Medien-Macher verachten ihr Publikum

Aussagen von Chefredakteuren belegen: Ihr Verhältnis zu ihrem Publikum ist genauso gestört wie das Rechtsempfinden von Uli Hoeneß und dem FC Bayern. Der Wochenrückblick als Sonntagspanorama.

Liebe Leserinnen und Leser, Angela Merkel fordert eine Obergrenze für Zuwanderung. Das ist kein Witz, eher Realsatire, schauen Sie selbst:

Bitte beachten Sie auch den Lektüretipp der Woche.

Schwarzes-Schaf / Quelle: Claus Folger

Schwarzes-Schaf / Quelle: Claus Folger

Das schwarze Schaf der Woche

„Uli hat sich enorm verändert im Knast: Demut bei ihm kannte ich bis dahin nicht. So wie ich ihn jetzt erlebt habe bei unseren beiden Treffen, einmal an der Säbener Straße, da war er noch auf Freigang, dann noch einmal beim ‚Käfer‘, da war er schon raus – das ist nicht mehr der Hoeneß, den ich von früher kannte (…)
Uli hat sich bedankt, weil ich mich zu seiner Steuersache damals nicht geäußert hatte. Ich hatte ja oft an ihn gedacht, was das heißt, wenn so ein Power-Mann eingeschlossen wird und da seine Toilette hat und muss die wahrscheinlich auch noch putzen (…)
Bei zwei meiner Hilfsprojekte bei den UN hat er mich auch schon unterstützt“,
sagte der ehemalige Werder-Manager Willi Lemke in der FAZ.

Uli-Hoeneß-Rühr- und Heiligengeschichtchen umwölken seit Jahrzehnten die Menschen in Deutschland. Jetzt geht sein Erzfeind von damals auf die Knie, da Hoeneß in aller Demut seine Knacki-Toilette selbst geputzt haben könnte.

Bitte vergessen Sie auch nicht, dass Hoeneß extra Fußmatten in seiner Nürnberger Wurstfabrik auslegen ließ, nachdem seine Arbeiter – die nach Angaben der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit einem Bruttolohn von 1.380 Euro für einen körperlich anstrengenden Vollzeitjob abgespeist werden – über einen zu kalten Boden geklagt hatten. So jedenfalls geht die Legende.

Der Sportjournalist Thilo Komma-Pöllath dagegen, der schon in seinem Buch „Die Akte Hoeneß“ mit dem 64-Jährigen abrechnete, tut dies nach Uli Hoeneß angekündigter Kandidatur für das Präsidentenamt beim FC Bayern München gleich noch einmal. Gegenüber Deutschlandradio Kultur sagt er:

„Ich halte es für skandalös, dass ein vorbestrafter Steuerhinterzieher beim FC Bayern sogar wieder den Aufsichtsratsvorsitz übernehmen soll. Schließlich handelt es sich um einen steuerbegünstigten gemeinnützigen Verein. Künftig wird vermutlich ein Vorbestrafter (Hoeneß) den anderen Vorbestraften (Rummenigge) beaufsichtigen. So etwas ist nur im Fußball möglich. In der Politik und der Wirtschaft ist das anders: Können Sie sich vorstellen, dass Herr Winterkorn, der im Aufsichtsrat vom FC Bayern sitzt, nochmal bei VW anfängt oder Herr Wulff wieder Bundespräsident wird –das ist alles nicht vorstellbar.
Ich glaube auch nicht, dass der alte und vermutlich neue Präsident des FC Bayern im Gefängnis viel gelernt hat. Er braucht noch immer die extreme Bestätigung von außen und die Führungsrolle im Verein: Was soll das für eine Art von Resozialisierung sein?“

Ich sehe das ganz genauso: Uli Hoeneß muss jetzt erst einmal richtig resozialisiert werden.

Weißes-Schaf Quelle: Claus Folger

Weißes-Schaf Quelle: Claus Folger

Das weise Schaf der Woche

Es gibt sinnvolle Analogien. Aber auf der Suche nach möglichen Vergleichen darf man sich nicht den Blick auf Alternativen und auf die Unterschiede verstellen lassen. Das ist das Grundproblem der, ich sage mal: Analogien im Modus des Schnellschusses, dass sie durch das Naheliegende, Determinierte der Geschichte den Blick auf die Alternativen, die es in der Gegenwart immer gibt und die es auch in den 20er- und 30ger-Jahren gegeben hat, verstellt. Das ist, glaube ich, die schwierige Balance“, kritisiert Jörn Leonhard, Professor für Neuere und Neuste Geschichte in Freiburg, in Deutschlandradio Kultur den Vergleich der politischen Entwicklung in der Türkei mit Nazi-Deutschland.

