Sahra Wagenknecht als Gallionsfigur einer neuen Querfront?

Sarah Wagenknecht / BSW / Bundesrepublik / Lafontaine / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: pxel_photographer;https://pixabay.com/de/photos/sahra-wagenknecht-deutscher-politiker-6718228/ Sarah Wagenknecht / BSW / Bundesrepublik / Lafontaine / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: pxel_photographer;https://pixabay.com/de/photos/sahra-wagenknecht-deutscher-politiker-6718228/

Die Corona-Lage spitzt sich wieder zu, und die Linke Sahra Wagenknecht erhält viel Beifall für ihre Haltung vor allem zum Impfen. Von der falschen Seite?

In der Corona-Pandemie fühlt sich fast die Hälfte der Deutschen von der Politik im Stich gelassen oder aber politisch nicht richtig vertreten. In einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen antworteten 26 Prozent auf die Frage „Welche Partei vertritt beim Thema Corona am ehesten eine Politik in Ihrem Sinn?“ mit „weiß nicht“. Und 19 Prozent meinten, keine Partei mache eine Politik in ihrem Sinn.

Von den im Bundestag vertretenen Parteien schnitten CDU und SPD in der Umfrage noch am besten ab. In der Corona-Politik der CDU fanden sich 25 Prozent der Befragten wieder, 13 Prozent fühlten sich bei der SPD aufgehoben.

Wagenknecht als „beste Politikerin“ gelobt

Viel Beifall für ihre Haltung in der Corona-Politik, und hier vor allem zum Impfen, erhält eine Politikerin der Linken, deren Partei bei den Wählern in der Corona-Frage ansonsten am schlechtesten abschneidet. Die Rede ist von Sahra Wagenknecht.

In dieser Woche kürte sie der „Spiegel“ zur „Heldin der Ungeimpften“, was keineswegs als Lob gemeint war. Vielmehr skizziert der Artikel das Bild einer zutiefst bürgerlich auftretenden Populistin als Gallionsfigur einer neuen Querfront, in der sich die alten Grenzlinien zwischen ganz links und ganz rechts auflösen.

Tatsächlich hat Wagenknecht ein feines Gespür für gesellschaftliche Stimmungen und soziale Schieflagen. Sie analysiert Veränderungen messerscharf, bringt die Fakten auf den Punkt und konfrontiert damit in geschliffener Rhetorik überforderte Talkshow-Gäste, verzweifelte Diskussionspartner und ihre vielen Tausend YouTube-Fans. Dabei wird sie niemals laut, schon gar nicht aggressiv oder hochmütig. Sie wirkt im Gegenteil „so vornehm, so überlegen, dass die Sätze, die sie sagt, in ihrer Härte kaum zu fassen sind“, wie selbst der „Spiegel“ anerkennt.

„Heldin der Ungeimpften“

Immer ist ihr der Beifall sicher. Nur kommt er eben nicht aus der eigenen Partei, sondern aus dem Lager der „Querdenker“, aus der der AfD und der Partei „Die Basis“, aus der national-konservativen Werteunion und aus der in der Kaderschmiede der Neuen Rechten verlegten Zeitschrift „Sezession“. Dort, so schreibt der „Spiegel“, habe ein Autor Wagenknecht als „Deutschlands beste Politikerin“ bezeichnet.

Sie selbst beteuert, sie werde sich von den Rechten nicht instrumentalisieren lassen. Warum sollte sie auch? Denn sobald sie sich nicht mehr gegen die Vereinnahmungsversuche wehrt, verliert sie mit der politischen Immunität zwangsläufig ihre moralische Integrität. Dann wäre sie die gefallene „Heldin der Ungeimpften“.

„Aufstehen“-Projekt gescheitert?

So aber ist sie der einzig moralisch legitimierte Gegenpol sowohl gegen die abgewählte große Koalition als auch gegen die sich gerade bildende Ampel-Koalition. Auf sie kann sich jeder ohne Furcht vor Nazi-Vorwürfen berufen, dessen Meinung zu Corona, zum Gendern, zur Migration oder zur sozialen Gerechtigkeit mal deutlich neben dem liegt, worauf sich die Mitte verständigt hat.

