Warum der Westen China zum Gegner erklärt

 

Die während des Europabesuchs des chinesischen Präsidenten Xi Jinping mit Italien vereinbarte Kooperation wirft die Frage auf, ob den Offerten Chinas zu trauen ist.*

In den vergangenen Jahrzehnten war es das Profitstreben der weltgrößten Konzerne, das sie zu einem Engagement in China veranlasste und den wirtschaftlichen Aufstieg des Landes förderte. Sind es jetzt der Kredithunger und das Interesse an neuen Absatzmärkten, das EU-Staaten dazu bewegt, mit China zu kooperieren und es dadurch politisch zu stärken? Die USA und ihre Verbündeten Deutschland, Frankreich und Großbritannien werfen der italienischen Regierung vor, bei der Verfolgung eigener Ziele von westlichen Interessen und Werten abzurücken[1]. Da es sich bei den Vereinbarungen zwischen Peking und Rom lediglich um eine Absichtserklärung handelt, überrascht die Vehemenz der Reaktion. Artikulieren sich hier Ängste vor einem Bröckeln der westlichen Dominanz?

Der wirtschaftliche Aufstieg Chinas erscheint unaufhaltsam. Dessen kaufkraftbereinigtes Bruttoinlandsprodukt übertraf das US-amerikanische im Jahr 2017 bereits um 20 Prozent und dürfte inzwischen jenes der EU überrundet haben.[2] Der chinesische Erfolg wird im Westen vielfach auf unlauteren Wettbewerb zurückgeführt, der den Export begünstigt. Der Regierung werden massive Eingriffe in das Wirtschaftsleben vorgeworfen: Die Wechselkurse würden manipuliert, gegen Patentschutzverstöße und die Kopie von Markenprodukten werde nicht energisch vorgegangen, Exportzuschüsse würden Dumpingpreise ermöglichen, der staatliche Sektor könne sich unbegrenzter Kreditierung erfreuen.

Systematische Eroberung ausländischer Märkte

Ähnliche Praktiken beflügelten allerdings auch den Wirtschaftsaufschwung anderer Staaten Ostasiens. Bekanntermaßen beruhten die Exporterfolge Japans auf einer Bündelung der wirtschaftlichen Potentiale durch das Handels- und Industrieministerium (MITI) zum Zweck einer systematischen Eroberung ausländischer Märkte. Wettbewerbsverzerrende Maßnahmen gibt es gleichwohl im Westen: Der Marktzugang für ausländische Anbieter wird durch Normen, Standards und andere Bestimmungen erschwert, eigene Unternehmen werden mit Subventionen und staatlichen Aufträgen konkurrenzfähig gemacht. Erwähnt sei etwa die Schrittmacherfunktion von NASA, Pentagon und US-Geheimdiensten bei der Einführung und Verbreitung neuer Technologien.  

Weil wirtschaftlicher und politischer Aufstieg nicht zu trennen sind, wird China im Westen zunehmend als Hauptkontrahent begriffen. Daher ist nicht verwunderlich, dass Donald Trump trotz seines rüpelhaften Stils Unterstützung bei dem Bestreben findet, den Chinesen Zugeständnisse abzuringen.[3] Ein rationales Abwägen möglicher Szenarien lässt es für die chinesische Seite ratsam erscheinen, einzulenken. In einem kürzlich vom nationalen Volkskongress verabschiedeten Gesetz werden ausländischen Investoren bessere Rahmenbedingungen sowie effektiver Schutz geistigen Eigentums zugestanden.[4] Damit kommt die chinesische Führung westlichen Forderungen entgegen, wenn auch der Schritt vorgeblich im Rahmen einer Strategie der Marktöffnung bereits geplant gewesen sei.  

Für die globale wirtschaftliche Kooperation sind Kompromisse unerlässlich. In ihnen widerspiegelt sich das jeweilige Kräfteverhältnis, das sich im Zuge wirtschaftlicher Veränderungen fortlaufend wandelt. Ein wichtiger Meilenstein für den chinesischen Machtzuwachs war die Gründung der asiatischen Infrastrukturinvestmentbank (AIIB) im Jahr 2016. Die Teilnahme führender europäischer Länder stieß auf den Widerwillen der USA, die befürchteten, dass ihnen die Kontrolle der globalen Finanzströme entgleiten könnte.[5] Noch bedeutender dürfte das „One Belt one Road“-Projekt sein. Obwohl es vorrangig ökonomischen Zwecken dient, stärkt es gleichsam die chinesische Position bei globalpolitischen Verhandlungen und Absprachen.

Die Regime-Change-Aktivitäten der USA und ihrer westlichen Verbündeten, die neben „bunten Revolutionen“ und Sanktionen auch militärische Interventionen einschließen, werden in China als latente Bedrohung wahrgenommen. Demgemäß avanciert Russland zum gegenwärtig wichtigsten Verbündeten. Das Land verfügt zum einen über ein großes militärisches Potential, das die Expansionsgelüste der USA dämpft. Es ist zum anderen ein bedeutender Wirtschaftspartner dank umfangreicher Rohstoffe und eines wachsenden Markts für chinesische Produkte.

Umgekehrt fühlt sich der Westen durch ein erstarkendes China bedroht. Die Ängste vor einem „Drangs Asiens nach Westen“ haben eine lange Tradition. Erinnerungen an die Eroberungsfeldzüge von Hunnen, Mongolen, Osmanen und des „Iwan“ werden wach.[6] Allerdings hatten die Chinesen den europäischen Kontinent niemals in kriegerischer Absicht betreten. Der verbreitete Argwohn erklärt sich eher aus den autoritären politischen Strukturen, die keine demokratisch legitimierten Entscheidungen zulassen. Zugleich werden den Bürgern elementare Menschenrechte vorenthalten, die in der UN-Charta festgeschrieben sind. Trotz seiner kritischen Haltung zur US-Politik steht daher für den Finanzexperten Dirk Müller außer Frage, dass der amerikanische Hegemon einem chinesischen vorzuziehen sei.[7]   

Indes gibt es keine Äußerungen von einflussreicher chinesischer Seite, die sich als Weltmachtstreben oder als Versuch, anderen Ländern das eigene System aufzwingen zu wollen, interpretieren lassen. Anders verhält es sich bei den USA, deren Präsidenten einen globalen Führungsanspruch aus der Überzeugung ableiten, „God‘s own country“ vorzustehen. Dass dies keine bloße Stimmungsmache ist, bezeugen strategische Entwürfe zur Erlangung und Aufrechterhaltung politischer Dominanz, wie sie in Zbigniew Brzezinskis „The Grand Chessboard“ und in Expertisen von Think Tanks zu finden sind, darunter solche, die dem State Department nahe stehen.[8]

Den Chinesen kann nun unterstellt werden, ihre eigentlichen Ziele raffiniert zu verbergen. Dagegen spricht, dass ein fundamentaler Schwenk in der Außenpolitik Vertrauenskapital zerstört, die Kooperation erschwert und Widerstand provoziert. Zudem bedarf es propagandistischer Vorarbeit, damit die Bürger aggressive Aktionen der eigenen Regierung gegen vermeintliche Feindstaaten befürworten. Wie ein geschichtlicher Rückblick belegt, haben ambitionierte Herrscher vielmehr bewusst ihre Absichten und Ziele offengelegt, um eine wachsende Anhängerschaft zu gewinnen, die auch für gröbste Untaten einsetzbar war.  

Außer bei dem historisch begründeten Anspruch auf Taiwan und einige dem Festland vorgelagerten Inseln hält sich die chinesische Regierung aus internen Angelegenheiten anderer Staaten heraus. Weder setzt sie diese unter Druck noch spricht sie Drohungen aus. Dass Peking trotz dieser prinzipiellen Position den Sanktionen gegen Nord-Korea und den Iran zugestimmt hat, erklärt sich aus der Befolgung des globalen Konsensus, der über die Nichtverbreitung von Atomwaffen erzielt wurde. Falls allgemein anerkannte Spielregeln wie im Fall des Ausschlusses Huaweis beim 5G-Netzausbau durch Australien und Neuseeland verletzt werden, ist China zuweilen auch bereit, mit wirtschaftlichen Gegenschlägen zu antworten.[9]

Chinas Erziehungsdiktatur

Die Volksrepublik China wird zweifellos autoritär regiert, die Entscheidungskompetenzen sind stark zentralisiert. Während Diktatoren im westlichen Einzugsbereich danach streben, der gesellschaftlichen Elite Macht und Reichtum zu verschaffen, ähnelt das chinesische System eher den Erziehungsdiktaturen[10] des „realen Sozialismus“. Wurde der wirtschaftliche Aufstieg des Landes bis zum Ende der Kulturrevolution im Jahr 1976 durch ideologische Fesseln behindert, so orientierte sich China seitdem am Vorbild der Nachbarstaaten. Auch dort existierten anfangs autoritäre Strukturen, die sich offenkundig als hilfreich erwiesen, die Entwicklung der Volkswirtschaften zu beschleunigen und sich dem Niveau des Westens anzunähern. Noch heute finden sich in ost- und südostasiatischen Staaten Relikte aus jener Phase, sodass deren politische Systeme mit dem Begriff „gelenkte Demokratie“ versehen werden.

