Baerbock dürfen die Deutschen nicht egal sein

Annalena Baerbock in Prag / Quelle: 26th Forum 2000 Conference Annalena Baerbock in Prag / Quelle: 26th Forum 2000 Conference

Durch eine Aussage über die deutschen Wähler sind Zweifel an Annalena Baerbocks Haltung als Außenministerin und damit auch an ihrer Amtsführung aufgekommen.

Von Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat Außenministerin Annalena Baerbock nie ein Geheimnis daraus gemacht, mit welcher Bedingungslosigkeit sie an der Seite der Ukraine steht. Wie kein anderer deutscher Politiker hat sie sich zusammen mit Vizekanzler Robert Habeck von Beginn an für eine wirtschaftliche Kriegserklärung an Russland starkgemacht. Ob die Deutschen das auch wollen, hat sie dabei schlicht nicht interessiert.

Nun sind bei einem Auslandsbesuch Zweifel an Annalena Baerbocks Haltung als Außenministerin und damit auch an ihrer Amtsführung aufgekommen. Anlass sind Aussagen während einer Podiumsdiskussion in Prag, die in zum Teil deutlich voneinander abweichender Wortwahl kolportiert worden sind. In einer auf „Twitter“ kursierenden Version soll sie demnach gesagt haben:

Baerbock: Egal, was meine deutschen Wähler denken

„Ich werde die Ukraine an erste Stelle stellen, egal, was meine deutschen Wähler denken und egal, wie hart es wird.“ Weil die „Twitter“-Gläubigen sofort davon ausgingen, dass dieser Satz so gefallen sei, trendete alsbald deer Hashtag #BaerbockRuecktritt.

Allerdings war der Satz so nicht gefallen. Klarheit bringt ein Videomitschnitt der Konferenz. Darauf ist Bearbock in englischer Sprache mit folgender Aussage zu hören:

„Wenn ich als Politiker ein Versprechen gebe – und zum Glück kann es in der Demokratie vorkommen, dass die Leute nicht mit mir übereinstimmen und in vier Jahren sagen: ‚Na ja, du hast uns nicht die Wahrheit gesagt‘. Aber wenn ich den Menschen in der Ukraine das Versprechen gebe, ‚wir stehen zu euch, solange ihr uns braucht‘, dann will ich es auch halten. Egal, was meine deutschen Wähler denken, aber ich will das Versprechen gegenüber den Menschen in der Ukraine halten. Und deshalb ist es für mich wichtig, immer offen und klar zu sein. Und das heißt, bei jeder Maßnahme, die ich treffe, muss ich mir im Klaren sein, dass das so lange gilt, wie die Ukraine mich braucht. Und deshalb halte ich es für so wichtig, dass wir offen sein müssen. Ja, jeder wünscht sich von uns, dass der Krieg morgen aufhört, aber wenn er morgen nicht aufhört, werde ich auch in zwei Jahren noch da sein.“

Außenministerin Annalena Baerbock in Prag

Baerbock sagt also nicht, dass sie die Ukraine an erste Stelle stelle. Belegt ist allerdings der Halbsatz „egal, was meine deutschen Wähler denken“. Ist das zu beanstanden?

Aber sicher. Schließlich bilden die deutschen Wähler das deutsche Volk. Und diesem ist sie per Amtseid verpflichtet. Folglich kann und darf einem Regierungsmitglied in der Ausführung seines Amtes der Wille des Volkes nicht egal sein. Und wenn die Menschen im kommenden Herbst gegen die hohen Energiepreise und die damit verbundene galoppierende Inflation auf die Straße gehen, weil ihr Haushaltseinkommen aufgrund der von Baerbock betriebenen Regierungspolitik vorne und hinten nicht mehr reicht, darf sie das als politische Repräsentantin der Bundesrepublik Deutschland nicht als Petitesse abtun. So etwas schickt sich nicht auf nationaler und erst Recht nicht auf internationaler Bühne. Vielmehr spricht aus solchen Worten die Hybris einer Regierenden über die Regierten.

