Albaniens Royals: Hoffnung auf Rückkehr zur Monarchie

BOULEVARD ROYAL

Malerische Kulisse in Berat, Albanien / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: 5075933 / https://pixabay.com/de/photos/berat-albanien-balkan-3707970/ Malerische Kulisse in Berat, Albanien / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bilder, open library: 5075933 / https://pixabay.com/de/photos/berat-albanien-balkan-3707970/

Albaniens Thronerbe Leka hat das südafrikanische Exil verlassen. Bahnt sich in dem kleinen Balkanstaat an der Adria eine Wiederherstellung der Monarchie an?

Es sollte der festliche Höhepunkt eines politisch wichtigen Staatsbesuchs sein: eine Gala-Aufführung an der Wiener Staatsoper. Nach der Vorstellung knallen gegen 22 Uhr plötzlich Schüsse durch den kalten Februarabend, Schreie sind zu hören, Panik bricht unter den geladenen Gästen aus. Ein Toter ist zu beklagen, es ist ein Adjutant. Eine Kugel durchschlug sein Gehirn.

Aus Sicht der Verschwörer ist er das falsche Opfer, denn das Ziel des Revolverattentats vom 20. Februar 1931 ist König Ahmet Zogu von Albanien. Unverletzt steht der junge Herrscher vor den Statuen der geflügelten Pferde mit den Musen der Harmonie und Poesie an der neo-renaissance Fassade des Musiktempels.

Ahmet Zogu, der Gründer

Sein Enkel Leka, bei albanischen Monarchisten als Leka II. bekannt, will an das Erbe seines Großvaters anknüpfen. Mit seiner Gattin, Elia Zaharia, einer früheren Schauspielerin, hat der Thronerbe seine südafrikanische Heimat verlassen und residiert in der alten Königsvilla in Albaniens Hauptstadt Tirana. Doch wer hat je schon von einer albanischen Monarchie gehört?

Der erste September 1928 war Ahmet Zogus großer Tag. Nachdem der aus einem einflussreichen albanischen Clan stammende Politiker eine steile Karriere vom Innenminister über das Amt des Ministerpräsidenten bis hin zum Präsidenten der Republik Albanien hingelegt hatte, erreichte er an dem Spätsommertag im wahrsten Sinne des Wortes die Krönung seiner Laufbahn: Ahmet Zogu I,. König von Albanien.

Der neue Monarch legitimierte seinen herrschaftlichen Anspruch über den Nationalhelden Georg Kastriota, genannt Skanderbeg. Jener war im 15. Jahrhundert ein erfolgreicher Heerführer aus albanischem Clan-Adel, der wahlweise und nach Höhe der Geldsumme für die Osmanen, den Papst, die Venezianer und die Neapolitaner kämpfte. Heldenstatus erlangte er, als er die Osmanen aus seinem angestammten albanischen Fürstentum warf. Zogu als Nachkomme Skanderbegs?

Emporkömmlinge neigen grundsätzlich dazu, ihre Ansprüche mit vermeintlicher Herkunft und Verwandtschaft zu historischen Herrscherpersönlichkeiten zu legitimieren – oder sie heiraten in alte Dynastien ein wie die Bernadottes von Schweden. Für Zogu war das umso wichtiger, da es in seiner Zeit in Europa eher unüblich war, eine Monarchie einzuführen, die zudem über keine Tradition verfügte. Zogu soll sich als Vorbild Napoleon III. genommen haben, der wie er vom Präsidenten zum Kaiser aufstieg und den dann der deutsch-französische Krieg vom Thron fegte. Ein Krieg kam auch dem jungen König mit seinen hochfliegenden Plänen in die Quere.

Albaniens kurzlebige Königs-Diktatur mit italienischem Finale

Enkel Lekas Geburt 1982 im südafrikanischen Johannesburg-Sandton war eine große Staatsaktion. Er musste auf albanischem Staatsgebiet geboren werden, um seine Thronansprüche behaupten zu können. Kurzerhand erklärte die Regierung in Pretoria die Entbindungsstation für 24 Stunden zu albanischem Staatsgebiet. Das gab es so nicht das erste Mal: Winston Churchill erklärte ebenfalls für 24 Stunden den Geburtstort von Kronprinz Alexander von Jugoslawien 1945 in London, wo die Königsfamilie im Exil lebte, zu jugoslawischem Territorium. Der Adel hängt eben an seiner Scholle.

Die albanische Königsherrlichkeit dauerte nicht lange. Zwei Tage nach der Geburt des Thronfolgers Leka Zogu im April 1939 kamen uneingeladen italienische Truppen vorbei, besetzten Tirana und das ganze Land. Zogu musste mit seiner schönen Gattin Geraldine, einer verarmten ungarischen Gräfin mit amerikanischem Pass, fliehen. Viel mitnehmen konnten die Royals nicht, sie waren im Vergleich zu den alten Monarchien arme Bittsteller und wurden zuerst in England und dann in Frankreich aufgenommen. Glück gehabt.