Eine eurozentrische Betrachtung neigt dazu, die chinesische Gesellschaft als entwicklungsbedürftig zu charakterisieren. Unterschlagen wird, dass die Zivilisationsgeschichte des Landes auf mehrere Jahrtausende zurückblicken kann. In diesem Zeitraum sind Leitbilder entstanden, die den Alltag und die Politik bis heute prägen: Garantierte Grundversorgung und ein glückliches Leben wiegen mehr als Privateigentum, Luxus und ein Maximum an Freiheit, gesellschaftliche Verantwortung und Konsenswille ersetzen repräsentative Strukturen und Pluralismus. Wenn die chinesische Regierung auf die Kritik an der Menschenrechtslage im Land mit Gegenvorwürfen antwortet[11], dann kann angenommen werden, dass eine große Mehrheit der Bürger ihre Position teilt.

Die Einschränkung persönlicher Freiheiten in China wird mit dem Primat gesellschaftlicher Interessen begründet, das recht exzessiv ausgelegt wird. Jedoch werden Bürgern auch anderswo die in der UN-Menschenrechtscharta[12] aufgelisteten individuellen Rechte verwehrt. Obwohl sie in westlichen Staaten formell jedem zustehen, entscheidet vielfach die Größe des Geldbeutels über die Möglichkeiten, sie wahrzunehmen. In ärmeren Weltregionen befindet sich das Gros der Bevölkerung in einer nahezu rechtlosen Position, die sich von jener der Chinesen nicht unterscheidet. Wird das ebenso in der UN-Charta enthaltene Postulat eines allgemeinen Zugangs zu Arbeit, Bildung und Grundversorgung betrachtet, dann können auch Kritiker nicht umhin, der chinesischen Führung Verdienste zuzubilligen.    

Ein wichtiges Kriterium bei der Beurteilung von Gesellschaftssystemen ist der Zufriedenheitsgrad der Bevölkerung. Dieser liegt in China unvergleichlich höher als in westlichen Staaten. Wie die BBC im Jahr 2012 ermittelte, wurde die staatliche Wirtschaftspolitik von 91 Prozent der Bürger positiv beurteilt, bei nur 43 Prozent in Großbritannien.[13] Die Zahlen dürften sich seitdem nicht merklich verändert haben, zumal der von westlichen Ökonomen mehrfach vorausgesagte Wirtschaftseinbruch nicht stattgefunden hat.[14] Die positiven Resultate der Umfrage mögen zu einem gewissen Teil durch die verbreitete Medienzensur begründet sein, die es ermöglicht, Verhältnisse zu beschönigen und Missstände zu vertuschen. Auf Dauer dürfte es jedoch keiner Regierung gelingen, die Bürger des Landes zu täuschen. Misstrauen und Unzufriedenheit würden sich ausbreiten und die Zuspruchswerte in den Keller drücken.

Sowohl im Westen als auch in China begreifen sich die meisten Bürger als unpolitisch. Trotz größeren Angebots an Nachrichten, Analysen und Meinungen dürfte der westliche Normalbürger daher kaum besser informiert sein als ein chinesischer Medienkonsument. Personen, die politisch interessiert und engagiert sind, fühlen sich von Restriktionen verständlicherweise stärker betroffen. Wenn sie Kritik an chinesischen Verhältnissen üben, dann geraten sie leicht in das Fahrwasser eines Überlegenheitsanspruchs westlicher Werte. Anstatt sich auf die Aussagen oppositioneller Kräfte zu stützen, die ausländischen Einflüssen unterliegen, sollten sie sich mit landesinternen Debatten zur Lokalisierung und Beseitigung von Missständen befassen.

Was in China per Dekret umgesetzt wird, besorgen im Westen vielfach gesellschaftliche Strukturen. Die freie Meinungsäußerung wird tendenziell ausgebremst, wenn sie sich kritisch mit den gesellschaftlichen Verhältnissen befasst.[15] Noch höher werden die Hürden, wenn Bürger zu politischer Umsetzung schreiten.

Argwohn gegenüber der Demokratie

Es ist gegenwärtig nicht erkennbar, dass China von seiner rigiden Position abweicht und etwa alternative Medien zulässt. Dennoch gibt es hoffnungsvolle Entwicklungen. Wie der Rechtsanwalt Rolf Geffken in einem Vortrag über Arbeitskämpfe und Gewerkschaften in China berichtete, werden illegale Streiks in der Privatwirtschaft von der Parteiführung oft wohlwollend quittiert.[16] Vielerorts wurde spontan entstandenen Arbeiterräten später gewerkschaftlicher Status gewährt. Beeindruckt zeigt sich Geffken von einer Regierungskampagne, in der die Belegschaften aufgefordert werden, die ihnen im neuen Arbeitsvertragsgesetz gewährten Rechte aktiv wahrzunehmen.

Trotz solch ermutigender Berichte ist zu konstatieren, dass in China weiterhin individuelle Freiheiten beschnitten und politische Aktivitäten unterbunden werden, sobald gesellschaftliche Machtstrukturen in Frage gestellt werden. Was hält die Staatsführung davon ab, nach der wirtschaftlichen Öffnung die politische voranzutreiben und „mehr Demokratie zu wagen“? Die Konzentration politischer Macht ist angesichts der seit Jahrtausenden währenden Herrschaft unterschiedlicher Despoten offenbar zum Normalzustand avanciert. Die auf der Lehre der „Diktatur des Proletariats“ basierende Führungsrolle der kommunistischen Partei fügt sich gut in diese Tradition ein. Zudem scheint die Geschichte zu lehren, dass bei einer Schwächung der Pekinger Zentrale ein Souveränitätsverlust des Landes droht.[17]

Der Argwohn der Regierenden wurde durch die Ereignisse auf dem Tiananmen-Platz im Jahr 1989 verstärkt. Anlässlich des 30. Jahrestages beschreibt Peter Frey die Hintergründe, die bis in die 60er Jahre zurückreichen.[18] Den USA gelang es während der Präsidentschaft Nixons, die Gegnerschaft Chinas zur Sowjetunion zu nutzen und das Land für den Westen zu öffnen. Seit Beginn der 80er Jahre wandelte sich Chinas Außenpolitik jedoch in eine pragmatische Richtung. Die US-amerikanische China-Politik war fortan von dem Bestreben inspiriert, eine Annäherung an die Sowjetunion zu verhindern.

Zu diesem Zweck wurden die historisch ersten NGOs ins Leben gerufen, die sich auf Gene Sharps Konzept „friedlicher Revolutionen“ und „gewaltfreien Widerstands“ stützten. Frey verweist in diesem Kontext auf eine Äußerung von Allen Weinstein, den Gründungsvater des National Endowment for Democracy (NED): „Vieles von dem, was wir heute tun, wurde vor 25 Jahren verdeckt von der CIA erledigt“. Während der Unruhen im Jahr 1989 begab sich Gene Sharp persönlich nach Peking, wo er führende Oppositionelle traf und sie bei der Koordination der Protestaktionen unterstützte.

Volkskongress / Quelle: Wikipedia; Dong Fang [Public domain]; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:The_Third_Session_of_the_12th_National_People%27s_Congress_open_20150305.jpg

Volkskongress / Quelle: Wikipedia; Dong Fang [Public domain]; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:The_Third_Session_of_the_12th_National_People%27s_Congress_open_20150305.jpg

Obwohl die gesellschaftlichen Machtstrukturen der Volksrepublik China zu keinem Zeitpunkt ernsthaft bedroht waren, war der Schaden immens. Zum Ärger der poltischen Führung kamen die Aktivisten aus einer Bevölkerungsgruppe, die dazu auserwählt war, künftig verantwortungsvolle Aufgaben in Wirtschaft und Gesellschaft zu übernehmen. Noch gravierender wog der Ansehensverlust im Ausland, der die wirtschaftliche Öffnung erschwerte und die Entwicklung in den Folgejahren beeinträchtigte.

