Altmaiers Stromrechnung geht nicht auf

Stromverbrauch / Strommasten / Quelle: Pixabay, lizenezfreie Bilder, open librarty: ELG21; https://pixabay.com/de/photos/landschaft-sonnenblumen-himmel-4813836/ Stromverbrauch / Strommasten / Quelle: Pixabay, lizenezfreie Bilder, open librarty: ELG21; https://pixabay.com/de/photos/landschaft-sonnenblumen-himmel-4813836/

Das Wirtschaftsministerium hat sich bei der Berechnung des zukünftigen Stromverbrauchs schwer verkalkuliert. Bis 2030 solle zwei weitere Stromautobahnen her.

Beim Strom hat sich die Bundesregierung schwer verkalkuliert. Bis zum Jahr 2030 wird der Verbrauch in Deutschland erheblich stärker steigen als die Regierung bisher annahm. Eine aktuelle Studie des Prognos-Instituts rechnet mit einem Verbrauch von 645 bis 665 Terrawattstunden. Für die Regierung hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) lediglich 580 Terrawattstunden eingeplant. Wo die Differenz von über 80 Terrawattstunden herkommen soll, ist vollkommen unklar.

Mit den aktuellen Zahlen wird nicht nur eine peinliche Fehlkalkulation des Wirtschaftsministeriums offensichtlich, mit ihnen werden sämtliche bisherigen Planungen für das ambitionierteste Projekt der großen Koalition, nämlich die Energiewende, in Frage gestellt.

Stromverbrauch und Klimaschutz

Nach den Plänen der großen Koalition soll der Strom in den kommenden Jahren größtenteils aus regenerativen Energien erzeugt werden. Doch bereits jetzt stockt der Ausbau der hierfür notwendigen Anlagen. Parallel dazu steigt der politisch geförderte Absatz von E-Autos weitaus stärker als von der Regierung angenommen. Kein Wunder also, dass der Stromverbrauch in Höhe schnellt. Dennoch hatte die Bundesregierung eine solche, ihren ideologischen Vorgaben folgende Entwicklung nicht auf der Rechnung.

Auch beim Ausbau der E-Mobilität operierte das Wirtschaftsministerium bisher mit anderen Zahlen. Vor allem die E-Mobilität wird in den kommenden Jahren. Bis zum Ende des Jahrzehnts würden wohl 14 Millionen Autos auf deutschen Straßen fahren, räumte Altmaier nach der Vorlage der Prognos-Studie ein.

Der Wirtschaftsminister führte die neuen Zahlen zum Stromverbrauch zudem auf die von der Regierung selbst gemachten Vorgaben beim Klimaschutz zurück. Inzwischen würden mehr weitaus mehr Wärmepumpen in Gebäuden installiert als bislang angenommen. Und auch die verbrauchten mehr Strom. Außerdem gehe die Regierung heute davon aus, dass bis zum Jahr 2030 für 19 statt für 14 Terrawattstunden Wasserstoff erzeugt werde.

Ganz so überraschend kommen die neuen Zahlen für die Bundesregierung aber wohl nicht. Denn bereits im Juni hatte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz (SPD) seinem Kabinettskollegen Altmaier eine „Stromlüge“ vorgeworfen. Scholz sagte, die Regierung gehe fälschlicherweise davon aus, dass der Stromverbrauch bis 2030 konstant bleibe. Tatsächlich werde der Strombedarf stark steigen. Er sehe diese Entwicklung aber weder in den Planungen für den Ausbau der Stromerzeugung noch für die Stromtrassen berücksichtigt.

Stromverbraucher im Stich gelassen

Im Gegenzug warf Altmaier jetzt Scholz vor, die Stromverbraucher finanziell im Stich zu lassen. Wenn der Strompreis für die Verbrauchen sinke solle, müsse für sie die EEG-Umlage wegfallen. Dafür aber habe Scholz als Finanzminister bisher kein Geld eingeplant. Es würde etwa 25 Milliarden Euro kosten, die EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom abzuschaffen.

