Freie-Wähler-Chef Aiwanger und der König von Bayern

Als Mitbringsel  gibt es Weißwurst, Brezn und den Präsidenten der bayerischen Steuerzahler, Rolf von Hohenhau. Nur seinen Spitzenkandidaten bietet der Chef der Freien Wähler in Berlin keine Bühne.

 

Hubert Aiwanger kommt selten allein. Präsentierte der Bundesvorsitzende seine Freien Wähler in Berlin früher meist in Begleitung bekannter Kritiker der Euro-Rettungspolitik wie Wilhelm Hankel und Karl Albrecht Schachtschneider, so begleitet ihn diesmal der Präsident des bayerischen Steuerzahlerbundes, Rolf von Hohenhau. Was die Euro-Rettungspolitik angeht, vertritt er freilich ganz ähnliche Ansichten wie Hankel und Schachtschneider. Insofern ist sich Aiwanger inhaltlich nicht untreu geworden. Aber anders als die beiden ist von Hohenhau wie Aiwanger ein Bayer und noch dazu CSU-Mitglied, was angesichts der am 15. September anstehenden Landtagswahl seinen besonderen Reiz hat.

„Wir sind eine bürgerlich-wertkonservative Partei“, sagt Aiwanger zum Selbstverständnis der Freien Wähler, das sich von dem der CSU nicht im Geringsten unterscheidet. Er glaube fest daran, dass bei der Landtagswahl zehn Prozent plus X für die Freien Wähler drin seien, sagt er. Die FDP hingegen werde es wohl nicht einmal mehr in den Landtag schaffen. An Selbstbewusstsein mangelt es ihm nicht. Jedenfalls lässt er nicht den geringsten Zweifel daran aufkommen, dass er sich in Bayern als Königsmacher sieht.

Vorbild ist Steuer-Professor Kirchhof

Prompt muss sich von Hohenhau fragen lassen, ob der gemeinsame Auftritt der beiden bei Weißwurst und Brezn ein Vorbote einer möglichen künftigen Koalition sei. „Ich bin zwar CSU-Mitglied“, stellt er fest, „aber als Präsident des bayerischen Steuerzahlerbundes hier.“ Jegliche politische Deutungen des gemeinsamen Besuchs in Berlin seien Fehl am Platz. „Wir wollen unser gemeinsames Engagement für eine Steuerpolitik nach dem Vorbild des Heidelberger Professors Paul Kirchhof verdeutlichen.“

Aiwanger nickt. „Bis 1600 Euro soll das Einkommen pro Person und Monat steuerfrei sein“, sagt er. „Auf den übersteigenden Rest des Einkommens soll es einheitlich 25 Prozent Steuer geben. Außerdem wollen die Freien Wähler das Kindergeld pauschal um 300 Euro pro Jahr anheben.“

Aiwanger und der König

Von Hohenhau betont, dass die Freien Wähler gemeinsam mit dem Steuerzahlerbund den Volksentscheid für einen Schuldenstopp auf den Weg gebracht hätte. Auch darüber wird am Tag der Landtagswahl abgestimmt. „Ab dem 15. September dürfen die Politiker keine Schulden mehr machen“ sagt Hohenhau. „Denn dieser Staat hat kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem.“

Aber das klinge doch alles sehr nach künftiger Zusammenarbeit in politischen Fragen, meint ein Journalist und will von Aiwanger wissen: „Wen wollen sie denn nun zum König von Bayern machen?“ Für ein, zwei Sekunden kann sich der Vorsitzende der Freien Wähler ein Grinsen nicht verkneifen. Dann wechselt er wieder in den schon von Franz Beckenbauer hinlänglich bekannten „Schau-mer-mal“-Singsang. „Wenn CSU und SPD auf einer dritten Startbahn für den Münchener Flughafen bestehen, gehen wir in die Opposition“, kokettiert der Parteichef. „Das gilt im Übrigen auch für die Bildungspolitik.“ Aiwanger will, dass Eltern und selbst zwischen einem achtjährigen oder neunjährigen Gymnasium wählen können. CSU und SPD halten von einer solchen Wahlmöglichkeit nichts.

Zweitwährung für Südeuropa

Auch in der Euro-Politik setzen die Freien Wähler andere Akzente. Sie halten die Rettungspolitik für gescheitert und fordern eine nationale Zweitwährung für die Krisenländer Südeuropas. „Dann können die abwerten und werden so wieder konkurrenzfähig“, sagt Aiwanger. „Aber aus Griechenland kommen wir schon jetzt ohne blutige Nase nicht mehr heraus.“ Und die Koalitionsfrage? „Die ist offen“, sagt er.

Zu guter Letzt gibt es dann noch eine Überraschung. Neben von Hohenhau ist nämlich auch Teil der in den Bundesländern antretenden Spitzenkandidaten der Freien Wähler mit Aiwanger nach Berlin gereist. Bis jetzt allerdings blieben sie im Publikum unerkannt. Nun dürfen sie sich in Windeseile von ihren Plätzen aus vorstellen. Gefühlt hat jeder nicht mehr als drei Minuten. Als Katharina Büntjen aus Bremen ihren letzten Satz beendet, nickt Aiwanger zufrieden. „Dann brechen wir jetzt ab“, sagt er. „Es sind noch Weißwürste da.“ Und die Kandidaten aus den Ländern, die sich fragen werden, warum sie eigentlich nach Berlin gereist sind.

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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