Die Lust der Politiker an neuen Schulden

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Seit der Corona-Pandemie halten Politiker nicht mehr viel von einer sparsamen Haushaltsführung. Sie wollen ihre Politik wieder mit Schulden finanzieren.

Ausgelöst durch die Corona-Pandemie haben Bund und Länder ihre Verschuldung massiv ausgeweitet. Nicht alles, was derzeit aus Schulden finanziert wird, die ausdrücklich zur Bewältigung der Corona-Pandemie aufgenommen wurden, hat allerdings mit der Corona-Krise zu tun. Dies belegt ein aktueller Bericht aus einem norddeutschen Bundesland.

Zu Beginn der Pandemie hatte sich das Bundesland auf die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung sowie die Leistung von Soforthilfen konzentriert. Im Sommer 2020 entschieden die Verantwortlichen dann, ein eigenes Konjunktur- und Krisenpaket zur Bekämpfung der Corona-Pandemie aufzulegen. In zwei Nachtragshaushalten stellte das Land zusätzlich insgesamt 9,8 Milliarden Euro bereit, hiervon 8,8 Milliarden Euro kreditfinanziert. Die Neuverschuldung wurde durch die Berufung auf Ausnahmeklauseln im verfassungsrechtlich verankerten Verschuldungsverbot möglich. Die Landesverfassung lässt nämlich eine Neuverschuldung zur Abwendung einer Naturkatastrophe oder einer außergewöhnlichen Notsituation zu.

Corona als Alibi für neue Schulden

Weiterhin erlaubt die Landesverfassung eine Kreditaufnahme im Fall eines konjunkturellen Einbruchs. Das Land nahm im Rahmen der Nachtragshaushalte beide Ausnahmetatbestände in Anspruch. Für den Haushalt 2021 ist erneut eine konjunkturbedingte Kreditaufnahme vorgesehen. Gemäß der aktuellen Mittelfristigen Finanzplanung rechnet die Landesregierung auch für die Jahre 2022 und 2023 mit einer zusätzlichen Neuverschuldung.

Die Mittel, die unter Inanspruchnahme der Ausnahmetatbestände der Landesverfassung kreditfinanziert wurden, unterliegen jedoch einer besonderen verfassungsrechtlichen Zweckbindung. Die Maßnahmen müssen gerade wegen der Pandemie erforderlich geworden sein, d. h. die Pandemie muss Anlass für ihre Durchführung sein. Für den Fall, dass die Maßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgewirkungen dienen, ist dabei auch der Nachweis zu erbringen, dass der unterstützte oder geförderte Bereich tatsächlich von den Auswirkungen der Pandemie betroffen ist.

Bei vielen der in dem Krisen- und Konjunkturprogramm enthaltenen Maßnahmen lagen die Voraussetzungen für eine Kreditfinanzierung jedoch nicht vor. Dazu gehörten beispielsweise seit längerem geplante energetische Sanierungsmaßnahmen für die Hochschulen des Landes. Der Bedarf zur Sanierung der Hochschulgebäude bzw. Gebäudeteile ist seit Jahren bekannt. Die Planungen für zwei Projekte wurden sogar mit der Erstellung von Bauanmeldungen bereits im Jahr 2019 vor Ausbruch der Pandemie aufgenommen. Diese Maßnahmen wiesen somit keinen Pandemiebezug auf.

Konjunktur als Ausrede

Auch Erfordernisse der Konjunkturstabilisierung lassen sich für diese Maßnahmen nicht anführen. Wesentliche Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Umsatz und Beschäftigung im Bauhauptgewerbe konnten bisher nicht beobachtet werden Der für Maßnahmen der energetischen Gebäudesanierung einschlägige Wirtschaftszweig des Handwerks wies im 4. Quartal 2020 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres ein Wachstum von 10,3 Prozent gemessen am Umsatz und von 2,5 Prozent bei den tätigen Personen aus. In Zeiten boomender Baukonjunktur dürften die hier in Rede stehenden energetischen Sanierungsmaßnahmen damit sogar prozyklisch gewirkt haben.

Weiterhin wurde aus dem kreditfinanzierten Krisen- und Konjunkturprogramm einen Betrag von 50 Millionen Euro für die Modernisierung von Mietwohnraum für Studenten zur Verfügung gestellt. Die von der Landesregierung angeführten Ziele der Förderung machen deutlich, dass es darum ging, belegungs- und mietgebundenen Wohnraum zu schaffen und Energie- und Klimaziele im Gebäudebereich zu erreichen. Hierfür gibt es aber bereits reguläre Förderprogramme. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass im Zusammenhang mit der Corona-Krise ein weiteres kreditfinanziertes Programm für diese seit langem bekannten Bedarfe geschaffen wurde.

Aufweichung der Schuldenbremse

Die geschilderten Beispiele belegen, dass die kreditfinanzierten Mittel häufig für politisch erwünschte Förderzwecke verwendet werden, die schon seit längerem bestehen, für welche die vorhandene Finanzausstattung jedoch nicht ausreicht. Dies stellt eine Umgehung der Ausnahmeklauseln des Verschuldungsverbots dar. Ohnehin gibt es starke Tendenzen im politischen Raum, die Schuldenbremse für Bund und Länder nach Beendigung der Corona-Krise aufzuweichen oder sogar ganz außer Kraft zu setzen. Die Politik in Deutschland hat wohl Geschmack am dauerhaften Schuldenmachen gefunden.

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Über Thomas Castorp

Thomas (Hans) Castorp blickt vom Zauberberg herab auf die Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Fragenstellungen. Kontakt: Webseite | Weitere Artikel

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Wolfgang Wirth
Wolfgang Wirth
2 Jahre her

Die Rückkehr zu einer seriösen Finanzpolitik und zu „normalen“ Staatsfinanzen ist allein schon durch die schiere Höhe der Schulden nahezu unmöglich. Es gibt aber auch niemanden, der das ernsthaft möchte – FDP und AFD einmal ausgenommen. Die Politik ergreift sozusagen die Flucht nach vorn. Indem nun munter immer neue Schulden gemacht werden, steigt einerseits die Inflation – was für den Staat ja nützlich ist – und andererseits nähert man sich immer mehr dem Punkt, an dem die Notwendigkeit einer wie auch immer gearteten Währungsreform für alle Beobachter als das Gebot der Stunde erscheint. Die Notenbank assistiert bereitwillig und bläht die… Read more »

Eurone
Eurone
2 Jahre her

Das Umverteilungsmonster EU saugt seit Gründung den Wohlstand des deutschen Volkes ab. Ob über DM-Abschaffung bzw. Euro-Einführung mit einem irrsinnigen Umrechnungskurs, Billionen-Blanko-Krediten nach Europa, die wir nie wieder sehen über Target II, die diversen Retungs-, Hilfs-, u. jetzt „Wiederaufbau“-, u. Unterstützungspakete. Fakt ist, dass Deutschland netto längst aufgehört hat zu existieren. Die armen Länder führst du über ihre Schulden, die vermeintlich wohlhabenden über deren Haftung dafür.