Die Leitmedien zwischen Selbstlob und massivem Vertrauensverlust

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Eine britische Studie sagt, zwischen Leitmedien und der Linken herrscht eine „Seelenverwandtschaft“. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sieht sich bestätigt.

Ja, was stimmt denn nun? Sind die Medien politisch linkslastig und berichten an den Lesern vorbei, wie eine aktuelle Studie über US-Medien des britischen Magazins „Economist“ suggeriert? Oder sind sie ausgewogene Informationsquellen, denen die Menschen ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit entgegenbringen, wie das Meinungsforschungsinstitut infratest dimap nun im Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland feststellt?

Gegensätzlicher jedenfalls könnten die Thesen nicht sein. Hier die massive Kritik an der ideologisch gefärbten Aufbereitung von Informationen, da der Lobgesang auf die „unverzichtbare“ und zutiefst „glaubwürdige“ Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, aber auch in den deutschen Tageszeitungen.

Glaubwürdigkeit der Medien

Während sich das Vertrauen der Amerikaner in die Massenmedien in den vergangenen 50 Jahren halbiert hat, genießen die deutschen Medien laut Infratest dimap immer noch eine hohe Glaubwürdigkeit. In den USA vertrauen nur noch etwa 35 Prozent der Bürger den Informationen aus den Massenmedien. In Deutschland glauben laut infratest dimap 66 Prozent den Informationen des öffentlich-rechtlichen Radios, 65 vertrauen dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen und den Tageszeitungen. Den öffentlich-rechtlichen Online-Angeboten schenken demnach 52 der Konsumenten Glauben.

Allerdings waren auch diese Werte vor wenigen Jahren noch deutlich höher. In den vergangenen drei Jahren sank nämlich die Glaubwürdigkeit der öffentlich-rechtlichen Medienangebote um zehn Prozent.

Obwohl die Mehrheit die Informationen aus den etablierten Medien glaubt, ist das Vertrauen in die Institutionen um 17 Prozentpunkte gegenüber 2020 gesunken. In einem Radio-Interview gestand der den Zuschauern vor allem aus ARD-Wahlsendungen bekannte WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn, die Menschen hätten „das starke Gefühl, wir wollten belehren, bevormunden, sagen, wie es sein soll“. In Zukunft müssten die Redaktionen die Standpunkte der Zuschauer stärker mit einbeziehen und fragen: „Wie siehst du das? (…) wie seht ihr das? Und nicht vorzugeben, wie wir das sehen.“

Politische Vorgaben für die Berichterstattung?

Bei aller Kritik hält die Mehrheit der Deutschen (64 Prozent) den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zwar weiterhin für unverzichtbar. Es bleibt allerdings ein Geheimnis der öffentlich nicht zugänglichen infratest-Studie (alle hier zitierten Zahlen stammen aus der Berichterstattung von WDR und Tagesschau), wie sich diese Haltung mit der von den Bürgern vermuteten politischen Steuerung der Medien verträgt. Denn in derselben Umfrage antworteten 42 Prozent der Befragten, ihrer Ansicht nach gebe es politische Vorgaben für die Berichterstattung. Das ist ein Plus von sieben Prozent gegenüber dem Jahr 2020 und zeugt von erheblichem Misstrauen darüber, wie die Informationen aufbereitet werden. Und die Zahl derer, die keine politischen Vorgaben vermuten, hat von 53 auf 50 Prozent abgenommen.

Aus nachvollziehbaren Gründen ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk bemüht, die für ihn positiven Aspekte der infratest-Studie hervorzuheben. Demgegenüber betrachtet das britische Magazin „Economist“ die eigene Branche selbstkritisch. Das dürfte auch an den Erfahrungen liegen, die der Autor des aktuellen Magazin-Beitrags, James Bennet, als Chef der Meinungsseite bei der „New York Times“ gemacht hat.

Bennet wurde 2020 zum Rücktritt gedrängt, weil er einen Kommentar des republikanischen Senators Tom Cotton gedruckt hatte. Anlass waren Ausschreitungen und Plünderungen, nachdem ein Polizist den schwarzen George Floyd bei der Verhaftung getötet hatte. Cotton sprach sich in seinem Text für den Einsatz des Militärs zum Schutz der Menschen in den nichtweißen Armenvierteln aus, die unter den Plünderungen am meisten litten. Damit stellte er sich gegen die liberale Haltung der „Times“-Redaktion. Und Bennet, der für eine Meinungspluralität warb, musste gehen.

Haltungs-Journalismus

Heute sagt er: „Die ,Times‘ ist dein Blatt, in dem Amerikas progressive Elite mit sich selber spricht.“ Zuspruch erhält Bennet vom langjährigen Mitherausgeber der „Zeit“, Josef Joffe. Der Der renommierte deutsche Publizist schrieb jetzt in der „NZZ“: „Diese Diagnose lässt sich auch auf korrekt gesinnte, europäische Medien übertragen. Die Folge sind abgekapselte ,Echokammern‘; die Nation hört nicht zu, sondern weg.“ So habe man sich die demokratische Agora, der alten Griechen, wo die Argumente hin und her flogen, nicht vorgestellt.

