Von Mannheim nach Kabul und nie wieder zurück?

Olaf Scholz (SPD) / Ukraine-Politik / / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: fsHH / https://pixabay.com/de/photos/mann-politiker-olaf-scholz-hamburg-2990405/ Olaf Scholz (SPD) / Ukraine-Politik / / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: fsHH / https://pixabay.com/de/photos/mann-politiker-olaf-scholz-hamburg-2990405/

Das Attentat von Mannheim soll eine Wende in der Asylpolitik einleiten. Wenn es nicht die Grünen und das Verwaltungsrecht gäbe.

Solche Straftäter gehören abgeschoben – auch wenn sie aus Syrien und Afghanistan stammen.“ Und: „Schwerstkriminelle und terroristische Gefährder haben hier nichts verloren“. Mit markigen Worten reagiert Bundeskanzler Olaf Scholz auf den afghanischen Messerstecher in Mannheim, der bei einer Kundgebung der islamkritischen Organisation „Pax Europa“ gegen einen Redner vorgehen wollte und dabei einen Polizisten tödlich verletzte. Die tragischen Umstände beschäftigen die nationalen sowie internationalen Medien und nicht zuletzt den Bundestag.

Sicherheitspolitischer Gemischtwarenladen

In seiner Regierungserklärung mixt der Kanzler alles hinein, was im weitesten Sinne mit Sicherheit zu tun hat: Mannheimer Anschlag, Fußball-EM und Ukraine-Krieg. In den Erwiderungen darauf erweitert sich das Spektrum vom Hochwasserschutz über den Antisemitismus bis hin zur generellen Frage, wer hier ins Land kommen soll und bleiben darf. Jede Fraktion hebt aus diesem Potpourri das jeweils eigene Lieblingsthema hervor. Die Grünen sehen hinter so ziemlich allem den Klimawandel, der ganze Gesellschaften ruiniert.

Die grüne Fraktionsvorsitzende Britta Hasselmann redet sich gegen CDU-Chef Friedrich Merz in Fahrt: „Ich habe mich gefragt, Herr Merz, warum Sie angesichts der sechs Toten, angesichts des unendlichen Leids der Menschen in Bayern, in Baden-Württemberg, warum Sie kein einziges Wort dazu hier im Deutschen Bundestag finden. Ich habe mich gefragt, ob es daran liegt, dass sie sich noch vor kurzem haben zitieren lassen mit den Worten, ‚die Politik nimmt den Klimaschutz zu ernst, die Welt wird wohl nicht untergehen‘. Und jetzt sind wir in so einer dramatischen Situation. Wir müssen wirksam vor Hochwasser und Wetterextremen schützen.“

SPD-Kollege Lars Klingbeil warnt eindringlich vor den rechtsradikalen Umtrieben im Land, die Deutschland spalten wollten. Und natürlich gerät die Fraktion in den Blick, die sich Putins Lob hart erarbeitet habe, in direkter Ansprache des Kanzlers an die AfD. Die FDP beschwört die Gefahren des Antisemitismus, und Sahra Wagenknecht geißelt die chaotische Migrationspolitik der letzten Jahre und sieht den sozialen Frieden in höchster Gefahr.

Nicht zuletzt bläst AfD-Frontfrau Alice Weidel ins gleiche Horn und wettert, dass der Messerstecher von Mannheim „nicht hätte hier sein dürfen“ und fordert eine grundsätzliche Migrationswende. Das heißt bei ihrer Partei konkret: null Migration, Rückführungen nach Syrien und Afghanistan in großem Umfang.

Kein Kanal nach Kabul

Friedrich Merz kommt in seiner Antwort zum Kanzler auf den entscheidenden Punkt: „Die Zeit der Ankündigungen ist vorbei – Sie müssen diese Lage in den Griff bekommen.“ Dazu antwortet CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt (heimlich) stellvertretend für die Bundesregierung: „Ich sage Ihnen, mit diesen Grünen werden sie keine Abschiebung nach Afghanistan hinbekommen, weil sie es einfach schlichtweg nicht wollen.“

Dobrindts Erkenntnis mag nicht bahnbrechend sein, aber sie trifft ins Schwarze. Der Kanzler kann ankündigen, dass seine Regierung nun mit den Verantwortlichen in Kabul reden wolle, dass Straftäter wie jener in Mannheim nach Afghanistan zurückkehren sollen. Aber Scholz scheint immer noch nichts aus den gescheiterten Afghanistan-Einsätzen gelernt zu haben.

