Was Wagenknecht-Wähler von AfD-Wählern unterscheidet

Sarah Wagenknecht / BSW / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: pxel_photographer;https://pixabay.com/de/photos/sahra-wagenknecht-deutscher-politiker-6718228/ Sarah Wagenknecht / BSW / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: pxel_photographer;https://pixabay.com/de/photos/sahra-wagenknecht-deutscher-politiker-6718228/

Eine neue Studie bescheinigt dem Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) erhebliches Potenzial. BSW-Anhänger hegen der Studie zufolge eine Abneigung gegenüber der AfD.

Aktuell ist es etwas stiller geworden um das Bündnis Sahra Wagenknecht. Zwar taucht Wagenknecht als Ikone der Unzufriedenen nach wie vor immer wieder in den Medien auf. Aber der Hype um ihre Partei scheint erst einmal vorbei. Die Medien warten wohl gespannt darauf, wie die Wagenknecht-Partei bei der Europawahl im Juni abschneidet.

In der Wissenschaft aber ist das Bündnis längst zu einem begehrten Untersuchungsgegenstand geworden. So legten Maik Herold und Cyrill Otteni von der TU Dresden die Studie „A new left-conservative competitor in the German party system? The supporters of ‘Bündnis Sahra Wagenknecht’ (BSW) and their ideological positions“ vor. Die Autoren kommen gleich zu mehreren zentralen Ergebnissen:

Zentrale Ergebnisse

  1. Ideologische Positionierung der BSW-Anhänger:
    • Die Anhänger von BSW zeichnen sich durch eine einzigartige ideologische Mischung aus linken und konservativen Positionen aus. Sie kombinieren traditionelle linke Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit und Umverteilung mit konservativen Ansichten in Bezug auf nationale Identität und kulturelle Werte.
    • Diese ideologische Mischung spiegelt nach Ansicht der Autoren die Positionen von Sahra Wagenknecht wider, die für eine stärker sozial orientierte Wirtschaftspolitik und gleichzeitig für eine restriktivere Migrationspolitik eintritt.
  2. Sozialstrukturelle Merkmale der Anhänger:
    • Die Anhängerschaft des BSW rekrutiert sich aus verschiedenen sozialen Schichten, wobei ein erheblicher Teil aus der Arbeiterschaft und unteren Mittelschicht stammt. Viele der Anhänger fühlen sich von den etablierten Parteien nicht mehr repräsentiert und sehen im BSW eine neue politische Heimat.
    • Besonders auffällig ist der Anteil an ehemaligen Wählern der Linken und der AfD, was die breite ideologische Anziehungskraft von BSW unterstreicht.
  3. Kritik an den etablierten Parteien:
    • Die Anhänger des BSW sind häufig enttäuscht von der Politik der etablierten Parteien, die sie als abgehoben und realitätsfern empfinden. Sie kritisieren insbesondere die SPD und die Linke für deren aus ihrer Sicht unzureichendes Eintreten für die Interessen der „einfachen Leute“.
    • Obwohl es in bestimmten Themenbereichen Überschneidungen gibt, hegen die BSW-Anhänger eine Abneigung gegenüber der AfD. Schuld sind deren rechtsextreme Tendenzen.
  4. Potenzial und Herausforderungen für BSW:
    • Die Studie identifiziert ein beträchtliches Wählerpotenzial für den BSW, besonders in den östlichen Bundesländern und unter ehemaligen Nichtwählern.
    • Allerdings steht der BSW auch vor erheblichen Herausforderungen. Vor allem die langfristige Etablierung und die Überwindung innerparteilicher Spannungen zwischen linken und konservativen Flügeln dürfte nicht einfach sein.

Stärken der Arbeit:

  1. Detaillierte empirische Analyse: Die Autoren führen eine umfassende empirische Untersuchung durch, die auf repräsentativen Umfragen und qualitativen Interviews basiert. Dies ermöglicht es ihnen, ein differenziertes Bild der ideologischen Positionen und sozialen Hintergründe der BSW-Anhänger zu zeichnen.
  2. Theoretische Fundierung: Die Arbeit ist gut in die theoretischen Debatten zur politischen Identität und zur Parteientwicklung in Deutschland eingebettet. Die Autoren nutzen verschiedene theoretische Ansätze, um die Positionierung von BSW im politischen Spektrum zu erklären.
  3. Innovativer Forschungsansatz: Die Untersuchung der BSW als eine neue linkskonservative Kraft ist innovativ und füllt eine Lücke in der bisherigen Forschung zur deutschen Parteienlandschaft. Die Arbeit zeigt auf, wie traditionelle ideologische Kategorien durch neue politische Bewegungen herausgefordert und neu definiert werden.