Wörtlich lautet dieses Passage aus Prag:

„Wir stehen jetzt vor dem Winter, in dem wir als demokratische Politiker herausgefordert sein werden, denn die Menschen werden auf die Straße gehen und sagen: ,Wir können unsere Energiepreise nicht bezahlen‘. Und ich werde sagen: ,Ja, das weiß ich, also helfen wir euch mit sozialen Maßnahmen‘.“

Sie will die Sanktionen nicht stoppen

Baebrock weiß sehr genau, dass ihre Politik – sei sie nun moralisch richtig oder falsch – die Notlage der Menschen in Deutschland geschaffen oder doch zumindest erheblich vergrößert hat. Und sie nimmt sich das Recht heraus, aus Anlass des russischen Krieges gegen die Ukraine über das Wohlergehen von Millionen Deutschen zu entscheiden. Sie suggeriert, das Leiden der Deutschen sei moralisch und damit politisch alternativlos. Beabrock wörtlich:

„Aber ich will nicht sagen: ,Okay, wir stoppen die Sanktionen gegen Russland.“

Will heißen: Egal, wie dick es am Ende für die deutsche Bevölkerung kommt, die Sanktionen gegen Russland, deren Sinnhaftigkeit von vielen Ökonomen angezweifelt wird und die auch der deutschen Wirtschaft enorm zu schaffen machen, bleiben bestehen.

Baerbock weiter:

„Wir bleiben an der Seite der Ukraine, und das bedeutet, dass die Sanktionen auch im Winter aufrechterhalten werden, auch wenn es für die Politiker sehr hart ist und wir in ganz Europa eine gute Lösung finden müssen, um die sozialen Auswirkungen auszugleichen. Denn das ist der andere Teil dieses Krieges. Es ist ein hybrider Krieg.
Die zweite Strategie besteht darin, unsere Demokratien zu spalten und zu sagen, okay, jetzt werden die armen Menschen zurückgelassen und wir müssen die Antworten geben. Nein, wir sind mit allen in unserem Land solidarisch, so wie wir mit allen in der Ukraine solidarisch sind.“

Die Frage der Verhältnismäßigkeit

Angesichts solcher Aussagen weiß jeder, wie er bei Baerbock dran ist. Sie spricht immer Klartext. Aber vielleicht wäre hin und wieder ein wenig mehr Reflexion des eigenen Standpunktes sinnvoll. Denn die Politik der wirtschaftlichen und sozialen Opfer, die Baerbock den Deutschen abverlangt, wird nicht erst in der historischen Betrachtung an ihrer Verhältnismäßigkeit gemessen werden. Dabei geht es etwa um Fragen wie: Hat es den Menschen in der Ukraine geholfen, die deutsche Wirtschaft massiv zu beschädigen? Hat es den Menschen in der Ukraine geholfen, dass Familien in Deutschland in die Armut abrutschten? Hat all das den Kriegsverlauf in irgendeiner Art und Weise beeinflusst?

Die Grünen-Politikerin selbst hat es bereits gesagt: Die Menschen werden gegen ihre Politik auf die Straße gehen. Aber sie tun es nicht, weil ihnen das Schicksal der Ukraine egal ist. Das scheint Baerbock nicht zu verstehen.

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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Wolfgang Wirth
Wolfgang Wirth
1 Jahr her

Erstens. Baerbock ist mit ziemlicher Sicherheit der schlechteste, unerfahrenste, sprachlich dilettantischste und peinlich-undiplomatischste Außenminister, den Deutschland bzw. die Bundesrepublik und die DDR seit 1949 je hatte bzw. hatten. Und wenn man Ribbentrop mal beiseite lässt, dann gilt diese Aussage wohl sogar bis 1871. Aber damit entspricht sie dem geradezu lächerlichen Niveau, das unser Land seit einiger Zeit international ohnehin bloß noch abgibt. Zweitens. Wem der Amtseid derart egal ist, der ist nicht nur für sein Amt ungeeignet, sondern der hat auch Grundprinzipien der demokratie nicht verstanden.. Drittens. Wo sogar Scholz bei den Sanktionen wegen der desaströsen Folgen für die deutsche… Read more »

