Arme Länder verlieren 1 Billion Euro
Aus Entwicklungsländern fließt ungefähr acht Mal so viel Geld illegal ab, wie an offizieller Entwicklungshilfe hereinkommt. Der Wochenrückblick als „Sonntagspanorama“.
Liebe Leserinnen und Leser, da musste sich der schwer angeschlagene Altmeister noch einmal von seinem Krankenlager erheben, um seinem Mädchen die Route anzuzeigen. Mit folgenden Worten kritisierte Helmut Kohl die Grenzöffnung unter Angela Merkel:
„Die Lösung liegt in den betroffenen Regionen. Sie liegt nicht in Europa. Europa kann nicht zur neuen Heimat für Millionen Menschen weltweit in Not werden.“
Doch vorbei die Zeit! Da, wo einst Kohl sagenhaft herrschte, (…)
Wenn die Elite die Mitbürger ausplündert
Inhaltsverzeichnis
Auf der 52. Münchner Sicherheitskonferenz im Februar nahm der Generalsekretär von Amnesty International, Salil Shetty, kein Blatt vor den Mund. Er sprach aus, was fast alle Entwicklungspolitiker nicht wahrhaben wollen:
„Afrika hat eine Führungskrise und die Krisen werden von Regierungen verursacht, die ihre Bevölkerung unterdrücken.“
Auch Kofi Annan sagte erfreulich offen:
„Die Regierenden in Afrika sorgen sich vor allem umeinander, weniger um ihre Bürger.“
Während rund 8 Prozent des europäischen Privatvermögens im Ausland versteckt werden, liegt dieser Prozentsatz in Afrika, dem Nahen Osten und Lateinamerika bei rund dreißig Prozent. Mit der Steuerflucht vermeiden reiche Bürger Steuern auf ihr Kapitaleinkommen. Und multinationale Konzerne vermeiden Steuern oft völlig legal, indem sie die Gewinne ihrer Tochtergesellschaften so untereinander verschieben, dass die Profite dort anfallen, wo sie nicht zu versteuern sind.
In Washington, D. C. gibt es den Think Tank Global Financial Integrity (GFI), der seit vielen Jahren daran arbeitet, illegale Finanzströme zu analysieren und zu quantifizieren. GFI schätzt, dass pro Jahr eine Billion Euro aus den Entwicklungsländern illegal abfließen – ungefähr acht Mal so viel wie an offizieller Entwicklungshilfe hereinkommt. Die Folgen sind fatal. Wenn das abfließende Geld im Land bliebe und ordentlich versteuert würde, verfügten die Regierungen der Entwicklungsländer – einer Schätzung der Hilfsorganisation Christian Aid zufolge – pro Jahr über 160 Milliarden Dollar mehr Steuereinnahmen.“[1]
Ein aktuelles Beispiel für eine kleine Elite, die ihre Mitbürger ausplündert, ist Simbabwe. Dort bittet Diktator Mugabe inmitten der „dramatischen Wirtschaftskrise“ und der „Dürrekatastrophe“ die internationale Gemeinschaft um Nahrungsmittelhilfe im Wert von 1,4 Milliarden Euro, sonst drohe bis zu 3 Milliarden Menschen der Hungertod.[2]
Dummerweise erklärte Mugabe vor kurzem, dass die von ihm verstaatlichten Bergbauunternehmen es „versäumt“ hätten, Steuergelder in Höhe von 15 Milliarden Dollar zu zahlen. Die 15 Milliarden Dollar sind jetzt weg. In der Landeshauptstadt Harare forderten Tausende Demonstranten eine Erklärung für das Fehlen der Steuereinnahmen.
Zum Vergleich: Die Weltbank gibt für Simbabwe für 2014 ein Bruttonationaleinkommen von etwas mehr als 13 Milliarden Dollar an und ein Bruttoinlandsprodukt von knapp 7 Milliarden Dollar.
CDU-Politiker Willy Wimmer bewundert Putin
https://www.youtube.com/watch?v=sI559-z1DWc
„Vielleicht machen sich nicht alle Menschen bewusst, dass die höchste Repräsentanz einer Republik, einer Demokratie doch mindestens so viel Ehrerbietung verdient, wie es ein gekröntes Haupt verdient.“
Bundespräsident Joachim Gauck möchte auch gerne bewundert werden.