Das China-Bashing wurde seitdem zu einem nicht wegzudenkenden Bestandteil westlicher Medienberichterstattung. Unter Berufung auf NGOs wird der Pekinger Regierung die Unterdrückung ganzer Völkerschaften unterstellt. Dabei wird besonders auf die Uiguren Bezug genommen, die in der strategisch wichtigen Region Nordwestchinas beheimatet sind. Die von Peking durchgeführten Umerziehungsmaßnahmen, die vielerorts mit einer vorübergehenden Internierung einhergehen, sind tatsächlich als fragwürdig anzusehen.[19] Da andererseits ethnischen Minderheiten  weitgehende Sonderrechte gewährt werden[20], gilt die chinesische Nationalitätenpolitik für den asiatischen Raum als beispielhaft.

Wo Widerstand aufflammt, handelt es sich bei den Führungspersonen oft um Kräfte, die Privilegien verloren haben oder einem traditionellen Gesellschaftsmodell anhängen. Mit Unterstützung westlicher Geheimdienste bemühen sie sich um eine Eskalation von Konflikten, die etwa durch Zuwanderung ethnischer Chinesen oder durch unverhältnismäßige Übergriffe der Ordnungshüter entstehen. Die letzten größeren Unruhen ereigneten sich im Vorfeld der Olympischen Spiele im Jahr 2008, wobei die Opfer nicht Tibeter, sondern wirtschaftlich erfolgreiche Zugewanderte waren.[21] Sie erinnerten an die wiederholten Pogrome gegen die chinesische Minderheit in südostasiatischen Ländern.

Wenn der westliche Applaus für gewalttätige Aktionen Oppositioneller dem Zweck dienen soll, die Durchsetzung fundamentaler Menschenrechte zu beschleunigen, so erreicht er gerade das Gegenteil. Die Vermutung liegt nahe, dass es bei den antichinesischen Kampagnen weniger um die Lage der Menschen geht als vielmehr um die Stigmatisierung eines lästigen globalen Konkurrenten. Faktisch wird den Reformgegnern innerhalb der chinesischen Führung in die Karten gespielt.  

Die Unterdrückung kritischer Stimmen mag die Herrschaftsverhältnisse stabilisieren, sie verschüttet aber auch intellektuelles Potential, das für die Entwicklung dienlich wäre. China scheint daher weiter auf Impulse aus dem Ausland angewiesen zu sein, die nicht nur die Wirtschaft, sondern gleichsam gesellschaftliche Werte betreffen. Dabei geht es etwa um Umweltschutz, Technologiekritik, neue soziale Organisationsformen und alternative Forschungsbereiche. Ein etwaiger Argwohn von Führungskadern wird durch das hohe Maß an Interesse und Neugierde wettgemacht, mit dem ausländische Erfahrungen aufgenommen werden.

Wie Chinas Führung Entscheidungen trifft

Die Unterschiede zwischen China und dem Westen treten besonders bei einem Vergleich der gesellschaftlichen Entscheidungsstrukturen zutage. In der Regierungstätigkeit westlicher Staaten widerspiegeln sich die Machtverhältnisse unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen, die jeweils eigene Interessen verfolgen. Mehrheiten werden gesucht, Kompromisse angestrebt und vertraglich besiegelt. Freie Meinungsäußerung und ein gewisses Maß an Transparenz sind in diesem Prozess unverzichtbar. Allgemeine Wahlen, Gewaltenteilung und Minderheitenschutz bilden das notwendige Gerüst.

Es wird angenommen, dass sich auf diese Weise der Mehrheitswille bestmöglich durchsetzt. Dagegen betont der Sozialwissenschaftler Ullrich Mies[22], dass relevante Entscheidungen im Westen hauptsächlich von den gesellschaftlichen Eliten getroffen werden. Innerhalb dieses engen Kreises herrschen tatsächlich Pluralismus und demokratische Prozeduren.      

In China sieht die Regierung ihre primäre Aufgabe darin, die Lebensqualität der Bürger zu erhöhen und zu sichern. Die dazu erforderlichen Schritte und Etappen werden jeweils auf Parteitagen vorgestellt.[23] Was als Ausdruck einer breiten demokratischen Willensbildung proklamiert wird, ist in Wahrheit das Werk von Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Die Herangehensweise ist recht pragmatisch, ideologische Argumentationen haben nach den traumatischen Erfahrungen der Kulturrevolution keine Chance. Die Stimmungen und Erwartungen der Bevölkerung werden eruiert und von den Verfassern der Beschlussvorlagen im Rahmen des wirtschaftlich Vertretbaren berücksichtigt.  

Die Überlegenheit des westlichen politischen Systems wird damit begründet, dass Willkür und Korruption weitgehend ausgeschlossen werden. Dies scheinen globale Untersuchungen zu bestätigen, die für die Industrieländer des Westens einen deutlich geringeren Korruptionsgrad feststellen.[24] China befindet sich immerhin im Mittelfeld, es lässt die meisten Staaten Asiens, Afrikas und Lateinamerikas hinter sich. Als Korruption werden allgemein Geld- oder anderweitige Zuwendungen angesehen, die mit dem Ziel getätigt werden, Gegenleistungen zu erhalten. Das im Westen verbreitete Zuschanzen von Jobs an Familienangehörige und Bekannte fällt allgemein nicht darunter, obwohl der finanzielle Nutzen oft um ein Vielfaches größer ist.

Durch Transparenz, pluralistische Strukturen und eine relative Unabhängigkeit der Medien sind in den westlichen Staaten Kontrollmöglichkeiten gegeben, über die China nicht verfügt. Wiederholte Anti-Korruptions-Kampagnen und gelegentliche Schauprozesse dürften keinen vergleichbaren Effekt erzielen. Ein wichtiges Drohmittel sind Jobverlust und damit einhergehende Einkommenseinbußen. Hier dürfte der Westen ebenfalls im Vorteil sein, wenn auch China zunehmend in die Position gelangt, Staatsbediensteten ordentliche Gehälter zu zahlen.

Für die chinesische Seite spricht hingegen der gesellschaftlich-moralische Druck, dem die Bürger stärker unterliegen als etwa in den USA. Werden Verantwortliche in der Pekinger Führung oder in lokalen Behörden der Korruption verdächtigt, dann nehmen westliche Beobachter implizit an, dass die Mittel für ein luxuriöses Leben verwendet werden. In China gilt jedoch die Zur-Schau-Stellung von persönlichem Reichtum in einem armen Umfeld als moralisch verwerflich. Die Autorität staatlicher Repräsentanten würde erheblich leiden, es käme zu Unzufriedenheitsbekundungen. Dies nachzuvollziehen dürfte Vertretern der älteren Generation nicht schwerfallen, da Werte wie Genügsamkeit, Verantwortungsgefühl und Gerechtigkeitsempfinden das Leben in großen Teilen Europas prägten, bevor sie im Zuge der neoliberalen Wende sukzessive verdrängt wurden.

Weg zum wirtschaftlichen Aufstieg

Zur Erklärung des wirtschaftlichen Aufstiegs Chinas werden mehrere Gründe genannt: kulturelle und zivilisatorische Grundlagen, der Fleiß der Bürger, die Größe des Marktes, geschicktes politisches Taktieren. Dies mag alles zutreffen. Dennoch wäre der seit den 80er Jahren einsetzende ökonomische Aufschwung ohne externe Unterstützung kaum derart kräftig verlaufen, zumal er sich auf eine starke Exportorientierung stützte.

Die geschäftlichen Kontakte und Marketing-Erfahrungen chinesisch-stämmiger Experten aus Hongkong, Taiwan und Singapur bildeten einen wesentlichen Grundstein für den wirtschaftlichen Erfolg. Nur allmählich gelang es den Festlandchinesen, Einfluss auf die Exportproduktion und die Handelsbeziehungen zu bekommen. Der Sozialphilosoph William Thompson schätzte in seinem Werk „Die pazifische Herausforderung“[25] die Auslandschinesen als erfolgreichste und dynamischste Volksgruppe bereits zu einer Zeit ein, als Japan noch allgemein als Wirtschaftsmacht der Zukunft galt. Gleichsam den europäischen Juden sind sie über viele Länder verstreut, in denen sie jeweils wichtige Positionen im Wirtschaftsleben bekleiden.

