CDU mit Merz zwischen Hoffen und Bangen

Deutscher Bundestag / CDU und Friedrich Merz © GEOLITICO Deutscher Bundestag / CDU und Friedrich Merz © GEOLITICO

Der neue CDU-Chef Friedrich Merz gerät unter Druck. Seine Partei erleidet einen gravierenden Kompetenzverlust. Ihr fehlen die Frauen und junge Wähler.

Die Zukunft der CDU hat mit einer historischen Niederlage im Saarland begonnen. Es war die erste von vier für die weitere Entwicklung der Partei entscheidenden Landtagswahlen. Am 8. Mai wählt Schleswig-Holstein, am 15. Mai Nordrhein-Westfalen, und am 9. Oktober sind die Niedersachsen zur Wahl aufgerufen. Jede dieser Wahlen wird zugleich auch eine Abstimmung über die Zukunft der CDU ihres neuen Vorsitzenden Friedrich Merz.

Seine Partei ist zu Beginn dieses entscheidenden Jahres in einem denkbar schlechten Zustand. Im Adenauerhaus kommen die Analysten seit Wochen immer wieder zu denselben wenig hoffnungsfroh stimmenden Ergebnissen. Sie lauten: Die CDU verliert Kompetenzen, sie wird zu männlich und ihre Wähler werden zu alt.

CDU braucht mehr Frauen

„Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem wir allein schon aus Selbsterhaltungstrieb handeln müssen. Frauen machen die Hälfte der Gesellschaft aus. Eine Volkspartei muss deshalb auch entsprechend durch Frauen repräsentiert werden. Wir brauchen Frauen als Role Models“, sagt die frühere Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die sich selbst gerade erst aus der ersten Reihe zurückgezogen hat, dem „Spiegel“. Ihre Worte sind alarmierend und werden in den Ohren des neuen Vorsitzenden wohl noch lange nachklingen. „Wir haben in unserer Bundespartei einen Frauenanteil von 26,6 %. Angesichts des hälftigen Frauenanteils in unserer Gesellschaft ist das absolut unakzeptabel für eine Volkspartei“, stellt Klöckner fest. „Unser Anspruch muss sein, die Gesellschaft zu repräsentieren, von ihrer Breite gewählt zu werden.“

Darin wird ihr Merz kaum widersprechen. Aktuell aber bildet die CDU die Gesellschaftsstruktur kaum noch ab. Damit wird sie ihrem Anspruch, Volkspartei zu sein, nicht mehr gerecht. Alle Ministerpräsidenten der CDU sind Männer, alle CDU-Landesverbände werden von Männern geführt. Gerade mal eine CDU-Landtagsfraktion wird von einer Frau geleitet.

Gerade durch diese Dominanz älterer Männer erodiert die Attraktivität der CDU für junge Wähler, die sich mehrheitlich der FDP und den Grünen zuwenden. Bei der CDU sind Wähler über 60 die mit großem Abstand stärkste Gruppe. Zwar bleiben sie der CDU treu, vor allem in Westdeutschland, aber ihre Zahl schrumpft von Jahr zu Jahr auf natürliche Weise. Wenn Merz die CDU zukunftsfest machen will, muss er ihr den Zugang zu jüngeren Wählerschichten verschaffen. Ohne mehr weibliche Repräsentanten dürfte das schwierig werden.

Massiver Kompetenzverlust

Außerdem hat die Partei in der Ära von Angela Merkel auch inhaltlich gelitten. Heute weiß kaum noch jemand, wofür die Partei inhaltlich steht. Merz selbst hat dies nach der verlorenen Bundestagswahl beklagt. Seither ist es nicht einmal im Ansatz gelungen, den Kompetenzverlust auf wahlentscheidenden Politikfeldern wie Sicherheit, Arbeit, Soziales und Bildung aufzuhalten. Mit viel Elan erarbeitet eine Kommission im Adenauerhaus deshalb ein neues Grundsatzprogramm. Doch schon allein wegen der umfangreichen Abstimmungsprozesse dürfte das nicht vor 2024 veröffentlichungsreif sein. Bis dahin könnte die Partei noch weiter an Profil verlieren.

Schließlich fehlen ihr auch Vordenker wie ehedem ein Heiner Geißler oder ein Kurt Biedenkopf, die mit klugen Ideen lenkend in aktuelle politische und gesellschaftliche Debatten eingreifen und die CDU wieder zur Meinungsführerin machen könnten. Wie groß das Dilemma ist, zeigt die innerparteiliche Debatte darüber, ob das „C“ Bestandteil des Namens bleiben soll oder nicht. Nicht wenige glauben, eine von christlichen Werten geleitete Politik sei jungen Menschen nicht mehr zu vermitteln.

Zwischen Staatsmann und Oppositionsführer

Merz ist sicher ein gewiefter Oppositionsführer, aber kein Vordenker. Und in der aktuellen Kriegslage kann er nicht einmal seine Rolle als Oppositionschef voll ausspielen. Der Krieg zwingt ihn zu einer kooperativen Haltung gegenüber der Ampelkoalition. Und so schwankt er im Bundestag und in den Talkshows immer zwischen Staatsmann und Oppositionsführer.

Geschadet hat das der Partei bisher nicht. Sie liegt im Bund derzeit zwischen 24 und 27 Prozent. Merz selbst hat sogar leicht an Popularität gewonnen. Sollte die Partei jedoch in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen verlieren, können auch die Zahlen für den Bund in den Keller rauschen. Noch liegt die CDU in beiden Ländern gleichauf oder vor der SPD. Für die Union ist es ein Jahr zwischen Hoffen und Bangen.

