Marschiert die CDU jetzt nach rechts?

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) / Quelle: Pixabay, lizenezfreie Bilder, open library: https://pixabay.com/de/merkel-bundeskanzlerin-angela-merkel-2906016/ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) / Quelle: Pixabay, lizenezfreie Bilder, open library: https://pixabay.com/de/merkel-bundeskanzlerin-angela-merkel-2906016/

Nach ihrer herben Wahlniederlage zerfällt die CDU. Deutschland erlebt nun, wie bereits Italien und Frankreich, eine fundamentale Krise des Mitte-Rechts-Lagers.

Armin Laschet ergibt sich in seine Niederlage. Viel zu pät ist ihm die eigene Machtlosigkeit bewusst geworden. Viel zu lange wollte er die Übermacht der Feinde aus den eigenen Reihen nicht wahrhaben. Nun, da er den richtigen Zeitpunkt für einen ehrenvollen Abgang verpasst hat, kann er bestenfalls noch seine Übergabe der Macht moderieren. Gestalten kann er nicht mehr. Seine Zeit ist vorbei.

Aber was wird nun aus der Union? Sie wird erst einmal durch eine schwere Zeit gehen. Nach Merkels Rückzug zerfällt die Partei in viele Lager, die bisher allein von Glauben an den fortwährenden Erfolg notdürftig zusammengehalten wurden. In ihr kämpfen Merzianer, Söderianer, Spahn-Gefolgsleute und jene von Röttgen um die Deutung-und Gestaltungshoheit.

Schattengewächse der CDU

Im Grunde hatte Armin Laschet nie eine echte Chance, ein einigendes Band um all die Lager zu flechten. Dazu fehlen ihm einfach die persönlichen Voraussetzungen. Er besitzt weder Charisma noch die Fähigkeit, Menschen von einem Politikentwurf bei begeistern. Er ist einer der vielen politischen Gewächse, die nur im Schutz von Merkels langem Schatten überleben konnten. Im grellen Licht der Öffentlichkeit fallen solche Schattengewächse schnell in sich zusammen.

Merkels Abgang ist eine Zäsur für Deutschland, für die CDU ist er ein Desaster, weil es weder Merkel noch ihren Mitstreitern gelungen ist, durch sorgfältige Vorbereitung einen bruchlosen Übergang zu gewährleisten. Welchen Schaden die Partei durch dieses Ende der Merkel-Ära davonträgt, ist heute schwer zu ermessen.

Aber vieles spricht dafür, dass nun auch in Deutschland jener Verfall der Christdemokratie einsetzt, den Länder wie Italien, Frankreich und Spanien längst hinter sich haben. In Italien verschwanden Christdemokraten schon vor Jahrzehnten; seit Nicolas Sarkozy 2012 gegen Francois Hollande verlor, sind sie auch in Frankreich Geschichte. In den Niederlanden kamen sie bei der letzten Parlamentswahl nicht einmal auf zehn Prozent.

Über viele Jahrzehnte hinweg gab es in Europa eine Hegemonie der konservativen Parteienfamlien. Mit dieser Hegemonie ist es nun endgültig vorbei. Deutschland war das letzte von Christdemokraten regierte Land Europas. Nun folgt auch hier auf die zähe Krise der Sozialdemokratie eine fundamentale Krise des Mitte-Rechts-Lagers.

Umfassende personelle Neuaufstellung

Wenn sich der Popularitätsverlust der CDU weiter fortsetzt, könnte sie bald auf Umfragewerte deutlich unter 20 Prozent schrumpfen. In dieser Woche hat das Thüringer Umfrageinstitut INSA erstmals eine solche Tendenz ausgemacht.

Auf den drohenden Niedergang will die Partei mit einer umfassenden personellen Neuaufstellung reagieren. Sie will den gesamten Parteivorstand neu wählen. Alte Schlachtrösser wie Wolfgang Schäuble machen dem Nachwuchs an der Parteispitze Platz. Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ziehen sich aus dem Bundestag zurück und geben ihre Mandate an Jüngere weiter.

Allzu viele dürften ihren Beispielen nicht folgen. Vielmehr dürften massive Richtungskämpfe und Personalgefechte die Partei in den kommenden Jahren erschüttern. In dieser Zeit dürfte die CDU vor allem mit sich selbst beschäftigt sein, denn sie muss ihren Platz in der nunmehr stark fragmentierten Parteienlandschaft neu bestimmen.

Liegt die Zukunft rechts?

Das geht nicht, ohne ihr Selbstverständnis als konservative Kraft zu hinterfragen, womit die Notwendigkeit einhergeht, ihr Verhältnis zu jenen Wählern zu klären, die sie in den vergangenen Jahren an die AfD verloren hat. Dabei werden die östlichen Landesverbände kräftig rechts blinken in der Hoffnung, diese Wähler so zurückzuholen. Aber ist der Weg nach rechts auch der Weg in eine erfolgreiche Zukunft? Oder soll die Partei lieber um all jene kämpfen, die wegen Merkels Rückzug jetzt zu SPD und Grünen abgewandert sind?

Die CDU wird sich rasch entscheiden müssen. Viel Zeit werden ihr die Wähler und die politischen Mitbewerber nicht lassen.

