Angst vor Chinas Kernschmelze

Die massive Kapitalverschiebung chinesischer Parteikader und deren Verwandter in Steueroasen wirft  die Frage auf, ob hier Vorzeichen eines Endspiels sichtbar werden.

Sie haben Geld ins Ausland gerettet, viel Geld. Annähernd so viel wie die Bundesrepublik in einem Jahr kollektiv mit Hilfe ihrer brummenden Exportwalze erwirtschaften kann. Bis zu vier Billionen Dollar sollen es sein. Die Informationen stammen aus Spiegel Online, der Süddeutschen, dem NDR und dem britischen Guardian. Die massive Kapitalverschiebung chinesischer Parteikader und deren Verwandter in Steueroasen unter anderem der Karibik wirft unweigerlich die Frage auf, ob hier die Vorzeichen eines möglichen Endgames aufgedeckt werden, obwohl die Kapitalflucht seit Jahren im Gange ist.

So klingt die Geschichte beim Guardian, der dazu schöne Grafiken aufbereitet hat:

„Insgesamt zeigen die ICJI-Daten, dass mehr als 21.000 Kunden vom chinesischen Festland und Hong Kong von Steueroasen in der Karibik Gebrauch gemacht haben (…). Da weder Chinas Offizielle noch ihre Familien ihre Finanzen offenlegen müssen, bleiben die Bürger im Land und im Ausland weitgehend im Dunkeln über die Nutzung von Offshore-Strukturen. So bleibt die Vermeidung von Steuern oder das Verschieben von Geld ins Ausland der Elite überlassen. Zwischen einer und vier Milliarden Dollar nicht ermittelter Vermögenswerte sollen China seit 2000 verlassen haben. „

Hier ein Satz aus dem Bericht des NDR:

“Demnach haben etliche nahe Verwandte von Chinas Top-Funktionären und politischen Führern Firmen in Steueroasen wie den Britischen Jungferninseln und den Caymann Islands gründen lassen. Auch Xis eigene Familie ist darunter. So findet sich unter den Namen auch Deng Jiagui, der Schwager des chinesischen Präsidenten. Deng ist ein Multimillionär, der sein Vermögen unter anderem in Metalle und Handys investierte. Er taucht als Geschäftsführer und Anteilseigner der Firma “Excellence Effort Property Development Limited” auf, gegründet 2008 auf den Britischen Jungferninseln.”

Seit Wochen mehren sich beunruhigende Warnungen über einen möglicherweise abrupten Abriss des Wachstums in China. Erst gestern war berichtet worden, dass Chinas BIP 2013 um 7,7% gewachsen ist, ein unveränderter Zuwachs gegenüber dem Vorjahr 2012. Nur um Haaresbreite wurde damit eine Abkühlung auf das langsamste Wachstum seit 14 Jahren vermieden.

Und die Notenbank musste am Montag und Dienstag wegen eines plötzlichen Zinssprungs zu Wochenbeginn mindestens 42 Mrd. Dollar einschießen, um eskalierende Engpässe zu dämpfen. Am Montag war der Zinssatz für 7tägige Ausleihungen zwischen den chinesischen Banken auf einen Schklag um satte 153 Basispunkte in die Höhe geschossen, weil die Ausleihungen stockten. Ein erneutes Signal für die Spannungen an Chinas Finanzmärkten, die vorwiegend ein Resultat extremer Ausleihungen sind. Die eskalierende Kreditmenge erzeugt jedoch seit Jahren immer weniger Wachstum.

So lautet der entsprechende Satz aus der Reuters-Meldung:

„Chinas Wirtschaft verfehlte 2013 nur knapp die Erwartungen, dass das Wachstum auf ein  14-Jahres-Tief sinken würde, doch sagen Ökonomen, eine Abkühlung in diesem Jahr sei unvermeidlich während Beamte und Investoren lieber vor den schwierigen Reformen in Deckung gehen. Die Chance, dass sich die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft in den kommenden Monaten verlangsamen wird, wurde am Montag von Daten untersrichen, die das Wachstum der Investitionen und der Betriebsleistung in den letzten Monaten des vergangenen Jahres zeigen.“

Der Guardian macht etwas genauere Angaben zur Quelle für diese Zahlen:

„Die Offenlegung geheimer chinesischer Finanzstrukturen ist die jüngste Offenbarung  von Offshore-Geheimnissen eines Berichts des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ), die mehr als 200 Gigabyte Finanzdaten zweier Unternehmen von den British Virgin Islands, auswerteten und sie dem Guardian und den Nachrichtenagenturen zugänglich machten.“

So hört sich die jüngste Einschätzung zu China im neuen Quartalsbericht der Silver Crest Asset Management Group mit der Titel “Desperately Seeking Demand” an:

„China steht vor einer größeren Korrektur. Das BIP wird sinken, sollte der Kredit-Exzess unter Kontrolle gebracht werden oder nicht. Vielleicht sinkt es abrupt. Wir sehen Zeichen der finanziellen Belastung und Instabilität. Das Ende des chinesischen Investitionsboom wird Metalle und Bergbau, sowie Hersteller von Investitionsgütern global treffen. Wir sehen bereits, wie Kapital die Hauptstadt verlässt un in Unternehmensübernahmen fließt, in ausländische Immobilien und Gold. Eine „harte Landung“ würden diesen Trend beschleunigen. Angenommen, China könnte eine Massenkapitalflucht vermeiden, kann es seine 3,7 Billionen Dollar Devisenreserven ziehen, um den Verbrauch zu stützen und en Aufschlag abzufedern. abzufedern. Eine Korrektur, die China dazu zwänge, seine angesammelten Ersparnisse in riesigen Nachfrage zu verwandeln könnte die chinesischen Verbraucher zu einem wichtigen Motor des globalen Wachstums zu machen. „

Und so pessimistisch klang zuletzt die Einleitung im Policy Paper – “Who´s Afraid of China´s High-Tech Challenge?” – von Guy de Jonquieres, einem Top-Ökonomen beim European Centre for International Political Economy:

„Chinas Wachstumswunder-Story mag seinen Reiz verlieren, während das Wirtschaftsmodell zunehmend Zeichen von Stress und heftigem Gegenwind zeigt. Aber Pekings Entschlossenheit, das Tempo der industriellen Entwicklung Chinas zu erhöhen und die Nation in einen globalen Schrittmacher in der Wissenschaft und  fortgeschrittenen Technologien zu transformieren, wird im Ausland weiterhin Angst und Schrecken auslösen. „

 

Über Markus Gaertner

Markus Gaertner war über viele Jahre freier Wirtschafts-Korrespondent mit Sitz in Vancouver. Heute arbeitet er für den Kopp-Verlag. Weitere Artikel