Politik für magere Jahre

Magere Jahre / Wirtschaftliche Bereinigungsprozesse / Armut / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder und Grafiken: mohamed_hassan; https://pixabay.com/de/vectors/arm-reich-konzept-menschen-6743190/ Magere Jahre / Wirtschaftliche Bereinigungsprozesse / Armut / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder und Grafiken: mohamed_hassan; https://pixabay.com/de/vectors/arm-reich-konzept-menschen-6743190/

Deutschland stehen magere Jahre bevor. Im Winter droht Millionen Menschen der Absturz aus der Mittelschicht. Das Vertrauen in die Politik ist aufgezehrt.

Die Lage wird kritisch. Kaum jemals zuvor blickten die Deutschen derart pessimistisch in die Zukunft wie heute. Nachdem die Ampel-Koalition im Frühjahr aus freien Stücken ihren langfristigen Wunsch nach einem Ende der Energielieferungen aus Russland angekündigt und damit eine katastrophale Energiekrise heraufbeschworen hat, versucht sie nun mit Hilfspaketen die Not der Menschen zu lindern.

Doch erstens können die Pakete gar nicht groß genug sein, damit sie die verheerenden Folgen für die Menschen tatsächlich wirksam begrenzen, und zweitens gerät die Politik der Hilfspakete und finanziellen Entlastungen für die Bürger immer mehr zur machtpolitischen Debatte und verstärkt so nochmals die Angst vor der zu erwartenden Katastrophe.

Kaum ein Ventil für aufgestaute Angst, Verzweiflung und Wut

Dabei verlieren die Menschen fast vollständig das Vertrauen in die Politik, wie eine aktuelle Forsa-Umfrage für den Beamtenbund ergab. Der Staat sei komplett überfordert, sagten 66 Prozent der Befragten. Noch häufiger als der Durchschnitt aller Befragten meinten dies Anhänger der Linkspartei, der FDP und der AfD.

In der aktuellen Krisensituation werden alle Mitte-Parteien, also CDU, SPD, FDP und Grüne, als aktiv Handelnde wahrgenommen. Damit sind sie zugleich Teil des Problems und jene, von denen Lösungen erwartet werden. Keine dieser Parteien kann somit ein echtes Ventil für aufgestaute Angst, Verzweiflung und Wut sein. Vielmehr sind sie die Adressaten dieser Emotionen. Darum steigen aktuell die Umfragewerte für die AfD wieder leicht auf 13 bis 14 Prozent.

Haushalte gehen ans Ersparte

Es wäre jedoch falsch, die Umfragen als Solidarisierungseffekt mit der AfD zu interpretieren. Eine weitergehende Identifikation mit der AfD findet nicht statt. Laut einer Umfrage des Erfurter Instituts INSA wollen in diesem Herbst 44 Prozent der Bürger  gegen die Regierungspolitik demonstrieren, aber „nur“ 13 Prozent votieren in Umfragen für die AfD. Zudem folgen die Frustrierten ebenso den Demo-Aufrufen der rechtsextremen „Freien Sachsen“ und der Linken.

Gleichzeitig wächst das Heer der Unzufriedenen, Verängstigten und Wütenden in der Mittelschicht, denn ihre wirtschaftliche Lage verschlechtert sich täglich. Im zweiten Quartal sanken die Reallöhne in Deutschland um 4,4 Prozent. Im kommenden Winter drohen 14 Millionen Menschen mit etwa 3000 Euro Nettoeinkommen im Monat aus der Mittelschicht abzurutschen. Über 60 Prozent der Haushalte werden bald kein Geld mehr zurücklegen können, ermittelte der Sparkassenverband. Inflation und Energiepreise fressen das frei verfügbare Einkommen der Mittelschicht auf.

Drohende Arbeitslosigkeit

Nicht wenigen droht gar die Arbeitslosigkeit, denn der ifo-Geschäftsklimaindex prognostiziert einen konjunkturellen Einbruch auf breiter Front. Kurzfristig wird die Wirtschaft diesen Rückschlag nicht ausgleichen können. Ifo prognostiziert auch für 2023 einer weiter schrumpfende Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent.

