Wie politisch war der Polizeieinsatz gegen Corona-Skeptiker?

Polizei / Corona-Skeptiker / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library; FSHH; https://pixabay.com/de/photos/mann-person-mensch-polizei-2460186/ Polizei / Corona-Skeptiker / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library; FSHH; https://pixabay.com/de/photos/mann-person-mensch-polizei-2460186/

Gerichte hatten die Demos der Corona-Skeptiker verboten, die Polizei ging hart gegen die Demonstranten vor. Warum war beim Christopher Street Day alles anders?

Am 24. Juli feierten in Berlin rund 65.000 Menschen dicht gedrängt den Christopher Street Day. Politik, Gerichte und die Polizei hatten damit kein Problem. Gestern demonstrierten rund 5000 Corona-Skeptiker auf Berliner Straßen. Gerichte sprachen Verbote aus, und die Polizei ging hart gegen die Demonstranten vor.

Warum verhalten sich Gerichte und Polizei in dem einen Fall so, in dem anderen so? Wird das Demonstrationsrecht in der Hauptstadt politisch instrumentalisiert? Der Schluss liegt nahe, denn obwohl sich die Delta-Variante des Corona-Virus auch in Deutschland rasant ausbreitet, war der CSD mit 65.000 Menschen am 24. Juli für die Genehmigungsbehörden kein Problem. Im Gegenteil, Politiker begrüßten den Aufmarsch, Berlins linker Kultursenator Klaus Lederer kündigte an, er wolle Berlin zur „queeren Freiheitszone“ machen.

Auch die ansonsten so Corona-sensiblen Medien goutierten das bunte Treiben auf den Straßen der Hauptstadt. „Das Gedränge war groß, nicht immer wurden Masken getragen“, notierte der „Tagesspiegel“ vollkommen unaufgeregt.

„Kampfberichterstattung“ über Demo von Corona-Skeptikern

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), die bis zum Ende der Legislaturperiode auch das Gesundheitsressort leitet, fand ebenfalls kaum Anlass zur Kritik. Sie wurde vom Deutschlandfunk gefragt:

„Am Samstag haben viele Menschen in Berlin auf engstem Raum den Christopher Street Day gefeiert, viele ohne Masken. Warum werden Demonstrationen von Corona-Leugnern ohne Masken aufgelöst, während der CSD von vielen ungeschützt gefeiert werden darf?“

Darauf antwortete Lambrecht:

„Ich kann jetzt zu einer einzelnen Demonstration schlecht was sagen, weil ich war auch nicht dabei. Ich habe auch bewusst nicht teilgenommen. Wir haben andere Möglichkeiten, auch uns zu diesen Werten zu bekennen. Ich gehe aber davon aus und zumindest das, was mir auch gespiegelt wurde, dass es sehr wohl auch Ansagen gab von Ordnungskräften, von Polizei an Teilnehmer, Maske aufzusetzen und Abstand zu halten, sich auch an die vorgegebenen Maßgaben zu halten. Dass das von einzelnen nicht eingehalten wurde, das finde ich sehr ärgerlich, aber es gab die Ansagen und es wurde dann auch darauf reagiert von Demonstrationsteilnehmern.“

Ganz anders gingen Politik und Justiz mit dem Wunsch von Corona-Skeptikern um, am vergangenen Wochenende in Berlin zu demonstrieren. Ihre Demonstrationen wurden verboten. Da dennoch etwa 5000 zum Teil aus dem ganzen Bundesgebiet angereiste sogenannten Querdenker demonstrieren wollten, stand ein von SPD-Innensenator Andreas Geisel organisiertes Großaufgebot der Polizei bereit, dies zu verhindern.

Begleitet wurden die Demonstration und der Polizeieinsatz durch eine Art „Kampberichterstattung“ der Medien. So schrieb „bild.de“:

„Denn trotz des Verbots versammelten sich sogenannte ,Querdenker‘, vor allem im Berliner Westen. Dort spitzte sich die Lage am Mittag so zu, dass Wasserwerfer und ein Räum-Panzer hinzugezogen wurden. Drei Wasserwerfer wurden vor der Siegessäule am Großen Stern postiert, da sich dort viele Demonstranten versammelten. Der Platz wurde komplett abgeriegelt, kein Durchkommen mehr. Polizeiwagen sind vor Ort, auch ein Hubschrauber ist im Einsatz. Absperrgitter sind aufgestellt.“

Auf „Spiegel.de“ hieß es: „Querdenker-Demos in Berlin: Überrannte Absperrungen, Angriffe auf Polizisten“. Und die „Berliner Morgenpost“ schrieb: „Demos in Berlin: Journalistenvertreter brutal angegriffen“.

