Deutsche Gefängnisse überfüllt und marode
Seit Jahren ist der hohe Sanierungsbedarf in den überfüllten deutschen Gefängnissen bekannt. Doch die Politik schiebt das Problem immer weiter vor sich her.
Deutschlands Gefängnisse sind seit Jahren restlos überfüllt. Obwohl die Probleme lange bekannt sind, ändert sich an der Misere nichts. Die politisch Verantwortlichen stellen nur zögernd die zur Sanierung erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung, denn mit Geld für den Justizvollzug gewinnt man keine Wählerstimmen. Es wird also noch viele Jahre dauern, bis die Gefängnisse genügend Plätze aufweisen und den baulichen Anforderungen entsprechen werden.
Im Jahr 2014 legte die Regierung eines großen Bundeslandes ihr Programm zur Modernisierung der Justizvollzugsanstalten auf. Anlass war der festgestellte, völlig unzureichende bauliche Zustand vieler Gefängnisse. Das Programm umfasste zunächst Modernisierungs- bzw. Neubaumaßnahmen an vier Standorten. Jedoch war bereits 2014 bekannt, dass deutlich mehr Gefängnisse instandhaltungsbedürftig waren, insgesamt bestand an 19 von 43 Standorten hoher Sanierungsbedarf. Die im Jahr 2014 angegangenen Maßnahmen sind bis heute noch nicht abgeschlossen.
Kalkulation für Haftplätze viel zu niedrig
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Die voraussichtlichen Gesamtbaukosten für die zunächst geplanten Maßnahmen wurden 2014 mit annähernd 790 Millionen Euro ermittelt. Aufgrund von Kostensteigerungen im Bausektor erhöhte die Landesregierung im Jahr 2018 die verfügbaren Finanzmittel um weitere rund 900 Millionen Euro. Der Haushalt 2022 enthält zusätzlich eine Verpflichtungsermächtigung für Baumaßnahmen im Justizvollzug in Höhe von 1,1 Milliarden Euro. Damit sollen die dringendsten, über das Modernisierungsprogramm hinausgehenden Baumaßnahmen zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Haftanstalten finanziert werden.
Bei der Auflegung des Modernisierungsprogramms im Jahr 2014 war die Ermittlung der voraussichtlichen Kosten ungenau und fehlerhaft und damit absehbar zu niedrig. Maßgebliche Bemessungsgrundlage für die Projektkosten bildete eine Schätzung des Modernisierungsaufwands von 250.000 Euro pro Haftplatz. Dieser Betrag ergab sich aus den Kosten pro Haftplatz eines bereits durchgeführten Gefängnisneubaus, erhöht um Bauzeitzinsen und eine Baupreisindexierung. Bei dieser Vorgehensweise wurde von den Beteiligten jedoch verkannt, dass die Heranziehung der Neumaßnahme als Referenzobjekt wegen der dortigen Besonderheiten (hohe Anzahl von – kostengünstigeren – Untersuchungshaftplätzen) für die Ermittlung der Kosten der anstehenden Maßnahmen ohne deutliche Korrekturen nicht geeignet war.
Teilabrisse von Gefängnissen
Das Modernisierungsprogramm für den Justizvollzug ist seit seiner Auflegung geprägt von Verzögerungen, die unterschiedliche Ursachen haben. Die verlängerten Projektlaufzeiten und die hohen jährlichen Baupreissteigerungen sind wesentliche Treiber für Kostensteigerungen. So ging man zum Beispiel bei einer Maßnahme im Jahr 2015 noch von einem Abschluss Mitte 2023 aus. Im Jahr 2021 rechnete man dann mit einem Abschluss erst im Jahr 2030.
Aufwendige Sanierungen, die mit Teilabrissen und Ersatzneubauten auf den Grundstücken der Gefängnisse verbunden sind, lösten während der Bauphase hohe zusätzliche Kosten für die Sicherung der Haftanstalt und die Baustellenlogistik aus. Zudem binden diese Sanierungen im laufenden Betrieb im erheblichen Umfang Personalkapazitäten bei den Justizvollzugsbediensteten. Zusätzlich müssen haftplatzrelevante Baumaßnahmen so gesteuert werden, dass temporär nicht verfügbare Haftplatzkapazitäten von anderen Haftanstalten übernommen werden können.
Höhere Kosten zu Lasten der Steuerzahler
Ein Sachverständiger hat daher dem Justizministerium empfohlen, den Neubau mindestens einer zusätzlichen Justizvollzugsanstalt zur Entlastung der übrigen anzugehen, um eine zügige und kostengünstige Modernisierung der Gefängnisse zu ermöglichen. Das Justizministerium hat den Vorschlag des Baus einer Entlastungs-Justizvollzugsanstalt aufgegriffen und mitgeteilt, dass für eine zeitnahe Umsetzung im Haushalt 2022 Mittel zur Finanzierung der Grundstückssuche und einer Machbarkeitsstudie etatisiert worden seien. Der Auftrag zur Grundstückssuche sei bereits erteilt worden. Auch in diesem Fall zeigt sich, dass das Hinausschieben von gebotenen Infrastrukturmaßnahmen durch den Staat im Ergebnis nur zu höheren Kosten zu Lasten der Allgemeinheit führt.
Ich persönlich handhabe es schon immer so, dass ich grundsätzlich vor beziehen eines Hotelzimmers dieses vorab in Augenschein nehme. So werde ich das auch bei einer ev. Anmeldung in einer Strafjustizanstalt halten. Im Falle, dass die „Zelle“ nicht meiner Erwartungshaltung in Bezug auf Komfort und Ausstattung entspricht, werde ich einen Teufel tun, diese zu beziehen.