Deutsche Banken bereiten neben spanischen die größten Sorgen
Wie sicher sind die deutschen Sparkassen? Mit Macht wehren sie sich gegen die Kontrolle einer EU-Bankenaufsicht. Ex-EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark warnte einst vor ihrer Unterkapitalisierung. Auch Wolfgang Münchau ist skeptisch. Schützt Angela Merkel sie durch ihr Taktieren auf dem EU-Gipfel?
Angela Merkel bremst die Bankenunion aus. Während Frankreichs Präsident François Hollande den Start einer gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht als ersten Schritt der Bankenunion bereits für den 1. Januar 2013 ankündigte, stellte sie Hollandes Aussagen in Frage.
Beobachter sind sich darin einig, dass dieser EU-Gipfel im Grund nicht über die bereits auf dem Treffen Ende Juli erzielten Ergebnisse hinausgeht. Alle entscheiden Fragen zur Bankenunion seien auf den Gipfel im Dezember vertagt worden, heißt es. Möglicherweise wird es also bis zum Jahresende nicht einmal die notwendige Rechtssicherheit geben.
Was aber treibt Merkel zu diesem Handeln? Zum einen ist es wieder das von ihr bekannte Geben und Nehmen. Hollande und die Länder Südeuropas wollen möglichst schnell direkte Bankenhilfe aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Das will Merkel zwar nicht verhindern, doch bevor es soweit ist, müssen die anderen Mitglieder auch deutschen Forderungen zustimmen.
Zuletzt verlangte Finanzminister Wolfgang Schäuble nach einem EU-Währungskommissar mit direkten Eingriffsrechten in die nationalen Haushalte. Darüber ist zwar angeblich auf dem Gipfel gar nicht gesprochen worden, aber aus der Welt ist das Thema deshalb noch lange nicht. Merkel und Schäuble verfolgen eisern das Ziel einer zentral gesteuerten politischen Union Europas, und dazu gehören auch diese Eingriffsrechte in die nationale Souveränität.
Geht es nach Merkel und Schäuble, dann sollen die Euro-Staaten auf dem Treffen im Dezember verbindliche Abkommen mit der EU-Kommission beschließen, die sie der Kontrolle Brüssels unterwerfen. Erst dann wird Merkel auch einen weiteren Schritt Richtung Bankenunion tun.
Allerdings könnte ein zweiter Aspekt in ihren Überlegungen eine nicht minder wichtige Rolle spielen. Nach wie vor gibt es erhebliche Zweifel an der Sicherheit der mittleren und kleinen deutschen Banken, unter anderem der Sparkassen.
Letztere fürchten eine europäische Bankenaufsicht offenbar wie der Teufel das Weihwasser. Oder warum sonst sollte sich der Sparkassenverband mit Händen Füßen dagegen wehren, mal etwas genauer unter die Lupe genommen zu werden? Regional oder national arbeitende Kreditinstitute müssten von der Bankenaufsicht ausgenommen werden, fordert Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon. Interessant ist auch seine Begründung. Angeblich wäre europäische Aufsicht werde überfordert, wenn sie mehr als 6000 Banken beaufsichtigen soll.
Fahrenschon ist übrigens auch CSU-Politiker und verfügt über den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer über einen direkten Draht ins Kanzleramt. Will heißen, wenn es bei den Sparkassen ernsthafte Probleme mit dem Eigenkapital geben sollte, wären diese im Kanzleramt bestens bekannt.
Interessant ist in diesem Zusammenhang übrigens auch, dass ausgerechnet die Sparkassen den Vorschlag des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück ablehnen, Investmentbanking und Kreditgeschäft zu trennen. „In der Praxis ist die Trennung aber kaum praktikabel, es sei denn, man will mittelständischen Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt erschweren und die Qualität von Finanzdienstleistungen verschlechtern“, sagte Fahrenschon der „Wirtschaftswoche“[1].
Sollten die Sparkassen von dem Trennbankensystem betroffen sein, hätte dies schwerwiegende Folgen. „Sie sammeln regional Einlagen ein und geben die großteils als Kredit an die Realwirtschaft weiter. Das erfolgreiche Geschäftsmodell darf nicht unbedacht gefährdet werden. Eine falsche Trennung würde vor allem den Mittelstand treffen“, sagte Fahrenschon.
Auch von einer weiteren Konsolidierung der Landesbanken hält er nichts. „Die Institute haben ihre Risikoaktiva um ein Drittel abgebaut und sind dabei, sich als Partner der Sparkassen neu im Markt zu positionieren.“
Vor noch gar nicht allzu langer Zeit hat dies ein renommierter deutscher Banker ganz anders gesehen. Gemeint ist Jürgen Stark, der wegen des Geschäftsgebarens der Europäischen Zentralbank (EZB) als deren Chefvolkswirt zurücktrat. Stark sagte im Jahr 2010 vor der Unions-Bundestagsfraktion, die deutschen Banken seien deutlich unterkapitalisiert. Dabei bezog er sich vor allem auf Sparkassen und Landesbanken, berichtete die FTD.[2] Mit seinen Aussagen schürte Stark damals erhebliche Zweifel am Zustand des deutschen Bankensystems. Wolfgang Münchau sagt, die Situation habe sich bis heute nicht geändert. Neben Spanien gebe es in Deutschland die meisten unterkapitalisierten Banken.
Eine europäische Bankenaufsicht könnte dieses Dilemma aufdecken. Schützt Merkel mit ihrem Taktieren bei der Bankenunion als auch die deutschen Sparkassen?