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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Janus
Janus
2 Jahre her

Sie haben sich ausgeruht in Merkels Schatten. Aus Selbstgewissheit aber auch aus Angst, sich mit ihr anzulegen. Dabei hatten sie Zeit genug,da Merkel ihren Rücktritt früh bekannt gegeben hat. Ausserdem galt wohl: Von einer Frau wollen wir nicht lernen.
So kann man nur hoffen, dass die Ampel auch sozial und bei der Versorgung der Menschen mit Nahrung und anderen Gütern erfolgreich ist. Bei Verteilungskämpfen und moralbasierten linksaktivisten droht uns eher eine Zeit zwischen DDR und China. Eine rechte bis rechtsradikale Zeit droht m. E. nicht.

Angermann
Angermann
Reply to  Janus
2 Jahre her

Ich glaube eher, dass viele Merkel aus drei Gründen nicht konfrontieren wollten: sie hatte gegen einige etwas in der Hand (man nennt es auch Erpressungspotential) nicht wenige hatten Angst, bei der nächsten Wahl ihr Mandat zu verlieren, weil sie keinen günstigen Listenplatz mehr erhalten hätten einige hatten Angst, gegen eine Frau vorzugehen, denn Frauen sind ja durch den Feminismus mittlerweile heilig gesprochen. Selbst solche dummen Nüsse wie Frau Baerbock wurde mit dem Hinweis, die gegen sie erhobenen Vorwürfe wegen Plagiaten und Lebenslauffälschung seien nur deshalb erfolgt, weil sie eine Frau sei, in Schutz genommen. Auch Merkels Doktorarbeit ist inhaltlich äußerst… Read more »

Last edited 2 Jahre her by Angermann
Wolfgang Wirth
Wolfgang Wirth
2 Jahre her

Die CDU wird nicht wirklich nach „rechts“ marschieren. Sie wird lediglich ein wenig jene verlorenen liberal-bürgerlichen Felder und Nischen wieder in Beschlag nehmen, die unter Merkel vernachlässigt worden sind. Damit ist aber noch kein wirkliches Umschwenken nach Rechts gemeint, sondern bloß eine gewisse Korrektur. Schließlich ist ja auch ein Mann wie Merz mitnichten ein Nationalkonservativer! Der Raum rechts von der CDU ist von der AfD bereits besetzt. Doch das ist nicht der Hauptgrund. Der Hauptgrund ist, dass sich die CDU seit ihrer Gründung als die staatstragende Partei verstand und versteht, die Partei der Macht und des Establishments, die letztlich einen… Read more »

Angermann
Angermann
2 Jahre her

Der Marsch nach rechts wird der CDU nichts nützen, denn ihre diesbezügliche Glaubwürdigkeit ist dahin. Da wählen die Bürger lieber gleich das Original, das stets bewiesen hat, dass es gegen linke Fantastereien und Totalitarismen ist, die AfD. Vielmehr könnte der CDU CSU nur eines helfen: endlich den Boykott gegenüber der AfD aufzugeben und zu koalieren. Es ist doch zwischen CDU/CSU und AfD dieselbe Situation wie damals mit der SED (heute in LINKE umbenannt) und der SPD. Die SPD scheut sich doch heute auch nicht, mit denen zu koalieren, um an die Macht zu kommen oder an ihr zu bleiben. Nur… Read more »

Lilie58
Lilie58
Reply to  Angermann
2 Jahre her

Richtig, schaun wir mal, was das wird. Vor allem auch mit Lindner und Habeck und der Ampel.insgesamt. Eigentlich müßte es ja anders laufen AfD/FDP/CDU und SPD/Grüne/Linke, so würde es halbwegs passen. Wir werden sehen, wie lange eine Ampel so hält…..,und ob die CDU weiter ihren Selbstzerstörungskurs fährt. Nun hat die gute Merkel ja auch nicht ihren Willen bekommen, die GrünLinken sind NICHT an der Spitze. Für Habeck das Wirtschaftsministerium, das wäre es ja noch…..vielleicht muß es einfach noch wenig bergab gehen….., bis viele den ganzen Murks hier begreifen, der in 16 Jahren merkel’scher Zerstörungspolitik angerichtet worden ist.

Nathan
Nathan
2 Jahre her

Die Zeit der „Volksparteien“ im Sinne von „alle Schichten abdecken zu wollen“ ist vorbei, und diese Einsicht hat die CDU verpaßt, daß nach Übermutter Merkel dieser Schutzschirm nicht mehr geboten werden kann. Das hat mit sich als ganzes nach links oder rechts hin zu wenden NICHTS zu tun, einfach, weil gar keine Mitte mehr definiert werden kann. Daß sich jetzt alle Parteien als Parteien der Mitte präsentieren wollen, ist nur eine psychologische Beruhigungspille, um sich dahinter verstecken zu können. Aber was will die CDU noch verstecken oder zeigen? NICHTS! Eine inhaltsleere Partei. Weil die Merkeln eigentlich eine linksgrüne Kanzlerin war… Read more »

Wolfgang Wirth
Wolfgang Wirth
Reply to  Nathan
2 Jahre her

Ich finde, Sie haben das sehr gut auf den Punkt gebracht. Bemerkenswert auch diese Passagen: „…, weil gar keine Mitte mehr definiert werden kann.“ So ist es! und „Es beginnt nun die Zeit der ideologischen Klientel-Parteien, …“ Es bleibt offen, inwieweit die heutige CDU-Führung überhaupt in der Lage sein wird, diese Erkenntnis zu verinnerlichen bzw. zu akzeptieren. Wie ich oben schon andeutete, besitzt die CDU ja gar keinen ideologischen Kern, da die Versorgung ihrer Mitglieder mit Pfründen und Karriereposten sowie das Abarten der aus dem transatlantischen „Off“ vorgetragenen Wünsche im Grunde der einzige Zweck dieser Partei gewesen ist. Kann sie… Read more »

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