Angeblich vertraute Wulff seinen Vertrauten Olaf Glaeseker nicht
Die BILD-Reprter Martin Heidemanns und Nikolaus Harbusch haben das Buch zur Wulff-Affäre geschrieben. Ihre Erkenntnis: Die Rolle des engsten Wulff-Vertrauten Olaf Glaeseker muss neu bewertet werden.
Jetzt gibt es Wulff-Affäre als Buch. Tagesthemen-Legende Ulrich Wickert durfte es als einer der ersten lesen – und ist voll des Lobes. Was die beiden „BILD“-Reporter Martin Heidemanns und Nikolaus Harbusch darin aufgeschrieben hätten, sei weit mehr als die Zusammenfassung dessen, was in unzähligen Zeitungsartikeln über die Affäre des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff aufgedeckt worden sei. Es sei etwas Bleibendes. Ein Stück Geschichte. „Es ist ein deutsches Sittengemälde“, sagte Wickert anlässlich der Buchvorstellung in Berlin. „Und es ist ein Lehrbuch der Recherche.“
Als er es las, habe er sich unwillkürlich an Marlene-Dietrich-Film „Der blaue Engel“ erinnert, den Josef von Sternberg 1929 auf der Grundlage des Romans „Professor Unrat“ von Heinrich Mann gedreht hatte und der die Doppelmoral des Bildungsbürgers thematisierte. In Manns Roman verfällt der 57 Jahre alte Gymnasiallehrer Raat einem „Fräulein Rosa Fröhlich“. „Im Leben von Christian Wulff kommt es zum Bruch, als er seine erste Ehefrau verlässt und Bettina Körner kennenlernt“, sagt Wickert. Er erinnere sich an einen Presseball aus dieser Zeit. „Er war plötzlich sehr freundlich“, sagt Wickert.“ „Das war er vorher eher nicht.“
Rückschlüsse auf die Person Wulffs zog Wickert auch aus dem Umstand, dass alle Informationen, die Heidemanns und Harbusch zutage förderten, „aus dessen engem Umfeld“ gekommen seien. Wulff habe auf dem „Weg nach ganz oben Enttäuschte“ zurückgelassen, „die lange Wegbereiter waren und auf der Strecke blieben“.
Harbusch betonte, er habe bei seinen Recherchen jedoch nicht das Gefühl gehabt, dass sich einzelne an Wulff hätten rächen wollen. „Was sie trieb, war vor allem die Sorge um die Unabhängigkeit des Ministerpräsidenten und späteren Bundespräsidenten“, sagte der BILD-Reporter.
Interessant ist auch, wie die beiden Reporter die Rolle des engsten Wulff-Vertrauten Olaf Glaeseker heute einschätzen. „Glaeseker wusste vieles nicht“, sagte Heidemanns. So habe er weder von Wulffs Urlauben auf Mallorca gewusst noch von dem legendären Anruf des Bundespräsidenten auf der Mailbox von BILD-Chefredakteur Kai Diekmann. „Ab einem bestimmten Zeitpunkt hatte Glaeseker sogar mit dem Gedanken gespielt, aus dem Amt zu scheiden, weil das Vertrauensverhältnis gestört war“, so der BILD-Reporter.
Nach langer Funkstille seien die beiden erst im Juni dieses Jahres wieder aufeinander zugegangen. „Wulff lud Glaesker zu seiner Geburtstagsparty ein“, sagte Heidemanns. Der habe jedoch nicht ohne ein vorheriges Vier-Augen-Gespräch kommen wollen. Also sei Wulff mit seinem Dienstwagen zu Glaeseker gefahren. Offenbar gewann Glaeseker dabei das Gefühl, die gröbsten Risse in seinem Verhältnis zu Wulff seien wieder gekittet. Jedenfalls kam er am 23. Juni zum Barbecue zu den Wulffs nach Großburgwedel. Kurz darauf habe Wulff in einer Vernehmung seinen engen Freund dann schwer belastet.
Für ihre Rechercheleistung waren Heidemanns und Harbusch im Mai mit dem Henri-Nannen-Preis ausgezeichnet worden. All das, was sie vom 18. Februar 2009 bis heute an Daten und Fakten ansammelten floss in dieses Buch ein. Sie selbst sehen es als Dokumentation dessen, was war. Die politische Bewertung wollen sie „anderen überlassen“. Christian Wulff war im Februar 2012 nach gut eineinhalb Jahren im Amt wegen einer Kredit-, Schnäppchen- und Medienaffäre zurückgetreten.
Geschrieben für „DIE WELT„
Das Buch „Affäre Wulff“ erscheint im Verlag „Schwarzkopf & Schwarzkopf“,