Zwei weitere Faktoren, die sich im Vergleich mit dem Westen als vorteilhaft erweisen, sind das große Vertrauen der Bürger und die Langfristigkeit wirtschaftlicher Entscheidungen. Das kürzlich eingeführte Punktesystem[26], mit dem sozial verträgliches Verhalten belohnt und entsprechend schädliches bestraft wird, wurde von der chinesischen Bevölkerung positiv aufgenommen. Eine Angst vor Missbrauch besteht augenscheinlich nicht. Die wirtschaftlichen Ziele werden weiterhin in Fünfjahresplänen fixiert, die im Unterschied zur sozialistischen Phase heute mehr als Orientierungsrahmen dienen. Überdies werden die Entwicklungstrends für einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten skizziert, um den Infrastruktur- und Forschungsbedarf frühzeitig feststellen zu können.[27]  

Die staatlichen Regulierungsmaßnahmen, die Förderung von Export und Forschung, Infrastrukturinvestitionen und der Ausbau sozialer Leistungen weisen Ähnlichkeiten mit dem „Rheinischen Kapitalismus“[28] auf, wie er in der Bundesrepublik Deutschland während der Nachkriegsjahrzehnte praktiziert wurde. Trotz großer Unterschiede der gesellschaftlichen Entscheidungsstrukturen und der zu bewältigenden Herausforderungen bildet die an Keynes orientierte Wirtschaftspolitik offenbar den gemeinsamen Nenner. Eine Grundvoraussetzung für deren Gelingen ist das Primat der Politik.

Gerechte Verteilung der Einkommen

Im Westen führte die neoliberale Wende seit den 80er Jahren zu einem tendenziellen Machtverlust politischer Instanzen. Staaten gerieten in Konkurrenz zueinander und sahen sich gezwungen, potentielle Investoren durch Vorleistungen, Steuerermäßigungen, günstige Kredite und Bürgschaften zu ködern. Damit Großsteuerzahler ihre Vermögen nicht in Steueroasen verschieben, wurden sie durch geringere Steuersätze und Verzicht auf Vermögensbesteuerung günstig gestimmt. Bei einer Repatriierung von Geld- und Anlagevermögen wurden Straffreiheit und Steuernachlässe zugesagt.

China gelang es, sich dem Druck global agierender Kapitalgesellschaften weitgehend zu entziehen. Als 1997 die Asien-Krise[29] ausbrach, war es dank hoher Devisenreserven kaum betroffen und konnte die Exporte in der Folgezeit erheblich steigern. Einen weiteren Schub bewirkte der Eintritt in die Welthandelsorganisation im Jahr 2001.[30] Der wachsende Mittelzufluss ermöglichte die Realisierung ehrgeiziger Infrastrukturvorhaben, was ausländische Investoren trotz Auflagen und Restriktionen zu einem verstärkten Engagement animierte. Einheimisches Kapital konnte akkumuliert werden, es wurden neue Wirtschaftsbereiche erschlossen, Produktionsstätten wurden in zurückgebliebene Regionen des chinesischen Hinterlands verlagert.  

Obwohl sich die Lebensqualität nahezu aller Bürger verbesserte, sind die Einkommensdifferenzen in China weiterhin groß.[31] Sie erklären sich zum einen aus der gezielten Förderung privater Kapitalbildung, die für das hohe Wirtschaftswachstum dienlich war. Zum anderen gibt es bis heute erhebliche Entwicklungsgefälle sowohl zwischen den Provinzen wie auch zwischen Großstädten und ländlichen Gegenden. Der Gini-Koeffizient, der die Verteilung der Einkommen beschreibt, überschreitet die Werte der meisten europäischen Länder. Dass er in den letzten zehn Jahren im Sinken begriffen ist, zeugt von erfolgreichen Schritten hin zu einer gerechten Verteilung.[32] Die steigenden Werte in den USA dokumentieren dagegen ein wachsendes Einkommensgefälle.

 

Die Einkommen sind in China inzwischen gerechter verteilt als in den USA / Quelle: https://www.theatlas.com/charts/NJRyk3bul

Die Einkommen sind in China inzwischen gerechter verteilt als in den USA / Quelle: https://www.theatlas.com/charts/NJRyk3bul

Der Trend zunehmender Einkommens- und Vermögensunterschiede besteht in nahezu allen westlichen Industrieländern.[33] Er erklärt sich zum einen aus den Zugeständnissen der Regierungen an Kapitaleigner, die als unverzichtbar gelten, um in der globalen Standortkonkurrenz zu bestehen und Steuerflucht zu verhindern. Zum anderen zwingen Arbeitslosigkeit und die Androhung von Produktionsverlagerungen die Bezieher geringer Einkommen in einen verschärften Wettbewerb mit der Folge von Geldeinbußen. Betroffene sind nicht nur Lohnempfänger, sondern auch Kleinunternehmer und manche Mittelständler.

Wie bereits Karl Marx konstatierte, sind Kapitalgesellschaften allgemein bemüht, sich dem Konkurrenzdruck zu entziehen.[34] Gegenwärtig werden immer größere Teile der globalen Wirtschaft von Oligopolen beherrscht, die Märkte aufteilen, das Angebot kontrollieren und potentielle Rivalen am Aufstieg hindern. Als Käufer ziehen die großen Konzerne Nutzen aus der Konkurrenz der Anbieter, beim Verkauf können sie Monopolpreise durchsetzen. Während marktwirtschaftliche Mechanismen in China ihre produktivitätssteigernde Wirkung entfalten, werden sie im Westen in zentralen Wirtschaftsbereichen tendenziell eliminiert.

Langfristig angelegte Unternehmenspolitik

Wie global agierende Kapitalgesellschaften ihre Marktmacht nutzen, um sich zu Lasten von mittelständischen Unternehmen und Konsumenten zu bereichern, so könnte China eine vergleichbare Praxis in Bezug auf schwächere Handelspartner unterstellt werden. Dass sich Peking für den globalen Freihandel stark macht, bedeutet jedoch nicht, dass es andere Staaten zwingt, ihre Märkte zu öffnen. Das Prinzip der Nichteinmischung verbietet es, fremde Regierungen unter Druck zu setzen.

Die Beibehaltung von Kapitalverkehrskontrollen und Zöllen durch ein Land mag das chinesische Interesse an einer Kooperation senken. Ebenso lässt sich vermuten, dass staatlich kontrollierte Unternehmen ihre Lieferungen vornehmlich aus Ländern beziehen, die sich nicht am China-Bashing beteiligen. In diesen Fällen handelt es sich dennoch um keine direkte Einflussnahme wie etwa bei der westlichen Schützenhilfe für jene Teile der nationalen Eliten, die sich am bereitwilligsten den Interessen ausländischer Privatinvestoren unterwerfen.

Während Entwicklungshelfer aus dem Westen die humanitären Folgen neokolonialer Ausbeutung ausbügeln und eine positive Presse erhalten, wird China häufig der Kooperation mit brutalen Herrschern bezichtigt. Gleichwohl wird dem chinesischen Engagement in schwach entwickelten Ländern durch westliche Medien Anerkennung gezollt.[35] Dabei wird die Sorge artikuliert, dass der Westen seinen Einfluss verlieren könnte. Der Pekinger Regierung wird die Verfolgung von Eigeninteressen vorgeworfen, was von dieser nie abgestritten wurde. Sie könne zudem den strategischen Vorteil nutzen, sich selbst aus der Armut hochgearbeitet zu haben und nicht als Kolonialmacht vorbelastet zu sein. Ein gewichtiger Grund für das Kooperationsinteresse vieler Staaten dürfte aber auch sein, dass sie sich dem Würgegriff westlicher Konzerne und des IWF entziehen wollen.  

Die zwischenstaatlichen Prinzipien der EU unterscheiden sich von den chinesischen grundlegend. Deren mächtige Politiker und Wirtschaftsführer verfolgen mit dem Hebel der „vier Grundfreiheiten“[36] das Ziel, eine Dominanz über kleine und wirtschaftlich schwache Mitglieder zu erlangen. Als Folge erzwungener Marktöffnung werden nationale Produzenten verdrängt und Arbeitsplätze beseitigt, woraufhin die Steuereinnahmen sinken. Die Staaten sind zunehmend auf Kredite und EU-Transferzahlungen angewiesen, was sie politisch erpressbar macht. Um Investoren anzulocken, werden den Regierungen neoliberale Konzepte wie Lohnkürzungen, flexible Arbeitsbedingungen und ein Abbau sozialer Leistungen angeraten. Der Ökonom Paul Steinhardt sieht die EU als Blaupause für eine kapitalgetriebene Globalisierung.[37]   

Das wirtschaftliche Engagement Chinas im Ausland umfasst nicht nur die Finanzierung und Umsetzung von Infrastrukturprojekten in schwach entwickelten Ländern, sondern auch Direktinvestitionen und den Erwerb von Unternehmensanteilen. Wie der Publizist Werner Rügemer in seinem kürzlich erschienenen Werk „Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts“[38] anhand verschiedener Fälle belegt, erweisen sich chinesische Firmenübernahmen in Deutschland als durchaus vorteilhaft für Belegschaften und Steuerbehörden. Anfängliche Bedenken der gewerkschaftlichen Vertretungen in den betroffenen Produktionsstätten konnten weitgehend zerstreut werden.

