Benzinpreise: Ölkonzerne nutzen den Krieg aus und zocken Autofahrer ab

Inflation / Ölpreis / Benzinpreis / Benzin und Diesel / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: Andreas 160578: https://pixabay.com/de/photos/tanken-tankstelle-zapfs%C3%A4ule-benzin-2157211/ Inflation / Ölpreis / Benzinpreis / Benzin und Diesel / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: Andreas 160578: https://pixabay.com/de/photos/tanken-tankstelle-zapfs%C3%A4ule-benzin-2157211/

Die Wahrheit über den Benzinpreisschock an den Tankstellen: Wie Ölkonzerne im Schulterschluss mit der Politik die Autofahrer täuschen und übervorteilen.

Zweifellos hat der völkerrechtswidrige russische Einmarsch in die Ukraine neben dramatischen humanitären und politischen Folgen auch zu massiven Verwerfungen im ökonomischen Bereich und an den Rohstoffmärkten geführt. Aber gerade im Bereich der Kraftstoffpreise wird schnell offenbar, dass die monokausale Erklärung für den drastischen Anstieg der Verbraucherkreise allein mit dem Ukrainekrieg fehlgeht und keiner sachlichen Überprüfung standhält

Um einen entsprechenden Verdacht zu belegen, ist allerdings einiges an Rechercheaufwand notwendig, denn obwohl das Thema die Medien beherrscht, sind dort kaum verwertbare Zahlen zu finden. Selbst so triviale Angaben wie die Zusammensetzung des Benzinpreises sind bestenfalls unvollständig und teilweise irreführend.

Ölkonzerne nutzen schamlos die Krise aus

Da wird zum Beispiel der Einkaufspreis mit der CO2-Abgabe und der Mehrwertsteuer summiert (also zwei variable Komponenten mit einer fixen) und der Mineralölsteuer gegenübergestellt, was jede sinnvolle Auswertung unmöglich macht. Dieser unbrauchbare Zahlensalat findet sich in fast sämtlichen Medien.

Es ist dem Portal Statistika zu danken, dass wenigstens für den Februar 2022 verwertbare Zahlen vorliegen. Der Durchschnittspreis für Superbenzin lag demnach bei 1,79 Euro, also 41 Cent niedriger als heute (2,20 Euro).

Zusammensetzung des Verbraucherpreises von Superbenzin / Quelle: Statista

Rechnet man die fixen Kosten (Mineralölsteuer 65,45 Cent, CO2-Abgabe 7,2 Cent, Deckungsbeitrag 18,26 Cent) vom Nettopreis ab, kommt man auf einen Produktpreis von 59,35 Cent.

Wendet man das gleiche Verfahren auf den aktuellen Preis von 2,20 Euro (Stand 15.3.2022) an, bekommt man das große Staunen. Der angebliche Produktpreis stieg von 59,35 Cent im Februar auf 93,96 Cent. Das sind immerhin satte 58%!

Superbenzin in Euro 1 Monat / Quelle: finanzen.net

Wenden wir uns nun dem angeblich für den Preisanstieg verantwortlichen Ölpreis zu. Der stieg im Monatsvergleich um 19% und das bei der teureren Ölsorte Brent (bei WTI sind es 16,1%, Preis in Euro). Nur für wenige Tage lag er bei einem Plus von über 25% (Maximum 40% an einem einzigen Tag).

Ölpreis in Euro 1 Monat / Quelle: finanzen.net

Die Motivation der Ölkonzerne ist klar: Es gibt eine krisenhafte Situation und Turbulenzen an den Rohstoffmärkten, die wir als Begründung für überproportionale Preissteigerungen nutzen können. Im Hinblick auf Gewinn und Shareholder-Value ist das zwar unmoralisch, aber nachvollziehbar.

Aber wieso macht kein Politiker, keine Behörde, kein Journalist diese offensichtlichen Machenschaften öffentlich? Das Bundeskartellamt könnte ein Verfahren wegen mutmaßlicher illegaler Preisabsprachen zu Lasten der Verbraucher einleiten und eine Kalkulation einfordern. Politiker und Journalisten könnten den Finger auf die Wunde legen und die Bevölkerung aufklären. Nur tun sie das nicht und das hat handfeste Gründe.

Über 1 Euro Abgaben und Steuern pro Liter

Die Preisexplosion kommt ihnen nämlich als Mittel zur Einschränkung der individuellen Mobilität zur vorgeblichen Rettung des Weltklimas entgegen und nebenbei kann man noch den Volkszorn auf Russland als allein Schuldigen fokussieren. Da wäre ein Verweis auf die Machenschaften der Mineralölkonzerne kontraproduktiv. Außerdem partizipiert man selbst über die Mehrwertsteuer an den exorbitanten Kraftstoffpreisen.

Die aktuell diskutierten Erleichterungen für die Bürger tragen reinen Alibicharakter und sind im Grunde eine Verhöhnung des Verbrauchers angesichts eines Steuer- und Abgabenanteils von über einem Euro pro Liter Benzin.

So verschweigt man lieber die wahren Verhältnisse und bittet im Schulterschluss mit den internationalen Mineralölkonzernen die eigene Bevölkerung zur Kasse. Beschämend und niederträchtig.

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Über Frank W. Haubold

Frank W. Haubold wurde 1955 in Frankenberg (Sachsen) geboren. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er Informatik und Biophysik in Dresden und Berlin. Seit 1989 schreibt er Romane, Erzählungen und Kurzgeschichten unterschiedlicher Genres (Science-Fiction, Fantasy, Horror, Gegenwart). Zahlreiche Veröffentlichungen in Freie Presse (Chemnitz), Fantasia (Passau), Nova (Magazin), Phantastisch! (Stolberg), Exodus (Magazin), Esli (Russland) und anderen Publikationen auch außerhalb der Phantastik-Szene. Für den EDFC Passau gab er bis 2009 fünf Anthologien heraus. 2008 gewann er als erster Autor überhaupt den Deutschen Science Fiction Preis in beiden Kategorien. Kontakt: Webseite | Weitere Artikel

3 Comments
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Angermann
Angermann
2 Jahre her

Nun, den Mineralölkonzernen billige ich durchaus weniger Verantwortung zu als dem Staat. Der Ölpreis (Brent) hat sich vom Nov 2021 bis zum 09.03.2022 nahezu verdoppelt. Insofern ist der in Ihrem Artikel genannte Preisanstieg moderat und durch den Ölpreis gut erklärbar. Auch darf man nicht vergessen, dass die Herstellung von Benzin und Diesel selbst Energie benötigt, die auch deutlich teurer geworden ist und die Produktionskosten weiter in die Höhe treibt. Gerade habe ich ein Interview mit Gerald Grosz gesehen, der von einer slowenischen Autobahntankstelle aus berichtete. In Slowenien kostet der Liter Superbenzin derzeit 1,62 Euro! An der Autobahn!!! Bei uns sind… Read more »

Voltaire
Voltaire
2 Jahre her

Der Staat bzw. Fiskus vereinnahmt mit der Mineralölsteuer, Mehrwertsteuer sowie CO2-Bestreuerung der Kraftstoffe Benzin und Diesel derzeit in etwa die Hälfte vom Verkaufspreis an der Tankstelle. Hinzu kommt noch die jährliche Kfz-Steuer sowie beim Lkw die Mautgebühr. Ist doch ein prächtiges Geschäftsmodell –

fred müller
fred müller
1 Jahr her

Und warum ? Weil sie es dürfen und durch die Politik gedeckt werden, da diese auch kräftig mitverdient

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