50. Thronjubiläum der unkonventionellen Margrethe

GEOLITICO ROYAL

Koenigliche Wache / Margrethe / Kopenhagen / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: niller56; https://pixabay.com/de/photos/amalienborg-kopenhagen-d%c3%a4nemark-1026080/ Koenigliche Wache / Margrethe / Kopenhagen / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: niller56; https://pixabay.com/de/photos/amalienborg-kopenhagen-d%c3%a4nemark-1026080/

Dänemark steht kopf, und aus aller Welt kommen Glückwünsche zum goldenen Thronjubiläum von Königin Margrethe II. Herrscherin und Land prägen sich wechselseitig.

Es ist für mich schwer zu begreifen, wo diese vielen Jahre geblieben sind. Ich finde, es ist so schnell gegangen.“ So blickte Königin Margrethe II. von Dänemark in ihrer letzten Silvester-Ansprache leicht melancholisch auf die letzten 50 Jahre ihrer Regentschaft zurück. Ihre Botschaften am letzten Tag des Jahres sind Straßenfeger, da die unkonventionelle Herrscherin neben den Schwerpunkten der Regierung eigene Akzente setzt.

Zwei Wochen später, am 14. Januar, schlagen zwei Herzen in Margrethes Brust – Trauer und Freude vereinigen sich. An diesem Wintertag vor 50 Jahren starb ihr Vater, Frederik IX., in Kopenhagen und vermachte seiner ältesten Tochter die Krone. Gleichzeitig begann ihre Herrschaft, die seit fünf Jahrzehnten Dänemark souverän durch die guten wie die schlechten Zeiten führt.

Bei Ihrer Geburt im April 1940 sah es alles andere als rosig für Margrethe aus. Zum einen stand das Land unter deutscher Besatzung und zum anderen war eine weibliche Thronfolge nicht vorgesehen. Nach dem zweiten Weltkrieg und noch zwei weiteren Töchtern von Frederik und seiner Gattin Ingrid sah es nicht mehr nach einem Stammhalter aus. Eine Volksabstimmung sollte Klarheit schaffen. Im März 1953 machte eine Mehrheit den Weg frei für die weibliche Thronfolge.

Fast Königin der Isländer und eine wenig standesgemäße Ehe

Ihren ausgefallenen isländischen Namen Þórhildur, was „Thors Kampf“ bedeutet, durfte sie nicht mehr als Islands Königin tragen, da die Monarchie und Personalunion Islands mit Dänemark 1944 abgeschafft wurde. Ob die Isländer die Dänen um Þórhildur beneiden? Die Dänen zumindest lieben ihre Monarchin, das zeigen immer wieder Umfragen zu ihrer Beliebtheit und zur Monarchie generell, die meist um die 80 Prozent Zustimmung pendelt. Sie ist im Vergleich zu Ihren Kollegen auf den europäischen Thronen herausragend.

Umfassend gebildet, mit einem Schwerpunkt auf Literatur und Kunst, übersetzt sie Werke aus dem Französischen ins Dänische. Diese Liebhaberei hat mit ihrem Studium im Paris der 1960er Jahre und ihrer lebenslangen Liebe zu ihrem 2018 verstorbenen Mann, dem Franzosen Henri Graf de Laborde de Monpezat, zu tun. Ihr Prinzgemahl war ein Mann wie aus dem Bilderbuch: ein eleganter Macho durch und durch, gleichwohl Kavalier alter Schule, gebildet, polyglott, von altem französischem Adel, selbstironisch, Künstler und Literat und ein versierter Diplomat. Also ein Mann, der heutzutage als nicht mehr ganz zeitgemäß gilt. Tempi passati.

Bei der Hochzeit 1967 reagierten einige geladene Hochadlige etwas verschnupft, dass Henri nur ein Graf sei. Damals war er nicht standesgemäß für eine Kronprinzessin. Wenn die Damen und Herren hätten ahnen können, dass nur dreißig Jahre später Thronfolger TV-Moderatorinnen und Party-Girls mit Vergangenheit und unehelichem Kind heirateten – oh meine Güte, wo ist das Riechsalz?!

Mit dem Dänischen und den Bräuchen seiner Wahlheimat stand Henri lange auf Kriegsfuß und erntete dafür in den Anfangsjahren den Spott der Presse. Für französische Zungen, und nicht nur für diese, klingt Dänisch nämlich wie ein Halskatarrh – aber das sehen die Dänen selbst so. Über die Zeit haben sich Prinzgemahl und Volk dann doch angefreundet.

