Italien streitet um Juwelen-Schatz des früheren Königshauses

GEOLITICO ROYAL

Juwelen / Italien / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bider, open library: JamesdeMers; https://pixabay.com/de/photos/juwelen-schmuck-halskette-396441/ Juwelen / Italien / Quelle: Pixabay, lizenzfreie Bider, open library: JamesdeMers; https://pixabay.com/de/photos/juwelen-schmuck-halskette-396441/

Mario Draghi muss entscheiden, wem die Juwelen des Königshauses heute gehören. Italien erlebt einen an Peinlichkeiten reichen Streit mit dem Haus Savoyen.

Anfang Juni 1946 war es zu Ende mit der Savoyer Königsherrlichkeit in Italien, nach lediglich gut achtzig Jahren seit Gründung des Königreichs 1861. Umberto II., sozusagen der Letzte, musste die Koffer packen und mit seiner glamourösen Gattin Marie José ins portugiesische Exil. Italiens letzte Königin war nur gut vier Wochen in Amt und Würden und wurde daher Maikönigin genannt, da sich die Amtszeit ihres Mannes im Kern auf diesen einen Monat beschränkte. Die gebürtige belgische Prinzessin aus der auf zahlreichen europäischen Thronen sitzenden Familie Sachsen-Coburg und Gotha war für ihren exklusiven Stil und ihren opulenten Schmuck bekannt.

Italien rätselt: Was befindet sich im Schatz?

Genau um diesen geht es in dem schwelenden Streit zwischen dem italienischen Staat und den Savoyern. Sie verlangen den Inhalt einer versiegelten Schmuckschatulle zurück, der seit 1946 in der italienischen Nationalbank lagert. Umberto hatte vor seiner Reise ins Exil die Juwelen bei der Staatsbank treuhänderisch zurückgelassen.

In den 1970er Jahren wurde die wertvolle Kiste mit den vielen Siegeln aufgrund von Diebstahlgerüchten geöffnet und der Inhalt durch die Juwelier-Dynastie Bulgari begutachtet. Darunter sollen sich Diademe, Broschen, Perlen- und Diamantenketten Ohrringe sowie 2000 Perlen in verschiedenen Fassungen befinden, die abwechselnd zwischen einigen Millionen bis hin zu 300 Millionen Euro taxiert werden.

Das weckt verständlicherweise Begehrlichkeiten: Die vier Kinder des letzten Monarchen, an der Spitze der schillernde Ex-Kronprinz Vittorio Emanuele, haben bei der Staatsbank die Herausgabe der Juwelen gefordert. Damit sind die Bank und die italienische Regierung aber nicht ganz einverstanden, und es kommt zu einem neuen Kapitel in den spannungsreichen Beziehungen zwischen Savoyern und der Republik Italien.

Eine Familie in der Dauerkrise

Bis 2002 durfte kein männlicher Spross der royalen Dynastie nach Italien einreisen, da Umberto nie formal abgedankt hat und das Ergebnis der Volksabstimmung aufgrund von Manipulationsverdacht – die CIA! – nie anerkannt. Nachdem die Republik ihrer Ex-Herrscherfamilie wieder unbegrenzten Zugang zum Land gewährte, fingen die Begehrlichkeiten erneut an. Welche Residenzen, Latifundien, Ehren dürfen es nun sein?

Im Prinzip keine, da die früheren Krongüter der Republik gehören. Aber was ist mit dem in der Staatsbank schlummernden Juwelenschatz? Das wollte Mario Draghi 2006 wissen, damals Chef der Banca d‘Italia, da die Stadt Turin im Rahmen der olympischen Winterspiele die Juwelen als nationales Erbe ausstellen wollten. Eine Anfrage an die damalige Regierung, wie damit zu verfahren sei, blieb unbeantwortet.

Nun ist Draghi der Regierungschef und muss die Frage beantworten. Nach Ansicht der Savoyer handelt es bei den Juwelen um Privatbesitz, der nach Gründung der Republik im Gegensatz zu royalen Immobilien und diversen Sammlungen von Gemälden bis Automobilen nicht beschlagnahmt wurde.