Jörn Leonhard hat bestimmt recht. Schematisierungen sind zwar beliebt. Oft aber liegt der entscheidende Punkt nicht im Typischen bzw. in scheinbar langfristigen Entwicklungstendenzen, sondern im Individuellen bzw. historisch Zufälligen.

Nichtsdestotrotz hat es die Simulation eines demokratischen Aufbruchs, die wir augenblicklich in der Türkei erleben, auf eine andere Weise schon einmal zur Zeit des Nationalsozialismus gegeben. Tim B. Müller, Historiker am Hamburger Institut für Sozialforschung, schreibt in seinem Buch Nach dem Ersten Weltkrieg:

„Man begreift den Nationalsozialismus nicht, wenn man ihn nicht auch als demokratischen Aufbruch versteht – die Simulation eines demokratischen Aufbruchs, keine Frage; für wie blind und töricht man die Menschen aus heutiger Sicht auch halten mag, sie sahen es so in der großen Krise. Darum wurde die Volksgemeinschaft für die Nationalsozialisten plötzlich so prominent. Damit vermittelten sie eine parasitär-demokratische Botschaft, eine Vision von Zukunft und Optimismus, von persönlichen Chancen und gesellschaftlichem Zusammenhalt. Volksgemeinschaft war lange sowohl ein sozialdemokratisches als auch ein bürgerlich-liberales Konzept der demokratischen Integration gewesen. Alle Schichten und Gruppen sollten ihren Platz in der Demokratie finden. Etwas Offenes und Optimistisches haftete dem Versprechen der Volksgemeinschaft an.“

Töricht und blind sind die Deutschen noch heute. Da hat sich 0 % geändert. Die Hamburger Media School wertete zwischen Juli und September 2015 Tausende Pressebeiträge aus, zu einer Zeit als die von der Politik initiierte Willkommenskultur in Deutschland explodierte. Das Ergebnis: 82 Prozent aller Beiträge zur Flüchtlingsthematik waren positiv konnotiert, zwölf Prozent rein berichtend, sechs Prozent haben die Flüchtlingspolitik problematisiert, schrieb die FAZ.

In Deutschland muss niemand gleichgeschaltet werden. Eine Brise Massensuggestion reicht völlig aus, um die Hohlköpfe in den Redaktionen der Print-, Radio-, und Fernsehmedien gefügig zu machen. 6% Kritik, ansonsten nur Jubel und Zustimmung für die politische Führung des Landes bei einer existentiellen Frage. Dieses Zahlenverhältnis hat man in jeder Diktatur, von Nordkorea bis zu Hitler-Deutschland.

Wenn die Flachbirnen nur einmal in den Spiegel schauen würden. Das tun sie aber nicht. Stattdessen beleidigen sie ihre Leser. Telepolis schreibt[1]:

„Kaum ein anderes Printmedium hat die Polarisierung zwischen dem dunklen, angeblich rechtsextremen und dem hellen, ausländerfreundlichen Deutschland so auf die Spitze getrieben wie das Hamburger Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Die wenigen Publizisten, die sich nicht gehorsam bei den Helldeutschen einreihen wollten, wurden im Spiegel als Salonhetzer tituliert. Für ihre empathische Haltung gegenüber den Flüchtlingen habe die Redaktion viel Zuspruch von den Stammlesern bekommen, betont Chefredakteur Klaus Brinkbäumer. In Zukunft wolle man dieses markentreue Segment des Publikums bevorzugt bedienen und die anderen ignorieren. FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube pflichtet ihm bei: Der Prozentsatz der an Verstandestätigkeit und Empirie interessierten Leser sei schon immer gering gewesen und auf diesen ansprechbaren Teil der Bevölkerung müsse man sich konzentrieren.“

Mein Lektüretipp der Woche:

Während der deutsche Michel friedlich im Bett schlummert, landen immer neue Flüchtlings-Flieger auf deutschen Flughäfen. Sie bringen weitere 500 000 Syrer – und es sollen noch mehr kommen. Der große Familiennachzug wird jetzt heimlich und tief in der Nacht von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) durchgeführt. Sie ist seit 65 Jahren die weltweite Nummer eins, wenn es um staatliche Migrationssteuerungen geht.[2]

 

[1] http://www.heise.de/tp/artikel/48/48921/2.html

[2] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/markus-maehler/merkels-naechste-fluechtlingswelle-iom-organisiert-die-heimlichen-familiennach-t-fluege-.html