Als Konsequenz aus den neuen Erkenntnissen will Altmaier nun die Ausbauziele für Windkraft und Solarenergie erhöhen. Dabei sollen für jedes Bundesland konkrete Flächenziele festgeschrieben werden.

Außerdem seien zusätzlich zu den bereits geplanten Stromautobahnen „ein, wenn nicht zwei“ weitere Trassen nötig. Dafür müssten Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich verkürzt werden.

Es wird eine der größten Herausforderungen der kommenden Bundesregierung sein, die Strom-Lücke von über 80 Terrawatt bei Einhaltung der Klimaziele zu füllen. Gleichzeitig liefern die Zahlen den Grünen neue Argumente für den Wahlkampf. Sie werden sich die Chance kaum nehmen lassen, das Versagen der großen Koalition anzuprangern.

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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Zorn Dieter
Zorn Dieter
2 Jahre her

Wie gut, dass nach Aussage vieler Autohäuser, die meisten staatlich geförderten Hybrid-Fahrzeuge nie ans Stromnetz angeschlossen werden … Die Prämie wird abgegriffen und dann wird weiterhin Benzin getankt und gefahren. Allerdings mit 300 Kilo Lithium Batterien an Bord. Immer. So geht Grüne Politik!

klaus-peter diehl
klaus-peter diehl
2 Jahre her

Ich kritisiere eher die Klimaziele. Der Temperaturanstieg seit 1880 wäre halb so groß, wenn nicht seit Gründung der IPCC andauernd massiv an sämtlichen Klimadaten herummanipuliert worden wäre. Die dreisteste Aktion war zwischen 2010 und 2012. Die immer noch einsehbaren Daten findet man unter „giss v2 data“ und die homogenisierten unter „giss v3 data“. Was der Revision auch zum Opfer gefallen ist, sind 30 Jahre Temperaturrückgang von 1940 und 1970. Der widersprach der Treibhaustheorie. Im Prinzip können wir etwas mehr CO2 brauchen, damit die Ernten für unseren überfüllten Planeten besser bleiben. Das Klimatheater ist möglicherweise ein geplanter Rückfall in quasi mittelalterliche… Read more »

Wolfgang Wirth
Wolfgang Wirth
2 Jahre her

Wie viel Strom in etwa zehn Jahren benötigt werden wird, lässt sich doch heute weitaus weniger genau vorhersagen, als die Politik glaubt. Da dürfte schon der Wetterbericht zuverlässiger sein. Das liegt einerseits in der Natur der Sache, denn die Zukunft kennt man eben immer erst hinterher genau genug – und das ist andererseits das nie lösbare Problem aller planwirtschaftlichen Politik. Nun bewegt sich unsere Wirtschaftspolitik aber längst im planwirtschaftlichen Fahrwasser. Wohin das dann im Energiesektor führt, lässt sich beispielsweise an der Verfahrensweise der „Spitzenglättung“ erkennen. Wenn der Strom nicht reicht, dann wird er eben für die Verbraucher abgeschaltet. Ganz einfach!… Read more »

Josef Schwarz
Josef Schwarz
2 Jahre her

Was die Welt wirklich braucht ist ein wissenschaftlicher Nachweis der Kausalität zwischen CO2 und der Temperatur bzw. des Klimas. Mir sind keinerlei wissenschaftliche Forschungen mit funktionalen, in Formeln, eingeflossene Zusammenhänge bekannt. Wo ist die Formel x*CO2/m3 oder ppm = Delta Grad Celsius? Wo und an welcher Stelle wird das Ergebnis exakt gemessen? Ich meine, wenn man von einem 1,3 Grad Ziel (also mit 10ner Nachkommastelle) ausgeht, dann stellt sich mir die Frage, wie die Berechnung zu Stande kommt. BTW die Korrelation zwischen CO2 und Temperatur widerspricht jedem derzeit wissenschaftlich anerkannten Gesetz der Thermodynamik. Basierend darauf müsste zunächst einmal der sog.… Read more »

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