Charles III. im Schottenrock: King of Scots

BOULEVARD ROYAL

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Berittene Eskorte, goldglänzende Gardisten, die mittelalterliche City of Edinburgh als Schauplatz: Charles III. ist nun auch gekrönter König der Schotten.

Nach der glanzvollen Krönung in London im Mai erlebte Charles mit Gattin Camilla eine zweite Inthronisierung in der schottischen Hauptstadt Edinburgh. Zwar waren die Feierlichkeiten nicht ganz so prunkvoll wie in England, aber die Schotten ließen es sich nicht nehmen, ihrem König einen würdevollen Dank- und Segnungsgottesdienst, wie es offiziell hieß, zu schenken.

Clans, Kings und Queens

Traditionell bereist der britische Monarch in der Holyrood Week Endinburgh und weitere schottische Landesteile, um Land, Leute und Kultur Schottlands zu würdigen. Gartenpartys und Begegnungen mit Würdenträgern, wie dem Ersten Minister Humza Yousaf sowie mit Bürgern gehören zum Programm des Monarchen. In diesem Sommer gab es während der Royal Week den Höhepunkt von Charles Inthronisierung als König der Schotten.

Streng genommen ist er das seit dem Tod seiner Mutter, allerdings legen die Highlander großen Wert auf ihre eigenen Traditionen. Daher reicht es für sie nicht aus, dass Charles bereits in der Westminster Abtei zum König von England und Großbritannien gekrönt wurde. Schottland versteht sich als eigenständige Nation mit einem eigenen Monarchen, der nicht der König von Schottland genannt wird – sondern König der Schotten. Dieser kleine, aber feine Unterschied soll ausdrücken, dass der schottische Herrscher das Land nicht besitzt, sondern der erste Diener seines Volkes ist.

Die Schotten gingen im Laufe ihrer Geschichte mit ihren Königen und einer berühmten Königin oft rabiat um. Die Clans spielten in der Vormoderne die entscheidende politische, soziale und militärische Rolle, und zusammengefasst lässt sich sagen: Den Chefs der Clans war es meist ziemlich einerlei, wer unter ihnen King oder Queen ist.

Ungeliebte Union

Nach dem letzten Referendum zur Unabhängigkeit, das die Befürworter eines Abschieds vom Vereinigten Königreich nur denkbar knapp verloren hatten, gilt die Royal Family als Kitt für den Zusammenhalt mit Großbritannien. Doch der Kitt bröckelt und die regierende SNP will ein weiteres Referendum und den Austritt aus dem Staatsverband. London muss dem Begehren zustimmen, jedoch haben weder die regierenden Torys noch die Labour Party ein gesteigertes Interesse daran.

Schottland verfügt über die britischen Ölreserven und ist der wichtigste Stützpunkt für die Atom-U-Boot-Flotte. Strategisch war und ist das Land für England immer schon wichtig, was die zahlreichen Kriege gegen den nördlichen Nachbarn beweisen. Dass die Schotten 1707 nicht ganz freiwillig mit England und Wales zum Königreich Großbritannien verschmolzen, hat seine Auswirkungen bis zum heutigen Tag.

Im Vergleich zu den Iren, deren Insel lange von den Engländern kontrolliert wurde, ging es den Schotten im Vereinigten Königreich besser. Sie durften ihre Kultur pflegen und hatten eine lange eigene monarchische Tradition. Nach der langen Zeit der aus einem einflussreichen Clan aufgestiegenen Stuarts herrschen seit 1714 deutsche Familien mit wechselnden Namen nicht nur in London, sondern auch in Edinburgh. Als Hannoveraner angefangen, zu Sachsen Coburg und Gotha gewechselt und mit dem urenglischen Fake Name Windsor weiter regiert, hat Charles III. vom Stone of destiny – dem berühmten Stein des Schicksals Besitz ergriffen. Nun ist er für traditionsbewusste Schotten wahrhaft König.

Der Stein des Anstoßes

Doch soll Charles es bleiben, sollte es zur Unabhängigkeit kommen? Daran scheiden sich die Geister. Bei der letzten Volksabstimmung 2014 stand die Monarchie nicht zur Debatte. Auf dem Wahlzettel stand: ja für Austritt und weiterhin als Königreich oder nein und Verbleib im Vereinigten Königreich. Bei einem neuen Referendum sollen die Schotten auch über die Staatsform abstimmen dürfen: Monarchie oder Republik. Noch ist eine Mehrheit für den König, jedoch knapper als bei ähnlichen Umfragen in England.

Charles und sein Clan verstärken die Präsenz in Schottland. Sie sind seit Elizabeth II. Tod oft im Norden und nicht allein für Aufenthalte auf dem königlichen Privatanwesen Balmoral Castle nahe Aberdeenshire. Für die Queen war Schottland eine Herzensangelegenheit. Sie liebte Land und Leute und hatte großes Vergnügen an dem für Nicht-Schotten etwas befremdlich wirkenden Brauchtum wie Baumstammwerfen bei den Breamar Highland Games, die von den Windsors jedes Jahr besucht werden. Selten hat man Elizabeth II. so ausgelassen und lachen gesehen, wie bei den Kunststücken strammer, stämmiger Schotten.

Charles hat sich fest vorgenommen, nicht als Charles der Letzte in die schottische Geschichte einzugehen. Ob er dieses Kunststück schafft, hat viel mit der Entwicklung in England zu tun. Die Dominanz der Engländer über die übrigen Landesteile ist nicht allein für die Schotten der Stein des Anstoßes. Auch in Wales und Nordirland wird über ein Good-Bye von den Engländern eifrig diskutiert.

Ironie der Geschichte: In der Westminster Abbey liegen sich die bedeutendste englische Herrscherin – Elizabeth I. – und ihre tragisch-berühmte Widersacherin – Mary, Queen of Scots – gegenüber. Wenn das kein Zeichen der Einheit ist.

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