Charles III. und Camilla – wie Deutschland im Monarchierausch schwelgt

BOULEVARD ROYAL

Koenigin Camilla / Charles III. / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: https://pixabay.com/de/photos/herzogin-cornwall-camilla-königlich-837889/ Koenigin Camilla / Charles III. / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: https://pixabay.com/de/photos/herzogin-cornwall-camilla-königlich-837889/

Staatsbankett mit Ex-Punker Campino, eine Fahrt mit dem ICE, eine dämliche Linke und who the fuck is Motsi?! Charles und Camilla auf großer Deutschlandtour.

Elizabeth II. reiste bei ihrem ersten Staatsbesuch 1965 ganze zehn Tage durch die Bundesrepublik. Die Queen eroberte die Herzen der Menschen im Sturm, die nach dem Krieg nach royalem Glanz regelrecht dürsteten. Ihre Majestät machte auch einen privaten Abstecher und traf sich mit Mitgliedern der zahlreichen deutschen Verwandtschaft, die zwanzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs wieder salonfähig wurden. Eine historische Reise, der noch zahlreiche folgen sollten.

Historische Reisen und deutsche Cousins

Ihr Sohn und Nachfolger Charles knüpft an diese Besuche an und will die freundschaftlichen Bande zwischen dem Vereinigten Königreich und Deutschland fester knüpfen. Kommentatoren deutscher wie britischer Medien sehen den Besuch des Königspaares als vergleichbar geschichtsträchtig wie jenen von 1965: Erster Staatsbesuch seit der Thronbesteigung und sogar noch vor der Krönung im Mai. Und die Reden hielt Charles auf Deutsch.

Dass er zuerst von der britischen Regierung nach Berlin geschickt wurde, sein Besuch in Frankreich musste verschoben werden wegen der anhaltenden Demonstrationen dort, ist sicherlich der Bedeutung Deutschlands als (noch) wichtigstes Land in der EU zuzuschreiben. Hinzu kommen die deutschen Wurzeln der Windsors, die sich in der Gästeliste beim Staatsbankett widerspiegelten: Seine Cousins, der Markgraf von Baden und Prinz Hohenlohe-Langenburg, beehrten die Majestäten im Schloss Bellevue.

Dr. Mabuse? Nein, Motsi!

Der Mix der Gäste changierte zwischen Alt-Adel und Prominenz, die keine mehr ist oder nie war. Wer kennt denn Motsi Mabuse?? Anscheinend Charles und Camilla, die große Fans der Jurorin des britischen „Let’s Dance“ sind. Mabuse verschlug es aus dem fernen Bophuthatswana nach Deutschland, wo sie eine Tanzkarriere hinlegte und als Wertungsrichterin bei Tanz-Shows in beiden Ländern auftritt.

Motsi war auch ganz hin und weg, als sie von ihrer Einladung zum Staatsempfang mit Königs erfuhr. Leider durfte sich nicht am selben Tisch mit Charles und Camilla sitzen, was sie schockierte. Nun, da muss sie beim nächsten Mal zumindest Regierungsbeauftragte für Tanzvergnügen sein, dann klappt es auch mit dem royalen Tisch. Außerdem sei das Essen sehr leicht gewesen – die arme Motsi hatte anschließend wieder Appetit. Auf der Karte standen Leckereien wie gebeizter Karpfen aus Brandenburg, Erfurter Brunnenkresse oder ostfriesischer Schwarztee mit Sandgebäck. Liebe Motsi, solche Staatsdiners dienen nicht der Sättigung, sondern der gepflegten Konversation.

Vielleicht saß sie am Tisch von Friedrich Merz oder von Campino? Der Tote Hosen-Frontmann hat einen britischen Pass und machte im Frack eine tadellose Figur. Allein sein ohnehin in die Jahre gekommenes Image als Punk-Rocker ist mit dem Auftritt endgültig dahin. Er sollte tanzen gehen und eine Zweitkarriere als Motsis Juroren-Buddy beim britischen Strictly Dancing einschlagen. Spätestens dann wissen auch Charles und Camilla wer die Toten Hosen sind.

