AfD-Chef Lucke greift Gericht an
Das vom AfD-Schiedsgericht angeordnete Verbot des von Bernd Lucke gegründeten Vereins „Weckruf 2015“ sei „grob rechtsfehlerhaft“, meint der Parteichef. Ob er damit durchkommt?
Mit einer Entscheidung gegen den von AfD-Chef Bernd Lucke gegründeten „Weckruf“-Verein greift das Bundesschiedsgericht der AfD in den innerparteilichen Machtkampf ein. Das Gericht gab einem Antrag des Kreisverbandes Fürstenfeldbruck statt und verbot den „Weckruf 2015“, in dem Lucke seine Unterstützer innerhalb der AfD sammelt. Nach Aussage eines AfD-Sprechers wies das Gericht den Parteivorstand an, die Auflösung des Vereins anzuordnen, weil dieser mit der Satzung der AfD nicht vereinbar sei. Die Entscheidung des Bundesschiedsgerichts sei „bindend und nicht anfechtbar“.
„Grob rechtsfehlerhaft“
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Während Luckes Ko-Sprecher Frauke Petry und Konrad Adam sowie AfD-Vize Alexander Gauland die Entscheidung begrüßten, sah Lucke den Richterspruch kritisch. „Ich halte das Urteil für grob rechtsfehlerhaft“, sagte er. Es handle sich um die Verfügung „eines einzelnen Schiedsrichters“. Noch dazu sei die Entscheidung ohne Anhörung des Bundesvorstands ergangen. Deshalb habe der Bundesvorstand das Recht, eine Überprüfung und Aufhebung der Entscheidung zu beantragen. „Und das wird er voraussichtlich auch tun“, kündigte Lucke an.
Im Übrigen habe „jedes AfD-Mitglied hat das Recht, sich in anderen Organisationen zu betätigen, solange die nicht in Konkurrenz zur AfD stehen“. Lucke wörtlich: „Dass der Weckruf nicht in Konkurrenz zur AfD steht, hat der Bundesvorstand bereits beschlossen. Und der Bundesvorstand ist das von Satzung her vorgesehene Gremium, dieses zu entscheiden.“
„Verführte Weckruf-Mitglieder“
Petry hingegen sprach von einem „verheerenden politischen Signal für Bernd Lucke“. Der „Weckruf“ sei der Versuch einer Minderheit um Lucke gewesen, die innerparteiliche Demokratie zu zerstören. Mit seinem Urteil habe das Bundesschiedsgericht als höchste juristische Instanz der AfD bestätigt, „dass politische Richtungsentscheidungen allein dem Bundesparteitag und somit den Mitgliedern vorbehalten sind“. „Gut, dass das Schiedsgericht so zügig und klar geurteilt hat“, sagte Petry.
Nun gelte es, so viele „verführte Weckruf-Mitglieder“ wie möglich wieder in die Partei zu integrieren. Allerdings müssten die Vereinsmitglieder dazu auch die nötige Einsicht zeigen und sich in die bestehenden Parteistrukturen einordnen. „Ich bitte alle AfD-Mitglieder, die durch den ,Weckruf’ provozierten persönlichen Auseinandersetzungen nicht fortzuführen, sondern im Sinne der Partei einigend zu wirken, damit wir nach dem Parteitag Wahlkampf für weitere fünf Bundesländer machen können“, sagte Petry.
Wie Petry nahm auch Adam die „Weckruf“-Mitglieder in Schutz. Die Entscheidung des Schiedsgerichts sei ausschließlich eine Niederlage für Lucke „und seine Büchsenspanner“. „Die einfachen Mitglieder, die guten Glaubens seinen falschen Versprechen gefolgt sind, trifft kein Vorwurf. Sie sind genauso Opfer wie alle diejenigen, die dem Weckruf aus guten Gründen ferngeblieben sind und nun mit ansehen müssen, wie ihr Werk von einem selbstgerechten Autisten zerschlagen wird“, sagte Adam.
Noch mehr Streit?
Er, Petry und Gauland wollten die Partei „in ihrer alten Form“ erhalten. „Ohne roten Linien, ohne Denkverbote und ohne einen Zensor, der zwar nicht alles, aber alles besser weiß. Wir brauchen keinen Papst, schon gar keinen reformierten. Und ganz gewiss nicht in der AfD“, sagte Adam in Anspielung auf Lucke.
Mit seiner Entscheidung habe das Gericht die Befürchtungen vieler in der Partei bestätigt, wonach der „Weckruf“ der Beginn einer Parteispaltung sei, ordnete Gauland den Richterspruch ein. Mit Blick auf Lucke fügte er hinzu: „Ich weiß nicht, welche Schlüsse er daraus zieht, vermutlich keine.“ Am ehesten sei wohl eine weitere Verschärfung des innerparteilichen Konflikts zu erwarten, der sich dann auf dem Parteitag Anfang Juli in Essen Bahn breche. Der Mitgliederparteitag soll eine neue Führung wählen, dabei dürfte es nach Lage der Dinge zu einer Kampfabstimmung zwischen Lucke und Petry kommen.
In den vergangenen Wochen hatte der „Weckruf“ massiv unter den AfD-Mitglieder für den Parteitag mobilisiert. So schildert der Kreisverband Fürstenfeldbruck in seinem Antrag an das Schiedsgericht, wie der „Weckruf“ per E-Mail versucht habe, in die Wahlen zum Landesvorstand der AfD Hessen einzugreifen. Die Mitglieder seien aufgefordert worden, bestimmte Entscheidungen und Kandidaten zu unterstützen.
„Besondere Eile geboten“
„Ein gleiches Vorgehen sei für den bevorstehenden Bundesparteitag in Essen zu erwarten. Um dies zu unterbinden, sei besondere Eile geboten“, heißt es in den „Entscheidungsgründen“ des Schiedsgerichts. Der Kreisverband hatte zuvor gewarnt: „Damit möglichst viele Weckruf-Unterstützer nach Essen kommen, wird denjenigen, die den finanziellen Aufwand für eine Teilnahme nicht leicht tragen können, eine finanzielle Unterstützung durch den ,Weckruf 2015’ in Aussicht gestellt.“
Das Schiedsgericht berücksichtigte in seiner Entscheidung auch Veranstaltungen der EKR-Fraktion mit Lucke. Diese seien nicht nur von „Weckruf“-Mitgliedern organisiert worden, es seien auch vorwiegend „Weckrufer“ eingeladen worden. „Dies lasse den Eindruck einer bereits entstehenden Spaltung der AfD entstehen“, heißt es in der Entscheidung. Kritisch merkte das Gericht an, die „Weckruf“-Gründer hätten sich weder um die notwendige Genehmigung durch den Konvent noch um eine „Art Ersatzgenehmigung“ durch den Bundesvorstand oder Landesvorstände bemüht.