Das verzerrte Weltbild der OECD
Die OECD sieht „Vorboten des Beginns einer neuen Niedrigwachstums-Ära“. Als Ursache nennt sie den Druck der Haushaltskonsolidierungen. Nur: Wo wird denn konsolidiert?
Dass mit dem Zustand der Weltwirtschaft etwas nicht stimmt, hat man inzwischen auch bei der aus Steuergeldern finanzierten OECD bemerkt. Deren Chefökonom Pier Carlo Padoan sieht in der auch seinem Expertenauge nicht verborgen gebliebenen weit verbreiteten Verlangsamung der Produktivität sogar einen „Vorboten des Beginns einer neuen Niedrigwachstums-Ära“, also eine Zeitenwende.
Ausdrücklich weist er darauf hin, dass davon auch die Schwellenländer betroffen seien. Was allerdings fehlt, ist eine überzeugende Ursachenanalyse. Kein Wunder, müsste diese doch zu dem politisch nicht gewollten Ergebnis kommen, dass die Geld- und Staatsschuldenpolitik der vergangenen Jahre ursächlich für diese traurige Entwicklung ist.
Also schießt Padoan lieber aus der Hüfte und präsentiert folgende drei Ursachen:
„Eine schwache weltweite Nachfrage, Druck durch die Haushaltskonsolidierung in vielen Ländern und die weiterhin bestehenden Fehlfunktionen der Finanzmärkte.“
Die Natur des Keynesianismus
Beim Lesen dieses Unsinns wird mir fast übel. Dass Neokeynesianer immer und flächendeckend über eine zu schwache Nachfrage klagen, die sie mit staatlichen Konjunkturprogrammen beheben zu können glauben, liegt in der Natur des Keynesianismus. Ganz gleich, wie hoch der Staatsanteil an der Wirtschaft inzwischen auch sein mag, mehr ist aus Sicht der Neokeynesianer immer besser.
Und wenn sich die Ergebnisse einzelner Konjunkturprogramme dann nicht so einstellen, wie bei ihrer Verabschiedung angekündigt wurde, dann soll es immer daran gelegen haben, dass die Programme nicht groß genug waren. Auf diese Weise immunisieren Neokeynesianer die von ihnen empfohlene Politik gegen eine kritische Prüfung.
Blühende Phantasie
Kommen wir nun zum zweiten Punkt, der angeblichen Haushaltskonsolidierung, die Padoan in vielen Ländern ausgemacht haben will. Tatsache ist, dass die Staatsverschuldung in den vergangenen Jahren in nahezu allen Ländern sehr deutlich zugenommen hat und wohl auch weiterhin zunehmen wird. Die von Padoan behauptete Haushaltskonsolidierung findet in der Realität also gar nicht statt, sie ist ein reines Produkt seiner offenbar blühenden Phantasie.
Was schließlich die Fehlfunktionen der Finanzmärkte angeht, scheint man sich bei der OECD noch keine Gedanken darüber gemacht zu haben, dass Nullzinspolitik und massive Marktmanipulationen der Zentralbanken die Marktmechanismen weitgehend außer Kraft gesetzt haben. Wir haben es also nicht mit Fehlfunktionen der Finanzmärkte zu tun, sondern mit den Folgen von Interventionen und Dirigismus.
2000 begann eine Zeitenwende
Mit diesem extrem wichtigen Thema haben Roland Leuschel und ich uns in unserem Buch „Das Greenspan Dossier“ bereits vor 10 Jahren ausgiebig befasst. Wir sind damals übrigens zu dem Ergebnis gekommen, dass mit dem Platzen der Aktienblase im Jahr 2000 eine Zeitenwende begonnen hat – und nicht erst jetzt, wie man bei der OECD zu glauben scheint.
Tatsächlich zeigt das reale Wirtschaftswachstum der USA seit dem Jahr 2000 eine deutliche Verlangsamung: Von 2000 bis 2012 betrug es im Durchschnitt 1,4 Prozent pro Jahr, während es von 1980 bis 2000 mit durchschnittlich 2,8 Prozent doppelt so hoch war. In den Jahrzehnten davor war es mit 3,3 Prozent sogar noch höher.
In Widerspruch zum IWF
Als abschließende Randnotiz möchte ich noch darauf hinweisen, dass sich die OECD-Ökonomen mit ihrer Einbeziehung der Schwellenländer in ihre relativ düstere, aber einigermaßen realistische Prognose in krassem Widerspruch zu ihren Kollegen vom IWF befinden. Dessen Chefökonom Olivier Blanchard spuckte noch am 23. Januar dieses Jahres ganz andere Töne:
„Wir prognostizieren sowohl für die Schwellenländer als auch für die sich entwickelnden Länder weiterhin starkes Wachstum.“
„Bull sells“, pflegen meine US-amerikanischen Freunde bewusst doppeldeutig zu sagen. Man muss wohl aus Steuergeldern bezahlt werden, um die von Padoan behauptete „weit verbreitete Haushaltskonsolidierung“ erkennen zu können.
QuelleN: Fed, EZB