England ist eine Diktatur mit zu viel Lametta

Bei seiner in weiten Teilen auf Deutsch gehaltenen Rede im Bundestag blitzte britischer Humor auf, als Charles Anspielungen auf Kultsendungen wie Dinner for One oder Rivalitäten zwischen beiden Staaten im Fußball machte. Monty Pyton dürfte es gefallen haben, der Links-Fraktion eher nicht. Diese moralinsaure Gurkentruppe versteht ja sowieso nicht so viel Spaß, aber was einige ihrer Abgeordneten dazu äußerten, bricht doch tatsächlich Zacken aus der Krone.

Martin Schirdewan, seines Zeichens Parteivorsitzender, den keiner kennt, nannte Charles Rede im Bundestag als nicht angemessen, und das Hohe Haus sollte sich nicht vor einem König verneigen. Sein noch weniger bekannter Kollege Ates Gürpinar nannte es „geschichtsvergessenes Verhalten“, einem Monarchen ein Forum im Parlament zu geben. Monarchien seien nichts anderes als Diktaturen mit mehr historischem Lametta. Aha!

Jetzt kennt man den Linken-Chef

Da haben Gürpinar und Schirdewan aber so ziemlich alles an dümmlichen Klischees herausgeholt, was ein deutscher Linker so herausholen kann, wenn es um Repräsentanten anderer Länder Sitten und Gebräuche geht. Wenn die Linke keine anderen Probleme hat, dann kommt sie sicherlich über die nächstgelegene Fünfprozent-Hürde.

Übrigens gab es bei einem anderen Staatsoberhaupt, der auch gut Deutsch spricht und 2001 eine gefeierte Rede vor dem Bundestag hielt, seitens der Linken keine Kritik. Ach, wie heißt er gleich nochmal? Ja, der lupenreine Demokrat von Mütterchen Russland. Zum Glück für die Ultras der Linken haben ihnen die beiden unzeitgemäßen Charles und Camilla mit ihrem Besuch einen kurzen Moment der Aufmerksamkeit beschert. Wie meinte Warhol sinngemäß, 15 Minuten Ruhm ist im Zeitalter der Massenmedien für jeden drin.

Die Bahn war pünktlich!

Mit einem Massenverkehrsmittel namens Deutscher Bahn sausten die Royals am letzten Besuchstag nach Hamburg. Dort herrschte erneut Jubel, Trubel, Heiterkeit mit den üblichen Eintragungen ins Goldene Buch, Balkon-Winke-Winke-Szenen, Besuchen bei öko-innovativen Einrichtungen für Charles sowie pädagogische Ausflüge für Camilla bei den lieben Kleinen. Sie zeichnete sogar einen Grüffelo, den der mitreisende Pressetross als sehr gelungen einstufte.

Abschließend gab es in einem Schuppen, der durch die Royals zu einer königlichen Baracke geadelt wurde, einen Empfang durch die britische Botschaft. Auf Camillas besonderen Wunsch mit einer Bealtles-Coverband, die den beiden Mittsiebzigern ein Hauch vergangener Jugend herbeizauberte.

Was bleibt vom Besuch? Die Deutschen durften als heimliche Monarchisten drei Tage in royalen Träumen schwelgen und müssen sich nun wieder an den freudlosen republikanischen Alltag gewöhnen. Anders als ein Gast, der auch wie Charles und Camilla im Hotel Adlon logierte und die beiden auf dem Weg zum Staatsbankett filmte: Frédéric von Anhalt, seines Zeichen berühmtester Adoptiv-Prinz aller Zeiten und „Adoptiv-Cousin“ des Königs, der mit Camilla an ihm freundlich lächelnd vorbeischritt. Die beiden dürften sich gedacht haben: Oh dear oh dear, back again!

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