Strenge Erziehung und Titelstress mit dem Gatten

Allerdings hat die Königin ihrem Mann und einer Schar von Kindermädchen die Erziehung der beiden Söhne Frederik und Joachim überlassen. Der Älteste beklagte sich öffentlich, dass es nicht sehr liebevoll im Palast zuging und der Vater überstreng, ja züchtigend war. Sie selbst erklärte in einem Interview, dass sie keine klassische Mutter war und mit Kindern nicht so viel anfangen konnte. Das Verhältnis zwischen Eltern und Söhnen besserte sich im Laufe der Jahre und die Königin soll eine gute Beziehung zu ihren Enkeln haben, darunter der älteste, Prinz Nikolai, der als Model international Aufsehen erregt.

Für Aufsehen sorgte auch Henrik, wie er auf Dänisch hieß, zeitlebens und mit wachsender Freude. Dem Prinzgemahl machte besonders zu schaffen, dass er nie die Königswürde von seiner Gattin verliehen bekam. Er pochte auf Gleichberechtigung und verwies auf Silvia von Schweden oder Sonia von Norwegen, beide bürgerlich und doch mit dem Königinnentitel gekrönt.

In der Tat ist der Titel Prinzgemahl, den auch Queen-Gatte Philip trug, eine Sonderversion für die Männer regierender Monarchinnen. Dieser Rang hat nichts mit Gleichberechtigung zu tun, sondern soll hervorheben, dass die Königin das Staatsoberhaupt ist. Bei den Königinnen, die als Frauen eines Königs an seiner Seite repräsentieren, handelt es sich um Höflichkeitstitel. In England wird das mit dem Begriff Queen Consort, also Königin-Begleiterin, deutlich.

Aus historischen Gründen wollten moderne Monarchien bei weiblicher Thronfolge keinen Eingeheirateten als König auf dem Thron sitzen sehen. Die berühmt-berüchtigte toxische Männlichkeit wirkt nach. Denken wir nur an Schotten-Queen Maria Stuart und die Fehlgriffe bei ihren Königs-Männern. Shocking.

Ein Prinzgemahl büxt aus

Hendriks Fluchten aus dem Palast sind in Dänemark legendär. Regelmäßig kam es sogar vor laufender Kamera immer wieder zu kleinen Spitzen und Zickereien gegen seine Frau. Die jedoch blieb eisern, den Königstitel erhielt er nicht!

Höhepunkte des royalen Ehegezänks waren sein kurzzeitiges Exil auf seinem südwestfranzösischen Schlösschen mit Weingut Caïx 2002. Auslöser war die aus seiner Sicht als erneute Degradierung wahrgenommene Stellvertretung der Königin durch seinen Sohn Kronprinz Frederik bei einem Staatsakt in Kopenhagen. Nur durch einen Canossa-Gang Margrethes konnte der schmollende Henrik in den Palast zurückgeholt werden.

Margrethe / Daenisches Koenigshaus / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: LeifLinding; https://pixabay.com/de/photos/kopenhagen-amalienborg-d%c3%a4nemark-4922737/
Margrethe / Daenisches Koenigshaus / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: LeifLinding; https://pixabay.com/de/photos/kopenhagen-amalienborg-d%c3%a4nemark-4922737/

In der Spätphase seines Lebens und bereits gesundheitlich beeinträchtigt verfügte der Prinzgemahl, dass er nicht in einem schon gefertigten Sarkophag an der Seite Margrethes in der traditionellen königlichen Grablege im Dom zu Roskilde beigesetzt werden wollte. Seine Herzensdame, Spitzname Daisy, akzeptierte seinen letzten Wunsch. Nach seinem Tod 2018 wurde ein Teil der Asche mit der königlichen Yacht Dannebrog auf dänischem Gewässer verstreut, der andere in einer Urne im Garten von Schloss Fredensborg aufbewahrt. Henrik hatte Sinn für Originalität und Stil, auch wenn es ein Traditionsbruch ist.