Nur eines kann auch Sahra Wagenknecht ihren Fans nicht bieten: Eine Partei, die eine Politik in ihrem Sinne macht. Ihr „Aufstehen“-Projekt gilt als gescheitert.

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

22 Comments
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Ketzerlehrling
Ketzerlehrling
3 Jahre her

Sie zeigt, was wahre Intelligenz vermag. Die Anderen wirken dagegen wie das, was sie sind. Trampel.

Schorsch
Schorsch
3 Jahre her

Frau Wagenknecht berechnet und jongliert ihre Worte, denen zwar keine Taten folgen können, weil sie der Linken als Instrument dient und damit sehr gut leben kann. Ihre Äußerungen richten sich an die Wankelmütigen, die nicht links sind, aber sich unangreifbar wähnen, wenn sie dieser Dame zustimmen. Für eine Partei des „Aufbruchs“ kann und soll es garnicht reichen. Nach einer Wahl sind die konservativen Stimmen bei den Linken in der schwarzen Urne und Frau W. hat ihre Arbeit getan.
Vielleicht hat die CDU mit Herrn Maaßen gleichartiges versucht. Von ihm höre und sehe ich nach dem Wahlkampf in Mitteldeutschland nichts mehr.

Wolfgang Wirth
Wolfgang Wirth
3 Jahre her

Ein sehr schöner Artikel. Wagenknecht ist das heute sehr selten gewordene Beispiel eines wirklich intelligenten und intellektuellen Politikers, der überdies sogar persönlich integer zu sein scheint. Jüngere Zeitgenossen glauben es wahrscheinlich nicht, aber Intellektuelle ihres Kalibers waren früher auch einmal in SPD und CDU zu finden. Man denke an Egon Bahr, Rupert Scholz oder Roman Herzog. Es ist aber Jahrzehnte her. Wenn Herr Lachmann das Wort „Querfront“ bemüht, so ist das richtig und angebracht, bedroht doch der Corona-Totalitarismus alle Milieus und Szenen, die sich nicht ganz ausdrückluch als Steigbügelhalter der Mächtigen verstehen. Natürlich ist Wagenknecht trotzdem eine linke Träumerin –… Read more »

Konrad Kugler
Konrad Kugler
Reply to  Wolfgang Wirth
3 Jahre her

Leider ist sie links und damit – weil ideologisch – in bestimmten Bereichen eingeschränkt. Als fundamental gläubiger, nüchterner Katholik – wer mich deswegen als Fundamentlist bezeichnet, den nenne ich Depp – wünschte ich, sie wäre katholisch und hätte ein ganzheitliches Weltbild. Aber der Krieg gegen sie hätte dann sicher infernalische Dimensionen.

fufu
fufu
3 Jahre her

Lieber ein intelligenter Linker als ein dummer Rechter.

Nathan
Nathan
Reply to  fufu
3 Jahre her

Ihre Denkweise ist folglich wohl so: Lieber ein dummer Linker als ein gescheiter Rechter!?

fufu
fufu
Reply to  Nathan
3 Jahre her

Lesen und verstehen ist zweierlei.

fufu
fufu
Reply to  Nathan
3 Jahre her

Wahre Intelligenz wuerde sich weder rechts noch links verorten. Das waere aber, wie auch aus Ihrem Kommentar ersichtlich, zuviel verlangt, insbesondere fuer einen Politiker.

