Bernd Lucke erpresst die AfD
Wenn Lucke sein Personal und seine Inhalte nicht durchsetzen kann, will er eine neue Partei aus der AfD abspalten. Kredit- und Spendenzusagen hat er wohl schon.
Spätestens nach ihrem Bundesparteitag im Juni könnte die AfD, also Deutschlands jüngste Partei, in ihrer bisherigen Form bereits wieder Geschichte sein. Ihr Gründer und Vorsitzender, Bernd Lucke, arbeitet bereits an einer eigenen neuen politischen „Alternative“, die als Abspaltung aus der AfD heraus entstehen könnte.
Zu diesem Zweck beschlossen er und ein kleiner Kreis von Unterstützern in der vergangenen Woche unter strenger Geheimhaltung die Gründung einer Interessengemeinschaft mit dem quasi-religösen Namen „Weckruf 2015“, der bei Lucke-Kritikern sofort Assoziationen mit den Zeugen Jehovas hervorrief, die eine Zeitschrift mit dem Namen „Erwachet!“ verlegen.
Ein Untergangs-Szenario
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Zu Luckes Unterstützern zählen etwa die Europa-Abgeordneten Hans-Olaf Henkel, Ulrike Trebesius und Bernd Kölmel. Angeblich erwarten die Vier den Eintritt von Tausenden AfD-Mitgliedern, „die damit ein Zeichen gegen rechtsideologische Tendenzen in ihrer Partei setzen sollen“, schreibt die FAZ. Woher sie diese Hoffnung nehmen, ist nicht bekannt.
Mit der Gründung des Vereins soll die Option auf Gründung einer neuen Partei verbunden sein. Schon jetzt verfüge der Verein über Zusagen für Kredite und Spenden in einer Größenordnung, mit der sogar ein Wahlkampf finanziert werden könne. Aus dem Verein solle dann eine neue Partei entstehen, wenn das Lucke- und Henkel-Lager auf dem AfD-Parteitag im Juni untergehen, sprich weder ihr Personal noch ihre Inhalte nicht durchsetzen können.
In diesem Sinne ist der Lucke-Vorstoß ein politischer Erpressungsversuch, der in der bundesdeutschen Parteiengeschichte seinesgleichen sucht. „Wenn ich und mein Personaltableau nicht gewählt werden, erschaffe ich mir eben eine neue Partei“, ist die Botschaft. Noch am Wochenende hatte Henkel die Partei von „Elementen“, die ihm nicht gefallen, „säubern“ wollen. Nun präferieren sie offenbar einen anderen Weg.
„Spiel mit dem Feuer“
„Bernd Lucke spielt mit dem Feuer“, sagt der Europa-Abgeordnete Marcus Pretzell. „Er kann die Partei nur dann noch einmal einen, wenn er den Verein wieder abbläst.“ Pretzell und Beatrix von Storch sind die beiden AfD-Europa-Abgeordneten, die dem Lager der Lucke-Gegner angehören.
Der renommierte Ökonom Joachim Starbatty wird zwar bei der offiziellen Vorstellung der Vereinspläne in Straßburg zugegen sein, soll aber zugesichert haben, weder dem Verein „Weckruf 2015“ noch einer neuen Partei beitreten zu wollen.
Von einem „kühl kalkulierten schweren Rückschlag“, spricht der AfD-Ko-Vorsitzende Konrad Adam. „Er trifft die Partei wie der Henkel-Rücktritt vom Amt des stellvertretenden Vorsitzenden“, sagt er. Wie Pretzell sieht auch Adam geringe Chancen, die Partei in der bisherigen Form zu erhalten. „Aufgrund der Verhärtungen bei Bernd Lucke kann ich mir eine weitere Zusammenarbeit kaum noch vorstellen“, sagt Adam und fügt hinzu: „Ich halte ihn für einen politischen Autisten.“
Was macht Petry?
Schwierig wird die neue Situation für Luckes schärfste Gegnerin, die Ko-Sprecherin Frauke Petry. Obwohl sie Lucke in letzter Zeit auch öffentlich scharf kritisierte, scheute Petry bisher vor einer Kandidatur gegen Lucke zurück.
Wie will sie nach allem, was geschehen ist, eine gemeinsame Parteiführung mit ihm vor ihren Anhängern weiterhin rechtfertigen? Einer Entscheidung wird sie kaum noch länger ausweichen können.
Allerdings scheint sie darauf vorbereitet zu sein. Denn in ihrem Lager gibt es bereits klare Vorstellungen für eine AfD nach Lucke. So sei die Führungsfrage geklärt, heißt es, auch seien bereits Gespräche mit den Wirtschaftsliberalen über deren weitere Einbindung geführt worden.