Diese Gaspreisbremse ist für die Mittelschicht der blanke Hohn

Gaspreisbremse / Mittelschicht / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: TBIT; https://pixabay.com/de/photos/heizung-w%c3%a4rme-energie-heizen-949081/ Gaspreisbremse / Mittelschicht / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: TBIT; https://pixabay.com/de/photos/heizung-w%c3%a4rme-energie-heizen-949081/

Nach langem Gewürge präsentiert die Ampel eine Gaspreisbremse, die ihren Namen kaum wert ist. Vor allem für Mittelschichtfamilien wird es ein kalter Winter.

Kommentar

Die Gaspreisbremse der Ampel-Koalition kommt erstens viel zu spät, denn die Heizphase hat längst begonnen. Und zweitens lässt sie die Bedürftigen noch bis Dezember und dann ausgerechnet in den kältesten Wintermonaten, nämlich im Januar und Februar, in denen am meisten Energie verbraucht wird, schamlos im Stich.

Hier noch einmal in aller Kürze, was die von den Ampelkoalitionären eingesetzte Expertenkommission sich für die Bürger ausgedacht hat: Im Dezember will der Staat einmalig die Abschlagszahlung für Gas- und Fernwärmekunden übernehmen. Das heißt, die Versorger verzichten auf den Abschlag und bekommen das Geld vom Staat erstattet. Für Privatkunden war’s das dann erst einmal. Die „reguläre Gaspreisbremse“ soll nämlich erst im März starten. Schaffen die Versorger bis dahin die Umstellung nicht, geht’s erst im April los. Und im Mai ist dann ja schon Frühling.

Gaspreisbremse ab März oder April

Von März oder April an sollen die privaten Verbraucher nicht mehr als 12 Cent pro Kilowattstunde Erdgas bezahlen, bei Fernwärme sollen es 9,5 Cent sein. Dafür will der Staat einstehen. Allerdings gilt dieser Gaspreisdeckel nur für 70 Prozent des Vorjahresverbrauchs. Für jede Kilowattstunde, die dieses Grundkontingent überschreitet, muss der Bürger dann den aktuellen Marktpreis zahlen. Übrigens: Große Industriebetriebe werden bereits ab Januar 2023 unterstützt.

Für diese Lösung hat die Ampel mehr als ein halbes Jahr gebraucht. In anderen europäischen Ländern ging das wesentlich flotter und zahlt sich deshalb für die Verbraucher schon seit Monaten aus. Deutschlands Nachbarn beschränkten den Anstieg des Gaspreises auf höchstens 15 Prozent und senkten zudem die Energiesteuern. Frankreich etwa schuf bereits vor einem Jahr eine Preisobergrenze für Gas. Für Privathaushalte wurden die Abschläge auf dem Niveau von Oktober 2021 eingefroren. In diesem Jahr durfte der Preis um maximal vier Prozent steigen. Im kommenden Jahr sind dann allerdings Preisanhebungen um bis zu 15 Prozent erlaubt.

In Österreich wird der Strompreis durchgehend vom 1. Dezember 2022 bis zum 30. Juni 2024  gedeckelt. So bezahlt ein Haushalt bis zu einem Jahresverbrauch von 2900 Kilowattstunden (kWh) lediglich zehn Cent pro kWh und nicht den Marktpreis, der derzeit bei 30 bis 40 Cent liegt.

Auch Griechenland hat schnell und unbürokratisch entschieden. Der Staat fängt die höheren Gas-und Stromkosten um bis zu 90 Prozent auf. Beim Strom beträgt die Subvention 436 Euro pro Megawattstunde. Der staatliche Zuschuss geht an die Energieversorger, die den Kunden dann eine verminderte Stromrechnung ausstellen. Italien und Dänemark entlasten die Verbraucher mit Steuergutschriften.

Hoffnungen der Mittelschicht enttäuscht

In Deutschland hingegen, wo Privathaushalte und Industrie seit Jahren die höchsten Energiepreise in ganz Europa zahlen, steigt die Belastung noch einmal deutlich. Schließlich kassieren die Versorger in vielen Fällen bereits seit den Sommermonaten bis um das Zehnfache gestiegene Tarife. Darauf bleiben die deutschen Kunden bis zum März oder gar bis zum April des kommenden Jahres sitzen. Die Entlastung im Dezember ist da nicht viel mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Gerade die hohen Verbräuche im Januar und Februar 2023 werden zu diesen inflationären Tarifen abgerechnet. Vor allem in den Mittelschichtfamilien dürften die für Oktober und November 2022 sowie Januar und Februar 2023 anfallenden Kosten die Haushaltskasse sprengen. So sind sie es, die am Ende für diese Politik der Ampel-Koalition bezahlen. Wohngeldempfänger dürfen immerhin noch auf geringe Zuschüsse hoffen, bei Hartz-IV übernimmt der Staat sowie die Heizkosten. Die Hoffnungen der Mittelschicht hingegen werden enttäuscht. Für sie ist dieser Gaspreisdeckel der blanke Hohn.

5
4
votes
Article Rating

Unser Newsletter – Ihr Beitrag zur politischen Kultur!

Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

7 Comments
Inline Feedbacks
View all comments
MattElger
MattElger
1 Jahr her

Die Abfederung des Gaspreises durch den Staat verschlimmert ohnehin alles. Warum ist der Gaspreis so hoch? Weil Gas zu einem knappen Gut wurde. Ist der Gaspreis hoch, sparen die Menschen von sich aus, spürbar. Das entlastet den Gaspreis etwas, lässt nach Effizienz tüfteln. Fixiert der Staat den Gaspreis, dann hebt er den Sparwillen teils auf, es wird mehr Gas verbraucht. Was geschehen sollte? Endlich nicht mehr Gas in Gaskraftwerken verbrauchen. Dafür müssten die Grüne und SPD aber über ihren Schatten springen und AKWs, die drei schon stillgelegten wieder fit bekommen und ans Netz bekommen, dazu auch das in Niedersachsen verlängern,… Read more »

fufu
fufu
Reply to  MattElger
1 Jahr her

„Abfedern“ ist nett gesagt, aber da gibt es nichts abzufedern. Auf die eine Art oder die andere bezahlt der Mittelstand alles, ueber die Inflation, zukuenftige Steuern, Verlust von Vermoegenswerten oder kuenftigen Leistungen wie Renten und Pensionen. Was Sie nicht erwaehnen, die einzige Loesung waere die Abkehr von den Sanktionen gegegen Russland. Denn der einzige Zweck der „Gaspreisbremse“ ist Geld in den Rachen von Spekulanten zu schieben. Ganz im Sinne der Ereignisse der letzten Jahre, der „Pandemie“, des Kriegs, des Kampfes gegen den Klimawandel… letztendlich die Ausbeutung der Vasallen zur Rettung des bankrotten Dollarimperiums.

Wolfgang Wirth
Wolfgang Wirth
Reply to  MattElger
1 Jahr her

@ MattEiger Obwohl @ fufu und @ Nathan durchaus wichtige Dinge ansprechen und betonen, haben Sie mit Ihren folgenden Sätzen natürlich auch recht: „Ist der Gaspreis hoch, sparen die Menschen von sich aus, spürbar.“ und „Fixiert der Staat den Gaspreis, dann hebt er den Sparwillen teils auf, es wird mehr Gas verbraucht.“ Klar, in einer so ernsten Situation wie jetzt muss auch gespart werden. Da die deutsche Regierung nicht souverän handeln kann bzw. nicht darf, sind anderweitige Optionen – z.B. die von @ fufu erwähnte Neutralitätserklärung – zwar interessant, aber unter den gegebenen außen- und innenpolitischen Machtverhältnissen leider realistisch. Trotzdem… Read more »

fufu
fufu
Reply to  Wolfgang Wirth
1 Jahr her

Wie sagt man doch „wer kaempft kann verlieren, wer nicht kaempft hat schon verloren“. Kein Zweifel, der „Mittelstand“ wird sich mit ein paar milden Gaben abspeisen lassen. Man wird ihm letztere aber in Rechnung stellen. Mein Mitgefuehl haelt sich in Grenzen.

Nathan
Nathan
1 Jahr her

@MattELGER Das Gas ist nicht zu einem knappen Gut geworden, sondern es wurde durch den Wirtschaftskrieg gegen Rußland und die folgenden Sanktionen von UNS zu einem knappen Gut gemacht. Unsere verblödetes Systemregime, wozu auch die CDU gehört, wendet Wirtschaftssanktionen als WAFFE gegen Rußland an und wundert und beschwert sich dann, wenn Rußland als Antwort und Notwehr-WAFFE die Gaslieferungen kürzt. Alle wissen, daß diese Zusammenhänge die Wahrheit sind und daß dann auch nur UNSERE Regierung einen Normalzustand herstellen könnte (Nordstream 2), was das einfachste wäre. Aber unser Regime WILL nicht und bevorzugt KRIEG, auf unsere Kosten, die wegen deren Starrsinn immer… Read more »

fufu
fufu
Reply to  Nathan
1 Jahr her

Nordstream als Loesung hat sich auf kurze Frist erledigt. Ueber die Verursacher kann kein Zweifel bestehen. Gas als Rohstoff ist fuer die chemische Industrie nicht zu ersetzen, viel zu schade zum Verbrennen, Produkte die wiederum Grundlage zahlreicher weiterverarbender Industrien sind. Da hilft Strom aus Windmuehlen und dergleichen ueberhaupt nichts.Die BRD ist oekonomisch ruiniert, um wenigstens das physische Ueberleben zu ermoeglichen, muesste unmittelbar die Neutralitaet ausgerufen werden.

fufu
fufu
1 Jahr her

Der Eintritt in eine Kriegswirtschaft ist offensichtlich. In Italien ist man da schon weiter. Seit 2 Jahren kann man da gratis seine Haeuser renovieren, das Programm heisst 110%. 20% davon kriegen die Banken, den vom Staat garantierten Rest kann der Besitzer oder Bauunternehmer weiterverkaufen, eine Art Parallelwaehrung wie unter Hitler. Eine Weile funktioniert es, wie es endet weiss man ja.

×