Wolfgang Wirth
Wolfgang Wirth
1 Jahr her

Noch schärfer hat es Michael Klonovski formuliert:

„Das Handeln der Grünen wird plausibel, wenn man sie nicht als deutsche Partei, sondern als Interessensvertreter fremder Mächte betrachtet.
Annalena B. ist nicht die Außenministerin Deutschlands, sondern eine Marionette der globalistischen Klasse, als deren KPdSU die amerikanischen Demokraten agieren.
Sie ist blöd genug – sofern es sich nicht um Triumphalismus handelt –, das öffentlich auszuplappern.“

fufu
fufu
1 Jahr her

Die Gruenen dienen einem anderen Herrn. Nun ist Frau Baerbock fuer 4 Jahre gewaehlt und das Wahlvolk kann ihr fuer diesen Zeitraum egal sein. Sie und andere koennen in diesem Zeitraum soviel irreversiblen Schaden anrichten wie sie moechten. Unabhaengig von Sonntagsreden ist dies aber keine Neuigkeit sondern in der Realitaet das Wesen der repraesentativen Demokratie in unserem Parteiensystem. Neu ist nur, dass sie es offen ausspricht.

Bohl
Bohl
1 Jahr her

Baerbock spricht aus was die meisten Grünen denken. Wer sich ein
bisschen für Politik interessiert den überrascht dass nicht. Die Haltung
die bei den Grünen vorherrscht reicht von Gleichgültigkeit gegenüber
den Deutschen bis zur Ablehnung von allem was Deutschland aus-
macht. Warum verlassen sie nicht geschlossen unser Land, das sie
so verachten? Ein Versprechen gegenüber einem fremden Land wiegt
mehr als der beim Amtsantritt geleistete Amtseid. WAS IST DER DANN
NOCH WERT? NICHTS. Ein Meineid um den es sich hier offensichtlich
handelt muss strafrechtlich verfolgt werden.

fufu
fufu
Reply to  Bohl
1 Jahr her

Ihre Abneigung gegen die Gruenen in Ehren, aber es handelt sich um ein tiefergehendes Problem. Dass es von Frau Baerbock so deutlich ausgesprochen wird… ich glaube nicht,dass es blosse Dummheit ist… die Fassade der Demokratie hat im Einparteienstaat ausgedient… Angst um die Wiederwahl, vor den Protesten im „Volk“ ?, dass ich nicht lache, vor einer Masse die sich freiwillig den Maulkorb aufzieht ?

Wolfgang Wirth
Wolfgang Wirth
Reply to  fufu
1 Jahr her

@ fufu Stimme Ihnen zu: Es ist schon bemerkenswert, wie direkt Baerbock diese Sache ausgesprochen hat. Dass es bloße Dummheit war, denke ich auch nicht. Regelrecht dumm wäre es ja nur dann, wenn ihr und ihrem Lager hieraus wirklich Nachteile erwüchsen. Dem ist aber nicht so. Mag sein, dass es sich bei um die brav-eifrige Wortmeldung der Streberin handelt, die dem (transatlantischen) Lehrer einfach nur zeigen möchte, dass sie brav gelernt hat und dass man sich auf sie verlassen kann. Kann auch sein, dass sie außerdem so sehr von der unüberwindlichen Macht des eigenen Lagers überzeugt ist, dass sie glaubt,… Read more »

Ketzerlehrling
Ketzerlehrling
1 Jahr her

Sie ist wenigstens ehrlich und nun sollten die dummen Deutschen wissen, woran sie sind. Natürlich sind ihr die deutschen Wähler egal, sie sind für sie nur die Melkkühe und Kanonenfutter, wenn sie ihre Kriegsgeilheit weiter auslebt und Öl ins Feuer gießt.

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