Anders als bei Private-Equity-Investoren ist das Engagement chinesischer Unternehmen langfristig ausgerichtet. Das treibende Motiv ist nicht die Erzielung schneller Profite, sondern der Erwerb von dauerhaft gewinnbringenden Anlagen und der Zugang zu fortgeschrittenen Technologien. Während westliche Privatinvestoren bestrebt sind, den Wert ihrer Kapitalanlage durch Zerlegung der Unternehmen, Entlassungen, Steuereinsparungen und Zurückdrängung gewerkschaftlicher Aktivitäten hoch zu putschen, eröffnen sich Betrieben in chinesischem Besitz oft neue Exportmärkte in deren Mutterland.  

Der Westen steigt in die Zweitklassigkeit ab

China bietet sich als Stütze für wirtschaftliche und politische Akteure an, die den neoliberalen Zwängen entkommen wollen. Zwar werden alte Abhängigkeiten gegen neue eingetauscht, diese sind aber vor allem wirtschaftlicher Art und implizieren keine Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten. Die chinesische Seite schreibt weder vor, wie Staaten zu regieren sind, noch auf welche Werte sie sich stützen oder welches Gesellschaftssystem sie wählen sollen. Der politische Handlungsspielraum der Regierungen bleibt weitgehend unbeeinträchtigt. Forderungen wie Vollbeschäftigung, nachhaltiges Wirtschaften, eine Erhöhung der Lebensqualität und eine Angleichung der Einkommen sind real durchsetzbar. Die Erhebung von Steuern kann sich am gesellschaftlichen Bedarf orientieren.

Unter chinesischer Führung wird sich perspektivisch ein wachsender Block von Staaten herausbilden, die sich von der Profitmaximierung als alleinigem Zweck und Motiv wirtschaftlicher Tätigkeit abwenden. Im Gegensatz zu neoliberalen Bestrebungen wird jedem Land die Freiheit zugestanden, sein politisches System und sein Wirtschaftsmodell selbst zu bestimmen. Es kann den Kapitalverkehr einschränken und Zölle erheben, um nationale Produzenten zu schützen. Immigration kann limitiert oder gefördert werden.

Regierungen sollten jedoch berücksichtigen, dass häufige Veränderungen der für die Außenwirtschaft maßgeblichen Bestimmungen Händler und Investoren verunsichern. Ebenfalls erscheint es opportun, restriktive Maßnahmen nur für eine Übergangszeit anzuwenden, in der konkurrenzschwache Produktionsstätten entweder auf das globale Wettbewerbsniveau angehoben oder sozialverträglich abgewickelt werden. Ein Abbau von Zöllen und anderen Restriktionen ist schon deshalb anzustreben, um von globalen Produktivitätsfortschritten maximal profitieren zu können. Im Zuge dieser Einsicht wird sich der Freihandel tendenziell durchsetzen. Der Prozess vollzieht sich dabei gemäß volkswirtschaftlichen Erfordernissen und nicht durch externe Zwänge.

Die mächtigsten Verteidiger der neoliberalen Agenda dürften jene Staaten sein, die in den 80er Jahren deren Initiatoren waren: die USA und Großbritannien. Einerseits ist ihre aufgeblähte Finanzwirtschaft der größte Profiteur wachsender Einkommensunterschiede, da vermögende Privathaushalte ihr Anlagekapital vergrößern und mehr Finanzdienstleistungen nachfragen.[39] Andererseits hat die Realwirtschaft der Länder den Anschluss an die führenden Nationen verloren. Da die Infrastruktur weitgehend veraltet ist und das berufliche Leistungsvermögen der Bürger unter dem Abbau qualifizierter Arbeitsplätze gelitten hat, droht ein Absinken in die Zweitklassigkeit.  

Der Konflikt zwischen beiden Blöcken wird die internationale politische Arena in den nächsten Jahrzehnten beherrschen. Es bleibt zu hoffen, dass er friedlich ausgetragen wird. Diese neue Systemkonkurrenz betrifft wohlgemerkt nicht Gesellschaftsordnungen, sondern die Prinzipien des Umgangs der Staaten miteinander: Die eine Seite strebt nach Dominanz durch politische Einflussnahme und wirtschaftlichen Druck, die andere hält sich strikt an das Völkerrechtsprinzip der Nichteinmischung. Im ersten Fall ist das primäre Ziel der uneingeschränkte Marktzugang globaler Kapitalgesellschaften, im zweiten die Erhaltung der staatlichen Souveränität. Gegeneinander stehen das Primat der Wirtschaft und das der Politik, aus denen ein recht unterschiedliches Maß an Handlungsfähigkeit nationaler Regierungen resultiert.

Eine Befreiung aus neoliberalen Zwängen muss nicht abrupt geschehen. Durch einen Ausbau der Kooperation mit Staaten des von China geführten Blocks können alte Abhängigkeiten allmählich reduziert werden, sodass der Wechsel zum „Systemkonkurrenten“ ohne größere wirtschaftliche Rückschläge erfolgen kann. Dies macht es für Staaten attraktiv, Schritte in eine solche Richtung zu wagen. Es erklärt zugleich das Bestreben der westlichen Führungsmächte, schon den Anfängen zu wehren. Eine Abkehr vom Neoliberalismus unter der Ägide Chinas hat vielerorts bereits begonnen. Im Rahmen des „One Belt one Road“-Projekts wurden mit Griechenland, Ungarn und Portugal[40] die ersten EU-Staaten erfasst, und mit Italien folgt nun das erste wirtschaftliche Schwergewicht des Westens.

*Dies ist die überarbeitete Fassung eines Beitrags, der zuerst auf der Online-Plattform „Telepolis“ erschienen ist.

 

Anmerkungen

[1] https://www.n-tv.de/politik/Begibt-sich-Italien-in-Chinas-Abhaengigkeit-article20920785.html

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Bruttoinlandsprodukt

[3] https://www.welt.de/wirtschaft/article185442716/Handelskrieg-Donald-Trumps-grosser-Rivale-China-knickt-ploetzlich-ein.html

[4] https://www.jungewelt.de/artikel/351098.china-volksrepublik-im-soll.html?sstr=china

[5] http://interculturecapital.de/die-asiatische-infrastruktur-investitionsbank-aiib-ein-ueberblick

[6] https://www.geolitico.de/2019/01/29/vergiftete-ideen/

[7] https://www.youtube.com/watch?v=blUXAhuE-VY

[8] http://www.trend.infopartisan.net/trd0503/t310503.html

[9] https://www.cashkurs.com/wirtschaftsfacts/beitrag/vergeltung-china-holt-zu-rundumschlag-gegen-neuseeland-und-australien-aus/

[10] http://www.gesellschaft-zeitgeschichte.de/geschichte/erziehungsdiktatur/

[11] https://de.sputniknews.com/politik/20180424320465432-china-usa-menschenrechte/

[12] https://www.menschenrechtserklaerung.de/

[13] http://www.manager-magazin.de/politik/meinungen/wirtschaften-in-china-wird-zunehmend-riskanter-a-1022918.html

[14] https://www.bbc.com/news/magazine-20178655

[15] https://www.rubikon.news/artikel/lugen-die-medien

[16] https://weltnetz.tv/video/1624-von-der-arbeiterklasse-chinas-lernen

[17] https://www.cashkurs.com/wirtschaftsfacts/beitrag/kommentar-zum-sino-amerikanischen-handelskrieg/

[18] https://www.rubikon.news/artikel/das-fake-massaker

[19] https://www.nzz.ch/international/uno-ausschuss-eine-million-uiguren-in-china-in-internierungslagern-festgehalten-ld.1410642

[20] https://www.linksnet.de/artikel/23563

[21] http://www.die-welt-ist-keine-ware.de/vsp/soz-0805/080515.php

[22] https://www.rubikon.news/artikel/transatlantischer-elitenfaschismus

[23] https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.19-parteitag-china-stellt-visionaeren-30-jahres-plan-vor.ecf6bb3c-6bb0-449a-b2bc-ce3681e0da30.html

[24] https://www.laenderdaten.info/korruption.php

[25] https://picclick.de/Die-pazifische-Herausforderung-Re-Vision-des-politische-Denkens-Ins-401651306434.html

