Abschied von der Jahrhundert-Queen Elizabeth II

BOULEVARD ROYAL

Queen Elizabeth II. / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: Wikilmages; https://pixabay.com/de/photos/k%c3%b6nigin-england-elizabeth-ii-63006/ Queen Elizabeth II. / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: Wikilmages; https://pixabay.com/de/photos/k%c3%b6nigin-england-elizabeth-ii-63006/

Ihre letzte Amtshandlung galt Premierministerin Truss, vier Corgis überleben Queen Elizabeth II., und der ewige Thronfolger ist nun King Charles III.

Die Todesnachricht kam zwar nicht unerwartet, aber doch überraschend schnell. Königin Elizabeth II. galt seit einiger Zeit als gebrechlich, man sah sie am Stock, aber gemessen an ihrem hohen Alter immer noch munter. Geistig war die Monarchin bis zuletzt auf der Höhe der Zeit, ihr großes Interesse an Politik sei ungebrochen gewesen, wie Gäste zu berichten wussten, die sie in den letzten Wochen noch auf ihrem schottischen Sommersitz Schloss Balmoral besucht haben.

Queen der Umbrüche

Für uns Zeitgenossen war Elizabeth II. immer irgendwie präsent. Kaum ein Brite oder sonst irgendjemand auf der Welt kannte einen anderen Monarchen als sie auf dem Thron. Als sie 1952 ihrem Vater George VI. in jungen Jahren als Herrscherin nachfolgte, regierten in Moskau Stalin, in Washington Harry S. Truman und in Peking Mao. Zu Beginn ihrer Amtszeit war das Empire zwar nur noch ein Schatten seiner einstigen Größe, jedoch in Afrika, in der Karibik und an anderen entlegenen Weltgegenden gebot London noch über kolonialen Besitz. Im Laufe der Zeit errangen diese Kolonien ihre Unabhängigkeit und traten meist dem Commonwealth bei, dessen Oberhaupt die Queen war.

Ihre Leidenschaft für den losen Staatenverbund enervierte den ein oder anderen Politiker, nicht zuletzt Margaret Thatcher, die dafür nichts übrig hatte. Elizabeth II. galt nicht als politisch oder gar visionär – sie wollte und durfte es durch ihre Stellung auch gar nicht sein. Doch in ihrem Einsatz für das Commonwealth war sie einmal durchaus politisch und vorausschauend, indem sie den britischen Einfluss politisch, wirtschaftlich und last but not least kulturell in den Mitgliedsländern erhielt. Eine vergleichbare Organisation hat und hatte keine andere ehemalige Kolonialmacht zu bieten. Really smart!

Inbegriff von Haltung und Disziplin

Elizabeth II. hat ihre private Seite stets gut vor der Öffentlichkeit verborgen. Kenner des Königshauses erklären diesen Wesenszug mit der Stellung als neutraler Monarchin, die sich als verbindende Figur für alle Regionen des Landes und alle gesellschaftlicher Gruppen versteht. Private Details, persönliche Bedürfnisse, Emotionen überhaupt waren nicht ihre Sache, zumindest nicht für das Publikum.

Nur einmal, Ende 1969, packte die Royal Family vor der Kamera aus. Die Queen hatte sich durch ihren Gatten Prinz Philip, der immer für neue Ideen gut war, und einige PR-Berater überzeugen lassen, sich und ihre Familie über Monate für eine Dokumentation über Privates von der BBC begleiten zu lassen. Heraus kam nach Meinung vieler Kritiker eine ziemlich banale Ansammlung von Szenen beim Fernsehen schauen, Frühstücksrunden oder Grillen an schottischen Seen.

Ausgestrahlt wurde der Film nur ein einziges Mal, dann wanderte er in den TV-Giftschrank. Die Gefahr einer Banalisierung der Königsfamilie sei zu groß, hieß es. Und immer wieder wurde dafür der Staatsrechtler Walter Bagehot als Kronzeuge aufgerufen: „Die Monarchie muss ihre Magie bewahren und verträgt nicht zu viel Licht.“

Doch die Büchse der Pandora mit den Medien war geöffnet und schloss sich nicht mehr. Letztlich ergaben sich für beide Seiten dadurch Vorteile; die Nachteile haben die Windsors nach dem Diana-Gate im Griff. Übrigens, dank YouTube ist der ins Archiv verbannte banale Windsor-Film aus dem Jahr 1969 heute doch für alle zugänglich. Aber er interessiert inzwischen kaum noch jemand.

