Flüchtlingsabkommen mit Türkei vor dem Scheitern

 

Weil griechische Behörden Asylanträge nicht prüfen, können Migranten nicht in die Türkei zurückgeführt werden. Folge: Der Flüchtlingsstrom schwillt neu an.

Das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei steht vor dem Scheitern. Denn Griechenland schickt kaum noch Flüchtlinge in die Türkei zurück. Bei den Schleuserbanden hat sich das Verhalten der abgewählten griechischen Regierung des Linken Alexis Tsipras schnell herumgesprochen. Und so steigt die Zahl der auf den griechischen Inseln ankommenden Flüchtlinge seit Beginn des Jahres kontinuierlich an.

Kamen im Januar noch 2000 Migranten auf den griechischen Inseln an, waren es im Mai bereits 3000, im Juni knapp 4000, und im Juli waren es bereits über 5600. Während auf der Flüchtlingsroute über das Mittelmeer vor allem junge Männer aus Afrika kommen, befinden sich in den griechischen Auffanglagern auch viele Frauen und Kinder. Sie leben dort zum Teil in katastrophalen Verhältnissen.

«Unmenschliche Lebensbedingungen»

Erst am Mittwoch kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen im völlig überfüllten Migrantenlager von Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Ausgelöst wurden sie durch den Protest von etwa 50 Jugendlichen, die aufs Festland gebracht werden wollten. Die Polizei setzte Tränengas ein, als einige Migranten Steine auf Polizeibeamte und Mitarbeiter des Registrierzentrums schleuderten.

Im Registrierlager von Moria mit einer Aufnahmekapazität für 3000 Menschen sind zurzeit mehr als 9000 Migranten. Auch alle anderen Lager auf den Inseln Chis, Samos, Leros und Kos sind restlos überfüllt. Dort breiteten sich Krankheiten aus, die Infrastruktur kollabiere, sagten die stellvertretende Vorsitzende Cornelia Möhring und Fraktionsobman Michel Brandt nach einem Besuch des Lagers auf Lesbos. Auf den griechischen Inseln im Osten der Ägäis seien die Lebensbedingungen schlicht unmenschlich.

Da die Inselverwaltungen mit der Aufnahme so vieler Flüchtlinge restlos überfordert sind, sieht sich die neue griechische Regierung des Konservativen Kyriakos Mitsotakis zu Notmaßnahmen gezwungen, im Zuge derer die Flüchtlinge mit Fähren aufs Festland verlegt werden. Dort wiederum werden sie an der Grenze zu Nordmazedonien in einem großen Aufnahmelager zusammengepfercht. Damit sind die Flüchtlinge ihrem Ziel Europa jedenfalls geografisch bereits ein erhebliches Stück nähergekommen. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sie in die Türkei zurückgeführt werden, sinkt von Tag zu Tag.

Schiffe für die Küstenwache

Verantwortlich für die neue Flüchtlingskrise sind die Missstände der griechischen Verwaltung. Dort mangelt es an Ressourcen, die nötig wären, die Personalien der auf den Inseln ankommenden Migranten aufzunehmen und deren Asylanträge zu überprüfen. Erst wenn Migranten von den griechischen Behörden überprüft und abgelehnt worden sind, können sie in die Türkei zurückgeschickt werden. So sieht es das zwischen der EU und der Türkei geschlossene Abkommen vor, das sich die türkische Regierung mit vielen Milliarden Euro teuer bezahlen lässt.

Leider hat sich die Syriza-Regierung unter Alexis Tsipras kaum um das Abkommen gekümmert. In den Behörden wuchs die Zahl unbearbeiteter Asylanträge, due nun wohl kaum noch aufgebarbeitet werden können. Denn auch die neue Mitsotakis-Regierung stockt nicht das Personal in den Asylbehörden auf, sondern gibt erst einmal viel Geld für die Küstenwache aus, die zehn neue Schiffe bekommen soll. Davon indes werden sich die Schlepper wohl kaum abschrecken lassen.