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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Bernhard Klose
Bernhard Klose
2 Jahre her

Ob Vorsitzender oder Minister oder sonst irgendeine leitende Position. Wichtig und entscheidend ist nur die Fachkompetenz.
Ein Beispiel wie man es nicht machen sollte sind unsere letzten 3 Verteidigungungminister (innen).
Frauen in der Politik nicht über eine Quotenregelung. Immer die beste Person für die Aufgabe. Dabei sollte das Geschlecht keine Rolle spielen. Nur so und nicht anders. Das versteht jeder Wähler.

Wolfgang Wirth
Wolfgang Wirth
2 Jahre her

Ach ja, die CDU. Die gibt´s ja auch noch.

Lachmanns Analyse beschreibt die Lage zwar schon ganz gut, aber
angesichts der desaströsen Bilanz dieser absolut opportunistischen Karrieristenpartei bleibt mein Interesse gering.

Die CDU ist zum bedeutungslosen Wurmfortsatz des linken Kartells verkommen. Merz dürfte daran nichts ändern können – und will es vielleicht auch noch nicht mal.

Gerolf
Gerolf
Reply to  Wolfgang Wirth
2 Jahre her

Siehe z. B. Wahl des Bundespräsidenten. Wer es nicht schafft gegen Steinmeier, dessen Schwäche und Mittelmäßigkeit ja inzwischen überdeutlich zu Tage getreten sind, einen eigenen und vor allem respektablen Kandidaten aufzustellen, ist nur noch noch die Karikatur einer Partei.

Rudi Ehm
Rudi Ehm
2 Jahre her

Die Frauen sollten jetzt erst mal ganz still sein. Das was unter Merkel, Leyen, Karrenbauer, Bär, Klöckner usw. ablief, war die Kastration eines Staates. Frauen brauchen wir nicht unbedingt in der Politik, was die Nachfolger inzwischen ja beweisen. Die feministische Unfähigkeit und Quotenpollution setzt sich ja gerade mit Faeser, Lambrecht, Spiegel, Baerbock und Schulze fort. Wir brauchen keine Frauen, nur weil sie Frauen sind. Die CDU hat dieses Land hingerichtet und das nicht nur in Bezug auf unsere Energie und Landesverteidigung. Moralisch und bildungsmäßig sind wir fertig. Das was man der AFD immer vorwirft, hat die CDU genüsslich, im Verein… Read more »

Lilie58
Lilie58
2 Jahre her

Ich halte das 👉 s.o. für Kokolores. Wir brauchen keine feministische Außenpolitik, das besorgen schon die Grünen. Bloß keine Quote, die Frauen insbesondere bei den Grünen haben schon genug Unheil angerichtet. SOO arbeitet die CDU weiter an ihrem Untergang! Die CDU muss zwingend die Ära Merkel aufarbeiten! Das muss schonungslos geschehen, dabei müssen auch Köpfe rollen, will die Partei wieder regierungsfähig werden! Bloß weg von dieser feministischen Linie, was wir nicht brauchen, das sind rosa Panzer! Auf jeden Fall muss die Partei wieder konservativer werden als Gegenstück zu den linken Parteien! Bloß nicht wieder dem Zeitgeist hinterherlaufen nach Merkelart und… Read more »

fufu
fufu
2 Jahre her

Immerhin haben die Abgeordneten mit der Ablehnung der Impfpflicht einen gewissen Realitaetssinn bewiesen, konsequenterweise sollte man jetzt und fuer die Zukunft die komplette Abschaffung aller im Rahmen der fake-Pandemie eingefuehrten Massnahmen planen, insbesondere die entgueltige Verabschiedung vom green-pass. Mea culpa koennen sich die Abgeordneten in diesem Zusammenhang meinetwegen sparen. Aber unter einer Voraussetzung : Rueckkehr zu einem halbwegs normalen Verhaeltnisses zu Russland. Fuer die CDU unter Merz sehe ich da schwarz, fuer die anderen auch. Aber vielleicht wird man wieder positiv ueberrascht, wenn schon nicht aus Einsicht dann halt wegen dem Selbsterhaltungstrieb.

Anna Meyer
Anna Meyer
Reply to  fufu
2 Jahre her

Zum Glück gab es die Stimmen der AfD! Damit konnte der gen-mRNA Wahnsinn gestoppt werden. Vielleicht hörten die übrigen Abgeordneten auch auf die entsetzten Stimmen der Offenen Briefe von hunderten von Ärzten, die vor den tödlichen Folgen der Versuchs-Spritze dringend warnten. Auch die Straße hat Druck gemacht. Herzlichen Dank an alle. Was die ebenso hirnkranken Maßnahmen (wie die bei Corona) nun gegen Russland betreffen, so sind Deutschland und die EU auf dem Weg in den selbstgemachten Untergang. Nicht nur mit der Kriegshetze und Friedensverhinderung haben die USA wiedermal vollen Erfolg, auf das die meisten Europäer vor allem die Deutschen seit… Read more »

Angermann
Angermann
2 Jahre her

Eine weitestgehend von Frauen befreite Partei ist sicher zukunftssicherer als eine mitLeistungs- und Talent-ignorierendem Frauenproporz

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