Trauernde vor der britischen Botschaft in Berlin / Foto: GEOLITICO

In allen Krisenzeiten half der Queen ihre stoische Pflichterfüllung. Auch wenn sich die Welt in ihrer langen Regentschaft drastisch veränderte, sie blieb sich immer treu. Zuweilen führte das auch zu Fehlern und Fehleinschätzungen, wie sich gravierend in der Tragödie um Prinzessin Diana zeigte. Hier haben ihr ihre Disziplin und Kühle einen bösen Streich gespielt und die Monarchie an den Abgrund geführt. Aber die Queen war immer lernfähig und anpassungsbereit, was die Krone gerettet hat und wahrscheinlich für weitere Generationen sichern dürfte. Fraglich ist jedoch, ob der neue König Charles III. und seine Thronerben William und George die letztlich aus der Zeit gefallene Institution der Monarchie transformieren können, sodass eine Mehrheit der Briten sie weiter nicht nur akzeptiert, sondern auch wirklich will?

Eine neue Ära mit ungewisser Zukunft

Der neue König soll ausgearbeitete Pläne für eine verschlankte Monarchie fertig in der Schublade liegen haben. Neben ihm und seiner Frau Camilla rücken darin die neue Thronfolgerfamilie mit William, Katherine und den drei Sprösslingen ins Zentrum. Er hat ihn bereits am ersten Tag seiner Herrschaft zum neuen Prinzen von Wales ernannt, was das enge Vertrauensverhältnis zwischen beiden unterstreichen soll.

Bisherige, so genannte arbeitende Royals aus der zweiten Reihe sollen in den Hintergrund treten, wie beispielsweise die Herzöge von Kent oder Gloucester und auch Skandalbruder Prinz Andrew. Charles will durch die Verbindung der jungen Generation die Monarchie fit machen für die Zukunft.

Doch die Erinnerung an Elizabeth II. dürfte in dieser Zukunft immer gegenwärtig sein. Dafür war sie zu lange die Queen, ein Begriff, der letztlich durch sie stellvertretend für einen Monarchen schlechthin steht. Selbst eingefleischte Republikaner kennen letztlich nur eine Herrscherin: Elizabeth II. Ihr Konterfei auf den Banknoten, den Briefmarken, den Staatssiegeln, den Briefkästen und vielem mehr wird noch lange zu sehen sein. Sie lebt im neuen König fort.

Sein erster Auftritt als König vor Schaulustigen am Buckingham Palast war berührend. Welches republikanische Staatsoberhaupt löst solche Reaktionen und Emotionen aus wie ein Monarch in einer gefestigten Demokratie? Es sind diese positiv-irrationalen Seiten in unserer Seele im Kontrast zu einer durchrationalisierten Welt, die eine Königin, ein König in den Menschen auszulösen vermögen.

In diesem Sinne hat Boris Johnson die Queen zu „Elizabeth der Großen“ ausgerufen. Elizabeth Alexandra Mary Windsor starb 96-jährig am 8. September 2022 auf Schloss Balmoral in Schottland.

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Gerolf
Gerolf
2 Jahre her

„Als sie 1952 ihrem Vater George VI. in jungen Jahren als Herrscherin nachfolgte, regierten in Moskau Stalin, in Washington Harry S. Truman und in Peking Mao.“

Und mit Winston Churchill hat sie Tee getrunken. Ihr Beginn als Königin ist zeitlich schon so unfassbar weit entfernt.

Lisa Hutchison
Lisa Hutchison
2 Jahre her

Hier in Canada sind 10 Tage Staatstrauer ausgerufen – wir werden sie sehr vermissen, habe sie selber (und Prinz Philip) mehrmals persoenlich waehrend ihrer vielen Besuche in Canada gesehen und gehoert. Es wird niemal mehr so eine Koenigin geben – das Ende einer Era. „The Queen is dead, long live the King……..“

fufu
fufu
Reply to  Lisa Hutchison
2 Jahre her

Besser haetten Sie „Ich werde sie sehr vermissen“ geschrieben, oder sprechen Sie fuer alle Kanadier?

fufu
fufu
Reply to  Lisa Hutchison
2 Jahre her

Oder gar fuer die Menschheit?