Für seine Studie wertete der „Economist“ riesige Mengen von Mediendaten aus den USA aus. Am Ende bestätigte sich, was Bennet und Joffe suggerierten: „Es herrscht eine Seelenverwandtschaft zwischen den Medien und der politischen Linken.“ Will heißen, die Informationen werden für die Konsumenten entsprechend aufbereitet und kommen mit bereits mit einer klaren politischen Haltung daher.

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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fufu
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4 Monate her

Herr Lachmann sollte eigentlich wissen, dass es die authentische „Linke“ ueberhaupt nicht mehr gibt, Ausnahmen bestaetigen die Regel wie beispielsweise gewisse Fossile (ohne negativen bias) wie Herausgeber der nachdenkseiten. Was er als „Linke“ bezeichnet ist nicht mehr als eine billige Karikatur dessen was einmal eine Linke war. Nebenbei bemerkt koennte man fuer das was man als „Rechte“ bezeichnet aehnlich argumentieren. Kuerzlich hat der albanesischhe Praesident Rana die neofaschistische Melone aus Italien als „europaeische Souveranistin“ bezeichnet, womit er wohl sagen wollte, dass von ihrem Nationalismus nur die Fassade uebriggeblieben ist. Wenn es schon die Systempresse tut so sollte man zumindest hier… Read more »

Nathan
Nathan
4 Monate her

Da die Mehrheit ja schon, wie’s scheint, über die Unglaubwürdigkeit der Medien bescheid weiß, braucht man sich nicht mehr mit Prozenten und ausländischen Zitaten aufzuhalten, sondern es sollte mehr hinter die Kulissen geschaut werden, um das Prinzip hinter der Beeinflussung zu erkennen. Man sprach schon in den 70ern vom „hessischen Rotfunk“ und in Bayern war die SZ als „Anti-Strauß“-Medium etabliert. Das ZDF war der „Kirchensender und gehörte, wie die ARD, bis heute den etablierten Parteien (wie auch die Verfassungsrichter), also „dem System“. Sonstige Print- und TV-Medien als Systemmedien gehören den deutschen Oligarchen-Familien, zu denen besonders Merkel den besten Zugang hatte… Read more »

fufu
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Reply to  Nathan
3 Monate her

Sie glauben hoffentlich nicht im Ernst, dass die Meinung der Masse, z.B. im Ausdruck ihres Wahlverhaltens, die realen Machtverhaeltnisse aendert. Sie koennen hoechstens annehmen, dass das Luegengebaeude so offensichtlich fern der Realitaet wird, dass das System aus aeusseren oder inneren Gruenden zusammenbricht. Ich sehe aber eher den Versuch eines kontrollierten Abbaus.

Nathan
Nathan
Reply to  fufu
3 Monate her

Das System hat gesetzgebende Macht (= Gewalt!) und engt Freiheiten der Opposition immer mehr ein, um sie zu ersticken. Der Staat als internationalistisches System wird als solches leider fast gar nicht erkannt und bloßgestellt. Man hält sich an Kleinigkeiten auf, ohne das System als solches anzugreifen. Der Internationalismus wird als Schutz dargestellt und empfunden, dessen Diktatur wird nicht erkannt. Ein „Freiheitsgefühl“ oder Streben nach Freiheit hat bei der Masse noch nicht gezündet.

fufu
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Reply to  Nathan
3 Monate her

Relative Freiheit im Kapitalismus kann es nur fuer wenige geben, die nicht gezwungen sind ihre Arbeitskraft zu Markte zu tragen. Alles andere ist Illusion.

Nathan
Nathan
Reply to  fufu
3 Monate her

Aber Gedanken-Freiheit schafft eine Parallelwelt. Diese gilt es zu füttern und so zu unterstützen. Der Kampf Reale Welt gegen Parallele Welt ist offen und kann beeinflußt werden, von beiden Seiten.

fufu
fufu
3 Monate her

Die „links-gruen-versiffte“ Journaille, vornehmer ausgedrueckt der Haltungsjournalismus, sind doch nur die Konsequenz alt gewordener ex-68er mit ihren damals teils berechtigten Anliegen. Aber kein Grund sich selbst ans Bein zu pinkeln. Das Zitat nach Joffe „Die Folge sind abgekapselte Echokammern…“, nichts Neues, auch in dessen Jugend war es unvorteilhaft dem Chef in den Teller zu spucken.

Kritik am System ueben darf man heute noch, darf aber nicht erwarten, dass man dafuer bezahlt wird und auch nur soweit es nicht ans Eingemachte geht.

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