Schwächen der Arbeit:

  1. Zeitliche Begrenzung: Da die Bewegung BSW noch relativ neu ist, basiert die Analyse auf einem begrenzten Zeitraum. Dies könnte dazu führen, dass langfristige Entwicklungen und Dynamiken nicht vollständig erfasst werden.
  2. Potenzielle Verzerrungen: Die Reliabilität und Validität der erhobenen Daten könnten durch die spezifische Methodik und die Auswahl der Befragten beeinträchtigt sein. Besonders die qualitative Komponente der Studie könnte durch subjektive Interpretationen beeinflusst werden.
  3. Begrenzte Vergleichbarkeit: Die Arbeit konzentriert sich stark auf BSW und weniger auf vergleichbare Bewegungen in anderen Ländern oder historischen Kontexten. Ein breiterer Vergleich hätte helfen können, die Einzigartigkeit und die allgemeinen Trends besser zu verstehen.

Fazit: Wagenknecht-Partei mit Potenzial

Die Studie leistet einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der sich wandelnden politischen Landschaft in Deutschland. Durch die detaillierte Untersuchung der BSW-Anhänger und deren ideologischen Positionen wird deutlich, wie komplex und vielfältig politische Identitäten heute sein können. Trotz einiger methodischer Einschränkungen bietet die Arbeit wertvolle Einsichten und Anregungen für die weitere Forschung und politische Analyse.

Letztlich kommt dieStudie kommt zu dem Schluss, dass das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) das Potenzial hat, sich als eine bedeutende neue Kraft im deutschen Parteiensystem zu etablieren, indem sie unzufriedene Wähler aus verschiedenen politischen Lagern anspricht. Die einzigartige ideologische Positionierung als linkskonservative Bewegung könnte dabei helfen, eine Nische zu besetzen, die von den etablierten Parteien vernachlässigt wird. Dennoch wird der Erfolg von BSW maßgeblich davon abhängen, ob es gelingt, interne Spannungen zu überwinden und ein konsistentes politisches Programm zu entwickeln, das breite Unterstützung findet.

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fufu
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23 Tage her

Buendnis Sarah Wagenknecht, die einzig echte Alternative fuer Deutschland.

fufu
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Reply to  fufu
22 Tage her

Sollte natuerlich kein Grund sein die EU durch Wahlbeteiligung in irgendeiner Form zu legitimieren.

Ketzerlehrling
Ketzerlehrling
22 Tage her

Naturgemäß hegen BSW-Wähler eine Abneigung gegen AfD und deren Wähler.

Nathan
Nathan
21 Tage her

Wagenknecht ist Egomanin, was an sich ja nicht schlecht ist. Aber sie hat eben deswegen einen Auftrag des Systems gegen die starke AfD. Genau an dem Tag, an dem sie ihre Partei gründete, wurde das (bereits im November(!) stattgefundene) Potsdam-Treffen in die Öffentlichkeit lanciert. Starthilfe gegen die AfD, obwohl dort mehr CDU-ler als AfD-ler teilgenommen haben und das besagte Hotel einem CDU-ler gehört. Aber das darf nicht richtiggestellt in das öffentliche Bewußtsein geraten.

fufu
fufu
Reply to  Nathan
18 Tage her

Auftrag? ?.. nein. Wagenknecht braucht keine Starthilfe gegen die (Hoecke)AfD welche absehbar in der Bedeutungslosigkeit verschwinden wird. Mit duemmlichen voelkischen und Nazi-Parolen ist in Deutschland kein Blumentopf zu gewinnen. Schade, aber gut so.

Nathan
Nathan
Reply to  fufu
18 Tage her

Sie weiß, wo die „Marktlücke“ ist und wurde sofort vom System medial unterstützt. Denn sofort machte das mediale System einen Hype daraus mit dem Ziel, einzig und allein der AfD zu schaden. Genau darum ging und geht es. Es vergeht kein Tag ohne AfD-Bashing.

fufu
fufu
Reply to  Nathan
18 Tage her

Die AfD schafft es schon allein sich zu schaden. Vom Totalversagen der „Rechten“, die braunen „Gruenen“ eingeschlossen, gar nicht zu reden. Ich erinnere noch wie man hier vor Jahren Trump, Salvini, LePen & Co feierte. Und Orban, der wenn es ums Geld geht regelmaessig einknickt…??

Nathan
Nathan
Reply to  fufu
17 Tage her

Das entblößt doch das System: Zuckerbrot und Peitsche. Diktatur eben. Die AfD sollte sich nicht einfangen lassen. Ich wähle „Die Heimat“.

fufu
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Reply to  Nathan
17 Tage her

Ich auch, meine neue Heimat, fern vom Staat und NATO-Basen.

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