Wolfgang Wirth
Wolfgang Wirth
Reply to  fufu
3 Jahre her

@ fufu Auch ein dummer Rechter möchte im Grunde doch das Richtige. Das relativiert seine Dummheit und stimmt den Beoachter milde Ein kluger Linker möchte aber immer noch das Verhängnisvolle und Falsche, nämlich die Utopie, und zwar sogar trotz seiner – von Ihnen unterstellten – Klugheit. Weil er in unserem Beispiel klug ist, ist seine Destruktivität größer als wenn er dumm wäre. Die schlimmsten Verbrecher der letzten 250 Jahre waren nicht dumme Rechte, sondern kluge Linke. Von Robbespierre und Marat über Lenin, Stalin und Hitler (denn der war ja auch Sozialist!) bis hin zu Mao, Polpot oder Kim in Korea.… Read more »

Rosi
Rosi
3 Jahre her

Ich nenne das Verhalten Sahra Wagenknechts kontrollierte Opposition. Eine gutaussehende, intelligente, sehr auf ihr Äußeres bedachte, eloquente Rednerin, die von den Massenmedien ob Ihrer Aussage bezüglich des Impfens NICHT zerrissen wird. Warum wohl? Sie kann niemanden gefährlich werden, sammelt ein paar Impfgegner auf und das war es dann. „Auf sie kann sich jeder ohne Furcht vor Nazi-Vorwürfen berufen,…“ Genau das ist der Punkt! Jeder andere Politiker aus jeglichem anderen Lager würde genau mit diesen Vorwürfen zu kämpfen haben; Sahra W. nicht. Bravouröse kontrollierte Opposition, weiter nichts. Und ja, natürlich wirken fast alle anderen weiblichen Gestalten (oder solche, die sich weiblich… Read more »

Wolfgang Wirth
Wolfgang Wirth
Reply to  Rosi
3 Jahre her

Nur „kontrollierte Opposition“ ? Vermutlich meinen Sie damit, dass auf diese Weise Kritiker der Corona-Politik nicht ins sog. „Querdenker-Milieu“ geraten (sollen). Aber ist das wirklich so entscheidend? Wichtiger ist doch die Tatsache von Widerspruch an sich. Und der geht von Wagenknecht aus! Natürlich wird Wagenknecht von den Medien wegen Ihrer Ansichten zerrissen. Die Sache ist nur die, dass sie bei der grünlinken Journaille trotzdem immer noch so viele Anhänger hat, dass man sie eben nicht wie Weidel oder andere verteufeln kann. Letztlich verkörpert Wagenknecht die sich anbahnende Spaltung der Linken in den identitätsvernarrten und pro-globalistischen Mehrheitsflügel und einen traditionsverhafteten Minderheitsflügel,… Read more »

Rosi
Rosi
Reply to  Wolfgang Wirth
3 Jahre her

@Wolfgang Wirth Zitat: „Wagenknechts Opposition gegen die herrschende Corona-Politik ist eingebettet in ihre Erkenntnis, wie sehr der ganze Corona-Komplex eben nicht bloß ein medizinisches Thema ist, sondern einen Teil der wirtschaftlichen und politischen Agenda gewisser Kreise darstellt.“ Natürlich, Herr Wirth; eine ganz integre und geistig unabhängige Person, die schöne Frau Wagenknecht, nicht wahr? Diese Worte aus einem Interview mit Wagenknecht sagen wohl alles: „Bei Corona geht es um eine gefährliche Krankheit, um Leben und Tod.“ https://www.augsburger-allgemeine.de/kultur/Interview-Impfskeptikerin-Sahra-Wagenknecht-erklaert-ihre-Sicht-auf-Corona-id61061491.html Da heult sie genauso laut mit den Wölfen Söder, Spahn, Drosten & Co. Und, na klar, auch sie möchte sich impfen lassen, aber nur… Read more »

fufu
fufu
Reply to  Rosi
3 Jahre her

Was erwarten Sie denn von Frau Wagenknecht? Dass sie die Existenz von Viren leugnet? Dazu ist sie einfach zu intelligent um in diese plumpe Falle zu laufen. Ausserdem hat sie recht, es gibt Totimpfstoffe gegen Corona, zwar gentechnisch hergestellt aber nicht genveraendernd und jahrelang von der Methode her erprobt, warum werden diese nicht zugelassen, voellig unabhaengig von der Frage ob ich persoenlich mich mit diesen impfen lassen wuerde.

