Der Wiederaufstieg der Marke Donald Trump

BOULEVARD ROYAL

Donald Trump / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: geralt; https://pixabay.com/de/photos/trump-präsident-usa-amerika-flagge-2546104/ Donald Trump / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: geralt; https://pixabay.com/de/photos/trump-präsident-usa-amerika-flagge-2546104/

Für die einen ist er ein Alptraum, für die anderen fast ein Gott: Donald Trump steht erneut ante portas. Was macht den Ex-US-Präsidenten so erfolgreich?

Trumpismus – der Begriff ist seit Donald Trumps Wahl zum 45. Präsidenten der USA oft gefallen. Und seit er seine erneute Kandidatur für die Präsidentschaft erklärt hat, ist dieses Phänomen wieder in aller Munde. Soll so bereits vor Beginn einer möglichen zweiten Amtszeit ein neues System oder eine neue Form zu regieren ausgerufen werden?

Klar ist, dass von einem Bidenismus oder einem Obamanismus nichts bekannt ist. Es schwingt in diesem „Ismus“ Sorge und Faszination gleichermaßen mit. Sorge wegen der bekannten Vorwürfe, Trump sei unberechenbar, impulsiv, eine Black Box. Faszination durch seine erfolgreiche Kommunikation mit den Wählern, sein loses Mundwerk, das der Political Correctness den Kampf ansagt und dass er die Politokratie Washingtons verachtet. Ein solcher Mix ist ungewöhnlich, aber bei genauem Hinsehen auch wieder nicht. Trump ist eine Marke, ein Brand – besser ein Mega-Brand. Und er hat über Jahrzehnte zielstrebig darauf hingearbeitet.

New Yorks It-Boy

Seine frühen Lehrstunden in puncto Markenaufbau erlebte er im New York der 70er Jahre. Dort zeigte er sich gern mit Prominenten im angesagten Nacht Club Studio 54. Trump nutzte den glamourösen Partydschungel für seine ersten Auftritte als aufstrebender Unternehmer. In Begleitung schöner Frauen war er so etwas wie ein früher It-Boy. Für sein Markendesign gab es eine ideale Basis: angesehene Familie, Geld, New York als trendiger City-Brand und die Vision, der Immobilien-Tycoon der USA zu werden.

Keine Marke ist erfolgreich ohne durchschlagende Werbung. Sie schlägt erfolgreich ein, wenn laut Marketinglehrbuch mindestens einer von drei Anlässen gegeben sind: eine Produkteinführung, eine Produkterneuerung oder eine Erlebniswelt. Trump bedient alle virtuos.

Seinen Gegnern fehlt der Markenkern

Eingeführt hat Trump seine Marke in den 1970ern als gieriger Jungunternehmer. Erneuert hat er sie ab den Neunziger Jahren als Medienfigur mit Gastrollen in Filmen und Serien und als Veranstalter von Schönheitswettbewerben. Auf dem Höhepunkt war er Moderator der Reality-Formate Apprentice und Celebrity Apprentice. Hier schließt sich der Kreis, denn Trump ist inzwischen selbst Teil der Schönen und Reichen: The Donald ist geboren.

Was von seinen Gegnern als etwas boshafter Spitzname gemeint war, hat sich zu einem so genannten Household Name in den USA entwickelt. So ziemlich jedes Kind kennt ihn. Ein großer Vorteil bei den Vorwahlen im kommenden Jahr, denn seine innerparteilichen Konkurrenten wie Ex-Vizepräsident Pence oder Floridas Gouverneur De Santis sind bisher allenfalls regionale Größen.

Virtuose der Marken-Welten

Was fehlt zur perfekten Marken-Politur? Die Erlebniswelt. Sie zaubert er durch seine Hotels, Casinos, Wellness-Resorts. Und überall prangt das Logo Trump. Eine attraktive Marke ist immer auch omnipräsent. Und das ist Trump auf all seinen Produkten – vom eigenen Jet, dem Trump Force One-Helikopter bis zur Mineralwasserflasche in seinen Hotels. Selbst seine föhnige Frisur mit dem dottergelben Haar ist ikonografisch und damit markentauglich.

Zum sinnlichen Erlebnis gehören für ihn immer auch Frauen. Ivana, Ehefrau No.1, hat mit ihm das Markenimperium aufgebaut. Sie war als Model europäischer Herkunft, was Amerikaner immer noch lieben, weltgewandt und medientauglich bis in die Haarspitzen. Melania, Ehefrau No.3, hat ähnliche Qualitäten und hat in der ersten Amtszeit Trumps im Weißen Haus an der Vervollkommnung der Marke Trump mit gearbeitet.

In den 1990ern hat der Klatschreporter A. J. Benza über The Donald gesagt: „Morgens checkt er nicht seinen Puls, er checkt die Zeitungen, um zu sehen, ob er am Leben ist.“ Der Satz gilt sicherlich für den virtuosen Boulevard-Zampano Trump noch heute, erweitert um sein früheres Twitter-Profil und nun auf seiner eigenen Plattform Truth Social. Zu einer großen Marke gehört eben auch immer ein großes Ego – und das hat Trump im Übermaß.

