Das Desinteresse des Bundesfinanzministeriums an den „Panama Papers“
Die „Panama Papers“ sorgten 2016 für Schlagzeilen. Das demonstrative Desinteresse des Bundesfinanzministeriums an den Steuerunterlagen jedoch nicht. Warum nur?
Vor einigen Jahren schlugen die sogenannten „Panama Papers“ hohe Wellen in den deutschen und internationalen Medien. Bei diesen Papieren handelte es sich um vertrauliche Unterlagen eines panamaischen Offshore-Dienstleisters, welche durch einen Whistleblower verschiedenen Journalisten zugespielt worden waren.
Nach Einschätzung der beteiligten Medien belegten die Unterlagen legale Strategien der Steuervermeidung, aber auch Steuer- und Geldwäschedelikte, den Bruch von UN-Sanktionen sowie andere Straftaten durch Kunden des Offshore-Dienstleisters. Die Enthüllungen führten in zahlreichen Ländern zu Ermittlungen gegen Politiker und andere Prominente und lösten öffentliche Debatten über Steuerschlupflöcher, Briefkastenfirmen und Steuermoral aus. Nunmehr wurde ein Bericht des Bundesrechnungshofs bekannt, der interessante Einblicke in die Auswertung der erlangten Informationen durch die deutsche Finanzverwaltung bietet.
BKA informierte das Finanzministerium nicht
Im Jahr 2017 erwarb nämlich das Bundeskriminalamt den Datenbestand der „Panama Papers“. Pikant ist dabei, dass dem Bundesfinanzministerium nicht bekannt war, dass dem Bundeskriminalamt ein Angebot über den Kauf der „Panama Papers“ vorlag. Auch wusste das Finanzministerium nicht, dass das Bundeskriminalamt die Finanzverwaltung eines Landes hinzugezogen hatte, um zu prüfen, ob und inwieweit das Datenangebot steuerlich verwertet werden konnte.
Die erwähnte Finanzverwaltung eines Landes übernahm auf Bitte des Bundeskriminalamts die Aufgabe, den Gesamtdatenbestand der „Panama Papers“ aufzubereiten und inländische Steuerfälle zu identifizieren. Eine hierzu eingerichtete Auswertungseinheit übermittelte Kontrollmaterial aus dem Datenbestand der „Panama Papers“ an die Steuerfahndungen der Länder, die diese auf mögliche Steuerverkürzungen überprüfen sollten. Das Kontrollmaterial bezog sich auf in Panama gegründete Gesellschaften, bei denen die Recherchen ergeben hatten, dass sie möglicherweise inländischen Steuerpflichtigen zuzurechnen sind.
Die übermittelten Informationen waren zunächst wenig aussagekräftig. Es waren weitere Recherchen nötig, um inländische Steuerfälle identifizieren zu können. Neben unterschiedlichen Auswertungsstrategien befassten sich manche Bundesländer inhaltlich weniger intensiv mit dem Kontrollmaterial als andere. Zum Teil fehlte auch die nötige Fachexpertise im Umgang mit dieser Art von Daten. Dies führte in einem Land dazu, dass es nicht einen einzigen Steuerfall bei der Auswertung der Daten identifizieren konnte. Ein anderes Land hingegen konnte viele Steuerfälle identifizieren. Es deckte Steuerverkürzungen in erheblichem Ausmaß auf und setzte Mehrsteuern in zweistelliger Millionenhöhe fest.
Warum waren das Ministerium und die Medien so desinteressiert?
Nachdem das Bundesfinanzministerium vom Kauf der Daten erfahren hatte, blieb es untätig und brachte sich bei Auswertung der Daten nicht ein. Stattdessen verließ es sich ausschließlich auf die Analyse, Aufbereitung und Auswertung der Daten durch die Finanzverwaltungen der Länder. Hätte sich das Finanzministerium fortlaufend über den Stand der Ermittlungen in den Ländern informiert, wäre ihm bekannt geworden, dass die Länder die Informationen unterschiedlich auswerteten. Dann hätte es frühzeitig auf ein möglichst bundesweit gleichmäßiges Vorgehen der Länder hinwirken und Steuerausfälle möglicherweise verhindern können. Rechtliche Hinderungsgründe für ein Einwirken des Bundesfinanzministeriums bestanden nicht.
Der Rechnungshof hat das passive Verhalten des Bundesfinanzministeriums bei der Auswertung der Daten kritisiert. Das Ministerium hätte seine Aufsichtspflichten für das Besteuerungsverfahren wirksam wahrnehmen und im Interesse der gleichmäßigen Besteuerung intensiv an der Auswertung mitwirken müssen. Aus der Sicht des Rechnungshofs haben die Finanzverwaltungen der Länder die „Panama Papers“ nicht gleichmäßig, sondern nur lückenhaft ausgewertet, mögliche Steuerausfälle seien unentdeckt geblieben. Interessant ist auch, warum den vielen „investigativen Reporten“, denen die „Panama Papers“ von interessierter Seite auf dem Silbertablett serviert wurden, das Verhalten des Bundesfinanzministeriums nicht auffiel.