Dirk Niebel rüstet auf
Als Bundesminister entschied Dirk Niebel im Sicherheitsrat über Rüstungsexporte, ab 2015 unterstützt der FDP-Mann die Rheinmetall AG beim Verkauf von Rüstungsgütern.
Aus seiner Leidenschaft für alles Militärische hat Dirk Niebel nie einen Hehl gemacht. Sogar auf seinen Missionen als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung trat der ehemalige Zeitsoldat und Fallschirmjäger in den armen Regionen dieser Welt zuweilen mit einer Arbeitsmütze der Armee auf. Nach seinem unfreiwilligen Ausscheiden durch die Wahlniederlage seiner FDP aus der Bundesregierung und Bundesrat war lange Zeit unklar, wohin es den gelernte Diplomverwaltungswirt nun ziehen würde. Nun ist klar: Er geht zum Rüstungskonzern Rheinmetall.
„Herr Niebel ist ab Januar 2015 Mitarbeiter der Rheinmetall AG und unterstützt den Vorstand“, bestätigte Peter Rücker, Leiter der Unternehmenskommunikation der Rheinmetall AG, der „Welt“. Die Aufgaben, die den früheren Minister dort erwarten, beschrieb Rücker so: „Herr Niebel wird uns beim Ausbau der globalen Regierungsbeziehungen helfen, das gilt sowohl für den Automobilbereich wie auch für die Rüstungssparte.“ Er werde aber auch helfen, bereits erfolgte Internationalisierungsschritte zu überprüfen.
„Wir kennen Herrn Niebel seit längerer Zeit“
Rheinmetall habe sich zum Ziel gesetzt, bestimmte Bereiche der Automobilspektrums und der Rüstungsprodukte zukünftig auch auf nicht-europäischen Märkten zu platzieren. Von den Auftragseingängen im sogernannten Defense-Bereich sollen künftig mehr als 50 Prozent aus dem nichteuropäischen Ausland kommen. „Da hoffen wir auf die Unterstützung durch Herrn Niebel“, sagte Rücker.
Bislang machten Aufträge der Bundeswehr zwischen 20 und 25 Prozent des Jahresumsatzes der Rheinmetall-Rüstungssparte aus. Zweitstärkste Nachfrager seien das europäische Ausland und die Nato-Staaten, dann erst käme das nichteuropäische Ausland. Rheinmetall beschäftigt weltweit 23.000 Mitarbeiter und erzielte zuletzt einen Umsatz von 4,6 Milliarden Euro in den Sparten Automobiltechnik und Rüstung.
Auf die Frage, wie der Kontakt zu Niebel entstanden sei, sagte der Leiter der Unternehmenskommunikation: „Wir kennen Herrn Niebel seit längerer Zeit. Erstmals haben wir mit ihm über seine künftige Tätigkeit gesprochen, als er bereits aus der Bundesregierung ausgeschieden war. Früher gab es keinerlei geschäftliche Verbindungen zu Herrn Niebel.“
Mitglied im Sicherheitsrat
Als Mitglied der Bundesregierung war Dirk Niebel auch eines der sieben Mitglieder des Bundessicherheitsrates, dem auch die Kanzlerin angehört. Der Sicherheitsrat entscheidet über den Verkauf von Rüstungsgütern ins Ausland. Von den zahlreichen Anfragen aus dem Ausland wird nur ein Teil der genehmigten Rüstungsexporte bekannt. Wer in diesem Ausschuss sitzt, hat also einen genauen Überblick darüber, welche Rüstungsgüter von wem in Deutschland angefragt werden, welche Produkte deutsche Herstellern im Programm haben und verkaufen.
Rheinmetall ist diese Problematik bewusst. „Wir wissen, dass Herr Niebel als Minister auch Mitglied im Bundessicherheitsrat war“, sagte Rücker. „Wenn er seine Tätigkeit bei uns aufnimmt, liegt dies aber über ein Jahr zurück. Das ist, wie wir finden, eine ausreichend lange Zeit.“ Im Übrigen habe Rheinmetall nur einen einzigen Mitbewerber auf dem deutschen Markt, nämlich die Firma Krauss-Maffei Wegmann. „Die wissen genau, was wir machen. Und wir wissen genau, was die machen. Es wäre also unsinnig anzunehmen, wir hätten Herrn Niebel aus Konkurrenzgründen angestellt“, so Rücker.
Grüne für drei Jahre Karenzzeit
In der Politik wurde die Nachricht vom Wechsel Niebels in die Wirtschaft von den Grünen kritisiert. „Dirk Niebel hat seine Bundeswehrkappe wieder aus der Mottenkiste geholt. Als Cheflobbyist des Rüstungskonzerns Rheinmetall stehen für ihn nicht Frieden und Menschenrechte, sondern Armee und Waffen im Zentrum“, sagte Michael Kellner, Politischer Bundesgeschäftsführer der Grünen der „Welt“. Und mit beißendem Sarkasmus fügte er hinzu: „Für mich besteht die Hoffnung, dass er auch diesen Arbeitgeber in die Krise führt – so wie er es mit der FDP bereits geschafft hat.“ Für ihn zeige der Fall Niebel aufs Neue, dass es klare Regeln für den Übergang von Regierungsmitgliedern in die Privatwirtschaft geben müsse. „Zur Vermeidung von Interessenskonflikten wäre eine eine Karenzzeit von drei Jahren angemessen“, sagte Kellner.
Niebel war in der Zeit von 2009 bis 2013 während der schwarz-gelben Koalition Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die Personalie sorgte damals für Verwunderung, weil sich Niebel zuvor öffentlich dafür starkgemacht hatte, das Ministerium ganz abzuschaffen. Während seiner Amtszeit krempelte er mehrere Entwicklungsorganisationen um: Die staatliche GTZ, der DED und Inwent wurden zur Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) fusioniert. In der FDP stand Niebel zuletzt isoliert da, nachdem er die Parteispitze um den damaligen Vorsitzenden Philipp Rösler stark kritisiert hatte.
Geschrieben für Die Welt*
Anmerkung
*Günther Lachmann, „Ex-Entwicklungsminisger Dirk Niebel rüstet auf“, Die Welt: http://www.welt.de/politik/deutschland/article129680443/Ex-Entwicklungsminister-Dirk-Niebel-ruestet-auf.html