Der spendable Herr Maschmeyer

Sein inniges Verhältnis zu den Mächtigen ist oft dokumentiert worden. Unzählige Bilder zeigen den niedersächsischen Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer etwa mit Bundespräsident Christian Wulff, mit FDP-Urgestein Hans-Dietrich Genscher, mit Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und mit Altkanzler Gerhard Schröder (SPD). Maschmeyer selbst zählt sie alle zu seinem großen Freundeskreis. "Gerhard und Christian sind enge und langjährige Freunde, auch Ursula von der Leyen gehört zum Freundeskreis", sagte er im Januar der "Bild"-Zeitung. "Jetzt denken viele: Der ist nett zu ihr, weil sie Arbeitsministerin ist. Die Wahrheit ist, dass wir beide vor 30 Jahren beim Medizinstudium den gleichen Professor hatten. Wir haben uns schon damals im Anatomiesaal gut verstanden", so Maschmeyer. Auch mit Gerhard Schröder versteht er sich gut. Manche sagen, die beiden verstünden sich sogar besonders gut. Und das ARD-Magazin "Panorama" behauptet jetzt, Maschmeyer habe den früheren Bundeskanzler in den Wahlkämpfen des Jahres 1998 stärker als bislang bekannt unterstützt. Neben einer bereits ausgewiesenen Spende in Höhe von 650 000 Mark für den Landtagswahlkampf in Niedersachsen soll es demnach über einen Redakteur des Markt Intern Verlages in Düsseldorf eine weitere Zuwendung in Höhe von 150 000 Mark für Schröders Bundestagswahlkampf im selben Jahr gegeben haben. "Panorama" publizierte einen Brief, den der Redakteur geschrieben habe. In ihm steht: "Weil H. Maschmeyer naturgemäß Probleme damit hat, wenn denn nun ein zweites Mal herauskäme, dass er Herrn Schröder persönlich finanziell unterstützen wolle, habe ich ihm angeboten, für ihn als Clearingstelle aufzutreten." Für das Geld sollen Großanzeigen in der "Welt", der "Welt am Sonntag" und der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" geschaltet worden sein.

„Panorama“ behauptet zudem, der damalige Hannoveraner Staatskanzleichef und heutige Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, habe davon gewusst. Dessen Zeichenkürzel auf Schriftstücken aus der Staatskanzlei deuteten darauf hin, dass er das Vorgehen gebilligt habe. Steinmeier selbst wies die Anschuldigungen zurück. „Ob überhaupt, von wem und an welchen Empfänger Geld überwiesen wurde, entzieht sich meiner Kenntnis“, teilte er „Panorama“ schriftlich mit. Etwaige politische Aktivitäten seien „außerhalb der dienstlichen Verantwortung dieser Mitarbeiter erfolgt“. Maschmeyer teilte mit, er könne sich nicht an einen solchen Vorgang erinnern.

Gut erinnern kann sich offenbar die leitende Beamtin der Staatskanzlei, Bettina Raddatz. Sie bestätigte nicht nur die Echtheit der Dokumente, sondern gestand auch noch ein, selbst an dem Vorgang beteiligt gewesen zu sein. Auf dem erwähnten Brief des Redakteurs, den „Panorama“ im Internet veröffentlichte, finden sich Notizen von ihr. Der Brief war an „Frau Bettina Raddatz – persönlich/vertraulich – c/o Niedersächsische Staatskanzlei“ adressiert. Dass der Verlag nicht die sonst übliche Anschrift „Leiter(in) des Referats Mittelstand und Handwerk“ gewählt habe, deutet Steinmeier heute als Indiz dafür, dass es sich um ein an die Privatperson Raddatz adressiertes Schreiben gehandelt habe. Der Vorgang falle somit nicht in die dienstliche Verantwortung der Staatskanzlei. Der handschriftlichen Notiz zufolge gab Raddatz dieses Schreiben vom 13. Juli 1998 am 29. September 1998, einen Tag nach der Bundestagswahl, an Schröders Vertraute Sigrid Krampitz weiter.

Auf Anfragen von „Panorama“ lehnten Maschmeyer, Schröder und Steinmeier Interviews zu den Vorgängen ab. Daher sucht die CSU nach anderen Möglichkeiten der Aufklärung. Sie schlägt vor, die „recherchierten Dokumente und Erkenntnisse über eine mögliche illegale Spendenpraxis der SPD im Bundestagswahlkampf 1998 unverzüglich der Bundestagsverwaltung zur Verfügung“ zu stellen. „Diese kann dann erneut den Rechenschaftsbericht der SPD aus dem betroffenen Jahr prüfen“, sagte Stefan Müller, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, der „Welt“. „Illegale Verstrickungen müssen aufgedeckt werden und zu Konsequenzen führen“, so der CSU-Politiker.

Die enge Verbundenheit von Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer und Altkanzler Gerhard Schröder wurde kürzlich erst wieder deutlich. Für eine Million Euro kaufte Maschmeyer die Rechte an den Memoiren des früheren SPD-Vorsitzenden.

Günther Lachmann für „Die Welt“ vom 29.04.2011

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Über Günther Lachmann

Der Publizist Günther Lachmann befasst sich in seinen Beiträgen unter anderem mit dem Wandel des demokratischen Kapitalismus. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter gemeinsam mit Ralf Georg Reuth die Biografie über Angela Merkels Zeit in der DDR: "Das erste Leben der Angela M." Kontakt: Webseite | Twitter | Weitere Artikel

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