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

14 Comments
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Barbara
Barbara
4 Jahre her

Damit wird dann auch die Balkanroute wieder gefüllt, tummeln sich ja schon wieder etliche Tausende dort.
Die Türkei wird keinen einzigen zurücknehmen, wollen diese ja selber loswerden!
Diese Wanderungen müssen gestoppt werden….

hubi stendahl
hubi stendahl
4 Jahre her

Wollen wir die Heuchelei nicht mal lassen und die Dinge auf den Punkt bringen? „Unmenschliche Lebensbedingungen“ Wenn Migranten mit welcher Motivation auch immer tausende Dollars in die Hand nehmen, um aus einer zumindest sicheren Situation in eine für sie komfortablere mithilfe von Schleppern zu wechseln, ist das ihr gutes Recht. Wenn es schief geht, müssen sie auch die Konsequenzen daraus tragen, die ihnen aufgrund der Internet-Vernetzung sehr wohl bekannt sind. Und wenn Mütter ihre Kleinkinder über tausende Kilometer verschleppen und deren Gesundheit, die vorher nicht in Gefahr war, aufs Spiel setzen , dann sagt das viel über die Motivation der… Read more »

Emmanuel Sarides
Emmanuel Sarides
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

Wikipedia über Günther Lachmann: Lachmann war u. a. Politik-Redakteur bei Bild und ab 2001 Leiter der Seite drei (Politik) bzw. stellvertretender Leiter der Parlamentsredaktion der Welt am Sonntag. Er arbeitet als gelegentlicher Kolumnist für Deutschlandradio Kultur und MDR Kultur.
Ein Kollege vom Tagespiegel (keinen Deut besser) würde die Invasion der Asylanten auf die griechischen Insel etwas kritischer schreiben, anstatt auf die Unfähigkeit der griechischen Regierung zu verweisen, die zwar ein Faktum ist, hat aber mit dem Ansturm der von Merkel und ihrer Hintermänner angelockten Leute nichts zu tun, da es ein ganz anderes Thema ist

vier
vier
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

Schiller-Zitat: „Mit (der) Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.“
Oder wie lenkt man einen wütenden Stier (das Volk) ab? -mit einem roten Tuch. Die tödliche Waffe und den Torero nimmt der Stier nicht wahr…wenn doch, ist’s ein Unfall…und dass die „Linken“ einen Unfall produzieren, darauf würde ich nicht hoffen. Die lechzen, wie jede der System-Parteien, nach „Hauptrollen“ im „Theater“…und sie sollen und wollen mitspielen- Klügere, die denken- wie Sarah und Oskar, verzichten freiwillig…beim Schlachtfest- so richtig dagegen ist indes keiner der überbezahlten Profis- ist ja ihr Beruf und oft genug einziger Lebensinhalt: Karriere pflegen…Abhängigkeit macht blind und nicht frei…

dragaoNordestino
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

@stendahl … Wollen wir die Heuchelei nicht mal lassen und die Dinge auf den Punkt bringen?

Ja @stendahl, Ihr dümmliches Geschwätz, geht nun wirklich jedem denkenden Menschen auf die Nerven…. und ja, auf Sie passt der folgende Artikel bei heise.de ziemlich genau.

Wie der Zivilisationsprozess in der sozioökologischen Krise des Spätkapitalismus in rechte Barbarei umzukippen droht. Kleine Psychopathologie der Neuen Rechten

Der alte Todesdrang der Neuen Rechten

https://www.heise.de/tp/features/Der-alte-Todesdrang-der-Neuen-Rechten-4509009.html?seite=all

hubi stendahl
hubi stendahl
Reply to  dragaoNordestino
4 Jahre her

@dragao,

Zitat:“Ihr dümmliches Geschwätz, geht nun wirklich jedem denkenden Menschen auf die Nerven….“

Dann dürfte es bei Ihnen doch keine Aufregung geben.