Das schwarze Schaf der Woche
„Wenn sich die US-Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders und Hillary Clinton über Kissingers Thesen streiten, muss er noch wichtig sein(…)
Von allen, die seit dem zweiten Weltkrieg über amerikanische Außenpolitik geschrieben oder sie praktiziert haben, ist Kissinger heute derjenige, der einen intellektuell am meisten beeindruckt. Wir können von ihm immer noch einiges lernen, wie man heute strategische Außenpolitik macht (…)
Ich habe mir selbst sehr hohe Standards für die Recherche gesetzt und nutze zum Beispiel nicht nur die Archive in den USA, sondern auch in anderen, für Kissingers Biografie wichtigen Ländern. Insgesamt werde ich mehr als hundert Archive auswerten.“
Der Tausendsassa unter den modernen Historikern, Niall Ferguson, informiert den Handelsblatt-Leser über seine Jahrhundertrecherche zu dem früheren US-Außenminister Henry Kissinger.
Um zu ermessen, was das Gespann Nixon/Kissinger angerichtet hat, genügt allerdings Allgemeinbildung. Für einen US-Historiker sind folgende Zahlen des Historikers Bern Greiner intellektuell beeindruckend:
„Im Vietnamkrieg verfeuern die US-Streitkräfte insgesamt sieben Millionen Tonnen Bomben und Artilleriegranaten – das ist fast das Vierfache dessen, was an allen Fronten des Zweiten Weltkriegs zusammenkam.“
Und Peter Fröberg Idling schreibt in „Pol Pots Lächeln“:
„Zusammengerechnet wurden über Kambodscha 2 756 941 Tonnen Bomben abgeworfen. Das ist das Anderthalbfache dessen, was die Alliierten während des gesamten Zweiten Weltkriegs fallen ließen, die Atombomben über Hiroshima und Nagasaki eingerechnet.
In vier Jahren ließen amerikanische Flugzeuge 4 500 00 Tonnen Bomben über Vietnam, Kambodscha und Laos fallen. Weder davor noch danach in der Menschheitsgeschichte wurden derart viele Bomben innerhalb eines Krieges abgeworfen.“
Das weise Schaf der Woche
„Die Deutschen, sagte Loriot einmal, lachen genauso gern wie alle anderen, aber sie trennen Ernst und Humor schärfer. Die Deutschen warten auf ein Signal zum Lachen. Loriot hat das bedauert. Sie müssten Humor und Ernst mehr mischen, also einfach mal an der Stelle lachen, wo eigentlich ein ernstes Gesicht gemacht werden müsste.“
Der Kulturwissenschaftler Rainer Stollman auf focus.de.
Der Lachforscher führt weiter aus:
„Denn wenn Sie Ernst und Humor trennen, kommt dabei die komplett infantile Harmlosigkeit mancher TV-Unterhaltungs-Formate heraus, die einen in Depressionen stürzen kann.
In der klassisch-romantischen Epoche wurde die Ernsthaftigkeit geboren, die noch heute als Markenzeichen deutscher Kultur auf der Welt gilt, besonders in der ernsten Musik und der Philosophie. Hegel war völlig humorlos. Gegensätze, über die Engländer gelacht hätten, dachte er ohne jeden Anflug von Heiterkeit durch und entwickelte so die Dialektik. Einer, der seine Logik mit dem Satz Das Sein und das Nichts sind dasselbe anfängt, ist Engländern und Franzosen suspekt.“
Perlentaucher. de führt die gleiche Debatte:
„William Shakespeare war nicht nur ein genialer Dichter, er war auch ein Unterhaltungsgenie, das ein Massenpublikum, Arme wie Reiche anzog’, schreibt Neil MacGregor im Aufmacher des Zeit-Feuilletons. Ist diese Kombination eine britische Besonderheit, oder können wir uns davon was abgucken? Kann die besondere Mischung aus Hoch- und Massenkultur, die Erhabenheit, Aktualität und Komik, mit der Shakespeare alle Teil der Gesellschaft ansprach und die Großbritannien so stark geprägt hat, ein Vorbild für Institutionen in Ländern mit anderen kulturellen Traditionen sein? Ich weiß es nicht. Aber da heute die Gesellschaften überall darauf bauen, dass kulturelle Institutionen bei der Stiftung von gesellschaftlichem Zusammenhalt und gegenseitigem Verständnis eine immer größere Rolle spielen, scheint mir die Frage wichtig.“
Mein Lektüretipp der Woche
Eine grandiose Mischung aus Erhabenheit, Aktualität und Komik bietet der folgende Lektüretipp.
Mit Superfood essen sich attraktive Menschen noch schöner. Genau das verspricht ein Restaurant in Berlin-Mitte. Wir haben unseren hässlichsten Autor hingeschickt.[3]
Anmerkungen
[1] http://www.zeit.de/kultur/2016-04/panama-papers-globalisierung-steuern/komplettansicht
[2] https://www.geolitico.de/2016/02/23/simbabwes-beispielloser-niedergang/
[3] http://www.zeit.de/zeit-magazin/essen-trinken/2016-04/detox-food-restaurant-berlin-mitte-rosenthaler-platz-daluma