Biden als Anti-Marke

Im direkten Vergleich als Marke mit dem amtierenden Präsidenten Joe Biden hat Trump ganz klar die Nase vorn. Beide sind eine Generation, zwischen ihnen liegen jedoch Welten. Biden wirkt seit seinem Amtsantritt hinfällig, unbeholfen, sogar Gerüchte über eine Demenz wollen nicht abebben. Kurzum: Biden als Tattergreis.

Seine jüngsten Stolperer wie beim G7-Gipfel in Japan oder sein Sturz auf einer Bühne in Colorado, wo er sich der Länge nach hinlegte, sind für sein Image verheerend. Der Chef einer Weltmacht, die für sich in Anspruch nimmt, die freie Welt anzuführen, der körperlich und vielleicht auch geistig gebrechlich ist? Mehr Ruin für eine Marke als Präsident kann es kaum geben.

Trumps Wahlkampfteam wird es genüsslich ausschlachten: Seht her, hier der stürzende Biden und hier der strahlende, kraftvolle Trump. Biden hat es in seiner Amtszeit nicht vermocht, zu einer Marke aufzusteigen. Er bedient keine der drei genannten Kriterien, um erfolgreich am Wählermarkt zu werben.

Biden hat lediglich seine oft getragene Pilotensonnenbrille, die er bereits als Vize von Obama zur Schau stellte, die ihm einen Hauch von Wiederkennbarkeit gibt. Allerdings tragen Staatschefs Sonnenbrillen in der Öffentlichkeit meist in Diktaturen – sie wissen warum, das Volk soll ihnen nicht in die Augen schauen.

Trump würde das nie machen, die Wähler sollen ihm in die Augen schauen: Seht her, ich schaue euch an und bin anders als Biden einer von euch!

In der Marke Trump liegt das Glück

Für Amerikaner scheint ein übergroßes Ego, Teil ihrer nationalen DNA zu sein: „Persuit of happiness“ – so nennen sie. Dieses „Persuit of happiness“ ist übrigens auch ein Zusatzartikel in der US-Verfassung. Es ist das Recht, nach Glück zu streben, was in den USA meint, mehr zu bekommen, mehr zu erreichen, mehr zu erleben. Für viele seiner Wähler ist Trump genau diese „Marke des Glücks und Erfolgs“ und damit ein Vorbild.

Im Gegensatz zu Deutschland, wo vor allem bei Politikern Zurückhaltung und Bescheidenheit gefragt sind. Der Wahlkampf muss staubtrocken sein. Von deutschen Polit-Analysten ist über Trumps Wahlkampf oft gesagt worden, das sei so bei uns nicht möglich. Zu viel Show Business! In den USA erwarten aber die Wähler genau das. Maximale Unterhaltung à la Hollywood und einen Kandidaten, der eine klare Markenbotschaft hat: „Make America great again“.

Interessant ist, dass ein europäischer Herrscher ganz ähnlich wie Trump gehandelt hat: Napoleon Bonaparte. Für seinen Regierungsstil gibt es den Begriff Bonapartismus. Immer nah dran am Volk, Plebiszite, Bilderproduktion auf Hochtouren, immer wieder Reisen durchs Land. Und wie bei Trump das T überall prangt, zierte das N so gut wie jeden öffentlichen Bau.

Der Markenmacher Trump will sich in einem Punkt vom Markenkünstler Bonaparte unterscheiden: in dem des Kriegsherrn. Trump will wie in seiner ersten Amtszeit in einer möglichen zweiten als Friedensfürst in die Geschichte eingehen. Das rasche Ende des Kriegs in der Ukraine hat er im Falle seiner Wiederwahl prophezeit. Käme es so, dann glänzte die Marke mit dem T für immer.

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Wolfgang Wirth
Wolfgang Wirth
10 Monate her

Ein durchaus lohnender Artikel, der einen Aspekt des Phänomens „Trump“ gut beleuchtet und am Ende mit der Bezugnahme auf Napoleon und – unausgesprochen – auf das Phänomen des Bonapartismus eine interessante Themenerweiterung liefert. Zum Bonapartismus -> https://de.wikipedia.org/wiki/Bonapartismus Andere bezeichnen diese Form von politischer Herrschaft mit ihren durchaus plebiszitären Elemente auch als „„demokratischen Cäsarismus“. – – – Allerdings würde man es sich zu einfach machen, wenn man den vormaligen US-Präsidenten Donald Trump – und womöglich auch den kommenden Präsidentschaftskandidaten der Republikaner – allein auf diese Weise betrachtete. Ich möchte das Herrn West auch keineswegs unterstellen. Ja, Trump hat sich selbst als… Read more »

fufu
fufu
10 Monate her

Eine Marke? Eine Bezeichnung fuer eine Illusion,fuer etwas das wo draufsteht aber nicht drin ist. Etwas was Trump mit anderen Populisten gemein hat, wie Berlusconi, dem anderen „selfmademan“ mit fraglichen Verbindungen zur Mafia. Aber der Poebel glaubt an die Illusion, weiss nicht, dass der „Freie“ und ueber Gesetz und Moral stehende (im Sinne von Nietzsche oder Macchiavelli) den Poebel verachtet. Was beide auszeichnet, sie tun gelegentlich etwas fuer ihr Volk, zumindest verbal und aus welchen Motiven auch immer. Im Grunde kleine Fische.

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