Rosi
Rosi
Reply to  fufu
3 Jahre her

@fufi
Von einem Menschen – wie S. Wagenknecht -, der Stalin anhimmelt, erwarte ich gar nichts, sondern höre ganz genau zu; auch zwischen den Zeilen. Damit haben so einige Mannsbilder hier wohl ein Problem, das etwas tiefer zu sitzen scheint…

fufu
fufu
Reply to  Rosi
3 Jahre her

Stalin, PolPot.. mal nicht uebertreiben … Maennerschwarm vielleicht.. Stutenzickigkeit .. vielleicht auch.

karli lagerfeld
karli lagerfeld
Reply to  Rosi
2 Jahre her

du schaust wohl aus wie eine überdimensionale mülltone…
da haben wir männer ein problemmit…richtig rosi

Vasco da Gama
Vasco da Gama
Reply to  Rosi
3 Jahre her

Oh da irren Sie sich. Sie wurde schon einige Male verrissen. nicht nur von den Medien, sondern auch von den Virologen und Epidemiologen!

Lauterbach hatte sie schon einige Male hart angegriffen. Und auch von ihrer eigenen Partei wurde sie in den vergangenen Jahren sehr heftig angegriffen!

Rosi
Rosi
Reply to  Vasco da Gama
3 Jahre her

@Vasco da Gama (der Seefahrer)

„Hart angegriffen…heftig angegriffen…verrissen…“

Wer wirklich so behandelt wurde und wird, wie Sie es beschreiben, würde heute nicht mehr so im Rampenlicht erscheinen wie S. Wagenknecht. Niemand der Massenmedien würde Sie weder interviewen, noch eine Einladung zu den Lügenveranstaltungen von Lanz, Maischberger & Co. aussprechen.

Jesus sagte: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.“

Es ist und bleibt kontrollierte Oppositionen. Ist doch nicht schwer zu begreifen, oder?

Ein tatsächlich angegriffener und verrissener Politiker war z.B. Jürgen Möllemann; siehe das Ergebnis.

Vasco da Gama
Vasco da Gama
Reply to  Rosi
3 Jahre her

Ein tatsächlich angegriffener und verrissener Politiker war z.B. Jürgen Möllemann; siehe das Ergebnis.

Achso ist das. Verrrissenen Politiker sind für Sie also diejenigen, die plötzlich sterben ?
Frau Wagenknecht hat ihrer eigenen Partei kaum etwas zu melden. Sie wurde aus der Führung ihrer Partei davongejagt!
Gegen Frau Wagenknecht und gegen ihren Mann O.Lafontaine laufen Parteiausschlussverfahren (Linke). Lafontaine wurde übrigens auch von seiner Partei merfach heftig verrissen. Also informieren Sie sich, bevor Sie hier so einen Unsinn von sich geben!

Wolfgang wirth
Wolfgang wirth
Reply to  Rosi
2 Jahre her

@ Rosi Ich muss zugeben, dass Ihre kritische Sicht von Wagenknecht mich beschäftigt hat, noch immer beschäftigt. Mir scheint jetzt, dass Sie mit dem Begriff „kontrollierte Opposition“ schon einen wichtigen Punkt ansprechen. Natürlich geht es Wagenknecht darum, kritisch Denkende letztlich in ihrem eigenen linken Lager zu halten bzw. zu gewinnen und zu verhindern, dass sie zur AfD oder zu den Nichtwählern abwandern. Da sie intelligenter ist als die übrigen Linken hat sie ganz richtig erkannt, dass die Ausrichtung der identitätsvernarrten Linken und der sog. „Lifestylelinken“ der Gegenwart keine längerfristig belastbare Grundlage für linke Politik darstellt. Gerade weil die Schnittmenge ihrer… Read more »

Inkognito
Inkognito
3 Jahre her

Um es auf den Punkt zu bringen:

ALLE Politiker zusammen mit Pfarrern und Juristen in einem Sack zusammenpferchen, diesen anschließend oben zubinden und dann von außen mit einem Knüppel draufschlagen – es wird immer den/die Richtige(n) erwischen.

Konrad Kugler
Konrad Kugler
Reply to  Inkognito
3 Jahre her

Pauschal = dummes Geschwätz.