[26] https://www.heise.de/newsticker/meldung/China-schafft-digitales-Punktesystem-fuer-den-besseren-Menschen-3983746.html

[27] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1067688.china-plant-bis-ins-jahr.html

[28] http://www.bpb.de/apuz/26478/zur-zukunft-des-rheinischen-kapitalismus?p=all

[29] https://de.wikipedia.org/wiki/Asienkrise

[30] https://zeitschrift-ip.dgap.org/de/ip-die-zeitschrift/archiv/jahrgang-2002/februar/chinas-beitritt-zur-wto

[31] https://oxiblog.de/weniger-arme-mehr-ungleichheit-china-und-daten-zur-sozialen-entwicklung-der-oxi-ueberblick/

[32] https://www.theatlas.com/charts/NJRyk3bul

[33] http://www.oecd.org/berlin/presse/einkommensungleichheitnimmtoecd-weitzuindeutschlandbesondersschnell.htm

[34] http://www.marx-forum.de/marx-lexikon/lexikon_m/monopol.html

[35] http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/china-was-hinter-den-milliardeninvestitionen-in-afrika-steckt-a-1227044.html

[36] https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/afxline/topthemen/hintergruende/article161252151/die-Grundfreiheiten-der-EU.html

[37] https://de.sputniknews.com/politik/20190317324351915-globalisierung-eu-austritt-italien/

[38] https://shop.papyrossa.de/Ruegemer-Die-Kapitalisten-des-21-Jahrhunderts

[39] https://www.heise.de/tp/features/Demokratiegefaehrdung-aus-den-eigenen-Reihen-3289899.html?seite=4

[40] https://www.dw.com/de/%C3%BCbernimmt-china-die-wirtschaft-portugals/a-44856392

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Leserkommentar
Leserkommentar
4 Jahre her

Chapeau! Ene bemerkenswerte, gründliche und umfassende Ausarbeitung! Dies gilt, auch wenn ich der abschliessenden Conclusio nicht folge, da ich weder den Primat der Politik postuliere, noch das menschenverachtende pawlowsche Menschenbild der Neoliberalen teile. Auch die westlicher allgemeiner Gehirnwäsche folgende Vorstellung einer angeblichen demokratischen Legitimation folge ich nicht. Doch hier ist ansonsten eine breit aufgestellte, gute nüchterne Analyse geleistet, die gerade auf politische Konnotationen und deren üblich gewordene Reflexe zu verzichten versteht. China wird seinen Weg gehen und die eher patriarchalische, durchaus autoritäre und doch vernünftige Vorgehensweise der Chinesen wird dem unreifen westlichem Kindergarten noch manche Überraschung bereiten. Vieles davon wird… Read more »

MutigeAngstfrau
MutigeAngstfrau
4 Jahre her

Sehr geehrter Herr Murawski, in welcher Welt leben Sie eigentlich?? Zitat:“In der Regierungstätigkeit westlicher Staaten widerspiegeln sich die Machtverhältnisse unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen, die jeweils eigene Interessen verfolgen. Mehrheiten werden gesucht, Kompromisse angestrebt und vertraglich besiegelt. Freie Meinungsäußerung und ein gewisses Maß an Transparenz sind in diesem Prozess unverzichtbar. Allgemeine Wahlen, Gewaltenteilung und Minderheitenschutz bilden das notwendige Gerüst.“ Aha…, okay…, da suche ich noch ein wenig, und darf ich das dann behalten,wenn ich es gefunden habe? Und noch eine Frage: Zitat: „Durch Transparenz, pluralistische Strukturen und eine relative Unabhängigkeit der Medien sind in den westlichen Staaten Kontrollmöglichkeiten gegeben, über die China… Read more »

hubi stendahl
hubi stendahl
Reply to  MutigeAngstfrau
4 Jahre her

@Mutige Angstfrau „Am meisten fasziniert war ich aber von Ihrem Statement, Herr Murawski, dass die Chinesen ihr Sklaven-Wohlverhalten-Pioniereisenbahn-Punktesystem positiv beurteilen!“ Mit Herrn Murawski können Sie kaum zusammenkommen. Als theoretischer Sozialist hat er eine völlig andere Anschauung der Dinge als Sie, die jenen realen Sozialismus des erhofften Taka-Tuka-Lands bereits erleben durfte. Freiheit, „relative Unabhängigkeit der Medien“ oder „pluralistische Strukturen“ sind Begriffe die weite Spielräume zur Interpretation lassen. Wenn in Davos die Elite beschließt, Freiheit neu zu definieren und ihre Ziele über eine durch Medien erzwungene Freiwilligkeit bis hin zur Ausgrenzung Andersdenkender beschließt, dann ist das für einen theoretischen Sozialisten kein Anlass… Read more »

dragaoNordestino
Reply to  MutigeAngstfrau
4 Jahre her

@MutigeAngstfrau …. „Am meisten fasziniert war ich aber von Ihrem Statement, Herr Murawski, dass die Chinesen ihr Sklaven-Wohlverhalten-Pioniereisenbahn-Punktesystem positiv beurteilen!“ ………………………………………………………………………………………………………………………………… Dies ist eine falsche WAhrnemung Ihrersits… Murawski zeigt lediglich auf, dass da zwein unterschiedliche Gesellschaftssystem vorhanden sind…. ……………………………………………………………………………………………………………………………… wörtlich: ………………. „Eine eurozentrische Betrachtung neigt dazu, die chinesische Gesellschaft als entwicklungsbedürftig zu charakterisieren. Unterschlagen wird, dass die Zivilisationsgeschichte des Landes auf mehrere Jahrtausende zurückblicken kann. In diesem Zeitraum sind Leitbilder entstanden, die den Alltag und die Politik bis heute prägen: Garantierte Grundversorgung und ein glückliches Leben wiegen mehr als Privateigentum, Luxus und ein Maximum an Freiheit, gesellschaftliche Verantwortung und Konsenswille… Read more »

hubi stendahl
hubi stendahl
Reply to  dragaoNordestino
4 Jahre her

„Dies ist eine falsche WAhrnemung Ihrersits… Murawski zeigt lediglich auf, dass da zwein unterschiedliche Gesellschaftssystem vorhanden sind….“ Wenn es so wäre, dann ist es gründlich misslungen. Denn die neutrale Darstellung Chinas, gegen die negative Darstellung des Westens mag Ihnen gefallen; mir sind analytische Berichte außerhalb jeder Ecke lieber. Kommen wir mal zur inflatorischen Nutzung des Begriffs „Neoliberal“, der nicht von ungefähr gefühlt ein dutzend Mal Verwendung findet. Dieser Begriff wurde erstmals in den 30iger des letzten Jahrhunderts verwendet und war ursprünglich die Idee eines dritten Wegs neben Kapitalismus und Kommunismus; in Europa die Soziale Marktwirtschaft. Später wurde dieser Begriff von… Read more »

dragaoNordestino
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

@stendahl … Wenn es so wäre, dann ist es gründlich misslungen…..

Das sehe ich nicht so. Denn es gibt einen grossen Unterschied zwischen dem werte-westlichen und dem chinesischen oder auch russischen Imperealismus. …

Der Werte-Westliche Imperealismus ist mit massiver militärischer Gewaltandrohung unterlegt… wie die rund 100 Millionen Toten durch Werte-Westliche überfälle seit 1945 beweisen. …..

http://derfunke.at/nostalgie/hp_artikel/usverbrechen.htm

Das hat übrigens nichts mit Marx zu tun… es ist einfach Realität

hubi stendahl
hubi stendahl
Reply to  dragaoNordestino
4 Jahre her

@dragao Zitat: „Der Werte-Westliche Imperialismus ist mit massiver militärischer Gewaltandrohung unterlegt… wie die rund 100 Millionen Toten durch Werte-Westliche Überfälle seit 1945 beweisen. …..“ Diesem Teil Ihrer Intention kann man als vernunftbegabter Mensch, egal welcher politischen Anschauung, nicht widersprechen. Allerdings ist Ihre Idee der „Wertewesten“ alleine würde gewaltsam vorgehen, viel zu kurz gegriffen. Es gibt vielerlei Gewalt in einem globalen Wirtschaftssystem, in dem das Gegeneinander mit seinen vielen Facetten in Erscheinung tritt. In Chinas Löchern gibt es z.B. derzeit 2 Millionen politische Gefangene, von denen eine unbekannte Anzahl massiver Folterung unterworfen ist. Selbstverständlich auch mit hohen Todesraten, die, wie bei… Read more »

dragaoNordestino
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

In Chinas Löchern gibt es z.B. derzeit 2 Millionen politische Gefangene, von denen eine unbekannte Anzahl massiver Folterung unterworfen ist.

