Jetzt kommt die gleichgeschlechtliche Ehe für Monarchen

GEOLITICO ROYAL

Gleichgeschlechtliche Ehe / Quelle: Pixabay, lizenezfreie Bilder, open library: qimono; https://pixabay.com/de/photos/trauringe-verlobungsringe-hochzeit-3611277/ Gleichgeschlechtliche Ehe / Quelle: Pixabay, lizenezfreie Bilder, open library: qimono; https://pixabay.com/de/photos/trauringe-verlobungsringe-hochzeit-3611277/

Weht bald die Regenbogenfahne über Europas Palästen? In den Niederlanden ist künftig jeder Königin und jedem König die gleichgeschlechtliche Ehe erlaubt.

Offen schwule oder lesbische Monarchen? Mit adoptieren Kindern oder gezeugt durch externe Väter und Mütter? Und was hat das für Auswirkungen auf die Thronfolge? Der niederländische Premierminister Mark Rutte gibt erste Antworten.

Wie es dazu kam? Ihn trieb die Frage um, was es bedeuten würde, wenn die aktuelle Thronfolgerin Amalia lesbisch wäre oder in den kommenden Generationen Thronfolger sich als homosexuell entpuppten. Nach sorgfältiger Abwägung der Argumente haben Rutte und sein Kabinett die Frage zumindest dahingehend positiv beantwortet, dass sie in der Homosexualität kein Hindernis für eine Thronbesteigung sehen. Um Missverständnissen vorzubeugen, betonte er jedoch ausdrücklich, dass sein Kabinett hier einer „rein hypothetischen Frage“ nachgegangen sei.

Thronfolge bei gleichgeschlechtlicher Ehe

Jedenfalls ist für die Holländer ein schwuler König oder eine lesbische Königin künftig mindestens denkbar. Und das hat Folgen. Denn nun zerbrechen sich Verfassungsrechtler und Hofbeamte in Den Haag hinter verschlossenen Türen den Kopf darüber, wie die Thronfolge geregelt wird, falls ein homosexuelles Monarchenpaar den Thron besteigt. Schon ein paar Gedankenspiele machen deutlich, was alles bedacht werden muss.

Nehmen wir folgenden Fall an: Kronprinzessin Amalia heiratet eine Frau und möchte mit ihr Kinder haben. Wäre dann die Thronfolgerin die Mutter der Kinder, dann würde zumindest die Erblinie direkt fortgeführt. Wie aber verhielte es sich, wenn Amalias Ehefrau die Kinder zur Welt brächte? Würde dann die Erbfolge lediglich indirekt gesichert? Oder überhaupt nicht? Und müsste Amalia das von ihrer Frau ausgetragene Kind adoptieren, um es für die Thronfolge zu legitimieren? Auch die Rolle des Vaters oder Erzeugers müsste erst noch rechtlich geklärt werden, insbesondere immer mit Blick auf eine rechtlich einwandfreie Thronfolge.

Für solche Fälle gibt es das eine oder andere historische Beispiel, etwa das Adoptivkaisertum in der römischen Antike. Allerdings handelte es sich damals nicht um eine klassische Erbmonarchie, wie wir sie heute kennen. Und ehrlich gesagt, war diese Praxis zudem nicht sonderlich erfolgreich.

Auch Dynastien, die heute noch amtieren, haben hin und wieder zum Instrument der Adoption gegriffen. Sie taten es aber nur dann, wenn es keine Alternativen gab. So zum Beispiel adoptierte der kinderlose Karl XIII. von Schweden den Marschall Bernadotte, der als Karl XIV. Johann die bis heute regierende Dynastie begründete. Die damals hoch politischen Gründe für die Adoption eines Ausländers dürften heute keine Rolle spielen.

Ein Schritt zu viel

Inzwischen dürften im Sinne unseres stark identitäts-ideologisch getriebenen Zeitgeistes sogar ganz andere Konstellationen denkbar sein: Ein homosexueller Thronerbe heiratet einen schwulen Trans-Mann oder eine non-binäre, bisexuelle Trans-Frau, der respektive sie als Flüchtling aus einem afrikanischen oder asisatischem Bürgerkriegsgebiet stammt und die eine polyamouröse Beziehung führen.

