AfD-Co-Chefin Frauke Petry muss Insolvenz anmelden
In der AfD ist derweil ein offener Streit zwischen dem rechten und dem konservativen Flügel ausgebrochen. Wie national darf die AfD sein? Parteichef Lucke strebt den „Charakter einer Volkspartei“ an.
Politisch ist die Co-Vorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD) erfolgreich, geschäftlich läuft es für Frauke Petry derzeit nicht so gut. Ihre Leipziger Firma PURinvent GmbH muss Insolvenz anmelden. In einer Mail an die Partei bestätigte Petry die schwierige finanzielle Situation des Unternehmens.
„Sechseinhalb Jahre nach Gründung meines Unternehmens PURinvent GmbH in Leipzig habe ich mich schweren Herzens entschließen müssen Insolvenz anzumelden“, schreibt die Partei-Chefin. „Obwohl unsere umweltfreundlichen PU-Kunststoffe sich auf dem Markt im In- und Ausland bewährt haben, musste ich die Konsequenz daraus ziehen, dass uns die ersten Geschäftsjahre und die Zeit der Marktdurchdringung deutlich mehr finanzielle Kraft gekostet haben als ursprünglich geplant.“ Sie wende sich mit dieser Nachricht direkt an die Partei, „weil es mir wichtig ist, auch in schwierigen Situationen den Mut zur Wahrheit zu bewahren“.
Die Nachricht von der Insolvenz kommt indes nicht überraschend. Seit ihrer Gründung im Jahr 2007 hat die PURinvent GmbH Verluste eingefahren. Als Petry und die Bank 2011 frisches Geld in das Unternehmen investierten, entspannte sich die finanzielle Lage kurzzeitig. Doch schon anderthalb Jahre später drohte erneut die Überschuldung.
Bundesverdienstkreuz für Petry
PURinvent produziert einen Kunststoff, der anstelle der sonst üblichen Luft in Gummireifen gefüllt wird. Auf diese Weise sind die Reifen gegen Beschädigungen durch herumliegendes Glas oder Metall geschützt. Vor allem in der Industrie und im Handwerk können durch beschädigte Luft gefüllte Reifen schnell hohe Kosten entstehen, weil die Fahrzeuge dann nicht mehr einsetzbar sind.
Der von PURinvent Unternehmen hergestellt Kunststoff geht auf ein in den neunziger Jahren von Petrys Mutter angemeldetes Patent zurück, die wie ihre Tochter Chemikerin ist. Frauke Petry aktualisierte das Patent dann vor einigen Jahren und gründete das Unternehmen. Für Ihre Arbeit ist sie wiederholt ausgezeichnet worden. Sie erhielt den „Sächsischen Gründerinnpreis“, den „Darboven Ideen-Förderpreis“ und im vergangenen Jahr gar den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland.
Bitte um Unterstützung
In ihrer Mail an die AfD-Mitglieder schreibt sie nun: „Da es mir als Inhaberin und Geschäftsführerin im Gegensatz zu Großbanken nicht möglich ist, Verluste zu sozialisieren und ich für diese stattdessen persönlich hafte, blieb mir in der aktuellen Situation keine andere Wahl. Mit Unterstützung des Insolvenzverwalters werde ich in der nächsten Zeit die Suche nach einem Investor intensivieren.“
Sie verbindet die Ankündigung der Insolvenz mit dem Wunsch, ihre Arbeit für die AfD „trotz des beruflichen Einschnitts unvermindert fortsetzen und in den kommenden Wahlen im Jahr 2014 mit Ihnen gemeinsam an das überdurchschnittliche sächsische Wahlergebnis anknüpfen“ zu können. Offenbar in der Sorge, der wirtschaftliche Rückschlag könne ihren Rückhalt in der Partei mindern, bittet sie: „Dabei ist mir sehr wohl bewusst, dass ich dies nur tun kann, wenn Sie mir dafür weiterhin Ihr Vertrauen aussprechen, worum ich an dieser Stelle herzlich bitte.“
Flügelkämpfe in der AfD
Nach dem mit 4,7 Prozent der Stimmen nur knapp verpassten Einzug in den Bundestag befindet sich die AfD nun einem Prozess der Selbstfindung. Darüber ist eine innerparteiliche Auseinandersetzung zwischen sozial-konservativen, liberalen und rechten Strömungen über die künftige politische Ausrichtung ausgebrochen. Der rechte Flügel drängt unter anderem auf starke nationale Elemente und klare Aussagen gegenüber dem Islam und der Ausländerpolitik. Unklar ist, wie stark dieser Flügel derzeit ist.
Ein Konvent der Parteispitze suchte vor kurzem diese Auseinandersetzungen zu kanalisieren. Dabei diskutierte die bewusst klein gehaltene Runde unter anderem über die Wahl eines für die Organisation zuständigen Generalsekretärs. Allerdings ergab sich kein einheitliches Meinungsbild, da einige Ländervertreter sich dagegen, andere dafür aussprachen.
„Volksparteicharakter“
Für die Europawahl im kommenden Frühjahr gab Parteichef Bernd Lucke erste inhaltliche Linien vor. Danach strebt die AfD einen Charakter einer „Volkspartei mit Integrationskraft um einen freiheitlichen Markenkern“ an. Ihre Politik fuße auf einem traditionellen Familienbild, dem „abendländischen Wertekanon, Nächstenliebe und dem Sozialstaatsprinzip“. Zentrales Element ihre Politik sei die Wertschätzung von Bürgerrechten und einer marktwirtschaftlichen Ordnung mit einer sozialen Komponente nach dem Beispiel Ludwig Erhards. Innenpolitisch stehe die Afd für ein „positives Staatsverständnis“ und dem „entschiedenen Kampf gegen Kriminalität“. Außen- und Sicherheitspolitisch lehne sie Einsätze der Bundeswehr außerhalb des Nato-Gebietes ab.
Ihr stellvertretender Sprecher Alexander Gauland ermunterte die Partei dazu, eigenständig nationale Interessen zu definieren. Es gehe darum, die „Deutungshoheit“ in dieser Frage „Stück für Stück“ von der 68er-Generation zurückzugewinnen und zu einem „positiven Nationalbewusstsein“ zu kommen. Andere Teilnehmer des Konvents sprachen von einem „unaufgeregten Patriotismus“. Sie forderten eine Erneuerung der Demokratie und den Einsatz der AfD für mehr Eigenstaatlichkeit. Zu allen genannten Punkten wird eine Mitgliederbefragung erwogen.