Aus Weißrussland wird plötzlich Belarus
Wenn sich viele Menschen weltweit für eine Sache zusammentun sollen, brauchen sie so etwas wie einen gemeinsamen Schlachtruf. Derzeit heißt er Belarus.
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In den vergangenen Tagen lese und höre ich immer wieder einen Ländernamen, der mir zuvor in den Medien kaum untergekommen ist: Blearus. Im Deutschlandfunk fügen die Redakteure in den Berichten gelegentlich den Nebensatz „auch Weißrussland genannt“ hinzu, damit die Zuhörer wissen, um welchen Staat es sich handelt. Denn seit Jahrzehnten kennen die Westdeutschen dieses Land vor allem als Weißrussland. In Ostdeutschland war es allerdings wohl auch als „Belorußland“ bekannt.
Die Macht der sozialen Medien
Nun jedenfalls hat Weißrussland für viele Deutsche einen anderen Namen. Und diese „Umbenennung“ fällt just in die Zeit eines von Demonstrationen und massiver Staatsgewalt begleiteten Ausgangs einer Präsidentenwahl, die den seit 1994 amtierenden Machthaber Alexander Lukaschenko im Amt bestätigte. Niemand hatte einen anderen Wahlausgang erwartet, schließlich war Lukaschenkos aussichtsreicher Herausforderer, der Geschäftsmann Viktor Babaryko, bereits im Juni wegen angeblicher Finanzvergehen verhaftet worden. Ihm drohen nun bis zu 15 Jahre Haft. Und am Wahlbetrug in den Wahllokalen hat schon vorher niemand gezweifelt. Außerdem kennen die Weißrussen diese Praxis ja nicht erst seit Lukaschenko.
Wer wissen will, woher der Name Blearus kommt, erfährt dazu bei Wikipedia folgendes:
«Der Name Belaja Rus, was so viel wie „Weiße Rus“ bedeutet, lässt sich in den Quellen seit dem 13. Jahrhundert nachweisen. Rus war der ostslawische Name für skandinavisch-slawische Herrschaftsgebiete wie das der Kiewer Rus, zu der das Gebiet seit dem 9. Jahrhundert gehörte. Die historischen deutschen Bezeichnungen für die Rus waren Russland, Reußen oder Ruthenien, jedoch wurde ab der Mitte des 20. Jahrhunderts unmittelbar aus den ostslawischen Sprachen die Form Rus übernommen.»
Wie der obige Screenshot einer Google-Suche belegt, berichtete der Deutschlandfunk vor der Präsidentenwahl noch über „Weißrussland“, danach nur noch über „Belarus“. Wer nach den möglichen Ursachen für den Namenswechsel sucht, landet unwillkürlich in den sozialen Netzwerken. Auf Twitter nämlich „trendet“ der Hashtag #Belarus. Wenn also jemand, aus welchen Ecken der Welt auch immer, etwas zu den Vorgängen in Weißrussland zu sagen hat, dann tut er es auf Twitter mit dem #Belarus, wenn er gehört werden will.
Denn anders als das deutsche Wort „Weißrussland“ ist „Belarus“ sozusagen „Weltsprache“. Wenn sich nämlich plötzlich weltweit alle auf diese eine Bezeichnung verständigen, dann weiß jeder, wovon die Rede ist. Das heißt, die globale Debatte über die Vorgänge in Weißrussland wird über den Hashtag #Belarus gebündelt und erhält dadurch in den sozialen Medien eine ungeheure Wucht. Plötzlich scheint die ganze Welt gegen Lukaschenko zu sein. Und so gewinnt die Opposition das Gefühl, von der ganzen Welt verstanden und unterstützt zu werden.
Wie im arabischen Frühling oder in der Ukraine
Doch die ganze Welt ist nicht gegen Lukaschenko. Freilich wird das autoritäre Regime von vielen Staaten abgelehnt. Aber diese Staaten brechen nicht mit Weißrussland, weil es immer auch wirtschaftliche Interessen gibt. Die Meinungsverstärker in den sozialen Medien jedoch kennen solche Interessen nicht und verhalten sich daher anders. Sie verurteilen und machen Stimmung. So war es beim sogenannten arabischen Frühling oder auch bei den Demonstrationen in der Ukraine, die schließlich im Krieg endeten.
Wenn sich möglichst viele Menschen weltweit für eine Sache zusammentun sollen, brauchen sie wenigstens einen Begriff, auf den und über den sie sich verständigen können. Sie brauchen einen Schlachtruf. Heute heißt er Belarus.
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Ob sich in einer Welt autoritärer Staatenlenker, wie wir sie heute antreffen, Politikdarsteller wie „Lukaschenko“ überhaupt noch auffallen, glaube ich eigentlich nicht.
Also ich seh da eigentlich nichts besonderes. Belarus / Weissrussland ist ein moderner Staat der sich in Sachen Organisation jederzeit mit vielen Staaten der EU messen lassen kann. ….. Das der Unwerte-Westen da eventuell hetzt, liegt wohl daran, dass Belarus eine Grenze zur RF hat.
Man könnte für die plötzliche Namensänderung noch eine andere Erklärung bemühen. Der Name „Belarus“ wirkt auf westliche Ohren neutral und klammert Historisches aus: Ein bisher wenig bekanntes Land, dessen historische Wurzeln nicht thematisiert werden und das unter einer Diktatur leidet. Ein Land, dem man in unseren Medien die Freiheit unter westlichen Vorzeichen wünscht, wenn nicht gar ermöglichen will. Der traditionelle Name „Weißrussland“ betont hingegen die faktisch gegebene(!) große historische, ethnische, sprachliche und überhaupt kulturelle Nähe zu Russland. Im Grunde ist das Land ja auch heute nicht viel mehr als eine vor noch gar nicht so langer Zeit erstmals überhaupt souverän… Read more »
Gut beobachtet!!!
Aber man sollte sich mal die Gegenkandidaten/-innen zu Lukaschenko genauer ansehen.
Das sich alles welche mit Bezug zu Israel!
Also spätestens da klingelt es bei mir, und da weiß man, WER mit Weißrussland WAS vorhat!
Stichwort: Farbenrevolution.