Das späte Outing des Herzogs Franz von Bayern

BOULEVARD ROYAL

Schloss Neuschwansein / Franz von Bayern / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: jplenio; https://pixabay.com/de/photos/architektur-neuschwanstein-schloss-3119812/ Schloss Neuschwansein / Franz von Bayern / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: jplenio; https://pixabay.com/de/photos/architektur-neuschwanstein-schloss-3119812/

Herzog Franz von Bayern hat seine Homosexualität lange geheim gehalten. In der Münchner High Society war sie längst ein offenes Geheimnis. Sein spätes Outing.

Als Oberhaupt der Wittelsbacher steht der fast 90-Jährige Franz von Bayern einer der vornehmsten Familien des europäischen Hochadels vor. Was in der Münchner High Society längst ein offenes Geheimnis war, ist nun offiziell: Der Herzog ist homosexuell.

Als in den 1990er-Jahren Briefe seines Vorfahren Ludwigs II. von Bayern an einen vertrauten Stallmeister auftauchten, staunte die Presse nicht schlecht. Der Märchenkönig ließ seinen Domestiken nach jungen Bauernburschen mit großem Gehänge suchen.

Dass der Kini es nicht so ganz mit Frauen gehabt haben soll, war gerüchteweise bekannt. Jedoch hat sich die homoerotische Neigung Ludwigs wohl nicht bei allen herumgesprochen, denn wie sonst lässt sich eine Szene auf dem weitläufigen Parkgelände von Schloss Linderhof erklären, die der Autor erlebte.

In der Hunding-Hütte, wo Majestät mit strammen Bauernburschen zünftige Gelage abgehalten haben soll, erklärte eine Schlossführerin einem völlig ahnungslosen Touristenpaar, dass der Kini einfach Pech hatte mit den Frauen. Auf den süffisanten Einwand des Autors, dass Ludwig schwul war, wurde er empört von der energischen Bayerin der royalen Hütte verwiesen. Was nicht sein soll, das nicht sein darf. Oder Mia san mia!

Als Kind im KZ

Ludwigs Nachfahre Franz ist nun jüngst bei der Vorstellung seiner Memoiren „Zuschauer in der ersten Reihe“ auf die für ihn schwierigen Jahrzehnte im Schatten seiner Homosexualität eingegangen. Herzog Franz wuchs im Nationalsozialismus auf, den der damalige Chef des Hauses Wittelsbach, Ex-Kronprinz Rupprecht, so weit kritisierte, dass er bereits 1933 ins italienische Exil gehen musste. Hitlers Rachsucht entkamen am Ende des Krieges aber auch die Wittelsbacher nicht, die in verschiedenen Lagern interniert wurden. So auch der elfjährige Franz als sogenannter Sonderhäftling im KZ Flossenbürg.

Herzog Franz hat an diese Zeit lebhafte Erinnerungen und sprach in Interviews darüber: „Die Leichen waren hier so aufgestapelt, dass es in unserer Baracke dunkel war!“ Gut 70 Jahre später spricht der Herzog in Anwesenheit von Hunderten geladenen Gästen aus Politik, Kultur und Wirtschaft über sein Leben. Mit Verweisen auf seine weitverzweigte Verwandtschaft zu allen regierenden und ehemaligen Herrscherhäusern Europas entfaltet sich ein Panorama des europäischen Hochadels. Auch mit den Savoyern, die während des Krieges mit Mussolini und vor allem Hitler im Clinch lagen, ist der Bayer eng verbandelt.

Franz ist der wahre König

Franz von Bayern ist nicht nur der Thronprätendent in Bayern, sondern er ist dies auch für die jakobitischen Legitimsten in Schottland und England. Franz ist ein entfernter Nachfahre der Stuarts, deren Unterstützer die veränderte Erbfolgeregelungen nach der Glorious Revolution von 1689 nicht anerkennen. Für diese Gruppe ist Franz der eigentliche König von Schottland und England.

Bei einem Besuch von Charles in seiner Zeit als Prince of Wales in Bayern 1987 von Reportern auf diesen Umstand angesprochen, meinte er, dass der Anspruch des Herzogs besser sei als sein eigener. Wie wahr. Allerdings ist der Herzog für seine Zurückhaltung und seine Bescheidenheit bekannt und macht nicht viel Aufhebens um seine Titel und Ansprüche.

Einen anerkannten Namen als Sammler und Experte zeitgenössischer Kunst hat sich der Herzog über Jahrzehnte gemacht. Größen wie Beuys, Baselitz oder Immendorff sammelte er und hat Werke in die Pinakothek der Moderne in München eingebracht. Durch den Wittelsbacher Ausgleichsfonds, einem aus den 1920er-Jahren stammenden Vertrag zwischen dem Haus Wittelsbach und dem Freistaat Bayern über die Nutzung des ehemals königlichen Besitzes, hat der jeweilige Chef des Hauses Wohnrecht in einem Trakt des Schlosses Nymphenburg und kann theoretisch in allen Königsschlössern nächtigen.

Spätes Outing auf der Bühne

Auf die Monarchie angesprochen meinte er, dass er nur im allergrößten Notfall seine Pflicht erfüllen würde. Dass dieser „Notfall“ zu seinen Lebzeiten noch eintritt, dürfte jedoch äußert unwahrscheinlich sein. Aber die Monarchie passt zu keinem Bundesland besser als zu Bayern.

Mit seinem Lebensgefährten, dem Juristen und Heilpraktiker Thomas Greinwald, lebt er seit über 40 Jahren zusammen. Bei offiziellen Anlässen in München oder den Festspielen in Bayreuth hat man die beiden häufig miteinander gesehen. Jedoch hat Herzog Franz aus Rücksicht auf seine alte konservativ-katholische Familie seine Liebe lange geheim gehalten. Das späte Outing auf der Bühne bei der Buchpräsentation ist sicherlich ein Befreiungsschlag für beide und kommt rechtzeitig zum 90. Geburtstag des Herzogs im Juli.