So schräg wird das nächste EU-Parlament

 

Abgehalfterte Politiker wie Berlusconi oder die TV-Köchin Sarah Wiener wollen ins EU-Parlament. Und dann gibt es da noch einen Mussolini und die Partei «Volt».

Auch wenn der Urgroßvater ein faschistischer Diktator war, hindert das nicht an einer Kanidatur für das Europaparlament. Das gilt selbst dann, wenn der Urenkel in diesem Fall etwa genauso weit rechts steht wie sein Vorfahre. Und so kandidiert denn Caio Giulio Cesare Mussolini bei den Europawahlen im Mai  auf der Liste der rechtsnationalen Partei «Fratelli d’Italia» für das Parlament in Brüssel.

Bei der Parlamentswahl 2018 erreichte «Fratelli d’Italia» rund vier Prozent. In letzten Umfragen liegt sie knapp unter fünf Prozent. Mussolini bezeichnet sich selbst als Patrioten und bewundert Politiker, die für ihr Land eintreten. Dazu zählt er etwa den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Mussolini ist nicht der einzige Prominente, der künftig in Europas «Möchtegernparlament» Politik machen will. Sie zählen zu den bekanntesten Gesichtern:

Silvio Berlusconi

Er kann es auch mit 82 Jahren einfach nicht lassen. Kaum darf Italiens Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi nach einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung wieder für politische Ämter kandidieren, da zieht es ihn ins Europaparlament. Er kandidiere aus «Verantwortungsgefühl» sagt der Mann mit den kaum noch überschaubaren politischen und privaten Affären. Seine «Bunga-Bunga-Sex-Partys» mit dem marokkanischen Escortgirl Karima el-Mahroug und als Nonnen verkleideten Gespielinnen sind bis heute Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Eine wichtige Belastungszeugin, die Marokkanerin Imane Fadil, verstarb im März unter mysteriösen Umständen in einem Mailänder Krankenhaus. Sie sollte gegen Berlusconi aussagen. Vor ihrem Tod sagte die junge Frau ihrem Anwalt, sie sei vermutlich Opfer einer Vergiftung geworden.

Berlusconi ficht so etwas  nicht an. Der Vorsitzende der konservativen Forza Italia wirbt für ein freies und vereintes Europa in einer Welt, die «viel unsicherer ist als in der Vergangenheit». Umfragen sehen seine Partei bei unter zehn Prozent.

Sarah Wiener

Die österreichischen Grünen haben die durch ihre TV-Auftritte bekannte Köchin und Gastronomin auf Platz zwei ihrer Europa-Liste gewählt. Knapp 95 Prozent der Delegierten unterstützten die Kandidatur Wieners, die für eine «Lebensmittelwende» eintritt. Nur mit ökologischer Vielfalt auf den Feldern und in der Natur könne sich der Mensch in der Zukunft ernähren. Mit Sarah Wiener wollen die österreichischen Grünen ihre Dauerkrise abschütteln.

Gianis Varoufakis

Viele dürften seinen Namen bereits wieder vergessen haben. Dabei war Gianis Varoufakis einer der wichtigsten politischen Akteure während der Griechenlandkrise 2010. Als griechischer Finanzminister musste er mit Wolfgang Schäuble die Bedingungen für Finanzhilfen aushandeln. Immer wieder gerieten die beiden dabei aneinander. Im Jahr 2016 gründete er die «Bewegung Demokratie in Europa 2025 (DiEM25)», der er ausgerechnet in Berlin vorstellte. Zwar Jahre später ging daraus die Partei «MeRA25» hervor, für die er nun kandidiert – allerdings nicht in Griechenland, sondern in Deutschland. Varoufakis hat nämlich einen Wohnsitz in Berlin.

Ilie Nastase

In den frühen 1970er Jahren war der Rumäne einer der Top-Ten-Spieler bei den großen Tennis-Turnieren. 1972 und 1973 führte er insgesamt 40 Wochen lang die Tennisweltrangliste an. Jetzt kandidiert der 72-Jährige für die rumänische Kleinpartei UNPR (Nationale Union für den Fortschritt Rumäniens). In den vergangenen Jahren fiel er vor allem durch Negativschlagzeilen auf. Im Wimbledon bezeichnete er die englischen Spielerinnen als „Fucking Bitches“. Im vergangenen Jahr prügelte er sich mit Polizisten und verlor wegen Trunkenheit am Steuer den Führerschein.

Martin Sonneborn

An eine Erfolg glaubte er wohl selbst nicht, als er 2014 für die Satirepartei «die Partei» antrat. Und doch schaffte es der Ex-Chefredakteur und Mitherausgeber des «Titanic»-Magazins Martin Sonneborn auf Anhieb ins Europaparlament. Zur «Belohnung» hat ihn «Die Partei» nun wieder auf den ersten Platz der Europaliste gewählt. Auf Platz zwei kandidiert der aus der «heute-show» bekannte Kabarettist Nico Semsrott. Ihre Ziele? Eine «Ossi-Quote in Führungspositionen» und «Artenschutz für die SPD».

Und dann wären da noch der litauische Basketball-Star Sarunas Marciulionis, der mit dem Bund der Bauern und den Grünen ins Europaparlament einziehen möchte, sowie der frühere Kosmonaut Ivan Bella. Er kandidiert für die migrationskritische Partei «Wir sind Familie».