Mit den Taliban redet niemand allen Ernstes wie mit einem europäischen Diplomaten oder einem deutschen Verwaltungsjuristen. Derzeit gibt es nicht einmal diplomatische Beziehungen zu den Taliban. Ein Kardinalfehler aus der Einsatzzeit wiederholt sich – das Ausgrenzen der einflussreichsten politischen Gruppe in Afghanistan, weil sie nicht ins eigene Weltbild passt. Selbst wenn die Bundesregierung offizielle Kanäle nach Kabul öffnete, wie sähe das wahrscheinliche Ergebnis aus?

Deutsches Recht contra Stammestraditionen

Die Taliban sind nicht erpicht darauf, Verbrecher zurück ins Land zu holen. Und wenn, dann dürfte es ziemlich teuer werden. Ohne Schmiergeld läuft am Hindukusch nichts. Außerdem steht dem Ganzen noch das komplexe deutsche Straf- und Verwaltungsrecht im Weg. Der Mannheimer Messerstecher muss hier vor Gericht gestellt werden und eine zu erwartende langjährige Freiheitsstrafe (theoretisch) in Deutschland absitzen.

Zwar könnte er bei grünem Licht durch die Taliban dann nach Kabul zur Verbüßung der Strafe abgeschoben werden, aber wie ginge es dort für ihn weiter? Grundsätzlich darf die Bundesregierung ausländische Straftäter nicht in Länder abschieben, in denen ihnen die Todesstrafe droht. Das ist in Afghanistan für Mord vorgesehen, und die deutsche Regierung müsste sich von den Taliban zusichern lassen, dass dem Mannheimer Attentäter kein Haar gekrümmt wird. Wie wahrscheinlich wäre das?

Durchaus wahrscheinlich, denn wenn er genug Schmiergeld zahlen kann, dann landet er weder am Galgen noch muss er allzu lange im Gefängnis schmoren. Kenner Afghanistans weisen in den beiden Sonderausschüssen im Bundestag immer wieder darauf hin: Bakschisch öffnet Tür, Tor und rettet Leben. Außerdem müsste sichergestellt werden, dass solche Kriminellen nie wieder nach Deutschland einreisen dürfen. Für Vereinbarungen mit Syrien gilt mehr oder weniger das gleiche und auch hier müssten die abgebrochenen diplomatischen Beziehungen mit der Regierung Assad erst wieder erneuert werden.

Scholz‘ Migrationswende als Rohrkrepierer

Diese ganzen Szenarien gleichen dem Gang nach Canossa, aber nicht für die Zielländer, sondern für die Bundesregierung. Wieso sollten sich stigmatisierte Machthaber wie in Afghanistan oder Syrien plötzlich großzügig im Sinne deutscher Interessen zeigen? Geld allein dürfte nicht reichen. Andere Staaten wie China, Brasilien oder Russland gingen und gehen diplomatisch klüger vor als Deutschland und die EU. Die feministische Außenpolitik kommt hart an ihre Grenzen, wenn es um Regierungen außerhalb der EU geht.

Zeigt sich die Bundesregierung einsichtig? Nein, und sicherlich nicht so lange die Grünen mit im Boot sitzen. Das sollte auch Friedrich Merz bedenken, will er tatsächlich mit Baerbock und Habeck 2025 eine Regierung schmieden. Auch die Idee des Kanzlers, mit Nachbarländern Afghanistans wie Pakistan zu vereinbaren, afghanische Straftäter aus Deutschland aufzunehmen, dürfte schwierig werden. Wieso sollten diese krisengeschüttelten Anrainer Problemfälle in ihre Länder lassen? Auch hier wird Geld aus Berlin nicht das alleinige Schmiermittel sein.