Gewaltbilder in den sozialen Medien

In den sozialen Medien kursierten indes ganz andere Bilder. Sie zeigten, wie die Polizei hart und wohl auch unverhältnismäßig gegen die Demonstranten vorging. Dieses Verhalten stand zudem in diametralem Widerspruch zu ihrem Vorgehen während des Christopher Street Days, wo zum Schluss kaum noch jemand der 65.000 Teilnehmer die Maskenpflicht und Abstandsregeln einhielt.

https://twitter.com/artemi_ecrit/status/1421845062212898823

Freilich war der „CSD“ keine verbotene Demonstration. Allerdings hätten auch dort die gängigen Corona-Regeln eingehalten und von der Polizei durchgesetzt werden müssen. Obwohl die Bilder das Gegenteil belegten, behauptete die Polizei sogar:

„Das Hygienekonzept wurde grundsätzlich eingehalten (…) Auch wenn es einige anders sehen wollen.“

Es fällt schwer, hinter diesen so unterschiedlichen Einsatzstrategien der Polizei keinerlei politische Motive zu vermuten. Denn vom Charakter der Veranstaltungen her waren beim CSD und bei den Querdenker-Demonstrationen gleiche Maßstäbe anzulegen. Auch handelte es sich beide Male um Veranstaltungen im Freien mit einem entsprechend geringeren Ansteckungsrisiko. Und dennoch wurde bei Gericht mit zweierlei Maß gemessen, weil die eine Veranstaltung politisch genehm, die andere hingegen unangenehm war.

Wenn aber politische Motive zur Grundlage gerichtlicher Entscheidungen über das Demonstrationsrecht werden und die Polizei ihre Einsatztaktik an diesen Motiven ausrichtet, dann hat der Rechtsstaat ausgedient. So etwas spielt immer nur jenen in die Hände, die mit Recht und Demokratie grundsätzlich nichts am Hut haben.

5
3
votes
Article Rating
Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

15 Comments
Inline Feedbacks
View all comments
dragaoNordestino
3 Jahre her

Wenn aber politische Motive zur Grundlage gerichtlicher Entscheidungen über das Demonstrationsrecht werden und die Polizei ihre Einsatztaktik an diesen Motiven ausrichtet, dann hat der Rechtsstaat ausgedient. 

Laut den Verantwortlichen, für das Verbot der Quertenker Demo, wurde diese Demo verboten, weil zu erwarten war, dass es das Ziel der Demo war,  gesetzliche Regeln zu corona nicht zu befolgen. Im Gegsatz zum „Christopher Street Day“….

Fazit: Ob eine Demonstration verboten wird, ist eine Frage des zu erwartenden Verhaltens der Teilnehmer, nicht ihrer Gesinnung….. Hmmmm 

Gerolf
Gerolf
Reply to  dragaoNordestino
3 Jahre her

Der Artikel 5 des Grundgesetzes weiß weder etwas von einer richtigen Gesinnung der Demonstranten noch etwas von einer Einschätzung über das erwartbare Verhalten durch Behörden und Richter … …

dragaoNordestino
Reply to  Gerolf
3 Jahre her

@Gerolf…. Der Artikel 5 des Grundgesetzes weiß weder etwas von einer richtigen Gesinnung

Das ist vermutlich richtig. Ich hab auch lediglich versucht deren Beweggründe heraus zu arbeiten. Dass man dafür Minuspunkte bekommt, erstaunt.

Gerolf
Gerolf
Reply to  dragaoNordestino
3 Jahre her

Das war eher zustimmend kommentiert. Von mir bekommen Sie jetzt ausdrücklich ein Plus.

Eurone
Eurone
Reply to  Gerolf
3 Jahre her

Von mir nicht, weil es das Corona-Faschisten-Regime einen Scheißdreck angeht, zu welchem Thema die Menschen ihre Grundrechte wahrnehmen. Und wenn es gegen die Faschisten und deren faschistische Maßnahmen selbst geht, dann schon mal im Quadrat!

Eurone
Eurone
Reply to  dragaoNordestino
3 Jahre her

Das ist argumentativ ungefähr so blödsinnig wie wenn die Nazis eine Demonstration gegen Adolf Hitler deshalb verboten hätten, weil zu erwarten gewesen wäre, dass das Ziel der Demonstration die Wiederherstellung des Rechtsstaats sein könnte.

dragaoNordestino
Reply to  Eurone
3 Jahre her

@Eurone ….

Das ist argumentativ ungefähr so blödsinnig wie wenn 

Das müssen Sie nicht mir sondern den Behörden erklären. Ich habe lediglich versucht heraus zu finden, wie genau den die Behörden argumentieren. Ob dies gesetzlich Wasserdicht ist, ist mir nicht bekannt.