Emanuele Filiberto, einziger Sohn des Ex-Kronprinzen, sieht die Juwelensammlung daher als privaten Besitz an. Emanuele Junior könnte mit dieser Einschätzung erneut Schiffbruch erleiden, wie er es in der Vergangenheit öfter erlebt hat. Ganz der Vater, lässt er kein Fettnäpfchen aus.

Zuerst einmal ist er nicht standesgemäß gezeugt worden, was der Autor ihm nicht vorwerfen will, aber konservative Monarchisten und Teile der eigenen Familie. Seine Mutter, die Schweizerin Marina Ricolfi Doria, war ein It-Girl der 1950er/60er Jahre und angelte sich neben Playboys wie Gunter Sachs letztlich den italienischen „Thronfolger“. Geheiratet wurde standesamtlich in Las Vegas und kirchlich in Teheran! Wenn das der Papst wüsste. Ihre beachtlichste Leistung sind ihre vier Weltmeistertitel im Wasserskifahren in den 50er Jahren. Hochachtung!

Mafia, Prostituierte und Tanzeinlagen

Wollte es ihr der Filius sportlich gleichtun, indem er sich als Tänzer bewies? Emanuele gewann 2009 die italienische Version von Let’s dance, was bisher sein einziger Sieg ist. Im Jahr zuvor geriet er in die Schlagzeilen als Spitzenkandidat der Auslandsliste seiner Mini-Partei Valori e Futuro – Werte und Zukunft – für die er 1.811 Stimmen holte.

Zukunft hatte dieses Projekt keine, und mit den Werten war es auch nicht gut bestellt. Unter den Parteigrößen tummelten sich halbseidene Figuren, die wahlweise wegen Steuerhinterziehung angeklagt, der Erpressung um junge Starlets beschuldigt wurden und – natürlich – mit Mafiakontakten in Verbindung gestanden haben sollen. Che casino – welch Chaos!

Weitere Ausflüge ins politische Fach bei den Europawahlen 2009 waren ebenfalls nicht von Erfolg gekrönt, und einer erneute Krönung eines der Thronanwärter der Dynastie dürfte wegen der zahlreichen Skandale und der faschistischen Verstrickungen der royalen Sippe in der Mussolini-Zeit für immer ausfallen.

Emanueles Vater, Ex-Kronprinz und Ex-Chef des Hauses Vittorio Emanuele, hat dazu entscheidende Beiträge geleistet. Nicht allein seine bürgerliche Frau hat ihn in Misskredit gebracht, das hätten ihm monarchische Kreise noch verziehen. Aber seine Verstrickungen in Korruption, Betrug und Ausbeutung von Prostituierten haben das Fass zum Überlaufen gebracht. Gerüchteweise gehörte er auch zur Loge P2, die als Bollwerk gegen den Kommunismus gegründet wurde und noch andere illustre Mitglieder zählte – Andreotti, Berlusconi und der halbe Vatikan?!

Tödlicher Schuss auf Dirk Hamer

2006 wurde seine Königliche Hoheit sogar verhaftet: Skandal! Auch der tödliche Schuss, den der Prinz in den 80er Jahren angeblich unabsichtlich bei einem Streit in Richtung des unbeteiligten Deutschen Dirk Hamer abgab, trug nicht zu seiner Popularität bei. Jener Tote vor Korsika war übrigens der Sohn des zwielichtigen Verfechters einer so genannten germanischen Medizin, Ryke Geerd Hamer.

Skandalös fanden weite Teile der italienischen Öffentlichkeit auch die Schadensersatzforderung in Höhe von 260 Millionen Euro wegen der Verstaatlichung royaler Besitztümer bei Gründung der Republik. Jene wehrte sich dagegen und behielt sich finanzielle Forderungen gegenüber den Savoyern vor aufgrund der Verwicklung in den Faschismus. Durch diese Serie an wenig royalem Verhalten hat ihn der Familienrat als Oberhaupt abgesetzt und einen Cousin, Amadeo, als neuen Chef eingesetzt.

Ironie der Geschichte: Nach dem Tod Amadeos ist nun doch der nicht ganz standesgemäß gezeugte Emanuele Filiberto Chef der Savoyer. Und wie geht es weiter mit den Juwelen? Diese Frage dürften die Gerichte und ein gewisser Mario Draghi beantworten. Für die Italiener gibt es bereits eine Antwort zu ihrer Ex-Königsfamilie: Sie bleibt Ex!

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