Zogu hatte in seiner Laufbahn nicht nur das Attentat in Wien erlebt, er war bereits während der Republik häufig Zielscheibe für Oppositionelle. Seine Politik der engen Anbindung an Italien, nachdem alternative Bündnisversuche wie beispielsweise mit Jugoslawien oder Österreich erfolglos blieben, rächte sich nun. Mussolini erklärte den italienischen König Vittorio Emmanuele III. zum König von Albanien und gliederte den Adriastaat ins neue Imperium Romanum ein. Auch das war wie Zogus Herrschaft eher kurzlebig, und das Königreich Albanien konnte sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg nicht wieder errichten. Überraschung?! Nicht, wenn es nach Albaniens Kommunisten ging, die das Land völlig abschotteten und die alten sozialen Strukturen unangetastet ließen – sozusagen als Clan-Sozialismus fortgesetzt. Wie aber kam die Ex-Königsfamilie nach Südafrika?

Zogus Sohn als Hasardeur

Leka Zogu, der nach dem Tod seines Vaters Zogu im Jahr 1961 den Titel König von Albanien als Leka I. annahm, brauchte Geld. Fündig wurde er durch Geschäftskontakte in Südafrika, wo er ein Vermögen aufbaute und eine Australierin heiratete. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs witterte der Thronprätendent in Albanien seine Chance. Ab Anfang der 1990er Jahre mischte er in der albanischen Politik kräftig mit und versprach vollmundig die Wiederherstellung eines Groß-Albanien, wo der Kosovo dazugehören müsse.

Ein von ihm und seinen Anhängern unterstütztes Referendum über die künftige Staatsform Albaniens im Jahr 1997 fiel nicht nach seinem Geschmack aus: Die Mehrheit votierte für die Beibehaltung der Republik.

Dass wollte Leka so nicht akzeptieren und versuchte einen Putsch. Mit bewaffneten Sympathisanten lieferte er sich mit Polizeieinheiten in Tirana Schusswechsel, bei denen mehrere Polizisten getötet wurden. Der Staatsstreich scheiterte, und er flüchtete nach Südafrika. Das Image war ruiniert.

Albaniens Clans kennen einander, hin und wieder üben sie Blutrache, aber sie können auch versöhnlich sein. Schließlich amnestierte das Parlament Leka im Jahr 2002, und mit einem Gesetz regelte die Regierung den Status der Royals: Niederlassungsfreiheit in Albanien und Rückgabe von Vermögenswerten. Vater Leka kehrte nach Tirana zurück und hielt sich fortan politisch zurück bis zu seinem Tod 2011. Knüpft Sohn Leka daran an?

Neuer Stil für eine neue Monarchie?

Als neues Familienoberhaupt präsidierte Leka (II.) bei der Beisetzung seines Großvaters Ahmet Zogu 2012 in Tirana. Der bislang einzige albanische König wurde von seiner ursprünglichen Grabstätte in Paris nach Tirana umgebettet. Im Beisein der gesamten albanischen Staatsführung und weiteren Würdenträgern aus benachbarten Balkanstaaten wurde Ahmet Zogu als Stifter einer nationalen albanischen Identität gewürdigt. Das ist sicherlich richtig, denn die Jahrhunderte zuvor war das Land weder souverän noch national. Es war ein Spielball verschiedener Mächte, vor allem aber des Osmanischen Reichs.

Der junge Leka verfügt mit seiner Ausbildung an renommierten britischen Institutionen, aber auch an einer kosovarischen Universität, sowohl über gute internationale Kontakte als auch nach Albanien und den Kosovo. Für dessen mehrheitlich albanische Bevölkerung hat er sich in seiner Zeit als Berater im Außen- und Innenministerium besonders eingesetzt. Ziel ist für ihn und die albanische Elite letztlich die Vereinigung beider Länder, sehr zum Missfallen Serbiens. Die alten Gräben sind noch offen, und sie sind präsenter denn je. Ob er die Stimmung unter den Albanern doch noch zugunsten der Monarchie drehen kann?

Leka ist im Land präsent, er verhält sich ausgleichend nach innen und ist bei der politischen Elite anerkannt. Seine ausländischen Vornamen wie Anwar, nach Ägyptens Präsident El Sadat, Reza, nach dem letzten Schah, Baudouin, nach dem König der Belgier und Msiziwe als Hommage an die südafrikanischen Zulu-Herrscher, sollen Herrschaftsanspruch und Internationalität unterstreichen. Plant Leka eine Wiedereinführung des Throns nach spanischem Vorbild, auf demokratischer Basis mit ihm als einigender Klammer? Seine Tochter Geraldine, benannt nach seiner Großmutter der Königin, wurde 2020 im Königin-Geraldine-Krankenhaus in Tirana geboren. Die Zeichen stehen gut für Leka und seine Familie.