Die Bundesregierung ist mit ihrer Migrationspolitik im In- und Ausland in die Sackgasse gefahren. Die Folgen sind nicht erst seit dem Anschlag in Mannheim bekannt. Mit ideologisierten Grünen und linken Sozialdemokraten gibt es keine Sicherheit. So muss sich die Regierung nicht wundern, wenn besorgte Bürger überlegen, ob sie fragwürdigen Organisationen wie „Pax Europa“ beitreten. Schließlich spricht die Ampel doch immer wieder davon, dass die Bürger Zeichen setzten sollen…

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Nathan
Nathan
1 Monat her

„dass die Bürger Zeichen setzten sollen…“

Damit meint er wohl nur die im Sinne des Regimes aufgehetzten Bürger, Hass ins Land zu tragen. Die dirigierte Teilung der Gesellschaft, eben mit dem Ziel der Meinungsdiktatur. Mit dieser Meinungsdiktatur haben wir einen autoritären Staat, der sich durch diesen Mißbrauch demokratisch legitimiert fühlt.

Steffen
Steffen
Reply to  Nathan
1 Monat her

Vermutlich meint der Autor mit dem Zeichen auf Pax Europa genau das Gegenteil, was Sie vermuten. Pax Europa ist dezidiert islamkritisch bzw. ablehnend.

fufu
fufu
1 Monat her

Der Autor „vergass“ wohl zu erwaehnen warum Afghanen, Syrer und andere, demnaechst vielleicht die Palestinenser, ueberhaupt in Deutschland sind, sicher nicht aus deutschem genuinem Interesse, sondern aufgrund unterwuerfiger Gefolgschaft vergangener Regierungen gegenueber den Siegermaechten USA, GB und Frankreich und deren geostrategischen und kolonialen Interessen. Deutschland wurde niemals am Hindukusch verteidigt genausowenig wie die Ermordung Gaddafis aufgrund franzoesischer Grossmachtsallueren nicht im deutschen Interesse war.

Dass die aktuelle Politik inklusive der Scheinopposition sich in Asyl- und Abschiebungsdebatten ereifert ohne die fortbestehenden Ursachen der Misere zu benennen…. Opportunismus und Feigheit vor dem Feind der sich bitter raechen wird.

fufu
fufu
Reply to  fufu
1 Monat her

Nicht „genausowenig…“ sondern genauso.

asisi1
asisi1
Reply to  fufu
1 Monat her

Spielte sich im Kosovo genau so ab!
Erst Zuzug vieler Albaner und dann die Forderung nach Selbstständigkeit!
Aber man sieht es an der Wahl, der Michel wählt die SED CDU, welche uns diesen Mist eingebrockt hat wieder. Was soll man dazu sagen?

Anton Vogel
Anton Vogel
1 Monat her

Wenn ich das heute richtig gelesen habe, lehnt die Bundesregierung Verhandlungen mit den Taliban über ein Rückführungsabkommen strikt ab.
Das sagt sehr viel über die Glaubwürdigkeit dieser Regierung.
Einer Regierung übrigens, die bei der gestrigen Wahl jede Legitimation verloren hat und trotz dem Neuwahlen strikt ablehnt

Günther Mayer
Günther Mayer
1 Monat her

Zitat: „Grundsätzlich darf die Bundesregierung ausländische Straftäter nicht in Länder abschieben, in denen ihnen die Todesstrafe droht. Das ist in Afghanistan für Mord vorgesehen, und die deutsche Regierung müsste sich von den Taliban zusichern lassen, dass dem Mannheimer Attentäter kein Haar gekrümmt wird.“ Warum eigentlich? Als Afghane unterliegt er der afghanischen Gesetzgebung. Warum sollen wir diesen Mörder vor den Folgen seiner Tat in dessen eigenem Land schützen? Wir akzeptieren hier in Deutschland doch auch bereits Teile der Scharia? Warum nicht auch die Teile, die in seinem Heimatland gelten? Darf sich ein Mörder danach aussuchen, in welchem Staat er mit den… Read more »

Ketzerlehrling
Ketzerlehrling
1 Monat her

ES gibt auch noch andere Möglichkeiten.

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