Intellektueller und kunstsinniger Hof

Margrethe sind Traditionen wichtig, das hat sie mit allen ihren Standesgenossen, vor allem mit Elizabeth II., gemein. Anders als jene, gibt Margrethe allerdings wohl dosiert Interviews und hat einen Zweit-Job. Sie gestaltet für Oper und Theater Kostüme und arbeitet an Bühnenbildern mit. Damit nicht genug, sie illustrierte eine 2002 erschienen Neuauflage der Tolkien-Saga „Der Herr der Ringe“ und jüngst hat sie Kostüme und Bühnenbild gestaltet für den Netflix-Film „Ehrengard“, der im royalen Milieu spielt. Eine bessere Expertin hätte der Streaming-Dienst nicht finden können.

Jakob Steen Olsen, Königshaus-Experte der ältesten dänischen Tageszeitung „Berlingske“ trifft es auf den Punkt, wenn er sagt, dass der Kunstsinn der Königin ihr Respekt und Persönlichkeit verleihen, was die Dänen sehr mögen. Das ist etwas, worauf wir stolz sein können, denn das hätten andere nicht. Auf diese Weise fänden die Dänen also, dass ihre Königin etwas Besonderes sei. Auch ihre anderen Produktionen für die Bühne begeistern Kritik und Publikum gleichermaßen. Sie ist begeisterte Förderin des Balletts und Freundin des berühmten Choreografen John Neumeier. Oft besuchte sie ihn an seinen Wirkungsstätten, insbesondere in Hamburg und lässt sich inspirieren. Darüber hinaus hat sie beispielsweise für das 500. Reformationsjubiläum 2017 einen Altarbehang gestaltet, den sie persönlich bei einer Feierstunde der Lutherkirche in Wittenberg übergab.

Deutsche Wurzeln und griechische Tragödie

Überhaupt ist die Königin oft in Deutschland. Das hängt mit der Nähe und Bedeutung der beiden Länder zueinander zusammen und dass die fließend Deutsch sprechende Margrethe aus der Dynastie Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg stammt. Die verwandtschaftlichen Verbindungen nach Deutschland sind zahlreich, und werden von der dänischen Königsfamilie gepflegt. So war ihre zweitälteste Schwester Benedikte mit einem Spross der Familie Sayn-Wittgenstein-Berleburg verheiratet.

Schatten auf der weitverzweigten Familie fielen lediglich 1967als ihre jüngste Schwester Anne-Marie mit ihrem Mann, Konstantin II. von Griechenland, nach einem Putsch-Desaster ins Exil verbannt wurde. Der griechische Zweig, der ein dänischer ist und letztlich wiederum ein ursprünglich deutscher, wird sich letztlich als Celebrity-Phänomen erhalten mit besten Beziehungen nach Kopenhagen. Für die Seinen sorgt der Souverän.

Abdanken sollen andere

In den vergangenen fünfzig Jahren auf dem Dänen-Thron hat die begeisterte Dackelliebhaberin skandalfrei amtiert. Das Land hat keine „Megxits“, also schmutzige Scheidungen à la Windsor und sonstige Peinlichkeiten durchleiden müssen. Hingegen hat Margrethe kluge Reden gehalten, ihre intellektuellen und künstlerischen Talente entfaltet, prachtvoll repräsentiert und die Herzen ihrer Dänen gewonnen. Sie ist mit der Zeit gegangen, immer kritisch, nie herablassend, aber im Einklang mit königlichen Traditionen. Dieser Stil sichert die Gunst der Dänen für sie selbst wie für die Institution Monarchie.

Abdankung scheint bei allem, was man hört, für die Monarchin nicht infrage zu kommen. Doch steht eine neue Generation mit dem ebenfalls beliebten Kronprinzen Frederik, seiner glamourösen australischen Frau Mary und vier Kindern bereits in den Startlöchern.

Als der letzte ägyptische König Farouk durch die putschenden Obristen freundlich auf seine Yacht geleitet und ins Exil geschickt wurde, soll er gesagt haben, dass es einst nur noch fünf Könige geben werde. Jene aus dem Kartenspiel und den aus England. Darauf möchte der Autor nicht wetten. Die dänischen Royals sitzen so fest im Sattel, wie keine andere Dynastie. Sie stiften im besten Sinne Identität für ihr Land. Glückliches Dänemark – möge Margrethe noch lange herrschen.

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Ketzerlehrling
Ketzerlehrling
2 Jahre her

Eine Frau mit Stil und Format. Dies findet man nicht oft, nirgendwo, aber im Vergleich zu ihr sind die Matronen, oder dümmlichen Feministinnen hierzulande eine Zumutung.

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