Das mag richtig sein… obschon ich nicht weis, in wieweit ich den werte-westlichen Ausdeutungen (PR) vertrauen kann … siehe dazu : Platz des Himmlischen Friedens in Peking gilt sein dem 4. Juni 1989

https://www.n-tv.de/politik/Massaker-war-nicht-auf-dem-Tiananmen-article12939976.html

Spielt jedoch zu unserem Thema keine Rolle, denn Sie vergleichen Äpfel und Birnen.. Sowohl China wie auch die RF haben innerstaatliche Konflikte… wie im Artikel angesprochen….

Der Werte-Westen jedoch mordet in der weiten Welt… aus niedrigen materiellen Bewegründen….

dragaoNordestino
Reply to  dragaoNordestino
4 Jahre her

@stendahl … Hier ein besser Artikel zur werte-westlichen PR und Tiananmen-Platz Massaker:

Das Fake-Massaker
Westliche Geheimdienste testeten damals Regime-Change-Strategien auf dem Tiananmen-Platz in China.

https://www.rubikon.news/artikel/das-fake-massaker

Wie schon oben gesagt, der werte-westliche Imperealismus unterscheidet sich krass (massive Gewaltanwendung / Militärstützpunkte / Sanktionen / aufgezwungene Freihandelsverträge) vom Chinesischen oder russischen Imperalismus….. welche zumindest heute noch, eher auf Zusammenarbeit auf Augenhöhe beruhen.

hubi stendahl
hubi stendahl
Reply to  dragaoNordestino
4 Jahre her

„Sowohl China wie auch die RF haben innerstaatliche Konflikte… wie im Artikel angesprochen…“ Das glauben Sie doch selbst nicht. Beispiel Venezuela: Hier tummelt sich mittlerweile russisches, chinesisches und US-amerikanisches Militär, zusammen mit den Anrainerstaaten und alle versprechen sich Profit. Auf Kosten der Bürger. Welche fremde Macht dort als Interventionistisch bezeichnet werden muss, ist ganz schwer auszumachen. Fakt ist, dass ein angeschossenes Wild leichter zu erbeuten ist, als ein gesundes. Hier hat Venezuela selbst mitgeholfen, diese Situation heraufzubeschwören. https://deutsch.rt.com/amerika/86714-rund-woche-nach-russland-auch-china-schickt-militaer-nach-venezuela/?utm_source=browser&utm_medium=push_notifications&utm_campaign=push_notifications So wie viele afrikanische Staaten in Abhängigkeit Chinas bereits heute geraten sind und beim IWF um Kredite betteln, weil die Chinesen nach… Read more »

dragaoNordestino
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

@stendahl …. Wenn Sie derzeit noch keine Millionen Toten sehen, ist das der Tatsache geschuldet, dass die Chinesen

Vielleicht werden Sie in der Zukunft recht bekommen…. Bis zum Beweis des Gegenteils, nehme ich aber die VR China und die RF wahr, als Machtblöcke die strikte NichtEinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten auf Ihrem Papier haben.

Bis jetzt geben Sie hier @stendahl, nur eine persönlich subjektive Meinung kund und entsprechen genau dem, was der Artikel beschreibt: „Eine eurozentrische Betrachtung neigt dazu,…… unsw.

Ich persönlich würde es werte-Westlich Imperiale Betrachtung nennen….. Wie auch immer…

dragaoNordestino
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

@stendahl …. Venezuela … Welche fremde Macht dort als Interventionistisch bezeichnet werden muss, ist ganz schwer auszumachen. ….

Für Sie @stendahl ist dies vielleicht so (???? oder muss so sein)…. für alle die sich da in der Geopolitik ein wenig auskennen, ist dies jedoch nicht so. Zum Beispiel auch hier:

Der Schurkenstaat
Die USA sind nicht das Land der Freiheit, sondern das Land der Barbarei. Exklusivabdruck aus „Todesstaub“.

https://www.rubikon.news/artikel/der-schurkenstaat

Bernd Murawski
Bernd Murawski
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

„Denn die neutrale Darstellung Chinas, gegen die negative Darstellung des Westens mag Ihnen gefallen“ (Zitat) Wie es im Titel heißt, will der Artikel dazu beitragen, die Handlungen und Absichten der chinesischen Seite zu verstehen. Dass eine Gegenüberstellung zum uns bekannten westlichen System unverzichtbar ist, dürfte auf der Hand liegen. Dabei betrachte ich es als zulässig, Diskrepanzen zwischen Anspruch und Realität aufzudecken. Hier stehen sowohl der Westen als auch China in der Kritik. Eine andere Sache betrifft die grundsätzlichen Standpunkte, wie sie im Text eher implizit vertreten werden. Dem Westen wird als Plus die Realisierung der in der UN-Charta genannten Menschenrechte… Read more »

hubi stendahl
hubi stendahl
Reply to  Bernd Murawski
4 Jahre her

@Bernd Murawski Begriff der „neuen Systemkonkurrenz“ Wir haben also die Wahl zwischen einer etatistisch-­totalitären Staatslenkung mit 4 Machtblöcken und 190 Staatsmarionetten in der UNO (für Naive der Multilateralismus) und einer privat-totalitären Wirtschaftsordnung (Facebook, Google etc. unter Deformierung der Staaten zu Bundeseinheiten der Konzernriesen. Was also ist gewonnen, wenn der eine Hegemon den Staffelstab an den anderen abgibt. Für 99% der Menschen nichts. Was ist verloren, wenn China die eigenen Ziele realisieren sollte und wir unsere Werte aufgeben(müssen)? Die Reporter ohne Grenzen (zwar nicht mehr meine erste Adresse) berichten schon richtig, dass China mit Macht und Geld die westlichen Medien beginnt… Read more »

Bernd Murawski
Bernd Murawski
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

In beiden Artikeln des Kommentars werden Positionen eingenommen, die ich prinzipiell teilen würde, soweit sie die repressiven Strukturen in China selbst betreffen. Dass die Absicht bestünde, das chinesische System in irgendeiner Weise zu „exportieren“, sehe ich dagegen als reine Vermutung an, bei der Erfahrungen mit der Praxis imperialistischer Länder des Westens auf China projiziert werden. Im ROG-Bericht wird – was der Gebrauch von Hilfsverben wie „soll“ und „kann“ untermauert – viel mit Vermutungen und Unterstellungen operiert. Ebenso stellt sich die Frage nach der Authentizität der Quellen wie nach der Repräsentativität beschriebener Einzelfälle. Die ROG würde zudem an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn… Read more »

hubi stendahl
hubi stendahl
Reply to  Bernd Murawski
4 Jahre her

„Ist es nicht vielmehr China, das das zentrale Prinzip der Nichteinmischung strikt einhält und damit verteidigt, anstelle – wie es der Westen tut – das Völkerrecht „neu zu interpretieren“ sprich auszuhebeln?“ Sie reduzieren die Sicht einzig auf kriegerische, also mit Waffengewalt stattfindende Auseinandersetzungen. Ich hingegen, sehe nur einen Unterschied in der Vorgehensweise. Die Angloamerikaner unterwandern nicht, sie bringen seit Jahrzehnten „Demokratie“ in Form von gewalttätiger Eroberung. In Zeiten von Massenvernichtungswaffen über Stellvertreterkriege die mit eigens dafür verkauften Waffen angezettelt werden. Auch eine Win-Win Strategie. Die Chinesen machen sich gerade erst auf den Eroberungsweg. Eine Unterwanderung in „smarter“ Form unter Vernebelung… Read more »

dragaoNordestino
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

@stendahl …. Die Chinesen machen sich gerade erst auf den Eroberungsweg. Eine Unterwanderung in „smarter“ Form unter Vernebelung mit verdrehten konfuzianischen Leitsätzen, mit eingesetzten Exportüberschüssen in Form von Krediten, die in vielen der „beglückten“ Staaten nicht zurückgezahlt werden können, sodass der Kreditgeber das Zepter in die Hand nimmt.

Schon wieder @stendahl… Sie projizieren wieder, werte-westliche geopolitik auf China…. Was Sie beschreiben sind in Wirklichkeit die Auswirkungen des Cotonou-Abkommen’s welches seit 2002 zwischen der werte-westlichen EU und den AKP-Staaten in Kraft ist….

