Rechtsextreme Accounts des Verfassungsschutzes im Internet

Verfassungsschutz / soziale Medien / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: AzamKamolov; https://pixabay.com/de/photos/social-media-kommunikation-netzwerk-6557345/ Verfassungsschutz / soziale Medien / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: AzamKamolov; https://pixabay.com/de/photos/social-media-kommunikation-netzwerk-6557345/

Einem Zeitungsbericht zufolge betreibt der Verfassungsschutz in Deutschland Hunderte rechtsextreme Fake-Accounts. So trägt die Behörde zu Hass und Hetze bei.

Kommentar

Im Internet unterminiert der deutsche Verfassungsschutz offenbar mit Hunderten extrem rechten Accounts die demokratischen Grundfeste der Bundesrepublik. Dieser Schluss drängt sich durch einen Bericht der Neue Zürcher Zeitung“ auf. Ausgerechnet der Inlandsgeheimdienst, der die Demokratie vor ihren Gegnern schützen soll, solidarisiert sich demnach online mit Extremisten und heizt antidemokratische Stimmungen wie den Hass auf den Staat und auf die durch ihn zu schützenden Minderheiten sowie das demokratische System als solches an.

Laut der „Neuen Zürcher Zeitung“ schlüpfen „Beschäftigte des Bundesamtes und der Landesämter dafür in falsche Identitäten, setzen sich Perücken auf, fingieren mit gestellten Fotos ein normales Leben auf Instagram, um möglichst glaubwürdig zu sein. Sie begehen sogar Straftaten.“ Angeblich geschieht all das, damit die Verfassungsschützer „das Vertrauen von Extremisten und Staatsfeinden“ gewinnen und in ihre Chaträume eingelassen werden, wo sie dann deren Treiben beobachten können.

Verfassungsschutz-Accounts auf Telegram

Wer sich auch nur ansatzweise mit der Funktionsweise der sozialen Medien auskennt, der weiß, welchen Schaden Hunderte Fake-Accounts im Internet und damit letztlich in einer demokratischen Gesellschaft anrichten können. Solche staatlich finanzierten Accounts erhöhen die Verbreitung und damit die Reichweite geteilter Hasskommentare und Fake News exponentiell. Zudem tummeln sich die Agenten dem Bericht zufolge vor allem dort, wo all jene, die für antidemokratische Haltungen anfällig sind, im Internet nach Antworten auf ihre Zweifel suchen: auf Telegram.

Wie viele virtuelle Agenten insgesamt im Einsatz sind und wie viele falsche Accounts und Identitäten unterhalten werden, wollte der Geheimdienst der „NZZ“ nicht mitteilen. Er ließ die „NZZ“ lediglich wissen, ohne „scheinbares Mitmachen“ sei an die wahren Extremisten nicht heranzukommen.

Angesichts solcher Nachrichten müssten bei jedem politisch Verantwortlichen sofort die Alarmglocken klingen. Als 2003 die NPD verboten werden sollte, scheiterte das Verfahren allein daran, dass weite Teile der rechtsextremen Partei und vor allem deren Führung aus Agenten des Verfassungsschutzes bestand. Allein im Bundesvorstand und in den Landesvorständen hatte der Verfassungsschutz elf V-Leute installiert. Da ist auch heute noch die Frage erlaubt, ob die Partei ohne diese massive Unterstützung nicht vielleicht von ganz allein in sich zusammengefallen wäre. Wie viele V-Leute unterhalb der Führungsebene unterwegs waren, ist bis heute nicht klar.

Begeisterung für rechtsextreme Haltungen?

Unvergessen sind auch die Ungereimtheiten des Verfassungsschutzes im Zusammenhang mit der NSU-Affäre. Als etwa am 6. April 2006 in einem Kasseler Internetcafé tödliche Schüsse auf einen Angestellten abgegeben wurden, hat ein anwesender Verfassungsschützer laut seiner Gerichtsaussage nichts mitbekommen. Bis heute bleibt rätselhaft, wie der NSU überhaupt über einen so langen Zeitraum unentdeckt bleiben konnte.

Angesichts der neuen Nachrichten drängt sich zumindest der Gedanke auf, ausgerechnet in den Reihen der Verfassungsschützer könnte eine gewisse Begeisterung für rechtsextremes Gedankengut und rechtsextreme Haltungen verbreitet sein. Jedenfalls scheint es dort keineswegs Berührungsängste mit diesen Kreisen zu geben. Wenn das so sein sollte, muss die Politik die Frage nach dem Selbstverständnis der Behörde und ihrem verfassungsrechtlichen Auftrag neu stellen und beantworten.

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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fufu
fufu
2 Jahre her

Dass die BRD auf den Ruinen des Nazi-Regimes baut ist ja keine Neuigkeit, wie die exDDR auf die Stasi. Die beiden Systeme tun sich nichts.

Nathan
Nathan
2 Jahre her

Der „Antifaschismus“ ist der neue Faschismus. Er dient aber nicht mehr der Nation, sondern dient fremdgesteuert, knallhart zerstörerisch, einem antinationalen System, wo ein fremdes Netzwerk die Fäden zieht, um die Welt zu beherrschen. Als Chamäleon biedern sie sich den Menschen an, um sie dann, gehirngewaschen, zu beherrschen.