areva sein Uran aus Niger. Vergleichbare Vorkommen gibt es aber auch in der malischen Region zwischen Kidal und Gao.
Alle Länder der Sahara-Zone sind wirtschaftlich arm. Dabei könnten sie reich oder doch zumindest wohlhabend sein, denn sie haben all das, was die europäische Wohlstandsindustrie so dringend braucht: Gold, Uran, Öl, Kupfer, Bauxit, Phosphat und hier und da auch noch ein paar Edelsteine.
Kein französischer oder deutscher Soldat müsste malischen Boden betreten, wenn die Menschen dort ihren gerechten Anteil am Abbau ihrer Bodenschätze erhielten. Bis heute aber reißen sich Konzerne die Rohstoffe unter den Nagel, indem sie korrupte Politiker schmieren und die Menschen als billige Arbeitskräfte unter schäbigsten Bedingungen ausbeuten. Statt Soldaten zu schicken, sollten die Europäer über den Aufbau stabiler wirtschaftlicher Strukturen in Bildung und ein soziales Netz investieren. Denn Wohlstand ist der Kitt einer friedlichen Gesellschaft – und das beste Mittel gegen jede Form von Extremismus und Fanatismus.