Cornelius Angermann
Cornelius Angermann
Reply to  dragaoNordestino
3 Jahre her

Wenn man Ihren Maßstab zugrunde legt, dann ist jede Demonstartion, die sich gegen die Regierung richtet, illegal. Denn die Regierung setzt ja den Rechtsrahmen. Und gegen den darf man ihrer Ansicht nach ja nicht verstoßen. Zu Ihrer Kenntnis: Demonstrationen sind Teil der freien Meinungsäußerung. Diese können nur insofern von Verhalten abhängig sein, als sie nicht gewalttätig durchgeführt werden dürfen oder anderweitig Paragrafen des Strafgesetzbuches berühren. Gegen die Willkür eines IfSG muss man demonstrieren können, zumal hier ja eindeutig gegenüber CSD mit zweierlei Maß gemessen wird. Eine erhöhte „Infektionsgefahr“ bestand und besteht nicht. Schließlich sinken sogar in Großbritannien die Zahlen, obwohl… Read more »

Hans Huber
Hans Huber
3 Jahre her

Soll sich nochmal einer aus der Laienschauspielerschar in Bundes- und Landesregierungen nochmal über Russland, Ungarn oder Polen und deren Rechtsstaatlichkeit echauffieren. Das Verhalten der Berliner Polizei ähnelt dem der Polizei bei Verbotenen Demos in Belarus oder Moskau. Der feiste Herr Geisel kann seine Wurzeln als SED Kader nicht verleugnen

Barbara
Barbara
Reply to  Hans Huber
3 Jahre her

Der feiste Herr Geisel fand den Einsatz angemessen und professionell. Da muss man wohl nichts mehr sagen!

Wolfgang Wirth
Wolfgang Wirth
3 Jahre her

Dieses absolut plump offensichtliche Messen mit zweierlei Maß ist eine böse, provozierende und gefährliche Angelegenheit. Vielleicht hat das sogar System, denn es mag Leute geben, die geradezu auf die Provokation abzielen, und zwar in der Hoffnung, dass die Kritiker der Corona-Politik dann irgendwann doch doch die Nerven verlieren und zur Gewalt greifen. Das wiederum käme unseren heutigen staatlichen Amtsträgern sehr gelegen, denn dann könnten sie den großen Knüppel rausholen und die unbequeme außerparlamentarische Opposition endlich kriminalisieren. Gefährlich ist das Messen mit zweierlei Maß aber auch deshalb, weil ein Staat eben nur als Rechtsstaat Legitimation gewinnt. Bereits der Kirchenvater Augustinus hat… Read more »

Uwe Borchert
Uwe Borchert
Reply to  Wolfgang Wirth
3 Jahre her

Die Provokation ist definitiv gewollt, dass kann man am Vorgehen der (prügelnden) Polizei erkennen. Aber bzgl. eines nachhaltigen Erfolg der potentiellen Kriminalisierung der Corona-APO bin ich skeptisch. Ich betrachte die Verhältnisse bzgl. der Zustimmung/Ablehnung als volatil, also sehr veränderlich, und schwer zu prognostizieren. Die aktuell publizierten Umfragen erscheinen mir wenig bis gar nicht vertrauenswürdig zu sein. Die Stimmung kann schnell kippen.

waltomax
waltomax
3 Jahre her

Wünsche wohl zu verrecken… Spike – Proteine ragen aus den Endothelzellen in das Gefäßlumen und werden daselbst vom Immunsystem vernichtet. Samt Gefäßwänden. Plasma tritt aus. Sie lösen sich als Geimpfter auf und werden zur Qualle, lieber Zeitgenosse. Das ist die Lösung! Die Bullen sind bestimmt geimpft, wie ein Großteil des öffentlichen Dienstes. Ein Drittel der Bevölkerng stirbt. Wir, die Impfgegner überleben. Und sterben an etwas anderem. Die Angepassten und Arschkriecher verrecken lediglich eher. Keiner siegt, denn das Leben ist immer endlich. Der blanke Horro bleibt: Meine Kinder haben sich impfen lassen und nicht auf Berufene gehört. A mich sowieso nicht.… Read more »

Wayne Podolski
3 Jahre her

Delta-Variante breitet sich schnell aus ? Steile These, wenn es nicht mal einen Test gibt, um diese zu identifizieren. Ich war letzten Sonntag, wie auch am 1.8.20 in Berlin, habe mich aber nur im Bereich „Unter den Linden“ aufgehalten. Man musste sich darüber wundern, wie viele Kilometer Absperrgitter dort aufgestellt wurden für ein paar tausend Leut‘, nachdem die Demo letztes Jahr mit über einer Million Teilnehmern im Grunde nichts gebracht hat und das angebliche Virus sowie Inzidenzzahlen nach wie vor als machtpolitische Instrumente benutzt werden. Ich hatte wieder meine Gitarre dabei und dachte, ich hänge ein Schildchen mit der Aufschrift… Read more »

Cornelius Angermann
Cornelius Angermann
3 Jahre her

Wann greift Art. 20 (4) Grundgesetz (Rechtfertigung von Gewalt gegen die Abschaffer des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats)?

Wenn anders Abhilfe nicht mehr geschaffen werden kann, weder durch Wahlen noch durch Klagen vor Gericht! Es ist soweit!

Last edited 3 Jahre her by Cornelius Angermann