Das Bündnis gegen die Euro-Politik der Regierung zerbricht
Einst wollten die "Wahlalternative 2013" gemeinsam mit den Freien Wählern die Euro- und Europapolitik der etablierten Parteien bekämpfen. Jetzt droht dieses Bündnis zu zerbrechen – für die "Alternative für Deutschland".
Der bürgerliche Protest gegen die Euro-Politik der Bundesregierung mündet nun aller Voraussicht nach in einer zweiten neuen Partei. Der Ökonom Bernd Lucke, der Publizist und ehemalige WELT-Redakteur Konrad Adam und der einstige Chef der hessischen Staatskanzlei, Alexander Gauland, bereiten die Gründung der „Alternative für Deutschland“ vor. Neben den Freien Wählern wären sie dann die zweite politische Gruppierung, die explizit gegen die von Bundestag und Bundesrat getragene Eurorettungspolitik antritt.
Bevor es soweit ist, müssen allerdings erst einmal die Fronten zwischen beiden Gruppierungen geklärt werden. Denn bis heute kooperieren die Freien Wähler mit der Bürgerbewegung „Wahlalternative 2013“, aus der die „Alternative für Deutschland“ hervorgehen soll. Zur „Wahlalternative 2013“ hatten sich im vergangenen Jahr überwiegend liberale und konservative Professoren und Publizisten zusammengeschlossen. Zu den Gründungsmitgliedern zählten auch damals schon Lucke, Adam und Gauland. Inzwischen haben sich so bekannte Ökonomen wie Stefan Homburg, Charles Blankard, Joachim Starbatty, Wilhelm Hankel, der Staatsrechtler Karl-Albrecht Schachtschneider und der ehemaliger Vorstandschef der Thyssen AG, Dieter Spethmann zu ihnen gesellt.
Düsteres Bild Europas
In ihrem Gründungsaufruf skizzierte die „Wahlalternative 2013“ ein düsteres Bild Europas: „Die Bundesrepublik Deutschland ist in der schwersten Krise ihrer Geschichte. Das Euro-Währungsgebiet hat sich als ungeeignet erwiesen. Südeuropäische Staaten verarmen unter dem Wettbewerbsdruck des Euro. Ganze Staaten stehen am Rande der Zahlungsunfähigkeit.“
Hunderte von Milliarden Euro seien von der Bundesregierung bereits verpfändet worden, ein Ende dieser Politik sei nicht abzusehen. „Das ist maßlos und unverantwortlich“, hieß es im Gründungsaufruf. „Was die Lage scheinbar kurzfristig beruhigt, werden wir, werden unsere Kinder und Kindeskinder mit Steuern, Stagnation und Inflation zu bezahlen haben.“ Gleichzeit erodiere die Demokratie.
Schuld daran waren ihrer Ansicht nicht nur Bundesregierung, sondern alle im Bundestag vertretenen Parteien, die deren Politik unterstützten. „In dieser Situation kennen CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne nur eine Antwort: „Weiter so!“, schrieben sie und suchten sich einen Partner, der ihre Auffassung im Bundestag vertreten könnte.
Zank mit den Freien Wählern
Einen solchen Partner fanden sie damals in den Freien Wählern, die dabei waren, eine Bundespartei aufzubauen und im September tatsächlich zur Bundestagswahl antreten. Doch schon bald kam es zu Unstimmigkeiten und zum Teil heftigen Auseinandersetzungen.
„Die Feien Wähler stellten Vorbedingungen“ sagt Konrad Adam. „Sie wollten Koch sein, wir sollten den Kellner spielen.“ Dann kam die Niedersachsen-Wahl, in der die Freien Wähler und die „Wahlalternative 2013“ gemeinsam in den Wahlkampf zogen. Doch bereits beim Wahlkampfbudget konnten die Freien Wähler ihren Führungsanspruch nicht einhalten. Nach Informationen der „Welt“ sammelte die Bürgerbewegung unter ihren Anhängern über 100.000 Euro Wahlkampfunterstützung, die Freien Wähler weniger als ein Drittel dieser Summe.
Auch inhaltlich kam es wiederholt zu Reibereien. Die Freien Wähler betonten ihre lokale Verankerung und hoben ihr Image als „Graswurzelbewegung“ hervor, das durch Ortsvereine nah am Wähler sei. „Diese örtliche Verankerung schien ihnen im Zweifel wichtiger zu sein als der Euro“, sagt Adam. „An diesem Punkt kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen.“
Gründung am 13. April
Aber nicht nur dort tat sich eine Kluft auf. Gemeinsame Auftritte von Vertretern beider Gruppierungen führten zu Spannungen, weil etwa der Spitzenkandidat der Freien Wähler, Adenauer-Enkel Stephan Werhahn, und Hans-Olaf Henkel als Vertreter der „Wahlalternative 2013“ in ihren Aussagen zur Europapolitik unterschiedliche Aussagen machten. Während Henkel für weniger Europa und mehr nationale Souveränität plädierte, betonte Werhahn die historische Notwendigkeit der europäischen Einigung.
Vor etwa drei Wochen dann entschied sich die „Wahlalternative 2013“ den Weg hin zu einer eigenen Partei einzuschlagen. Nach Informationen der „Welt“ soll der Gründungsparteitag nach bisheriger Planung am 13. April in Berlin stattfinden.
Ihre politischen Ziele fassten die „Wahlalternative 2013“ in drei Punkten zusammen. Erstens solle „Deutschland mit dem Maastricht-Vertrag nicht mehr für die Schulden fremder Staaten eintreten“. Zweitens bestehen sie auf der Aufgabe des einheitlichen Euro-Währungsgebietes. Allen Staaten solle es frei stehen, aus dem Euro auszuscheiden. Und drittens verlangen sie, dass „Abtretungen wesentlicher Hoheitsrechte der Bundesrepublik Deutschland“ einer vorherigen Volksabstimmung bedürfen.
Hoffen auf die Bundestagswahl
Den Vorwurf, sie seien dann eine Ein-Themen-Partei, weist Adam zurück. Ihnen gehe es nicht nur um die Europolitik, sondern auch um Vertragstreue und die Einhaltung des Grundgesetzes. „Ich nehme die Gefahr des Leerlaufens der Demokratie sehr ernst“, sagt Adam. „Noch ernste als die Problem mit dem Euro.“ Er persönlich sei durchaus bereit, für ein friedliches, geeintes Europa mit einer weichen Währung zu bezahlen, aber nicht mit der Aufgabe von Verfassungsgrundsätzen.
Ob die „Alternative für Deutschland“ bereits zur Bundestagswahl im September antreten kann, hängt davon ab, ob es ihr gelingt, fristgerecht alle notwendigen Formalitäten zu erledigen. Der Antrag liegt dem Bundeswahlleiter bereits vor. Aber auch wenn die „Alternative für Deutschland“ nicht zur Bundestagswahl zugelassen werden sollte, dürfte die Kooperation mit den Freien Wählern enden. In den jüngsten Diskussionen sind beide Seiten schon sehr auf Distanz zueinander gegangen. In den vergangenen Wochen hat die „Wahlalternative 2013“ ihre über 10.000 Unterstützer angeschrieben und für einen Beitritt zur geplanten Partei geworben. Zur Europa-Wahl im kommenden Jahr wollen sie auf jeden Fall antreten.
Geschrieben für „Die Welt„