Ich liebe ihre Argumentations-Kanonaden, die mich so sehr an die Kindergartenzeit erinnern. Die letzten Tage habe ich Ihre intellektuelle Sonderklasse wirklich vermisst!
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hubi stendahl
hubi stendahl
Reply to  dragaoNordestino
4 Jahre her

Übrigens @dagao, der Autor des von Ihnen verlinkten Artikels beschreibt als Kommunist mit den „Neuen Rechten“ die alten Feindbilder, sonst nichts. Oder haben Sie den technisch recht anspruchsvoll geschriebenen, inhaltlich aber über weite Strecken stinklangweiligen Artikel aufgrund seiner kommunistischen Dauerschleifen gar nicht verstanden? Er meint beispielhaft: „Kapitalismus sei nicht nur ein schleichendes Weltvernichtungsprogramm durch seine Nebenwirkungen, sondern läuft auf eine finalen Vernichtung und Selbstvernichtung durch seine eigenen Institutionen zu.“ Dabei bedient dieser Dummkopf sich auch noch des Klimahoax, statt die entfachten Umweltprobleme anzusprechen, die mit der ZENTRALISTISCH SOZIALISTISCH PLANERISCH eingeführten Elektrifizierung des Lebens einhergehen. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass… Read more »

Lilo
Lilo
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

Leider wird die Welt immer noch weit gehend von bekloppten gesteuert, sprich „regiert“

vier
vier
4 Jahre her

„Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei“- alle „Welt“ redet darüber und hat Angst, dass dieser Witz von einem „Abkommen“- oft auch „Flüchtlingsdeal“ oder „ Flüchtlingspakt“- was kein ordentlicher sanktionsbewehrter Vertrag ist, scheitert. Dabei übersieht man sehr oft, wer und warum in seiner Not, diesen Deal ersonnen und ausgehandelt hat (wahrscheinlich auch die meisten Kosten dafür bezahlt hat- nicht selbst und über Bande natürlich) das war die MÄCHTIGSTE FRAU DER WELT-äh, Exzellenz Murksel- sie wollte (durfte?) die Grenzen nicht schließen- egal, sind bis heute offen und die MIGRATIONSWAFFE (ist zwischenzeitlich bürokratisch abgesichert durch den MIG-Pakt) kann weiter die Dekadenz- den… Read more »

dragaoNordestino
Reply to  vier
4 Jahre her

@vier … was reden Sie bloss für einen stumfsinnigen Unsinn…

vier
vier
Reply to  dragaoNordestino
4 Jahre her

Gute-n Nacht/ Tag lieber Drache- wo immer sie ihre Heimstatt haben. Habe ich sie geärgert, mit was nur?- Alles Fakten und eine wööönzige Spur Sarkasmus. Und bitte bedenken sie, schon unsere Alt-Vorderen wussten eines ganz sicher: „desipere est juris gentium“ (ES IST EIN VÖLKERRECHT UNVERSTÄNDIG ZU SEIN). Wenn sie mich nicht verstehen können, haben sie vielleicht „schiefe Ohren“?-nicht persönlich gemeint und keine Grund gleich wieder….. Oder ich versuch’s bei ihnen mit Hamlet: a knavish Speech sleep in a Fouls ear. (EINE SCHALKHAFTE REDE SCHLÄFT IM OHR EINES NARREN). Der arme Narr versteht immer nur seinem eigenen Narren-Sinn- die Welt ist… Read more »

heinss
4 Jahre her

@hubi & vier

Danke.
Sie haben mir die Zeit und dem Forum einige ähnliche, unhübsche Bemerkungen erspart.

dragaoNordestino
4 Jahre her

Hier für die netten Plauderi der Rechtsdraussen… die dies jedoch nicht sein wollen…

@stendahl / @vier / @heinss & CO.

Die Welt dreht eben nicht nach eurem Geschnatter. Entweder wir lösen das Problem Flüchtlinge (Ursachen) oder es kommen noch ein paar Millionen und ein bisschen später noch ein paar Millionen (Iraner)

https://www.spiegel.de/politik/ausland/recep-tayyip-erdogan-fordert-mehr-fluechtlingshilfe-von-der-eu-a-1285419.html

PeterLustenau
PeterLustenau
4 Jahre her

Es zeigt sich auch, dass die angeblichen „Flüchtlinge“ und auch die Schlepper bestens informiert sind und die aktuelle politische Lage in Europa, speziell Italien verfolgen. Die Lega scheidet aus und Italien ist wieder aufnahmebereiter, ebenfalls einigen sich 4 Länder darauf angebliche „Flüchtlinge“aufzunehmen. Schon steigen die Zahlen wieder an. Kann man dann wirklich davon sprechen, dass es keine Pull-Faktoren gibt?

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