Ob China eine ähnlichePolitik betreibt…. wo sind die Beweise…. bitte kein werte-westliches Megaphon verwenden..

dragaoNordestino
Reply to  dragaoNordestino
4 Jahre her

@stendahl … Zur von Ihnen auf China projizierten Ausbeutungsmechanismen gehören natürlich auch noch die EPA’S (Freihandelsverträge) welche die EU mit vielen Staaten Afikas abgeschlossen (erzwungen) hat…. den Franc SEFA sollte man da auch nicht vergessen.

Also bis da China, auch nur in die Nähe von werte-westlichen Ausbeutungsmechanismen kommt, würde noch viel Zeit vergehen…. dass heisst, wenn tatsächlich so etwas von der VR China oder der RF geplant sein sollte….

dragaoNordestino
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

@stendahl …. ob man der „www.epo.de“ so ohne weiteres trauen kann…? die Geschichte um „Osaka / Taifun / Taiwaner / Hilfe / China“ die „wwww.epo.de“ (ROG-Bericht) präsentiert, scheint sich in der Realität doch eher so zugetragen haben, wie die VR China darstellt.

https://www.newsweek.com/china-only-evacuated-taiwanese-tourists-typhoon-who-considered-themselves-1111842

Es wird auch in US Medien bestätigt, dass die taiwanesische Botschaft keinen Finger krumm gemacht hat.

„zeitschrift-ip.dgap.org“ stellt zumindest in dem von Ihnen verlinkten Artikel lediglich ein Megaphon des werte-Westlichen Imperealismus dar…. lediglich PR …. US Imperiale Schönfärberei…. die Hälfte des darin erzählten… Hmm …. wie auch immer

hubi stendahl
hubi stendahl
Reply to  dragaoNordestino
4 Jahre her

@dragao „ob man der “www.epo.de” so ohne weiteres trauen kann…?“ Ich traue keinem Medium, sondern nutze meinen eigenen Kopf. Vorgänge sind also immer am besten an Logik geknüpft, die sich wiederum am besten von der Außenlinie entwickeln lässt. Sie wissen ja; ich bin nicht links, ich bin nicht rechts, ich denke selbst. Fakt ist, dass China eine ganze Reihe von Gesetzen zur Vollüberwachung erlassen hat und minutiös ausbaut. Fakt ist, dass in China massiv Organe von Systemkritikern entwendet werden. Fakt ist, dass China einen weltweiten „smarten“ Geld-Krieg gestartet hat, um westliche Kulturen zu unterwandern und ihnen ihr System aufzudrängen. Hat… Read more »

dragaoNordestino
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

@Stendahl …. Wenn Sie einen afrikanischen Staat mit Krediten auf 90% Verschuldung des BIP´s katapultieren…. ….. unter anderem

Ich persönlich möchte auch nicht unter Chinas Knute leben… im Grunde unter gar keiner Knute….. Darum gehts ja in diesem Artikel auch nicht.

Erstaunlich finde ich aber, wie Sie anscheinend vollautomatisch, die gesammten werte-westlichen Instrumente der Ausbeutung (Verschuldung unsw.) so einfach auf China projizieren…..

Es könnte ja durchaus sein, dass sowohl China, wie auch die RF, nicht unbedingt 400 Jahre angelsächsische / neuzeitlich werte-westliche Ausbeutungs und Killerpolitik wiederholen möchten….

dragaoNordestino
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

@stendahl…. zu den chinesischen Soldaten in Venezuela:

So wies aussieht, Fake-News … werte-westliche PR eben
comment image

Vor fünf Tagen hatte China tatsächlich 65 Tonnen Medikamente in das lateinamerikanische Land geliefert.

https://de.sputniknews.com/politik/20190403324576543-china-soldaten-venezuela-peking-reagiert-auf-berichte/

Greenhoop
Greenhoop
Reply to  dragaoNordestino
4 Jahre her

@dragao

Wo sehen Sie Medikamente ?

Wie kann ein Bild ausschliessen, dass es die Soldaten nicht gab ?

Schwierig sich ein objektives Bild zu machen, wenn man weder vor Ort noch den entsprechenden Zugang zu haben.

TaiFei
TaiFei
Reply to  MutigeAngstfrau
4 Jahre her

„Am meisten fasziniert war ich aber von Ihrem Statement, Herr Murawski, dass die Chinesen ihr Sklaven-Wohlverhalten-Pioniereisenbahn-Punktesystem positiv beurteilen! Da habe ich doch gleich wieder mein Erster-Mai-Winkelement für die Honeckerparade in der Hand und drehe durch vor Regierungstreue!“ Um das mal zu konkretisieren! Dieses „social-credit-system“ ist z.Z. lediglich ein Versuchskonzept verschiedener Systeme, welche die Kreditwürdigkeit von Personen widerspiegelt. Es ist also im Moment absolut identisch mit dem, was in DE die Schufa darstellt. Es gibt KEIN landesweites, zentrales Erfassungssystem welches soziales Wohlverhalten protokolliert. Es gibt zwar durchaus das Bestreben, ein solches einzurichten, ob und in welchem Umfang das aber kommt ist… Read more »

dragaoNordestino
4 Jahre her

unruhige Zeiten ….. nach dem Kampf der Kulturen wird jetzt der Kampf der Systeme durch den Werte-westlichen Hegemon hoch gefahren….

Detlef Reimers
4 Jahre her

An ideologischen Diskussionen will ich mich nicht mehr beteiligen, da ich sie nebensächlich finde. Der Grund dafür liegt darin begründet, daß sämtlich alle in der Geschichte aufgetretenen Ideologien – inklusive der heute versuchten – letztendlich Ausdruck ein und desselben Bestrebens sind: Macht und Kontrolle, hierbei ist sogar Geld nur zweitrangig, da man es nötigenfalls aus Luft erzeugen kann. Die wirklichen Entscheider nutzen Ideologien wahlweise, um in wichtigen von ihnen selbst erzeugten historischen Umbruchperioden zweckmäßige Antagonismen zu erzeugen (je mehr desto besser), speziell in den für sie wichtigen Ländern oder Regionen dieser Periode. Dann kommt der gewünschte „reinigende“ Konflikt, bei dem… Read more »

Detlef Reimers
Reply to  Detlef Reimers
4 Jahre her

Für ungeübte ist es verständlicherweise fast unmöglich, sich durch die aufgetürmten Wortpyramiden zu kämpfen. Das Dokument ist leider in englisch, da ich es einer befreundeten Website im Ausland zur Verfügung gestellt habe. Immerhin verständlicher als chinesisch. Deswegen hier eine Mini-Zusammenfassung: – China schreitet fort auf seinem „wissenschaftlich“ sozialistischen Weg, hin zum Kommunismus – Die wichtigen und höchsten Kader der Partei „glauben“ fest an den Erfolg der Sozialismus chinesischer Prägung. – China befindet sich in einem beständigen Systemkampf zwischen Sozialismus und Kapitalismus, den der niedergehende Kapitalismus verlieren wird. – 70 Generationen nach Konfuzius muss China durch eine aufopferungsvolle, nicht immer widerspruchsfreie… Read more »

hubi stendahl
hubi stendahl
Reply to  Detlef Reimers
4 Jahre her

Detlef Reimers „China ist entschlossen, das Leben seiner Menschen permanent auf Basis des “wissenschaftlichen” Sozialismus zu verbessern in Richtung eines vielfältigen, starken, demokratischen und wehrhaften Staates.“ Demokratisch; der war gut😆 „Die Partei ist der geistige Führer der Nation, der den sozialistischen Entwicklungsweg auf historisch “wissenschaftlicher” Basis stetig fortschreibt.“ Konfuzius wird folgender Spruch nachgesagt:“Der Mensch hat drei Wege klug zu handeln: Erstens durch Nachdenken, das ist der edelste. Zweitens durch Nachahmen, das ist der leichteste. Drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste. Stets wird beteuert, dass die Führung einen konfuzianischen Weg gehen will. Warum hasst man dann den ersten Weg und… Read more »

Detlef Reimers
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

Danke für Ihre Replik. Ich fange hinten an. Hegel wird am meisten im uns umgebenden Ausland, voran die USA, angewandt – gemerkt hat’s hier noch fast keiner. Hier ist meine Lesart von XI, Stalin, …: Es geht um nichts anderes als die totale Macht. Die Worte, die zur Verschleierung dieses Ziels benutzt werden und die dazugehörenden „Theorie“-Gebilde dienen der Massenagitation im In- und Ausland. Nach gutem jesuitischen Vorbld ist Geld hierzu ein zwar nötiges Mittel, aber im Grunde nur Mittel zum Zweck. China hat das Beamtentum „erfunden“, wobei ihm Konfuzius ein großer und hilfreicher Lehrmeister war. Wir würden heute sagen,… Read more »

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