Es wird also ganz schön bunt in Brüssel und Straßburg. Dazu beitragen wollen auch viele Parteien, die bisher kaum jemand kennt. Eine davon nennt sich «Volt». Wer sie nicht kennt, sollte sie mal «googeln». In ihr engagieren sich vor allem junge Leute. Es wäre spannend, zu erfahren, wie sie es geschafft haben, innerhalb weniger Jahren ein Netz über alle EU-Staaten zu spannen, damit sie in fast allen Ländern antreten können. Das ist nicht nur eine logistische Meisterleistung, sicher auch eine finanzielle. Wenn da nicht jemand nachgeholfen hat…

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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incamas SRL
5 Jahre her

brennende Autos, zerstörte Läden, ein mit Graffiti beschmierter Triumphbogen – in Frankreich machen die sogenannten „Gelbwesten“ ihrem Ärger Luft. Sie fordern die Senkung aller Steuern, die Anhebung von Mindestlohn und Renten sowie die Einrichtung einer „Bürgerversammlung“, die über die gesunkene Kaufkraft, soziale Not und den ökologischen Wandel diskutieren soll. In Italien gehen die Bürger ebenfalls auf die Straße. Die Geschenke, die die Regierung macht, reichen nicht aus. Stattdessen gibt es Kundgebungen unter dem Motto „Eine Zukunft für die Arbeit“. Zudem fordern die Demonstranten massive öffentliche und private Investitionen sowie ambitionierte Reformen. Letztendlich ist der Unmut italienischer und französischer Bürger verständlich.… Read more »

hubi stendahl
hubi stendahl
Reply to  incamas SRL
4 Jahre her

„….der fehlbewertete Euro verhindert jede normale Konjunkturerholung.“ Da steckt ein fataler Denkfehler drin. Der Euro ist nicht „fehlbewertet“. Er ist das arithmetisch gewogene Mittel als Spiegelbild heterogener 19 Teilnehmerstaaten, die den Euro nutzen. Hinzu kommen weitere 20 Staaten auf der Welt, die ihre Währung an den Euro gebunden haben, aber jederzeit aussteigen könnten. Er ist also so bewertet, wie die Devisen-Märkte ihn ALS DURCHSCHNITT DER LEISTUNGSFÄHIGKEIT DES WÄHRUNGSRAUMS sehen und nicht „fehlbewertet“. Fehlkonstruiert ja. Dass wussten aber die Insider von Beginn an. Stellte sich die Frage, warum so kluge Leute dies einfädelten. Nun, heute können wir es sehen. Statt freien… Read more »

Technikus
Technikus
Reply to  incamas SRL
4 Jahre her

Es sind nicht die Gelbwesten, die Autos anbrennen oder Läden zerstören, sondern das Gesindel, dass sich unter die Gelbwesten mischt.

dragaoNordestino
4 Jahre her

Eine davon nennt sich «Volt». Wer sie nicht kennt, sollte sie mal «googeln». In ihr engagieren sich vor allem junge Leute……. Das ist nicht nur eine logistische Meisterleistung, sicher auch eine finanzielle. Wenn da nicht jemand nachgeholfen hat… 3. Volt Europa constantly publishes every donation exceeding 3000 Euro per donation or donor per year within 15 days from its receipt/immediately on Volt Europa’s website. Before publishing a donation, Volt Europa will obtain the donor’s consent. 4. If the donor disagrees with point 4 of this article, the amount exceeding 3,000 EUR will be transferred back to the donor’s account, detracting… Read more »

hubi stendahl
hubi stendahl
Reply to  dragaoNordestino
4 Jahre her

Gründer von VOLT“ sind Andrea Venzon und Damian Boeselager. Beides Studenten. In Deutschlands Städten findet man mittlerweile unzählige (gespendete?) Plakate auf der gerade eine 29 jährige Jurastudentin namens Marie-Isabelle Heiss gepuscht wird. Ganz einfache bekannte Machart. Hier in der Form der „Lila-Revolution“. Wer hat Interesse daran diese 0,1 %“ Partei“ zu puschen, zu finanzieren und durch die Medien zu jagen? Dann schauen wir mal nach Brüssel und New York. Guy Verhofstadt ex Premier von Belgien und Höfling von Luxemburgs Hüftschaden Juncker freute sich kürzlich seine „Kinder“, die Gründer von Volt empfangen zu dürfen: „Great to meet Andrea Venzon and Damian… Read more »

Hans Delton
Hans Delton
Reply to  hubi stendahl
4 Jahre her

Das ist übrigens der Herr Vater von Damian Freiherr von B.:

http://www.ior.va/content/ior/en/governance/georg-freiherr-von-boeselager.html

El Bolo
El Bolo
4 Jahre her

Und erst die britischen Brexiter, angeführt von Nigel Farage, assistiert von Annunziata Rees-Mogg Co. Da ist großes Theater zu erwarten!

Und abgehalftert sind nicht nur die Parlamentarier, sondern auch die Kommissare – oder wie würde man z.B. Günther Oettinger anders bezeichnen?

Austriak
Austriak
4 Jahre her

Sarah Wiener

Sarah Wiener verteidigt ihren EU-geförderten Biobauernhof!!

Promiköchin Sarah Wiener, die bei der EU-Wahl als Listenzweite der österreichischen Grünen antritt, verteidigt ihren landwirtschaftlichen Betrieb im deutschen Brandenburg, an dem sie 20 Prozent hält und der im Vorjahr 317.000 Euro an EU-Geldern erhalten hat. Sie sieht darin keinen Widerspruch zu ihrer Forderung, Agrarsubventionen abzuschaffen.

So sind sie halt die ehrlichen GRÜNEN!!

Gästin
Gästin
Reply to  Austriak
4 Jahre her

Sarah Wiener

Gästin
Gästin
Reply to  Gästin
4 Jahre her

wird dann wohl in ihren Dessous im EU Parlament sitzen 🙂
etliche Fotos im Netz
jaja

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