Kassenpatienten zahlen mehr als die üblichen Zuzahlungen

Arztpraxis / Kassenpatienten / Zuzahlungen / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: geralt;https://pixabay.com/de/photos/arzt-arztpraxis-praxis-wartezimmer-73117/ Arztpraxis / Kassenpatienten / Zuzahlungen / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: geralt;https://pixabay.com/de/photos/arzt-arztpraxis-praxis-wartezimmer-73117/

Kassenpatienten müssen neben den gesetzlichen Zuzahlungen oft zusätzliche Mehrkosten zahlen, damit sie qualitativ akzeptable medizinische Hilfsmittel erhalten.

Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen Hilfsmittel, die notwendig sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Im Jahr 2020 wandten sie hierfür 9,3 Milliarden Euro auf. Zu den Hilfsmitteln zählen beispielsweise Seh- und Hörhilfen, Prothesen sowie Rollstühle und Inhalationsgeräte.

Die Krankenkassen erfüllen den Anspruch der Versicherten auf eine Hilfsmittelversorgung, indem sie Verträge mit Leistungserbringern schließen. Leistungserbringer sind nur aufgrund eines solchen Versorgungsvertrages mit der Krankenkasse lieferberechtigt. Zwar versorgen damit faktisch die Leistungserbringer die Versicherten. Rechtlich verantwortlich bleiben jedoch die Krankenkassen. Deshalb müssen sie die Leistungserbringer kontrollieren.

Im Jahr 2017 hat der Gesetzgeber die Kontrollpflichten der Krankenkassen verschärft. Vor der Gesetzesnovelle war es zu anhaltenden Qualitätsdefiziten bei der Hilfsmittelversorgung gekommen. Die Krankenkassen sind seither verpflichtet, die Tätigkeit der Leistungserbringer durch Auffälligkeists- und Stichprobenprüfungen zu überwachen. Diese sollen sicherstellen, dass Leistungserbringer die Anforderungen an Produkte und Leistungen erfüllen.

Pflicht zu Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen

Die Krankenkassen können so auch Ursachen von Versorgungsdefiziten und von unverhältnismäßig vielen oder hohen Aufzahlungen aufdecken. In diesem Zusammenhang hat der Spitzenverband der Krankenkassen Rahmenempfehlungen vorgelegt, um die Qualität in der Hilfsmittelversorgung zu sichern.

Vor kurzem hat der Bundesrechnungshof die Hilfsmittelversorgung bei zehn Krankenkassen untersucht. Diese umfassten 35,2 Millionen Versicherte und repräsentierten damit etwa 48 Prozent der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Rechnungshof hat bei der Mehrheit der geprüften Krankenkassen festgestellt, dass diese nicht kontrolliert hatten, wie die Leistungserbringer die Versicherten versorgten. Entgegen der gesetzlichen Erwartung hatten sie keine Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen durchgeführt. Die Rahmenempfehlungen des Spitzenverbandes der Krankenkassen hatten sie überwiegend nicht beachtet.

Nur vereinzelt haben Krankenkassen eigene Konzepte zur systematischen Kontrolle der Leistungserbringer entwickelt. Hinweisen von Versicherten auf Mängel in der Hilfsmittelversorgung gingen sie zwar nach. Allerdings werteten sie die Vielzahl der Versichertenbeschwerden nicht systematisch aus.

So werden Kassenpatienten abkassiert

Versicherte zahlten neben der gesetzlichen Zuzahlung häufig weitere Aufzahlungen (Mehrkosten), um Hilfsmittel in der erforderlichen Menge und Qualität zu erhalten. Wählen Versicherte solch eine aufzahlungspflichtige Versorgung, müssen die Leistungserbringer dies in einer Mehrkostenerklärung dokumentieren. Nach den Feststellungen des Rechnungshofs weigerten sich die Leistungserbringer jedoch oft, den Krankenkassen Mehrkostenerklärungen regelhaft – z. B. als Bestandteil der Abrechnung – zu übermitteln.

Fehlende Kontrolle birgt die Gefahr, dass Leistungserbringer die Versicherten mit Hilfsmitteln minderer Qualität versorgen oder ihnen für Hilfsmittel adäquater Qualität ungerechtfertigte Mehrkosten aufbürden. Die Krankenkassen haben deshalb zu kontrollieren, ob die Leistungserbringer ihre gesetzlichen und vertraglichen Pflichten erfüllen. Dazu sind Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen notwendig. In den Versorgungsverträgen legen die Krankenkassen umfangreiche Anforderungen an die Leistungserbringer fest. Diese Vertragsbestimmungen können nur dann greifen, wenn die Krankenkassen auch nachhalten, ob die Leistungserbringer sie erfüllen. Weigern sich Leistungserbringer, Unterlagen regelhaft bereitzustellen, fehlen Anknüpfungspunkte für Kontrollen.

Der Medizinische Dienst soll Versorgungsqualität kontrollieren

Der Bundesrechnungshof hat als Ergebnis seiner Untersuchung empfohlen, den Medizinischen Dienst der Krankenkassen als unabhängigen Akteur mit der übergreifenden Kontrolle der Versorgungsqualität zu beauftragen. Der Medizinische Dienst sollte seine neuen Aufgaben auf gesetzlicher Grundlage autonom wahrnehmen können, ohne auf Aufträge der Krankenkassen angewiesen zu sein. Der Bundesrechnungshof hat das Bundesgesundheitsministerium deshalb gebeten, die dafür erforderlichen Rechtsänderungen in die Wege zu leiten.

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Über Thomas Castorp

Thomas (Hans) Castorp blickt vom Zauberberg herab auf die Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Fragenstellungen. Kontakt: Webseite | Weitere Artikel

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fufu
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1 Jahr her

Statt dem Gejammere ueber unzureichende Leistungen sollte man lieber auf den Punkt kommen… die Versicherungspflicht im sogenannten Gesundheitswesen sollte abgeschafft werden. Dann kaeme vielleicht mancher auf die Idee, dass er sich selbst um seine Gesundheit kuemmern muss… anstatt sich um ueberteuerten, nutzlosen oder gar schaedlichen Kraempel zu balgen.

fufu
fufu
Reply to  fufu
1 Jahr her

Zum Glueck besteht Hoffnung. Fettsucht und Bewegungsmangel, bald werden sie der Vergangenheit angehoeren.

fufu
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Reply to  fufu
1 Jahr her

… und der Selbstbedienungsladen namens „Krankenversicherung“ hat ausgedient. Nennt man aus der Not eine Tugend machen.

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