Royale Regebogenflaggen rauschten wahrscheinlich monatelang durch den Blätterwald, und Influencer aller digitalen Kanäle kämen aus dem Staunen nicht heraus. Was sich noch wie schräge Zukunftsmusik anhört, ist vielleicht eines nicht allzu fernen Tages königliche Realität.

Übrigens ist das alles gar nicht so weit hergeholt, denn schon heutige Monarchien haben im Kern zwei Kernmilieus, die sie stützen und feiern: Heterosexuelle Frauen und schwule Männer.

Schwierige Familienverhältnisse

„Ich wünschte, wir würden in einer Welt leben, in der es wirklich normal und cool ist, aber besonders für meine Familie und die Situation, in der wir uns befinden, bin ich nervös“, kommentierte die Nr. 2 der britischen Thronfolge, Prinz William, die Haltung seiner Familie in puncto alternative Lebens- und Familienmodelle bei einer Veranstaltung für Obdachlose aus der „LGBTI-Community“.

Nun, er braucht sich keine Sorgen zu machen, hat er doch mit drei Kindern die Thronfolge perfekt gesichert und ist im Gegensatz zu der desaströsen Ehe seiner Eltern ein vorbildlicher Ehemann. Gerüchte, dass der übernächste britische Monarch schwul sein könnte, waren nie im Umlauf. Aber wieso ist er dann nervös?

Vielleicht wegen Lord Ivar Mountbatten, einem nachrangigen Vetter seiner Großmutter Elizabeth II. Gay Ivar heiratete im September 2019 seinen langjährigen Partner. Das Königshaus glänzte mit Abwesenheit, die mit Terminproblemen entschuldigt wurden.

Jetzt fällt Royalisten doch wieder Duchess Difficult – Meghan – ein. Gosh! Haben die älteren Windsors etwa Probleme mit gesellschaftspolitischen Änderungen, die auch inzwischen ihre eigene Familie heimsuchen? Gibt es etwa doch ein „Rassismusproblem“ und vielleicht noch dazu Vorbehalte gegenüber queeren Mitgliedern des royalen Clans?

Jenseits aller dynastischen Fragen, könnte es auch eine geistige und ästhetische Schere im Kopf der Royals sein, wenn sie sich zwei Frauen oder Männer auf dem Thron und bei Zeremonien und Veranstaltungen aller Art vorstellen. Immerhin sicherte William dem eigenen Nachwuchs seine Unterstützung und die seiner Frau zu, falls es zu Homosexualitäten in der Familie kommen sollte.

Ob das auch beim derzeit heißesten Thema der woke-queeren Szene, der Transgender-Community zuträfe? Wie sähe die Situation bei einem Trans-George aus, dem Ältesten der Cambridges? Aus George würde eine Princess Georgina, Anne oder Elizabeth. Amazing!

Queere Monarchen als Rettung der Institution?

In den anderen europäischen Monarchien scheinen sich die Hofbeamten und Regierungen über queere Thronerben bislang keine großen Gedanken zu machen. Zumindest nicht offiziell. Die Skandinavier haben ähnlich wie die Niederländer seit den 90er Jahren liberale Gesetzgebungen hinsichtlich homosexueller Rechte und Eheschließungen.

In eher katholischen Ländern wie Spanien, ist die Monarchie zurückhaltender, zeigt aber inzwischen zumindest Verständnis für die Belange der queeren Szene. Bei den meisten Thronerben müssen sowohl das jeweilige Familienoberhaupt, also der Monarch, sowie die Regierung ihren Segen geben. Meistens ist das eine Formalität, aber wir werden den Tag erleben, wenn der erste oder die erste in der Thronfolge ankündigt, gleichgeschlechtlich heiraten zu wollen.

Aber auch das werden die regierenden Dynastien in ihrer Biegsamkeit und dem Willen, auf dem Thron zu bleiben, irgendwie schaffen. Denn nur wenn sie mit der Zeit gehen, dann überleben sie auch. Oder? Oder wäre es irgendwann ein Schritt zu viel?! Gay King, lesbian Queen – ja? Trans-Thronerbe – nein? Wo ist die Grenze zwischen Traditionen, die mit der Zeit gehen und dem Abgrund? Ja, Prinz William und auch seine Standesgenossen haben guten Grund, nervös zu sein.

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