Schon jetzt ist unübersehbar, dass Deutschland als Konjunkturlokomotive in Europa ausfällt. Die Wirtschaft des einstigen Exportweltmeisters zeigte unter allen EU-Ländern mit einem Wachstum von 1,5 Prozent im Frühjahr die geringste Dynamik. „Am stärksten wuchs die Wirtschaft im Frühling in Slowenien (plus 8,3), Portugal (plus 6,9) Ungarn (plus 6,5) und Spanien (plus 6,3 Prozent). Ein ähnlich schwaches Wachstum wie Deutschland wies nur die Slowakei mit plus 1,6 Prozent aus, wie „Business Insider“ mit Verweis auf die Daten von EUROSTAT berichtete.

Merz macht Politik für magere Jahre

Vor diesem Hintergrund dürfte niemand mehr daran zweifeln, dass die soziale Lage für die kommenden Jahre politisch das bestimmende Thema werden dürfte. Neben SPD und der Linken stellen sich auch CDU und CSU darauf ein. Ausgerechnet der frühere Vertreter des Investment-Riesen Blackrock, Friedrich Merz, konstatiert heute eine sozialen Schieflage im Land.

Unter seiner Führung warnt die Union in der aktuellen Debatte über den Gaspreis vor der Begünstigung von Energiekonzernen und thematisiert die Folgen für die Mittelschicht. Niedrige Einkommen müssten mit einem Preisdeckel für Gas und Strom entlastet werden, so das Credo der Christdemokraten. Es ist eine Politik für magere Jahre.

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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Nathan
Nathan
1 Jahr her

Solange den Menschen nicht klar wird, daß es die antirussischen US-Sanktionen mit ihren willigen Helfern in der EU und in Deutschland sind, die die Energiepreise ansteigen lassen, wird sich nichts zum Vorteil entwickeln. In der AfD sind auch die vor allem westdeutschen Systemanhänger dran schuld, daß sich die AfD nicht traut, lautstark eine Anti-System-Position einzunehmen.
Eigentlich wissen doch alle, daß die Sanktionen gegen Russland die uns schadende Ursache ist, weshalb „das System“ gebetsmühlenartig bei jeder Gelegenheit von der Schuld Russlands spricht als Ursache, aber die Vorgeschichte, die kriegerische Nato-Osterweiterung, einfach nicht erwähnt. So findet eben gewohnte Gehirnwäsche statt!

Kane
Kane
Reply to  Nathan
1 Jahr her

und natürlich die niemals funktionierende ‚Energiewende‘ der Grünlinken Atompaniker in D, der sich irrsinnigerweise auch die Merkel-CDU angechlossen hat. Warum hat man die inhärent sichere Thoriumkernkraft nach Südafrika und China verkauft anstatt sie selbst zur Serienreife zu bringen? Für mich ein Beweis das es um die aktive Zerstörung der ‚Lokomotive Europas‘ geht. Die Migrationswaffe tut ein Übriges.

fufu
fufu
1 Jahr her

„Magere Jahre???“ oder gezielte und dauerhafte Verarmung breiter Bevoelkerungschichten !!!

Ich will mich kurz fassen

– die „Pandemie“ …
– der Krieg, die Aufruestung und die Sanktionen
– die Digitalisierung, gab es nicht einmal ein Projekt in oeffentlichen Verwaltungen open source einzufuehren ?
– der „Klimawandel“

Was ist allen oben genannten gemeinsam ? … die politischen Massnahmen im Zusammenhang nuetzen keinem, ihr einziger Zweck ist Finanzkapital („Volksvermoegen“) in gewisse Kanaele umzuleiten. Insofern wundert man sich, dass wir einer Neufeudalisierung, einer Zweiklassengesellschaft entgegengehen ? Und was geschieht wenn der moderne Sklave auch als Konsument ausgedient hat ?

Skyjumper
Skyjumper
1 Jahr her

So ein Sammelsurium an Fake News. Es geht uns super, das Gas wird wohl reichen sagt der Scholz, Stromprobleme haben höchstens die anderen und ansonsten leben wir warm in unseren dicken Pullover eingehüllt im besten Deutschland aller Zeiten während die russiche Wirtschaft in den Abgrund rutscht, der russische Staatshaushalt die weltgrößte Neuverschuldung aufweist und Putin täglich vorm Suizid gerettet werden muss. Vertraut Baerbock. Bald sitzen wir wieder alle Krimsekt schlürfend an den warmen Stränden des schwarzen Meeres. Und aus diesen Grund kommt die alles überwachende Einheitsblockpartei aus CDU/SPD/Grünen und FDP bei der niedersächsischen Landtagswahl auch auf 81 % der abgegebenen… Read more »

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